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Kinder der Nacht
Buch

Kinder der Nacht

Paris, 1929
Diese Ausgabe: Klett-Cotta, 2011 Mehr

Literatur­klassiker


Worum es geht

Die geheimnisvolle Welt der Kindheit

Das Zimmer der Geschwister Paul und Elisabeth ist voll magischer Gegenstände, mystischer Geschichten und Riten, die für Außenstehende nicht zu entschlüsseln sind. Zusammen mit ihren Freunden Gérard und Agathe führen sie ein Leben wie ein Theaterstück, doch sind sie sich ihres Rollenspiels nicht bewusst. Geld, Arbeit, Verantwortung oder die Tatsache, dass ihr Tun Folgen hat – all diese Dinge, die es in der Welt draußen gibt, haben für die Geschwister keine Bedeutung. Im Versuch, die Bewusstseinsebene der Kindheit und Jugend nachzuempfinden, entwickelt Jean Cocteau eine surreale Gegenwelt. Den Hauptfiguren, die auch als Erwachsene diese Welt nicht verlassen wollen, bleibt nur ein Ausweg: der Selbstmord. Wie Paul und Elisabeth, die kaum zur Selbstreflexion fähig sind, bleiben auch die meisten Themen des Romans unter der Oberfläche. Der Geschwisterinzest, das Trauma der Kinder aufgrund des frühen Verlustes der Eltern und der Alkoholkrankheit des Vaters, liegen offen da, bleiben jedoch unreflektiert. Wie ein halb vergessener Traum entführt Cocteaus Roman in die fremd-vertraute Gedanken- und Gefühlswelt seiner Hauptfiguren. 

Take-aways

  • Kinder der Nacht zählt zu den bekanntesten Romanen des französischen Universalkünstlers Jean Cocteau.
  • Inhalt: Ihr Vater ist tot, die Mutter ans Bett gefesselt – Elisabeth und Paul verbringen ihre Kindheit und Jugend in einer selbstgeschaffenen Welt, abgeschottet von der Wirklichkeit. Nach dem Tod der Mutter dringt die Realität in diese Welt ein: Es entstehen zarte Beziehungsbande zu den Jugendlichen Gérard und Agathe, doch die aufeinander fixierten Geschwister lassen beide Lieben scheitern und bringen sich schließlich um.
  • Das gemeinsame Zimmer der Geschwister ist räumlicher Ausdruck ihrer Gegenwelt, die Paul und Elisabeth mit fantastischem Leben füllen.

Über den Autor

Der französische Schriftsteller, Regisseur und Maler Jean Cocteau wird am 5. Juli 1889 in Maisons-Laffitte in der Nähe von Paris geboren. Als er zehn ist, nimmt sich sein Vater, ein erfolgreicher Anwalt, das Leben. Cocteau ist der jüngere von zwei Brüdern. Er besucht das berühmte Lycée Condorcet und beginnt früh mit dem Schreiben. Mit 17 veröffentlicht er erste Gedichte. Seine Gedichtbände Lampe d’Aladin und Le Prince Frivole von 1909 bringen ihm die Anerkennung anderer Literaten ein. Er freundet sich mit Schriftstellern wie André Gide, Marcel Proust und Edmond Rostand an, die sein Schaffen nachhaltig beeinflussen. 1919 erscheint sein Debütroman Potomac (Le Potomak). Im Ersten Weltkrieg meldet sich Cocteau freiwillig, wird jedoch für untauglich erklärt. Er organisiert private Verwundetentransporte. Zurück von der Front schreibt er ein Libretto für ein Ballett, mehrere Theaterstücke und veröffentlicht weitere Gedichtbände und Romane. Als Universalkünstler beweist er sein Talent in diversen Disziplinen, er malt, dreht Spielfilme, entwirft Kostüme und Bühnenbilder und spielt selbst in mehreren Filmen mit. Er gilt als Entdecker und Förderer von Jean Marais, der für eine Weile sein Lebensgefährte ist. Weitere Liebesbeziehungen führt Cocteau unter anderem mit der Romanow-Prinzessin Natalia Pawlowna Paley und angeblich auch mit Édith Piaf. 1947 zieht Cocteau aufs Land nach Milly-la-Forêt. 1955 wird er Mitglied der Académie française. 1960 erhält er den Titel des französischen Dichterfürsten. Er stirbt am 11. Oktober 1963 in seinem Landhaus, das heute als Museum genutzt wird. Auf seinen Wunsch hin wird sein Tagebuch erst nach seinem Tod veröffentlicht. Es erscheint 1989.


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