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Gruppenbild mit Dame
Buch

Gruppenbild mit Dame

Köln, 1979
Diese Ausgabe: KiWi, 2007 Mehr

Literatur­klassiker

  • Roman
  • Nachkriegszeit

Worum es geht

Gruppenbild mit Statue

Der Titel ist schon sehr zutreffend: Böll zeichnet mithilfe eines großen Figurenensembles ein Sittengemälde und Stimmungsbild der Kriegsgesellschaft und der jungen BRD. Es entsteht der Eindruck einer widersprüchlichen, verschlossenen und zugleich geschwätzigen Gesellschaft, die Andersdenkende gnadenlos an den Rand drängt, andererseits trotzdem gewisse Schlupflöcher bietet. Dass die Geschichte der Leni Pfeiffer in der Annäherung über Beteiligte und Außenstehende erzählt wird, ist eine schöne Idee, aber in der langwierigen, kreisenden Umsetzung teils auch etwas ermattend. Böll zeigt den Krieg als großen Sensenmann, der sinnlos die Jugend niedermäht, und nimmt eine klare politische Haltung ein: für Humanität, Antifaschismus und Kapitalismuskritik. Im Roman lernt man die ganze Bandbreite deutscher Biografien kennen, erlebt stabile ebenso wie poröse und berechnende menschliche Beziehungen, kommt aber der Heldin nicht wirklich nahe. Man kann nicht anders, als die wohlwollende Einstellung des Erzählers zu Leni zu teilen, es entsteht aber keine Identifikation. Die große, tragische Liebe zwischen Leni und dem russischen Kriegsgefangenen Boris bleibt steril und Leni in der Tat – wie eine der Romanfiguren sagt – eine Statue,  eine entrückte, von allen Seiten beleuchtete Figur, irgendwo zwischen Jungfrau Maria und heiliger Hure.

Zusammenfassung

Die Rekonstruktion eines Lebens

Leni Pfeiffer, geborene Gruyten, ist 48 Jahre alt, hat 32 Arbeitsjahre auf dem Buckel, lebt aber von einer Kriegerwitwenrente aus einer Ehe, die nur drei Tage dauerte. Sie ist modisch auf dem Stand der Kriegsjahre stehen geblieben, lebt reuelos und keinesfalls verbittert, versteht aber die Welt nicht mehr. Sie hat finanzielle Schwierigkeiten, ihr Sohn Lev Gruyten sitzt im Gefängnis, und ihr Ruf ist ruiniert – sie weiß aber nicht, warum. Ihre Umwelt schimpft sie eine Kommunistenhure und ein Russenliebchen, dabei ist Leni kein Flittchen. Vielleicht kommt sie auf zwei Dutzend Mal Beischlaf in ihrem ganzen Leben. Der Verfasser beginnt, die Menschen in Lenis Umfeld zu befragen, um ihre Lebensgeschichte zu rekonstruieren.

Eine ungemein sinnliche Frau

Als Kind kommt Leni mit den Lehrmethoden in der Konfessionsschule nicht zurecht. Ihr Aussehen rettet sie jedoch durch die Schulzeit: Als „deutschestes Mädel“ der Schule kann man sie schlecht auf die Hilfsschule verweisen. Verwiesen wird hingegen Margret Schlömer. Trotz der kurzen gemeinsamen Schulzeit hat Leni in ihr eine...

Über den Autor

Heinrich Böll wird am 21. Dezember 1917 in Köln geboren, wo er erst die katholische Volksschule und anschließend das staatliche Gymnasium besucht. Er beginnt eine Ausbildung zum Buchhändler, wird dann jedoch für ein Jahr zum Reichsarbeitsdienst eingezogen. Kurz nach Aufnahme eines Studiums der Germanistik und der klassischen Philologie wird er 1939 in die Wehrmacht einberufen. Im Krieg wird er mehrfach verwundet. Ab 1944 manipuliert Böll seine Krankheits- und Urlaubsscheine, um nicht mehr an die Front zu müssen. 1945 gerät er in amerikanische Kriegsgefangenschaft. Nach seiner Entlassung nimmt er die literarische Arbeit wieder auf und kann 1947 eine erste Erzählung im Rheinischen Merkur veröffentlichen. Buchpublikationen und Rundfunksendungen folgen. In vielen Texten setzt sich Böll mit der NS-Vergangenheit und den gesellschaftlichen Verhältnissen im Deutschland der Nachkriegszeit auseinander. 1951 erhält er den Literaturpreis der Gruppe 47. Bölls kritische Haltung gegenüber der katholischen Kirche in Deutschland schlägt sich in seinem Roman Ansichten eines Clowns nieder, der 1963 erscheint. Ab 1964 hält Böll Vorlesungen an der Goethe-Universität Frankfurt, 1971 wird er zum Vorsitzenden des P.E.N.-Clubs, der internationalen Schriftstellervereinigung, gewählt. In diesem Jahr erscheint auch sein Roman Gruppenbild mit Dame. 1972, nachdem im Spiegel sein Artikel Will Ulrike Gnade oder freies Geleit? publiziert wurde, in dem er sich für einen fairen Prozess für Ulrike Meinhof einsetzte, wird Böll als RAF-freundlicher „Ziehvater des Terrorismus“ öffentlich verunglimpft. Im selben Jahr erhält er den Literaturnobelpreis. 1974 erscheint sein Roman Die verlorene Ehre der Katharina Blum, eines seiner bekanntesten Werke. 1976 tritt er aus der katholischen Kirche aus. In den folgenden Jahren engagiert er sich in der Friedensbewegung. Heinrich Böll stirbt am 16. Juli 1985 in seinem Haus in Langenbroich. An seiner Beerdigung nehmen viele Prominente teil, unter anderem der damalige Bundespräsident Richard von Weizsäcker.


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