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Herr der Fliegen
Buch

Herr der Fliegen

London, 1954
Diese Ausgabe: Fischer Tb, 2003 Mehr

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Literatur­klassiker


Worum es geht

Die schwarze Seele des Menschen

Was passiert mit dem Menschen, wenn er fernab von Zivilisation, staatlicher Kontrolle und gesellschaftlichem Druck lebt? Ist er von Natur aus gut, ein „edler Wilder“? Nein, meinte William Golding und malte diese Antwort in seinem berühmtesten Roman aufs Schrecklichste aus. In seiner zutiefst pessimistischen Weltsicht hat der Mensch eine schwarze Seele: Wenige Wochen in absoluter Freiheit genügen, und er lässt Jahrhunderte der verfeinerten Sitten, der Kultur, der Demokratie und des Rechts hinter sich, um in brutale Barbarei zu verfallen. Golding überspitzt seine These effektvoll, indem er unschuldige Kinder zu den Protagonisten seines Gesellschaftsexperiments macht. Im Elysium einer exotischen Insel entfesseln sie die Hölle auf Erden. Dem weltkriegserfahrenen englischen Schriftsteller ging es um nicht weniger als darum, die Tragik der menschlichen Natur in Worte zu fassen. So erklärte er 1984, ein Jahr nachdem er den Literaturnobelpreis bekommen hatte: „Das Thema von Herr der Fliegen ist Trauer. Nichts als die schiere Trauer, Trauer, Trauer .“

Zusammenfassung

Gestrandet auf einer einsamen Insel

Ein blonder Junge kämpft sich durch ein Gewirr von Schlingpflanzen über Felsen und umgestürzte Baumstämme. Schultrikot und Haare sind nass, die Luft um ihn her dampft. Plötzlich wird er von einem dicken Jungen mit Brille angesprochen, der sich ebenfalls durch den Dschungel kämpft. Die beiden stellen fest, dass sie sich auf einer Insel befinden und keine Erwachsenen mehr da sind. Der dicke Junge berichtet, sie seien angegriffen worden und das Flugzeug sei in zwei Teile gebrochen. Die Passagierkabine, in der die Jungen waren, sei ins Meer getrieben worden, nachdem sie eine Schneise der Verwüstung durch die Insel geschlagen habe. Seiner Meinung nach müssten sich noch mehr Jungen auf die Insel gerettet haben. An der Küste stehen Palmen; der Boden bildet hier eine Art Plattform. Es ist dämmrig und angenehm kühl, nur direkt am Strand flirrt die Hitze noch. Der Blonde zieht seine schwarzen Schuhe und seine englische Kleidung aus und macht übermütig einen Kopfstand.

Der Ruf des Muschelhorns

Der Dicke schlägt vor, von allen Jungen, die auf der Insel gestrandet sind, eine Namensliste anzufertigen. Er selbst sei in der Schule

Über den Autor

William Golding wird am 19. September 1911 in Cornwall, England geboren. Sein Vater ist Mathematiklehrer, seine Mutter gehört der Frauenrechtsbewegung an. Golding wächst in einem luxuriösen Elternhaus auf. Die Familienmitglieder leben allerdings weniger miteinander als vielmehr nebeneinander her. Goldings Mutter wird später zu Protokoll geben, dass sie Weihnachten immer in unterschiedlichen Zimmern gefeiert hätten. Goldings schulische Ausbildung verläuft zufriedenstellend. Laut seinem Biografen John Carey soll er als Jugendlicher versucht haben, eine 13-jährige Schülerin zu vergewaltigen, und sich für diese „monströse“ Tat sehr geschämt haben. „Kindheit ist eine Krankheit, die sich auswächst“, wird er später einmal sagen. Am Oxford Brasenose College studiert Golding zunächst Naturwissenschaften, verlagert seine Interessen jedoch auf die englische Literatur. 1934 erscheint sein erster Gedichtband. Nach dem Diplom und der Hochzeit mit Ann Brookfield tritt er 1939 eine Stelle als Englisch- und Philosophielehrer in Salisbury an. Kurz nach dem Ausbruch des Zweiten Weltkriegs meldet sich Golding freiwillig bei der Marine. Während seiner fünf Jahre im Krieg verliert er den Glauben an das Gute im Menschen – eine Entwicklung, die prägend für sein späteres schriftstellerisches Leben sein wird. 1945 kehrt er an seine alte Schule zurück und verfasst Lord of the Flies (Herr der Fliegen), den Roman, der seinen literarischen Ruhm begründen wird. Das Thema der menschlichen Bösartigkeit prägt auch seine weiteren Werke, darunter: The Inheritors (Die Erben, 1955), Pincher Martin (1956) und Free Fall (Freier Fall, 1959). 1961 quittiert Golding den Schuldienst, denn er kann inzwischen von den Einnahmen seiner schriftstellerischen Tätigkeit leben. Er verfasst weiterhin Romane, ein Theaterstück und mehrere Essays. Rites of Passage (Äquatortaufe, 1980) wird mit dem Booker Prize ausgezeichnet. 1983 erhält Golding für sein schriftstellerisches Lebenswerk den Nobelpreis, 1988 wird er zum Ritter geschlagen. Er stirbt fünf Jahre später, am 19. Juni 1993, in seinem Haus in Cornwall an Herzversagen.


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