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Im Westen nichts Neues

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Im Westen nichts Neues

KiWi,

15 Minuten Lesezeit
10 Take-aways
Text verfügbar

Was ist drin?

Der erschütternde Weltbeststeller über den Ersten Weltkrieg.


Literatur­klassiker

  • Roman
  • Moderne

Worum es geht

Eingeschlagen wie eine Bombe

Im Westen nichts Neues ist die Geschichte eines jungen Kriegsfreiwilligen, der in den Schützengräben des Ersten Weltkriegs zuerst seine Illusionen, dann seine Kameraden und schließlich alle Hoffnung verliert. Es ist aber auch die Geschichte der ersten großen Marketingoffensive der deutschen Literatur: Ende 1928 starteten Erich Maria Remarque und sein Verleger Ullstein diese mit einer breit angelegten Medienkampagne. Der Erfolg war phänomenal. Den Druckereien ging zeitweise das Papier aus; Arbeiter legten ihr Geld zusammen, um sich ein Exemplar des Buches kaufen zu können; Kriegsversehrte schrieben heiße Dankesbriefe. Und dann, der Gegenangriff: Der Autor wurde von rechts, von links und aus der Mitte als Verleumder, Betrüger, Pazifist und Kriegsromantiker unter Beschuss genommen. Dabei hielt er selbst sein Buch für „völlig unpolitisch“. Naivität oder kühle Berechnung? Remarque schwieg. Doch an seiner Kernaussage änderte das alles nichts: Nie wieder Krieg.

Take-aways

  • Im Westen nichts Neues schildert die sinnlosen Schrecken des Ersten Weltkriegs.
  • Inhalt: Der 19-jährige Freiwillige Paul Bäumer kämpft an der Westfront. Er berichtet vom Albtraum des Stellungskriegs, aber auch von tröstlichen Momenten im Kreis der Kameraden. Als er einen Kameraden nach dem anderen verliert, verlässt ihn der Mut. Paul selbst fällt an einem ereignislosen Gefechtstag kurz vor Kriegsende.
  • Remarque ging es um die seelischen Wunden, die der Krieg schlägt, während seine Zeitgenossen den Roman als Antikriegsbuch verstanden.
  • Das Buch wurde 1929 über Nacht zum Welterfolg.
  • Autor und Verlag begleiteten die Veröffentlichung mit einer beispiellosen Marketingkampagne.
  • Sie gaben vor, Remarque habe sich spontan und innerhalb weniger Wochen seine eigenen Kriegserlebnisse von der Seele geschrieben.
  • Tatsächlich aber hatte er den Roman sorgfältig konzipiert, mehrfach umgeschrieben und verschiedene Quellen verarbeitet.
  • Von rechts wurde er als Vaterlandsverräter, von links als Kriegsverklärer beschimpft.
  • SA-Krawalle führten 1930 zum Verbot der Hollywoodverfilmung in Deutschland.
  • Zitat: „Er fiel im Oktober 1918, an einem Tage, der so ruhig und still war an der ganzen Front, daß der Heeresbericht sich nur auf den Satz beschränkte, im Westen sei nichts Neues zu melden.“

Zusammenfassung

Hurra, wir leben noch

Die Kompanie des 19-jährigen Paul Bäumer wird nach 14 Tagen Kampfeinsatz an der Westfront abgelöst. Die Soldaten sind ausgelaugt und ausgehungert. Da von den ursprünglich 150 Männern nur 80 überlebt haben, gibt es für jeden die doppelte Portion – ein echter Glückstag. Paul, Albert, Müller und Leer haben gemeinsam die Schulbank gedrückt, bevor sich ihre gesamte Abiturklasse auf Drängen des Klassenlehrers Kantorek freiwillig zum Kriegsdienst meldete. Heute preist dieser sie in seinen Briefen als „eiserne Jugend“. Ihre besten Kameraden kennen sie aus der Zeit der zehnwöchigen militärischen Ausbildung: den Schlosser Tjaden, den Torfstecher Haie, den Bauern Detering sowie Katczinsky, genannt Kat, den 40-jährigen Schuster und inoffiziellen Kopf der Gruppe.

„Dieses Buch soll weder eine Anklage noch ein Bekenntnis sein. Es soll nur den Versuch machen, über eine Generation zu berichten, die vom Kriege zerstört wurde – auch wenn sie seinen Granaten entkam.“ (S. 5)

Nach dem Schmaus stellen sie ein paar tragbare Holzlatrinen auf einer offenen Wiese zusammen, genießen die Sonne, spielen Skat und freuen sich, heil davongekommen zu sein. Ihr Klassenkamerad Kemmerich hatte weniger Glück. Er wurde mit einem zerschossenen Bein ins Lazarett gebracht. Sie besuchen ihn und versuchen ihn aufzumuntern. Doch es ist zwecklos. Sein Gesicht ist gelblich fahl, die Hände sind wächsern. Er beklagt sich über Schmerzen im Fuß. Was er nicht weiß: Das Bein wurde amputiert. Müller bittet darum, die feinen Fliegerstiefel mitnehmen zu dürfen, aber der Kranke will sich nicht davon trennen. Am nächsten Tag geht Paul noch mal zu ihm. Kemmerich weiß nun Bescheid und überlässt ihm die Stiefel. Dann weint er leise das Kissen nass, bis er vor Pauls Augen stirbt.

Kasernendrill

Wenn Paul die Stiefel nicht mitgenommen hätte, hätte der Sanitäter sie weggeschnappt. Alle wissen: Müllers Frage nach den Stiefeln war nicht herzlos, sondern pragmatisch. Im Übrigen hat ihnen der kleine Unteroffizier Himmelstoß während der zehnwöchigen Militärausbildung jegliche Sentimentalität ausgetrieben. Im Zivilberuf Briefträger, fand er eine teuflische Freude daran, seine Untergebenen zu demütigen. Einmal musste Paul mit einer Zahnbürste die Korporalschaftsstube schrubben. Tjaden versuchte er das Bettnässen abzugewöhnen, indem er einen anderen Bettnässer auftrieb und immer einen der beiden in dem Etagenbett über dem anderen schlafen ließ. Manchmal heulten sie vor Wut. Aber es hat sie abgehärtet gegen das, was später kommen sollte. Und es hat sie zu Kameraden gemacht.

Schreiende Pferde

Die Kompanie wird nach den Verlusten mit Neuen aufgefüllt, viele sind junge Rekruten, noch halbe Kinder. Gemeinsam geht es zum Schanzen an die Front. Als die Soldaten mit dem Bau der Befestigungsanlage fertig sind und auf die Lastwagen warten, schlagen die ersten Granaten ein. Nach dem Feuerüberfall hören sie furchtbare Schreie. Es sind Pferde. Durchs Fernglas sehen sie, wie eines der Tiere mit aufgerissenem Bauch über die eigenen Gedärme stolpert. Im offenen Gelände dann ein erneuter Angriff. Die Soldaten suchen Deckung auf einem Friedhof. Paul hechtet in einen Trichter und findet sich dort neben einem Toten wieder. Dann sieht er plötzlich Kats Gesicht vor sich, der durch den ohrenbetäubenden Lärm brüllt: „Gaaas – Weitersagen –!“ Sie setzen die Masken auf und versuchen so wenig wie möglich zu atmen. Dann machen sie sich mit den Verwundeten auf dem Rücken auf den Weg. Die Hüfte eines der Rekruten besteht nur noch aus zerquetschtem Fleisch mit Knochensplittern. In strömendem Regen fahren sie zurück.

Rache ist süß

Die Kameraden sitzen mit nacktem Oberkörper um einen Kerzenstumpf herum und rösten in einer kleinen Pfanne ihre Kopfläuse. Dann steht plötzlich Himmelstoß vor ihnen. Er ist strafversetzt worden, weil er einige Rekruten in der Kaserne zu sehr geschunden hat. Feindselige Stimmung kommt auf. Tjaden verflucht Himmelstoß als „Sauhund“. Wutschnaubend droht dieser, Tjaden vors Kriegsgericht zu bringen. Die Schulkameraden bleiben allein zurück. Sie denken an die mittlerweile sieben Toten und vier Verwundeten aus ihrer Klasse und an das Kriegsende. Was sie dann wohl anfangen werden? Sie wissen es nicht. Kat und die anderen hatten ein Leben vor dem Krieg, Ehefrauen, Kinder und Berufe. Für sie, die Jungen, gibt es jedoch kein Zurück. Sie haben ihre Zukunft schon verloren.

„Das Fleisch zerschmilzt, die Stirn wölbt sich stärker, die Backenknochen stehen vor. Das Skelett arbeitet sich durch. Die Augen versinken schon. In ein paar Stunden wird es vorbei sein.“ (über Kemmerich, S. 31)

Als Himmelstoß zurückkommt, sagt Albert ihm die Meinung und fragt ihn, ob die Mannschaften an der Front, bevor sie sterben dürften, auch erst vor ihm hinzutreten und zackig um Erlaubnis zu fragen hätten. Am Abend kommt es zur Vernehmung. Paul erzählt die Bettnässergeschichte. Der Leutnant ist empört. Tjaden und Albert erhalten nur eine leichte Strafe, Himmelstoß eine Verwarnung. Kat und Paul stehlen nachts eine Gans und braten sie in einer entlegenen Scheune. Es ist ein schrecklich schöner, feierlicher Moment: zwei Kameraden beim Festessen, inmitten von Fliegerbomben und Maschinengewehrfeuer. Die Reste bringen sie Albert und Tjaden, die ein paar Tage zum Arrest in einen Hühnerstall verbannt wurden.

Gefangen im Stellungskrieg

Auf dem Weg zur Front kommen die Soldaten an einer Mauer aus neuen, hellen Särgen vorbei – jeder weiß, für wen die bestimmt sind. Die Stimmung ist mies. Denn während die feindliche Artillerie immer besser zielt, landen die deutschen Geschosse oft in den eigenen Gräben, weil die Rohre ausgeleiert sind. In den Schützengräben wird reichlich Käse und Schnaps ausgeteilt – ein böses Omen. Die Soldaten lungern wartend herum. Dann beginnt das Trommelfeuer. Es ist so dicht, dass die Essensträger nicht durchkommen. Mehrere Rekruten geraten in Panik. Einer reißt aus und rennt in den sicheren Tod. Tage und Nächte vergehen so, bis auch die letzten Männer nur noch zitternde Nervenbündel sind.

„Ich kenne die furchtbaren Bilder aus dem Lazarett: Gaskranke, die in tagelangem Würgen die verbrannten Lungen stückweise auskotzen.“ (S. 64)

Plötzlich ist es still. Dann beginnen das Sperrfeuer und der Angriff der feindlichen Infanterie. Die Männer kriechen aus den Gräben und werfen im Rückzug Handgranaten gegen die herannahenden Franzosen, getrieben von besinnungsloser Wut und Mordlust. Bald treibt die Artillerie die Angreifer zurück. Nun geht es über zuckende und tote Leiber wieder in Richtung Feind. Einem jungen Franzosen spalten sie mit dem Spaten das Gesicht. In den feindlichen Stellungen erschlagen und erstechen sie die Männer, werfen Handgranaten in Schützengräben, stolpern über Fleischfetzen und zerrissene Bäuche. Vor dem Rückzug schnappen sie sich so viele Essensvorräte, wie sie tragen können.

„Aus uns sind gefährliche Tiere geworden. Wir kämpfen nicht, wir verteidigen uns vor der Vernichtung.“ (S. 103)

So geht es tagelang hin und her. Die Toten, mit von der Hitze aufgetriebenen Bäuchen, werden von Ratten gefressen. Ein Sterbender schreit zwei Tage lang, ohne dass man ihn findet. Als Verstärkung kommen blutjunge Rekruten, mit mangelhafter Ausbildung und viel zu großen Uniformen. Sie sind dem Stellungskampf hilflos ausgeliefert – auf einen toten Mann kommen fünf bis zehn tote Jungen. Haie wird der Rücken zerfetzt. Nach der Ablösung lässt der Kompanieführer die Männer abzählen: 32 von 150 sind noch am Leben.

Ein Kommissbrot für die Liebe

Am Abend schwimmen die Männer im Kanal nahe ihrem Quartier, als plötzlich drei junge Frauen auftauchen. Mit ein paar Brocken Französisch und per Zeichensprache verabreden sie sich für die Nacht in einem Haus unweit des Ufers. Sie bringen den Mädchen Kommissbrot, Leberwurst und Zigaretten mit. Hungrig fallen diese darüber her. Paul hat sich ein schmales, dunkles Mädchen ausgesucht. Für ihn ist es das erste Mal, und er lässt sich fallen in der Hoffnung, das Grauen vergessen zu können und als neuer Mensch wieder aufzuwachen.

„Neben mir wird einem Gefreiten der Kopf abgerissen. Er läuft noch einige Schritte, während das Blut ihm wie ein Springbrunnen aus dem Halse schießt.“ (S. 104)

Paul bekommt Urlaub. Am Abend davor gehen die Kameraden noch einmal zu den Mädchen. Der Dunklen scheint Pauls Abreise ziemlich egal zu sein. Auf der Heimreise kommt er mit jeder vertrauten Bahnstation den Orten seiner Jugend einen beklemmenden Schritt näher. Im Haus riecht es nach Kartoffelpuffern, seinem Lieblingsgericht. Die Mutter ist an Krebs erkrankt und liegt im Bett. Paul ist wortkarg, und auch die Mutter sagt nicht viel. Gefühle zeigt man in seiner Familie nicht.

Verloren in der Heimat

Paul fühlt sich in seiner Heimat fremd. Unerträglich ist für ihn die Fachsimpelei der „Sofageneräle“. Deshalb besucht er in der Kaserne seinen Klassenkameraden Mittelstaedt, der Unteroffizier ist. Vor Kurzem wurde auch der Lehrer Kantorek eingezogen. Mittelstaedt hat seinem alten Schulmeister lächerlich unpassende Kleider verpasst und tadelt ihn nun aufgrund des liederlichen Aussehens wie einen ungezogenen Schuljungen. Daran haben er und Paul einen Riesenspaß.

„Zwei werden so zerschmettert, dass Tjaden meint, man könne sie mit dem Löffel von der Grabenwand abkratzen und im Kochgeschirr beerdigen.“ (S. 116)

Vor der Rückkehr an die Front muss Paul noch für einige Zeit zum Training ins Heidelager. Neben seiner Baracke leben russische Kriegsgefangene. Es sind arme, halb verhungerte Teufel, die Abfalltonnen nach Essensresten durchsuchen und ihre letzten Habseligkeiten für ein paar Bissen an die Soldaten verhökern. Paul muss bei ihnen Wache schieben. Ihr Elend erschüttert ihn. Er spürt, dass seine Vorgesetzten ihm eigentlich schlimmere Feinde sind als diese entmenschlichten Gestalten – und doch würde er jederzeit wieder auf sie schießen und, das weiß er, sie auch auf ihn.

Tod im Trichter

Zurück an der Front wird Paul ebenso wie seine Kameraden mit nagelneuen Sachen ausgerüstet, weil der Kaiser zur Besichtigung erscheint. Der verteilt ein paar Eiserne Kreuze und verschwindet wieder. Der hohe Besuch macht die Freunde nachdenklich: Welchen Sinn haben Kriege, die von der Elite ausgebrütet und vom Volk ausgebadet werden? Kat findet es absurd, dass einfache Franzosen gegen einfache Deutsche kämpfen. Nach dem Kaiserappell müssen die Soldaten die neuen Uniformen wieder gegen die alten tauschen.

„Ein Befehl hat diese stillen Gestalten zu unsern Feinden gemacht; ein Befehl könnte sie in unsere Freunde verwandeln.“ (über russische Kriegsgefangene, S. 172)

Während einer Patrouille verliert Paul die Orientierung und sucht in einem Trichter Deckung. Eine feindliche Angriffswelle rauscht über ihn hinweg und wird zurückgeschlagen. Beim Rückzug lässt sich ein französischer Soldat in Pauls Trichter fallen. Paul sticht sofort zu. Der Mann röchelt. Nach dem ersten Schock gibt Paul ihm Wasser und verbindet die Wunde. Es nützt nichts. Er muss mehrere Stunden lang mit ansehen, wie der Mann verendet. Paul verspricht dem Toten, dessen Frau und Tochter zu schreiben. Seine Kameraden beruhigen ihn, als er später davon erzählt. Sie meinen, jeder von ihnen hätte genauso gehandelt. Zur Bestätigung zeigt Kat auf einen Scharfschützen, der eine Strichliste mit Treffern führt und gerade zufrieden seinen dritten Toten abhakt.

Als gäbe es kein Morgen

Zur Abwechslung müssen die Soldaten ein zerschossenes, geräumtes Dorf bewachen. Vergnügt machen sie es sich in einem Keller bequem, suchen sich Zutaten aus den leeren Häusern zusammen und bereiten ein Festmahl, während ihnen die Kugeln um die Ohren fliegen. Beim Abzug schleifen sie ein Himmelbett und rote Plüschsessel auf den Wagen, rekeln sich genüsslich darauf und rauchen dicke Zigarren. Im Dorf schlagen Granaten ein.

„Unser Wissen vom Leben beschränkt sich auf den Tod. Was soll danach noch geschehen? Und was soll aus uns werden?“ (S. 233)

Ein paar Tage später werden Paul und Albert verwundet. Aus Angst vor einer Amputation verzichtet Paul auf Betäubung. Im Feldlazarett stochert der Arzt grob in seiner Wunde herum. Die Schmerzen sind unerträglich, aber Paul hat Glück: Das Bein bleibt dran. Die beiden Kameraden werden im Lazarettzug in ein katholisches Krankenhaus nach Deutschland verlegt. Albert geht es immer schlechter, schließlich muss ihm das Bein amputiert werden. Er spricht davon, sich bei der ersten Gelegenheit das Leben zu nehmen. Als Paul wieder laufen kann, schaut er sich in anderen Stationen um. Was er an zerschmetterten Leibern und Gliedern zu sehen bekommt, macht ihn fassungslos.

Die Erlösung

Nach kurzem Erholungsurlaub kommt Paul wieder an die Front. Er fühlt sich abgestumpft. Auch der Halt durch die Kameraden bricht weg. Zuerst desertiert Detering – doch anstatt ins sichere Holland zu flüchten, geht er nach Deutschland und wird dort gefasst. Man hört nie wieder von ihm. Dann stirbt Müller an einem Bauchschuss mit einer Leuchtkugel. Paul erbt Kemmerichs Stiefel. Es kommen nur noch Knaben nach, und auch Schwerverletzte werden wieder an die Front geschickt. Ein Splitter reißt Leer die Hüfte auf. Er verblutet. Im Sommer 1918 weiß jeder, dass der Krieg verloren ist. Gerüchte von Frieden liegen in der Luft. Schließlich erwischt es Kat noch am Schienbein. Paul trägt ihn auf dem Rücken zur Sanitätsstation. Als sie ankommen, ist Kat tot. Ein Splitter hat ihn unterwegs am Kopf getroffen. Paul Bäumer fällt an einem ruhigen Fronttag im Oktober 1918. Im Heeresbericht steht, im Westen sei nichts Neues zu melden.

Zum Text

Aufbau und Stil

In Im Westen nichts Neues berichtet der Icherzähler Paul Bäumer in zwölf Kapiteln vom Grauen des Ersten Weltkriegs. Rückblenden wechseln sich mit rasend schnellen, szenischen Frontberichten und retardierenden Momenten ab, in denen die Soldaten den Krieg reflektieren oder Zoten reißen. Der unmittelbare Erzählstil führt den Leser so dicht an den Toten und den Verstümmelten vorbei, dass man die Schrecken des Krieges selbst zu erleben meint – ein erschütterndes Kopfkino, das sich nicht anhalten lässt. Bäumers Bericht wirkt so authentisch, dass man ihm im ersten Moment sogar absurde Erzählungen darüber abnimmt, dass Männer mit abgeschossenen Köpfen oder auf splitternden Beinstümpfen weiterlaufen. Mithilfe von derben Dialogen versucht der Autor, die Lebenswirklichkeit der Soldaten möglichst realistisch und volksnah wiederzugeben. Allerdings gleitet er zeitweise ins expressionistische Pathos ab und schrammt haarscharf am Kitsch vorbei, etwa wenn Paul der Erde dafür dankt, ihm „im Todesbrüllen der Explosionen die ungeheure Widerwelle gewonnenen Lebens“ geschenkt zu haben.

Interpretationsansätze

  • Der Roman schildert die Schrecken der modernen Kriegführung. Die alte Heldenromantik hat in Zeiten von Massenvernichtungswaffen ausgedient. Über Leben und Tod entscheidet der Zufall. Der einfache Soldat ist nur ein winziges Rädchen in der Kriegsmaschinerie, sein Tod ist ohne Bedeutung, also buchstäblich „nichts Neues“.
  • Der Autor hatte das Buch als erste Folge einer Trilogie über die verlorene Kriegsgeneration geplant, die sich in der Nachkriegszeit nicht mehr zurechtfindet. Sein Fokus lag nach eigener Aussage auf den seelischen Folgen des Krieges. Dass der Roman als Antikriegsbuch verstanden wurde, erstaunte und ärgerte Remarque, da er dachte, „jeder Mensch sei gegen den Krieg, bis ich herausfand, dass es welche gibt, die dafür sind, besonders die, die nicht hingehen müssen“.
  • Der Roman trägt autobiografische Züge: Der Name Paul Bäumer geht zum Beispiel auf Remarques zweiten Vornamen Paul (den er später in Maria änderte) und auf den Nachnamen seiner Großmutter zurück. Doch anders als der Icherzähler meldete Remarque sich nicht freiwillig, sondern wurde eingezogen. Er überlebte den Krieg und wurde durch ihn berühmt.
  • Im Krieg wird der Mensch zum Tier: Essen, Ausscheidung, Sex, töten oder getötet werden – alles andere zählt nicht. Zivilisatorische Errungenschaften wie Kunst, Kultur, Religion oder Bildung sind im Schützengraben unnötiger Ballast, und menschliche Regungen wie Mitgefühl, Heimweh oder Liebe können lebensgefährlich sein.
  • Paul und seine Kameraden ertragen die Sinnlosigkeit des Krieges mit passiver Ergebenheit: Den Glauben an Kaiser und Vaterland haben sie längst verloren, doch Desertion, Meuterei oder Revolution sind für sie keine Alternative. Lieber opfern sie sich für etwas, woran sie nicht glauben, als für Ziele zu kämpfen, die sie nicht haben.
  • Praktischer Nutzen war ein Grundanliegen der Literatur der Neuen Sachlichkeit während der Weimarer Republik: Ihre Vertreter wollten die soziale, politische und ökonomische Wirklichkeit möglichst wahrheitsgetreu wiedergeben. Sie schrieben über und für einfache Menschen, um ihnen zu helfen, ihre Lebensumstände zu verbessern. So wollte auch Remarque weder ein pazifistisches Manifest noch ein literarisches Kunstwerk schreiben. Vielmehr ging es ihm darum, den Überlebenden eine Stimme zu geben, sie aus der Schockstarre zu lösen und sie zu ermutigen, ihren Platz in der Gesellschaft zu finden.

Historischer Hintergrund

Mit Hurra in die Hölle

Im Ersten Weltkrieg standen weltweit rund 70 Millionen Menschen unter Waffen, 17 Millionen kamen ums Leben. Das Zerstörungspotenzial dieses ersten industrialisierten Krieges wurde sträflich unterschätzt. Viele deutsche Bürgersöhne meldeten sich freiwillig und zogen mit großem Hurra an die Front. Doch der nationale Taumel schlug schnell in Entsetzen um: Anstatt Deutschland, wie erhofft, den Traum vom „Platz an der Sonne“ zu erfüllen, landete man in der düsteren Hölle der Schützengräben. An der 700 Kilometer langen Westfront von der Nordsee bis zur Schweizer Grenze bewegte sich schon ab Herbst 1914 nichts mehr. Beide Seiten rieben sich in sinnlosen Materialschlachten auf. Die Folge waren hohe Verluste und horrende Verletzungen an Leibern und Seelen.

Hinzu kam die sinkende Moral an der Heimatfront: Die britische Seeblockade verhinderte einen Großteil der Agrarimporte; Mangelwirtschaft und Chaos in der Ernährungsindustrie taten ein Übriges. Im sogenannten Steckrübenwinter 1916/17 stand jedem Einwohner mit durchschnittlich 1000 Kilokalorien pro Tag weniger als die Hälfte des Mindestbedarfs zur Verfügung. Etwa 800 000 Zivilisten verhungerten in den Kriegsjahren. Nach Ansicht vieler Historiker war die katastrophale Versorgungslage mitentscheidend für die deutsche Kapitulation und den Sturz Kaiser Wilhelms II., der am 10. November 1918 beim Aufbruch ins niederländische Exil stänkerte: „Das deutsche Volk ist eine Schweinebande.“

Entstehung

Der 19-jährige Erich Maria Remarque wurde im Juli 1917 nach sechswöchigem Kriegseinsatz verwundet. Im Lazarett nahm er sich vor, „die Jugend Deutschlands, diese prachtvolle, stahlharte Jugend aufzurufen nach dem Kriege zum Kampfe gegen das Morsche und Faule und Oberflächliche in Kunst und Leben“. Zunächst schien er dieses Ziel aus den Augen zu verlieren. Er trug ein Monokel, schrieb einen seichten Autoroman und Artikel wie Über das Mixen kostbarer Schnäpse. Anders als später zu Vermarktungszwecken behauptet, schrieb er sich Im Westen nichts Neues nicht innerhalb von vier Wochen spontan von der Seele, um sein Kriegstrauma zu verarbeiten. Vielmehr hatte er schon im Lazarett einen ersten Entwurf verfasst und die Kriegserlebnisse anderer Soldaten gesammelt. Er verwarf die Idee einer chronologischen autobiografischen Erzählung und entschied sich für die fiktionale Form mit Rückblenden. 1927 schrieb er das Manuskript mindestens dreimal um, bevor er es im Frühjahr 1928 dem Verleger Samuel Fischer anbot. Dieser lehnte mit dem Argument ab, dass niemand etwas über den Krieg lesen wolle – eine Fehleinschätzung, die ihn später am eigenen verlegerischen Talent zweifeln ließ.

Einen besseren Riecher hatte man beim Ullstein-Verlag. Aber auch hier gab es Bedenken. Der Verlag ließ den Roman von ehemaligen Kriegsteilnehmern begutachten und forderte Remarque auf, die kriegs- und systemkritischen Aussagen zu entschärfen. In einer irreführenden Kampagne wurde Im Westen nichts Neues nicht als Roman, sondern als authentischer Bericht beworben. Die gebotene Trennung zwischen Fiktion und Autor passte seinerzeit nicht ins Vermarktungskonzept. Obwohl Remarque selbst zu dieser Legendenbildung beitrug, lastete sie auf ihm. 1950 schrieb er in sein Tagebuch: „Die Angst. Das Gefühl des Schwindlers. Gleichzeitig auch die Vergangenheit, die immer wieder auftauchte.“

Wirkungsgeschichte

Das Buch brach nach seinem Erscheinen im Januar 1929 sofort alle Rekorde: bis zu 15 000 verkaufte Exemplare pro Tag, die erste Million nach gut einem Jahr, sofortige Übersetzung in 26 Sprachen und geradezu euphorische Kritiken: „Das ist der Krieg, wie wir ihn an der Front gelebt haben“, bestätigte Carl Zuckmayer, und Stefan Zweig lobte den Roman als „vollkommenes Kunstwerk und unzweifelhafte Wahrheit zugleich“. Doch die Legende vom schlichten Kriegsversehrten mit dem plötzlichen Mitteilungsdrang passte nicht recht zum weltmännischen, literarisch versierten Remarque. Während Autor und Verlag einerseits den unpolitischen Charakter des Buches betonten, vereinnahmten sie es andererseits als allein gültige Wahrheit über den Krieg. Damit machten sie sich angreifbar. Rechtsgerichtete verdammten die „Leichenschändung an den Gefallenen“ und denunzierten Remarque als Betrüger, der in Wahrheit Kramer heiße und nie im Krieg gewesen sei. Prüde mokierten sich über den „Latrinenschmöker“, und Linksextreme schmähten den Autor als „Lieblingsdichter der imperialistischen Bourgeoisie“. 1930 kippte die Stimmung. Als die unter der Regie von Lewis Milestone verfilmte, oscarprämierte Hollywoodversion in die deutschen Kinos kommen sollte, organisierte Joseph Goebbels mithilfe der SA Krawalle, die zum Verbot des Films führten. Im Mai 1933 wurden Remarques Bücher von den Nazis verbrannt. Heute gilt Im Westen nichts Neues als einer der größten deutschen Bucherfolge aller Zeiten, ein Roman, der wie kaum ein anderer die Sinnlosigkeit des Krieges anprangert.

Über den Autor

Erich Maria Remarque wird unter dem Namen Erich Paul Remark am 22. Juni 1898 als zweites von fünf Kindern einer kleinbürgerlich-katholischen Familie in Osnabrück geboren. Schon als Zwölfjähriger macht er in der Schule mit seinen Aufsätzen Eindruck – der Lehrer wirft ihm vor, abgeschrieben zu haben, so hochgestochen ist sein Ausdruck. Von 1912 bis 1915 besucht er das katholische Lehrerseminar, er macht 1916 das Notexamen und wird 18-jährig zum Militärdienst einberufen. Im Juni 1917 kommt er an die Westfront. Ende Juli wird er durch Granatsplitter und einen Halsschuss verletzt und verbringt den Rest des Krieges in einem Duisburger Militärkrankenhaus. Anschließend setzt er seine Ausbildung fort und arbeitet ab 1919 ein Jahr lang als Volksschullehrer auf dem Land. Doch den Dörflern ist der gottlose Remarque nicht geheuer, zumal er zeitgleich für die rassenideologische Zeitschrift Schönheit schreibt und mit der Traumbude einen Roman veröffentlicht, der offen das Ariertum verherrlicht – eine Periode, die er selbst später als Jugendsünde bezeichnet. Er wechselt vom Lehrer- zum Journalistenberuf, nimmt ab 1921 den Künstlernamen Erich Maria Remarque an und arbeitet zunächst für die Werkszeitung des Reifenherstellers Continental, dann als Autofachmann für die Zeitschrift Sport im Bild. Er liebt das Mondäne und macht sich einen Ruf als Frauenheld – zu seinen Eroberungen zählen Marlene Dietrich, Greta Garbo und Paulette Goddard, die Exfrau von Charlie Chaplin, die er 1958 in dritter Ehe heiratet. Ein Freund unterstellt dem jungen Remarque später gar eine „Neigung zur Hochstaplerei“. Mit dem 1929 erschienenen Roman Im Westen nichts Neues landet er einen Sensationserfolg. Doch schon bald bekommt der Autor den Hass seiner Gegner zu spüren. Joseph Goebbels organisiert 1930 in Berlin Nazi-Schlägertrupps, die erfolgreich die Ausstrahlung der Hollywoodverfilmung des Romans verhindern. Remarque lässt sich 1932 in der Schweiz nieder und lebt ab 1939 in den USA, wo er zahlreiche weitere literarische Erfolge feiert. Er stirbt am 25. September 1970 in der Schweiz.

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    A. vor 9 Jahren
    Im Roman gibt es eine Szene, wo die jungen Soldaten ihre Feldtoiletten im Kreis anordnen und auf diese Weise stundenlange "Sitzungen" abhalten. Das Schamgefühl sei den Soldaten dabei recht schnell abhandengekommen.
    Im Film "Full Metal Jacket" ist die Kaserne mit einer Gruppentoilette ausgestattet, wo die Kloschüsseln an zwei gegenüberliegenden Wänden aufgereiht sind. Ist das möglicherweise eine Anspielung auf diesen Roman?