Kapitalismus, Sozialismus und Demokratie
- Ökonomie
- Moderne
Worum es geht
Eine Sozialismustheorie jenseits von Marx
Joseph Alois Schumpeter überraschte die Leser in seinem Spätwerk mit einer gewagten These. Der Ökonom, der in seinen früheren Arbeiten den Unternehmer und den Kapitalismus über alles gelobt hatte, kam plötzlich zu einem völlig entgegengesetzten Schluss: 80 Jahre nach Karl Marx stimmte er mit diesem darin überein, dass der Kapitalismus absterben und der Sozialismus aus ihm hervorgehen werde. Grund dafür sei aber keine sozialistische Revolution. In Schumpeters Theorie soll der Sozialismus sein Erstarken sozusagen einem „schlappen Kapitalismus“ verdanken, der an seinen eigenen Leistungen zugrunde gehen werde. Innovationen, die Wachstumsimpulse der Wirtschaft, würden im Kapitalismus immer weiter von der unternehmerischen Initiative weg verlagert. Der Kapitalismus würde zusehends in bürokratische Strukturen gedrängt, was schließlich seinen Untergang bedeute. Schumpeter diskreditiert auch die Demokratie als Veranstaltung des Wählerstimmenfangs zum Zweck des Machterhalts der Berufspolitiker. Obwohl das Buch aus heutiger Sicht streckenweise veraltet erscheint, gehört es zu den bekanntesten Werken der Ökonomie, nicht zuletzt wegen der berühmten Formulierung der „schöpferischen Zerstörung“.
Zusammenfassung
Über den Autor
Das Wall Street Journal bezeichnete Joseph Alois Schumpeter anlässlich seines 100. Geburtstags als „größten Ökonom des 20. Jahrhunderts“. In jedem Fall war er ein höchst origineller Denker, der sich nicht einseitig interpretieren lässt, denn seine Arbeit ist sehr vielschichtig und überdies hat er mehrmals die ideologische Ausrichtung gewechselt. Schumpeter wird am 8. Februar 1883 im mährischen Triesch geboren. Da sein Vater früh stirbt, wächst er in Graz und später in Wien im Haushalt seines Stiefvaters auf. Nach dem Abitur studiert er an der Universität Wien Rechts- und Staatswissenschaften. Nach Promotion und Habilitation wird er Privatdozent für politische Ökonomie in Wien. 1911 veröffentlicht Schumpeter seine Theorie der wirtschaftlichen Entwicklung. Ein Jahr später wird er nach Graz berufen. Nach dem Ersten Weltkrieg ist er Finanzminister in der von Staatskanzler Karl Renner gebildeten österreichischen Koalitionsregierung. Diese Tätigkeit bleibt jedoch ein kurzes Intermezzo: Wegen verschiedener Differenzen scheidet er schon nach sieben Monaten wieder aus dem Kabinett aus. Sein Weg in die Privatwirtschaft führt ihn zum Präsidium der Wiener Biedermann-Bank. Im Zuge der großen Inflation gerät das Geldinstitut aber in arge Bedrängnis und muss Konkurs anmelden. Leider hat Schumpeter den ihm zur Verfügung gestellten Kreditrahmen für Spekulationen genutzt. Er braucht über zehn Jahre, um die Schulden restlos abzubezahlen. Glücklicherweise bekommt seine akademische Karriere neuen Auftrieb: Von 1925 bis 1932 lehrt er in Bonn, 1932 erhält er ein Angebot der renommierten Harvard University. Angesichts der sich abzeichnenden NS-Herrschaft bricht Schumpeter alle Brücken zu seinem Heimatland ab. In den USA entstehen seine drei großen Werke Business Cycles (1939), Capitalism, Socialism and Democracy (1942) und History of Economic Analysis; Letzteres erscheint erst postum 1954. Schumpeter stirbt am 8. Januar 1950 an einem Gehirnschlag.
Kommentar abgeben