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Juliette
Buch

Juliette

oder die Vorteile des Lasters

Paris, 1796 bis 1797
Diese Ausgabe: Ullstein, 2012 Mehr

Literatur­klassiker

  • Erotik
  • Aufklärung

Worum es geht

Umwertung aller Werte

Sicher, Sex ist in diesem Buch allgegenwärtig. Aber es als erotisches Werk zu verstehen, würde ihm nicht gerecht werden. Auch von einem Roman mit einer Entwicklung von Figuren in Konflikten kann man im eigentlichen Sinne nicht sprechen. Vielmehr ist es eine Aneinanderreihung immer monströser werdender Episoden. Angesichts der Monotonie, der ständigen Wiederholung und der Abscheulichkeit wird man der ebenso drastischen wie plastischen Beschreibungen von Geschlechtsverkehr schnell überdrüssig. So gesehen ist de Sades Werk Juliette kein literarisches Meisterwerk. Seine Bedeutung liegt allerdings in seiner sonst nicht mehr erreichten Radikalität. Es handelt sich um eine profunde Gesellschafts- und Herrschaftskritik: De Sade brandmarkt das Frankreich seiner Zeit als Gewaltherrschaft und skizziert geradezu prophetisch die inneren Mechanismen aller nachfolgenden totalitären Diktaturen bis in die Gegenwart. De Sade erreicht seine Radikalität, indem er den intimsten Bereich des Menschlichen total enttabuisiert und in Verbindung mit grausamen Verbrechen bringt. Der Pakt mit dem Bösen wird als die einzig vernünftige und dem Menschen „natürlichste“ Lebensweise vorgeführt.

Take-aways

  • Gemeinsam mit dem Parallelroman Justine gehört Juliette oder die Vorteile des Lasters zu den Hauptwerken der sogenannten erotischen Literatur.
  • Inhalt: Schon im jugendlichen Alter im Nonnenkloster verführt worden, entscheidet sich Juliette für den Weg des Lasters. Es gelingt ihr, sich durch Prostitution, sexuelle Ausschweifungen und abscheuliche Verbrechen die Vorteile zu verschaffen, die ihr eine selbstbestimmte und wohlhabende Existenz ermöglichen.
  • De Sade steigert die natürliche Wollust zu immer groteskeren Formen, von Gewalt bis hin zum Verbrechen.

Über den Autor

Donatien Alphonse François Marquis de Sade wird am 2. Juni 1740 in Paris geboren. Seine Eltern gehören einem alten, aber verarmten Adelshaus an. Nach der Kindheit in Paris und bei Verwandten in der Provence besucht er ab seinem zehnten Lebensjahr ein Jesuitenkolleg in Paris und anschließend die Militärakademie. Nach der Teilnahme am Siebenjährigen Krieg heiratet er 1763 Renée-Pélagie de Montreuil – vor allem aus finanziellen Gründen. In den folgenden Jahren führt de Sade ein ausschweifendes Leben, verkehrt mit Prostituierten und verführt zusammen mit seiner Frau sogar Hausmädchen und Diener. 1768 beschuldigt ihn eine junge Frau, er habe sie zur Sodomie gezwungen und dazu, sich auspeitschen zu lassen. Auch wenn es nicht zu einer Gerichtsverhandlung kommt, häufen sich die Berichte von den Orgien des Marquis. Er flieht zunächst auf sein Schloss in der Provence und 1772 nach Italien, um einem Todesurteil zu entgehen: Er ist angeklagt worden, mehrere Prostituierte mit vergifteten Bonbons zu einer Lustorgie verführt und dadurch den Tod einer der Damen verschuldet zu haben. 1777 kehrt er nach Paris zurück, wird inhaftiert und in die Festung Vincennes gesperrt. Das Todesurteil wird zwar aufgehoben, aber nach einem Fluchtversuch 1784 landet de Sade im feudalen Kerker der Bastille. Hier lebt er keineswegs bescheiden, lässt sich vom Leibkoch Essen ins Gefängnis bringen und widmet sich einem ausgedehnten Literaturstudium. Im Gefängnis beginnt er, sich ausgefallene Sexualpraktiken auszumalen, und verfasst Les 120 Journées de Sodome (Die 120 Tage von Sodom, veröffentlicht erst 1909). Später folgen unter anderem Justine (1791) sowie La Philosophie dans le boudoir (Die Philosophie im Boudoir, 1795). Kurz vor dem Sturm auf die Bastille wird de Sade in die Irrenanstalt von Charenton verlegt, allerdings im Verlauf der Französischen Revolution entlassen. Unter den Jakobinern und später unter Napoleon landet er immer wieder im Gefängnis. 1803 kommt de Sade erneut nach Charenton, wo er am 2. Dezember 1814 im Alter von 74 Jahren stirbt.


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