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Worum es geht
Die Sittsame ist immer die Dumme
Der Publizist Ernst Ulitzsch bezeichnete den Marquis de Sade als den „Bluthusten der europäischen Kultur“. Dennoch oder gerade deshalb gehörte der Erotomane zu den meistdiskutierten Schriftstellern seiner Epoche, seine Romane waren regelrechte Modeliteratur. Justine ist die systematische Preisgabe der christlichen Moralvorstellungen, verquickt mit Sex and Crime. Beides in großen und sehr heftigen Dosen. Es ist nicht in erster Linie die Darstellung des Koitus – von vorn, von hinten, oral, mit Mädchen, mit Knaben, in kleiner Runde oder im großen Kreis –, die das Buch auch heute noch als Skandalon erscheinen lässt, sondern vor allem die Verbindung von Sex und Gewalt. De Sades Männerfiguren sind alle mehr oder weniger pädophil, homo- oder bisexuell, misogyn (frauenverachtend) und vor allem eines: sadistisch. Dieser Ausdruck geht nicht von ungefähr auf ihn zurück. Justine muss bei ihrer Tour de Force durch die Schlafzimmer und Folterkammern den ganzen Katalog der Scheußlichkeiten erdulden: Sie wird in Todesangst versetzt, zur Ader gelassen, gewaltsam entjungfert, wieder zusammengenäht und erneut entjungfert, gepeitscht, gewürgt und beinahe auf den Seziertisch gelegt. Am Ende kommen die Verbrecher zu Reichtum, und Justine wird vom Blitz erschlagen.
Zusammenfassung
Über den Autor
Donatien Alphonse François Marquis de Sade wird am 2. Juni 1740 in Paris geboren. Seine Eltern gehören einem alten, aber verarmten Adelshaus an. Nach der Kindheit in Paris und bei Verwandten in der Provence besucht er ab seinem zehnten Lebensjahr ein Jesuitenkolleg in Paris und anschließend die Militärakademie. Nach der Teilnahme am Siebenjährigen Krieg heiratet er 1763 Renée-Pélagie de Montreuil – vor allem aus finanziellen Gründen. In den folgenden Jahren führt de Sade ein ausschweifendes Leben, verkehrt mit Prostituierten und verführt zusammen mit seiner Frau sogar Hausmädchen und Diener. 1768 beschuldigt ihn eine junge Frau, er habe sie zur Sodomie gezwungen und dazu, sich auspeitschen zu lassen. Auch wenn es nicht zu einer Gerichtsverhandlung kommt, häufen sich die Berichte von den Orgien des Marquis. Er flieht zunächst auf sein Schloss in der Provence und 1772 nach Italien, um einem Todesurteil zu entgehen: Er ist angeklagt worden, mehrere Prostituierte mit vergifteten Bonbons zu einer Lustorgie verführt und dadurch den Tod einer der Damen verschuldet zu haben. 1777 kehrt er nach Paris zurück, wird inhaftiert und in die Festung Vincennes gesperrt. Das Todesurteil wird zwar aufgehoben, aber nach einem Fluchtversuch 1784 landet de Sade im feudalen Kerker der Bastille. Hier lebt er keineswegs bescheiden, lässt sich vom Leibkoch Essen ins Gefängnis bringen und widmet sich einem ausgedehnten Literaturstudium. Im Gefängnis beginnt er, sich ausgefallene Sexualpraktiken auszumalen, und verfasst Les 120 Journées de Sodome (Die 120 Tage von Sodom, veröffentlicht erst 1909). Später folgen unter anderem Justine (1791) sowie La Philosophie dans le boudoir (Die Philosophie im Boudoir, 1795). Kurz vor dem Sturm auf die Bastille wird de Sade in die Irrenanstalt von Charenton verlegt, allerdings im Verlauf der Französischen Revolution entlassen. Unter den Jakobinern und später unter Napoleon landet er immer wieder im Gefängnis. 1803 kommt de Sade erneut nach Charenton, wo er am 2. Dezember 1814 im Alter von 74 Jahren stirbt.
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