- Roman
- Moderne
Worum es geht
Das Nationalepos des modernen Indien
Ende des 19. Jahrhunderts in Indien: Vor dem Hintergrund blutiger Aufstände der Inder gegen die britische Kolonialherrschaft fordert der junge Gora radikal die Rückbesinnung auf die indische Kultur. Ganz anders der zaghafte Binoy, der um der Freundschaft willen Goras Meinungen übernimmt, selbst wenn er eigentlich anderer Ansicht ist. Als Binoy jedoch eines Tages die Bekanntschaft des weisen Poresh-Babu macht, lernt er in dessen Familie eine ungeahnte neue Welt kennen. Entgegen sämtlichen gesellschaftlichen Widerständen heiratet Binoy Poresh-Babus Tochter Lolita. Gora wendet sich inzwischen immer mehr dem strengen Hinduismus zu. Die Konflikte zwischen Weltoffenheit und religiöser Orthodoxie spitzen sich zu, bis die Enthüllung von Goras Herkunft zum entscheidenden Wendepunkt des Romans führt: Gora erkennt seine wahre Bestimmung und schwört jedem religiösen Eifer ab. Tagores Buch greift damit Probleme auf, die damals von indischen Intellektuellen heftig diskutiert wurden. Für europäische Leser mögen die mangelnde psychologische Ausgestaltung der Figuren, der schematische Charakter der Gespräche und die Absehbarkeit der Handlungen befremdlich wirken. Dennoch vermittelt der Roman sehr eindringlich Werte wie Toleranz und Weltoffenheit, die auch heute noch aktuell sind.
Zusammenfassung
Über den Autor
Rabindranath Tagore (eigentlich Thakur) wird am 7. Mai 1861 als jüngster Sohn eines reichen Großgrundbesitzers und religiösen Reformers in die indische Kaste der Brahmanen geboren. In Tagores Familie strebt man nach einer Synthese traditioneller Werte mit westlichen Vorstellungen, Kunst und Kultur werden hoch gehalten. Mit acht Jahren schreibt Tagore seine ersten Gedichte, seine erste Anthologie erscheint, als er 17 Jahre alt ist. Nach einem kurzen Studium in England 1878 kehrt er nach Indien zurück. 1883 heiratet Tagore Mrinalini Devi, mit ihr hat er zwei Söhne und drei Töchter. 1890 wird er beauftragt, die Ländereien seines Vaters zu verwalten; trotz umfassender literarischer Aktivitäten kommt er dieser Pflicht nach. In dieser Zeit verfasst Tagore seine ersten Kurzgeschichten mit hauptsächlich ländlichen Themen und gilt bald als bedeutender Vertreter der bengalischen Kurzprosa. 1901 gründet Tagore außerhalb von Kalkutta eine Schule, in der westliches und indisches Wissen vermittelt werden. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wird Tagore zunehmend in die indische Unabhängigkeitsbewegung hineingezogen, vertritt aber stets einen gemäßigten Nationalismus. 1913 wird er für das Epos Gitanjali (Liedopfer) mit dem Literaturnobelpreis ausgezeichnet; er ist damit der erste asiatische Nobelpreisträger. 1915 wird Tagore von König George V. ein Adelstitel verliehen, den er jedoch 1919 aus Protest gegen ein britisches Massaker im indischen Amritsar wieder zurückgibt. Tagore unterstützt die Unabhängigkeitskämpfer um Gandhi, warnt aber zugleich vor überzogenem Nationalismus. Nach dem Ersten Weltkrieg unternimmt er ausgedehnte Vortragsreisen nach Südostasien und Europa und propagiert den Dialog zwischen Ost und West. 1921 wird die von ihm gegründete Schule in eine Universität umgewandelt. Am 7. August 1941 stirbt Tagore in Kalkutta und hinterlässt ein umfangreiches Werk.
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