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Herr der Fliegen

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Herr der Fliegen

Fischer Tb,

15 Minuten Lesezeit
10 Take-aways
Text verfügbar

Was ist drin?

In Freiheit und fernab der Zivilisation ist der Mensch von Natur aus böse – die erschreckende Grundidee von William Goldings Erfolgsbuch.


Literatur­klassiker


Worum es geht

Die schwarze Seele des Menschen

Was passiert mit dem Menschen, wenn er fernab von Zivilisation, staatlicher Kontrolle und gesellschaftlichem Druck lebt? Ist er von Natur aus gut, ein „edler Wilder“? Nein, meinte William Golding und malte diese Antwort in seinem berühmtesten Roman aufs Schrecklichste aus. In seiner zutiefst pessimistischen Weltsicht hat der Mensch eine schwarze Seele: Wenige Wochen in absoluter Freiheit genügen, und er lässt Jahrhunderte der verfeinerten Sitten, der Kultur, der Demokratie und des Rechts hinter sich, um in brutale Barbarei zu verfallen. Golding überspitzt seine These effektvoll, indem er unschuldige Kinder zu den Protagonisten seines Gesellschaftsexperiments macht. Im Elysium einer exotischen Insel entfesseln sie die Hölle auf Erden. Dem weltkriegserfahrenen englischen Schriftsteller ging es um nicht weniger als darum, die Tragik der menschlichen Natur in Worte zu fassen. So erklärte er 1984, ein Jahr nachdem er den Literaturnobelpreis bekommen hatte: „Das Thema von Herr der Fliegen ist Trauer. Nichts als die schiere Trauer, Trauer, Trauer .“

Take-aways

  • Herr der Fliegen ist William Goldings erfolgreichster Roman.
  • Inhalt: Eine Gruppe von Jungen überlebt einen Flugzeugabsturz und strandet auf einer einsamen Insel. Die anfangs etablierten Regeln zerfallen bald, und die Gemeinschaft zerbricht in zwei Fraktionen. Jacks „Jäger“ führen einen offenen Krieg gegen Ralphs eher gemäßigte Gruppe; es kommt zu Todesfällen. Am Ende werden die Jungen von der englischen Kriegsmarine aufgespürt und gerettet.
  • Der Titel gebende „Herr der Fliegen“ ist ein Schweinskopf, den die Jungen aufspießen. Die Bezeichnung ist eine Übersetzung von „Beelzebub“, einem Synonym für Satan.
  • Golding verschmilzt Abenteuerroman, Robinsonade, Gesellschaftskritik und viel Symbolik, insbesondere der Namen, zu einem stimmigen Gesamtkonzept.
  • Der Roman liest sich wie ein Gleichnis auf die menschliche Natur: Es geht um den Kampf zwischen Ordnung und Chaos.
  • Die Geschichte legt nahe, dass der Mensch von Natur aus böse ist.
  • Der Roman entstand um 1950 unter dem Eindruck der Grausamkeiten des Zweiten Weltkriegs, an dem Golding als Marineoffizier teilgenommen hatte.
  • Nach einem eher lauen Start avancierte der Roman zum Klassiker und zur Schullektüre.
  • Zusammen mit anderen Werken brachte Herr der Fliegen Golding 1983 den Literaturnobelpreis ein.
  • Zitat: „Was sind wir eigentlich? Menschen? Oder Tiere? Oder Wilde?“

Zusammenfassung

Gestrandet auf einer einsamen Insel

Ein blonder Junge kämpft sich durch ein Gewirr von Schlingpflanzen über Felsen und umgestürzte Baumstämme. Schultrikot und Haare sind nass, die Luft um ihn her dampft. Plötzlich wird er von einem dicken Jungen mit Brille angesprochen, der sich ebenfalls durch den Dschungel kämpft. Die beiden stellen fest, dass sie sich auf einer Insel befinden und keine Erwachsenen mehr da sind. Der dicke Junge berichtet, sie seien angegriffen worden und das Flugzeug sei in zwei Teile gebrochen. Die Passagierkabine, in der die Jungen waren, sei ins Meer getrieben worden, nachdem sie eine Schneise der Verwüstung durch die Insel geschlagen habe. Seiner Meinung nach müssten sich noch mehr Jungen auf die Insel gerettet haben. An der Küste stehen Palmen; der Boden bildet hier eine Art Plattform. Es ist dämmrig und angenehm kühl, nur direkt am Strand flirrt die Hitze noch. Der Blonde zieht seine schwarzen Schuhe und seine englische Kleidung aus und macht übermütig einen Kopfstand.

Der Ruf des Muschelhorns

Der Dicke schlägt vor, von allen Jungen, die auf der Insel gestrandet sind, eine Namensliste anzufertigen. Er selbst sei in der Schule Piggy gerufen worden, wolle aber nicht mehr so heißen. Der andere Junge, Ralph, bricht in schallendes Gelächter aus und nennt ihn nun erst recht so. Im Strandbereich finden sie einen von Granitfelsen eingefassten Tümpel. Ralph watet hinein und schwimmt ein paar Züge. Piggy hat zwar wegen seines Asthmas nie schwimmen gelernt hat, doch zieht er sich ebenfalls aus und planscht fröhlich im Wasser herum. Ralph erklärt, sein Vater sei bei der Kriegsmarine: Er werde bestimmt kommen, um die Jungen zu retten. Piggy gibt zu bedenken, dass niemand wisse, wo sie abgestürzt seien. Der Pilot habe etwas von einer Atombombe gesagt. Außer ihnen hier auf der Insel werde wohl niemand mehr am Leben sein.

„Bei euch, ihr Herrn, kann man das Wesen / Gewöhnlich aus den Namen lesen, / Wo es sich allzu deutlich weist, / Wenn man euch Fliegengott, Verderber, Lügner heißt.“ (Faust zu Mephisto, zitiert aus Goethes Drama, S. 8)

Plötzlich entdecken sie in der Lagune eine cremefarbene Muschel. Piggy zeigt Ralph, wie man in die Muschel blasen muss, um sie als Signalhorn zu benutzen. Ein tiefer, durchdringender Ton erklingt, der auf der ganzen Insel zu hören ist. Schon kurz darauf tauchen weitere Jungen auf, alle zwischen sechs und zwölf Jahren. Sie setzen sich vor Ralph auf die Palmenstämme. Piggy geht von einem zum anderen und lässt sich die Namen geben. Eine Gruppe von Chorknaben kommt in Zweierreihen anmarschiert. Jack, der so etwas wie ihr Anführer ist, erkundigt sich nach dem Rettungsschiff, worauf Ralph ihm erklärt, es seien keine Erwachsenen da. Ein Chorknabe namens Simon, der Epileptiker ist, fällt in Ohnmacht. Die Jungen wählen Ralph zum Anführer, obwohl auch Jack Anspruch auf diese Position erhebt. Ralph gesteht ihm zu, Anführer der Chorknaben zu bleiben.

Das Signalfeuer

Ralph, Jack und Simon erkunden das Gelände. Vom Gipfel eines Berges aus können sie die Umrisse der Insel gut überschauen. Sie gleicht einem Schiff. An ihrem Ende erkennen sie eine andere Insel mit einem frei stehenden, burggleichen Felsen. Am Nachmittag halten sie eine weitere Versammlung ab und beschließen, dass immer nur derjenige reden darf, der das Muschelhorn hat. Die Gruppe will ein Feuer entfachen, um vorbeifahrende Schiffe auf sich aufmerksam zu machen. Eifrig tragen die Jungen auf dem Gipfel Holz zusammen und entzünden es mithilfe von Piggys Brille. Doch die Flammen lodern unkontrolliert hoch und fallen dann in sich zusammen. Piggy weist die anderen zurecht, doch Jack erwidert, er solle die Klappe halten. Als der Abend hereinbricht, sind alle kleinlaut. Es wird kühl, sie haben keine Schutzhütten und niemand weiß, wie viele Jungen überhaupt da sein sollten.

Bauen und jagen

Seit er auf der Insel Schweine erspäht hat, ist Jack von der Idee besessen, sie zu jagen. Während Ralph und Simon sich mit dem Bau von Schutzhütten abmühen, gehen die anderen schwimmen oder spielen. Ralph ist frustriert und macht Jack Vorwürfe. Dieser antwortet, sie bräuchten Fleisch. Ralph gibt zurück, er habe ja keins gebracht. Schließlich wechselt Ralph das Thema, indem er betont, dass die kleineren Jungen Angst hätten und dass sie deshalb dringend die Hütten bräuchten. Jack gibt zögernd zu, dass auch er im Wald ein ungutes Gefühl habe. Sie einigen sich, dass Jacks Jäger auf das Feuer aufpassen sollen. Trotzdem geht Jack mit Roger, Bill und den Zwillingen Sam und Eric, die der Einfachheit halber von allen „Samneric“ gerufen werden, auf die Jagd. Sie bemalen ihre Gesichter mit farbigem Lehm, damit die Schweine sie nicht kommen sehen. Unter der Maske fühlen sie sich stark und sicher.

„Ihre Augen glänzten, ihr Triumph überwältigte sie, und sie fühlten sich als Herrscher. Sie genossen den hohen Augenblick: waren Freunde.“ (über Ralph und Jack , S. 42)

Beim Baden sieht Ralph plötzlich den Rauch eines Schiffes. Voller Schrecken merken die Jungen, dass das Signalfeuer nicht brennt und das Schiff davonfährt. Jack und seine Jäger haben in der Zwischenzeit ein Schwein erlegt und nicht auf das Feuer geachtet. Als Ralph Jack zur Rede stellt, entgegnet dieser, er habe jeden Mann für die Jagd gebraucht. Nun macht auch Piggy seinem Unmut Luft, worauf er Jacks Faust in den Bauch und auf den Kopf bekommt. Die Brille fällt zu Boden und ein Glas zerbricht. Jack entschuldigt sich bei Ralph, was seine Jäger für eine äußerst großzügige Geste halten. Als Jack ein neues Feuer anzünden will, reicht Ralph ihm Piggys Brille. Später braten sie das Schwein über dem Feuer und essen gemeinsam. Aufgeregt erzählen die Jäger von der Schweinejagd. Jack spielt die Hauptrolle.

Versammlung in der Dämmerung

Grübelnd geht Ralph zur Plattform. Er fühlt sich mit seiner Verantwortung überfordert. Die Jungen folgen dem Ruf seines Muschelhorns und Ralph fasst zunächst zusammen, was falsch gelaufen ist. Zuletzt sagt er, man müsse über die Angst sprechen, die viele Jungen empfänden. Jack entreißt ihm die Muschel und tadelt die Kleineren, die nachts weinen. Es gebe keine wilden Tiere auf der Insel. Er selbst habe die gesamte Region erforscht und nichts dergleichen gesehen. Die Rede kann den anderen aber die Angst nicht austreiben: Wenn es keine Tiere gibt, dann vielleicht einen Geist. Piggy rügt Jack und seine Jäger nochmals dafür, dass sie das Feuer haben ausgehen lassen. Das ist zu viel für Jack. Er beschimpft Piggy und Ralph und schreit, dass er auf die gemeinsam gefassten Bestimmungen pfeife. Unter Geschrei löst sich die Versammlung auf. Ralph ist entmutigt und erwägt, zurückzutreten, aber Piggy ist dagegen: Wäre Jack Anführer, würde nur noch gejagt werden und es gäbe ohne Signalfeuer keine Hoffnung auf Rettung mehr.

„Das Tier“

In der Nacht landet ein toter Fallschirmsoldat auf dem Gipfel der Insel. Die Seile verheddern sich im Fels. Jeder Windstoß bläht den Schirm und richtet damit den erschlafften Oberkörper so auf, als schaue er über den Berg. Lässt der Wind nach, sinkt der Körper wieder in sich zusammen. Sam und Eric entdecken die Gestalt, als sie am frühen Morgen das Feuer neu entfachen. Panisch rennen sie zu den Hütten und wecken die anderen. Als es hell ist, wird eine Versammlung abgehalten. Piggy soll bei den Kleinen bleiben. Die anderen ziehen voller Furcht los, um „das Tier“ – denn dafür halten Sie den Fallschirmspringer – zu suchen.

„Wir brauchen mehr Ordnung und müssen sie einhalten. Schließlich sind wir keine Wilden. Wir sind Engländer, und die Engländer machen immer alles am besten.“ (Piggy, S. 60 f.)

Sie wandern zum spitzen Ende der Insel, wo eine steinerne Brücke zu einer Bastion aus Felsen führt. Ralph als Anführer besteigt den Burgfelsen zunächst allein, um zu sehen, ob man über die lockeren Felsen klettern kann. Jack, der ihm nachgeklettert ist, hält die Felseninsel für eine gute Festung. Auf dem Rückweg stöbern sie einen Eber auf, den Ralph mit dem Speer trifft. Bei den anderen Jungen angelangt, will er ihnen zeigen, wie er auf den Eber losgegangen ist. Die Knaben stechen zum Spaß auf Robert ein, der das Schwein spielt. Plötzlich gibt es kein Halten mehr und die Jungen geraten in einen regelrechten Blutrausch. Trotz Roberts Schmerzensschreien schlagen sie mit den Griffen ihrer Speere zu. Schließlich halten sie inne und beschließen, jetzt auf dem Berg nach dem Untier zu suchen. Nur Jack, Ralph und Roger besteigen den Berg. Als der tote Fallschirmspringer im Mondlicht den Kopf hebt, rennen sie in Panik davon.

Trennung in zwei Gruppen

Zurück auf der Plattform, beruft Jack nach einem weiteren Streit mit Ralph eine Versammlung ein. Er fordert die Jungen auf, Ralph als Anführer abzuwählen, denn dieser habe Angst vor dem Tier und sei kein Jäger. Als die Jungen ihm nicht gehorchen, fängt Jack vor Wut an zu weinen und sagt, dass er jetzt seinen eigenen Stamm gründe. Zornig verlässt er mit seinen Chorkameraden die Versammlung und zieht mit ihnen auf die Felsenburg. Piggy ist froh, Jack los zu sein. Die verbliebenen Jungen helfen alle mit, ein neues Signalfeuer zu entfachen. Eine Zeit lang fühlen sie sich glücklich und einander zugehörig.

„Das Feuer war tot. Sie sahen es gleich; sahen, was sie eigentlich schon unten am Strand gewusst hatten, als der Rauch der Heimat herüberwinkte.“ (S. 95)

Jack und seine Anhänger sind unterdessen auf Jagd gegangen. Sie überfallen eine Muttersau, die friedlich in der Sonne liegt und ihre rosigen Ferkel säugt. Zwei Speere treffen ihre Flanke und bleiben stecken. Die Sau springt auf, die Ferkel stieben panisch auseinander und fliehen in den Wald. Der Blutspur folgend, stöbern die Jungen das verletzte Tier im dichten Blattgrün auf. Die Speere unter Schmerzen hinter sich herziehend, rennt das Tier voller Angst gegen einen Baum und rammt sich einen Speer noch tiefer ins Fleisch. Schließlich bricht es auf einer Lichtung zusammen, wo es von den Jägern getötet wird.

Der Herr der Fliegen

Jack zerlegt das Schwein und spießt dessen Kopf auf einen Stock, den er aufrecht in den Boden rammt. Der Schweinskopf soll eine Opfergabe für das „Tier“ sein. Schon bald wird er von Fliegen umschwirrt. Simon, der die Szene im Gebüsch heimlich beobachtet hat, erscheint es so, als rede der Schweinskopf mit ihm. Dieser „Herr der Fliegen“ verspottet den Jungen und erklärt ihm, dass sie das Ungeheuer nicht töten könnten, weil es tief im Herzen der Jungen wohne.

„Was sind wir eigentlich? Menschen? Oder Tiere? Oder Wilde?“ (Piggy, S. 128)

Später kommen Jack, der sich nun Häuptling nennt, und einige seiner Gefolgsleute zu Ralphs Feuer. Jack lädt die Gruppe gönnerhaft zum Fleischessen ein. Da alle anderen hingehen, schließen sich auch Ralph und Piggy an. Beim Essen betont Jack immer wieder, dass er das Fleisch beschafft hat, und fordert die Jungen auf, in seinen Stamm zu wechseln. Ralph und Piggy wollen schon gehen, als die ersten Regentropfen eines Gewitters herabfallen. Um ihre Angst zu bewältigen, führen die Jungen einen Kriegstanz auf. Sie stimmen einen Gesang an, in dem es darum geht, ein Schwein abzustechen. Rhythmisch stampfend tanzen sie um das Feuer herum, während am Himmel Blitze zucken. Da kommt aus dem Wald langsam etwas gekrochen. Die Jungen stürzen sich in ihrer Raserei auf das vermeintliche Tier, prügeln es mit den Speeren zu Tode und zerfleischen es. Das „Tier“ war jedoch Simon, der ihnen berichten wollte, was es mit dem Ungeheuer bzw. dem Fallschirmspringer auf dem Berggipfel tatsächlich auf sich hat. Während die Jungen sich vor dem Unwetter in Sicherheit bringen, wird Simons Leiche von der Flut erfasst und ins Meer hinausgespült.

Der Diebstahl des Feuers

Ralph und Piggy sind jetzt allein mit Sam und Eric. Jack erklärt derweil den anderen, sie hätten das Tier gar nicht getötet, es könne sich verwandeln und jederzeit wiederkommen. Ralph und seine wenigen Getreuen halten ihr Feuer am Brennen. Nachts überfallen Jacks Leute Ralphs Lager und stehlen Piggys Brille, die sie zum Feuermachen brauchen. Daher gehen Ralph, die Zwillinge und Piggy, der kaum etwas sieht und geführt werden muss, zu Jacks Lager. Auf dem Damm zur Felsenburg werden sie von bemalten Jungs von den Felsen über ihnen angerufen. Der Häuptling habe befohlen, sie nicht hereinzulassen. Schließlich tritt Jack in voller Bemalung aus dem Wald. Er und Ralph gehen mit den Speeren aufeinander los, der Kampf bleibt unentschieden. Ralph fordert Jack auf, die Brille zurückzugeben und weist erneut auf die Wichtigkeit des Signalfeuers hin. Darauf erteilt Jack den Befehl, Sam und Eric zu fesseln.

Kriegszustand

Ralph und Jack geraten erneut aneinander. Da stemmt Roger, der hoch über ihnen steht, einen Felsbrocken los und lässt ihn nach unten poltern. Ralph kann beiseitespringen, aber Piggy wird gestreift, stürzt in die Tiefe, prallt auf einem Felsen auf und ist tot. Jack schleudert seinen Speer nach Ralph, der voller Panik flüchtet. Abends kehrt er zurück, um mit Sam und Eric zu sprechen. Er vertraut ihnen an, wo er sich vor Jack verstecken will. Die Zwillinge sind eingeschüchtert und bitten ihn dringend zu gehen. Später werden sie gefoltert und verraten sein Versteck. Voller Todesangst verkriecht sich Ralph im Dickicht. Die Jäger bilden eine Kette und ziehen über die Insel. Ralph weicht auf dem Boden kriechend ins Dickicht zurück. Plötzlich bemerkt er, dass es brennt. Jack hat die ganze Insel in Brand gesetzt, um Ralph aus seinem Versteck zu treiben. Voller Panik flieht er vor dem Kriegsgeschrei und bricht am Strand zusammen. Als er zu sich kommt, sieht er einen Marineoffizier vor sich. Die britischen Soldaten haben von ihrem Kriegsschiff aus den Rauch der brennenden Insel gesehen.

Zum Text

Aufbau und Stil

Vom Paradies zur Hölle: Nach diesem Schema entwickelt sich nicht nur die Romanhandlung, sondern auch der Schauplatz selbst. Golding zeigt in mehreren Stufen, wie die Ordnung der Zivilisation zerfällt und die Barbarei entsteht. Die Handlung gleicht einer Zickzackstruktur: Nachdem sich unter den Jungen zwei Gruppen gebildet haben, treffen die beiden Lager mehrmals aufeinander. Die Spannungen werden immer intensiver, bis die gesamte Handlung auf den Höhepunkt (Piggys Tod und die Jagd auf Ralph) zuläuft. Die Geschichte wird von einem allwissenden Erzähler berichtet. Er gibt den Blick auf das Innenleben einiger der Charaktere frei, kommentiert dieses aber nicht weiter. Die Dialoge sind in einer typischen Teenagersprache mit ihren Ausrufen und Satzfetzen geschrieben. Satzlänge und -struktur korrespondieren oft mit der Handlung; so verwendet Golding weitschweifige, langgliedrige Sätze, um längere Zeitabschnitte zu schildern, und kurze Sätze, um actionreiche Szenen abzubilden. Der nüchterne, objektive Stil lässt die Geschehnisse nur noch drastischer erscheinen. Beispielsweise bedauert Goldings Erzähler den Mord an Piggy mit keiner Silbe, sondern beschreibt lediglich, was geschieht. Goldings Wortwahl macht von Anfang an deutlich, dass die Insel nicht das Paradies ist, das sich viele der Kinder erträumen, denn hinter jedem Felsen lauert der Tod, beispielsweise in Form von giftigen Schlangen oder dornenbewehrten Schlingpflanzen.

Interpretationsansätze

  • Im Roman geht es um mehr als nur um den Verlust der kindlichen Unschuld: Der Mensch ist gemäß Goldings pessimistischer Weltsicht von Natur aus böse, und die Isolation fernab der Zivilisation bringt zum Vorschein, wie barbarisch er wirklich ist.
  • Der Roman strotzt vor symbolischen Namen: Ralph (dessen Name vom althochdeutschen Wort für „Ratschlag“ stammt) verkörpert den fairen Demokraten. Jack ist sein Antagonist. Die hebräische Wurzel seines Namens deutet auf „einen, der verdrängt“, hin. Er ist der Anarchist, der die Ordnung auflöst und die tierische Seite in sich und den Jungen weckt. Der Epileptiker Simon (hebräisch: „der Erhörende“) erfährt in einer Art Offenbarung vom „Herrn der Fliegen“, dass der wahre Feind der Jungen in ihnen selbst zu suchen ist. Er ist ein Prophet, der – typisch für Charaktere mit dieser Funktion – von den anderen Jungen totgeschlagen wird. Golding selbst bezeichnete ihn als Christusfigur. Piggy schließlich lässt sich mit dem Opfertier Schwein gleichsetzen.
  • Jack nutzt seine Autorität und die Angst vor dem unheimlichen Monster, um seine Stammesgesellschaft aufzubauen. Die Ausgrenzung von Andersdenkenden ist dabei ein wesentliches Element. Jacks Diktatur der Angst wurde immer wieder mit der Naziherrschaft verglichen, zumal der Roman unter dem Eindruck des Zweiten Weltkriegs entstand.
  • Der Herr der Fliegen, der aufgespießte Kopf einer Wildsau, wird zum Symbol des Bösen auf der Insel. Er repräsentiert die Furcht vor einem unsichtbaren Feind. Golding stellt seinem Roman ein Zitat aus Goethes Faust voran, in dem Mephisto als „Fliegengott“ bezeichnet wird. Tatsächlich ist „Herr der Fliegen“ (Beelzebub) ein Schandname des vorchristlichen Gottes Baal Zebul, der als oberster Dämon bezeichnet wurde.
  • Der Schluss des Romans bringt den Jungen die Rettung, aber er verheißt keine Erlösung: Aus dem Kriegschaos ihrer kleinen Welt kommen die Jungen in das Weltkriegschaos der Erwachsenen.

Historischer Hintergrund

Zweiter Weltkrieg und Nachkriegszeit in Großbritannien

Nachdem Deutschland Frankreich 1940 besiegt hatte, musste Großbritannien sich ein Jahr lang allein gegen das Nazireich behaupten. 1941, mit dem Eintritt der USA in den Krieg und Adolf Hitlers Zerwürfnis mit Josef Stalin, wendete sich das Blatt. Die britische Kriegsmarine, in der auch William Golding seinen Dienst tat, hatte einen großen Anteil daran. Großbritannien gehörte schließlich zu den Siegermächten des Zweiten Weltkriegs, ging jedoch trotzdem geschwächt daraus hervor. Zwar stieg das Land zur Atommacht auf, verkam aber immer mehr zum Juniorpartner der USA. Der sich abzeichnende Kalte Krieg war ein bipolares Spiel mit Großbritannien in einer Nebenrolle. Nach dem Krieg wurde Premierminister Winston Churchill zunächst entmachtet und musste Clement Attlee von der Labour Party Platz machen. Schlüsselindustrien wie Stahl und Kohle wurden verstaatlicht, ebenso die Bank of England, das Transportwesen und die Gas- und Stromversorgung. Darüber hinaus etablierte die Labour-Regierung den modernen britischen Sozialstaat einschließlich des 1948 gegründeten öffentlichen Gesundheitsdienstes. Im gleichen Jahr erhielt Großbritannien, noch immer von Nahrungsmittelknappheit betroffen, erstmals Gelder aus dem Marshallplan, dem US-Wiederaufbauprogramm für Europa.

Entstehung

Zu den Lieblingsbüchern des jungen William Golding gehörten die Abenteuerromane Jules Vernes und Tarzan von Edgar Rice Burroughs. Darin wird der Mensch grundsätzlich als gut dargestellt. Ähnliches gilt für die viktorianische Robinsonade Die Koralleninsel von Robert Ballantyne aus dem Jahr 1858. Den Insel-Schauplatz und die Vornamen der beiden Hauptfiguren Jack und Ralph übernahm Golding aus diesem Musterbuch imperialistischer und missionarischer Jugendlektüre. Auf der Koralleninsel streiten sich die gestrandeten Kinder allerdings kein einziges Mal: Das Buch betont die Güte und Weisheit des Menschen und der Zivilisation. Goldings Roman liest sich wie ein makabres und ironisches Zerrbild dieses Heile-Welt-Szenarios. Mitverantwortlich dafür waren die Erlebnisse des Autors im Zweiten Weltkrieg. Golding, der als Marineoffizier bei der Landung in der Normandie dabei war, zog ein ernüchterndes Fazit: „Dieser Krieg war anders als jeder andere, der je in Europa ausgetragen wurde. Er lehrte uns nichts über den Kampf, die Politik oder die Unsinnigkeit des Nationalismus. Stattdessen lehrte er uns die wahre Natur des Menschen.“

In der Zeit nach dem Weltkrieg war Golding in Salisbury als Lehrer tätig. Hier konnte er Studien für seine Beschreibung der Schuljungen, ihre Rivalitäten und Machtspiele anstellen. Um 1950 machte er sich an die Ausarbeitung des Romans. Unter dem Eindruck des vergangenen Krieges und der allmählichen Aufklärung der Holocaustverbrechen sowie angesichts des Kalten Krieges mit seiner atomaren Bedrohung konnte Herr der Fliegen nur eine pessimistische Weltsicht vermitteln. Golding selbst sagte über sein Buch: „Es ist der Versuch, die Mängel der menschlichen Gesellschaft auf die Mängel der menschlichen Natur zurückzuführen.“ Zunächst interessierte sich kein Verlag für das Manuskript. Golding bekam 21 Absagen, bis schließlich der englische Verlag Faber & Faber das Buch 1954 veröffentlichte.

Wirkungsgeschichte

Das Werk hatte keinen glücklichen Start, weder in England noch in den USA. Dennoch gab es etliche positive Rezensionen: Der einflussreiche Schriftsteller und Kritiker Edward Morgan Forster bezeichnete den Herrn der Fliegen als den herausragenden Roman des Jahres. Time hielt das Buch „nicht nur für eine Abenteuergeschichte ersten Ranges, sondern eine Parabel unserer Zeit“. Die Taschenbuch ausgabe begründete schließlich den Siegeszug des Romans als Studentenbuch, der dem Erfolg von J. D. Salingers Der Fänger im Roggen in nichts nachstand. Goldings Lektor erinnert sich: „In den USA hatten wir große Schwierigkeiten, das Buch abzusetzen. Zunächst erregte es kaum Aufsehen. Aber nach ein bis zwei Jahren verbreitete sich die Taschenbuchausgabe wie ein Lauffeuer an sämtlichen Universitäten.“ Mittlerweile hat Herr der Fliegen längst den Status einer Pflichtlektüre in Schulen erreicht. Die Geschichte eignet sich hervorragend, um Heranwachsende an gesellschaftliche Themen und Probleme heranzuführen.

Bereits 1963 wurde der Roman von Peter Brook in Schwarz-Weiß verfilmt. 1990 drehte Harry Hook eine neue Fassung, die fast alle psychologischen Aspekte der Handlung in den Hintergrund stellt und ausschließlich die äußere Handlung abbildet. Der Roman inspirierte auch Fernsehserien wie Lost: Diese handelt von den Überlebenden eines Flugzeugabsturzes, die auf einer mysteriösen Insel ums Überleben kämpfen und sich dabei ebenfalls in zwei Gruppen spalten.

Über den Autor

William Golding wird am 19. September 1911 in Cornwall, England geboren. Sein Vater ist Mathematiklehrer, seine Mutter gehört der Frauenrechtsbewegung an. Golding wächst in einem luxuriösen Elternhaus auf. Die Familienmitglieder leben allerdings weniger miteinander als vielmehr nebeneinander her. Goldings Mutter wird später zu Protokoll geben, dass sie Weihnachten immer in unterschiedlichen Zimmern gefeiert hätten. Goldings schulische Ausbildung verläuft zufriedenstellend. Laut seinem Biografen John Carey soll er als Jugendlicher versucht haben, eine 13-jährige Schülerin zu vergewaltigen, und sich für diese „monströse“ Tat sehr geschämt haben. „Kindheit ist eine Krankheit, die sich auswächst“, wird er später einmal sagen. Am Oxford Brasenose College studiert Golding zunächst Naturwissenschaften, verlagert seine Interessen jedoch auf die englische Literatur. 1934 erscheint sein erster Gedichtband. Nach dem Diplom und der Hochzeit mit Ann Brookfield tritt er 1939 eine Stelle als Englisch- und Philosophielehrer in Salisbury an. Kurz nach dem Ausbruch des Zweiten Weltkriegs meldet sich Golding freiwillig bei der Marine. Während seiner fünf Jahre im Krieg verliert er den Glauben an das Gute im Menschen – eine Entwicklung, die prägend für sein späteres schriftstellerisches Leben sein wird. 1945 kehrt er an seine alte Schule zurück und verfasst Lord of the Flies (Herr der Fliegen), den Roman, der seinen literarischen Ruhm begründen wird. Das Thema der menschlichen Bösartigkeit prägt auch seine weiteren Werke, darunter: The Inheritors (Die Erben, 1955), Pincher Martin (1956) und Free Fall (Freier Fall, 1959). 1961 quittiert Golding den Schuldienst, denn er kann inzwischen von den Einnahmen seiner schriftstellerischen Tätigkeit leben. Er verfasst weiterhin Romane, ein Theaterstück und mehrere Essays. Rites of Passage (Äquatortaufe, 1980) wird mit dem Booker Prize ausgezeichnet. 1983 erhält Golding für sein schriftstellerisches Lebenswerk den Nobelpreis, 1988 wird er zum Ritter geschlagen. Er stirbt fünf Jahre später, am 19. Juni 1993, in seinem Haus in Cornwall an Herzversagen.

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    A. vor 4 Jahren
    und wann wurde die Zusammenfassung geschrieben ? ich würde gerne zitieren
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      vor 4 Jahren
      Die Zusammenfassung wurde am 16.11.2009 veröffentlicht.
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    A. vor 4 Jahren
    wer ist der autor dieses artikels
    • Avatar
      vor 4 Jahren
      Der Autor ist "getAbstract".