Navigation überspringen
Kleider machen Leute
Buch

Kleider machen Leute

Stuttgart, 1874
Diese Ausgabe: dtv, 2006 Mehr

Literatur­klassiker

  • Novelle
  • Realismus

Worum es geht

Hochstapler wider Willen

Wenzel Strapinski ist ein rechter Filou: Der Schneider aus dem fiktiven Schweizer Örtchen Seldwyla hat gerade seine Arbeit verloren, mag aber trotzdem nicht auf seinen prachtvollen Mantel verzichten. Dieser ist dann auch für das Phänomen verantwortlich, das der Novelle den Titel gibt: Kleider machen Leute. Denn im reichen Goldach wird der arme Wenzel dank seines äußeren Erscheinungsbildes für einen Grafen gehalten und nach Strich und Faden verwöhnt. Zunächst noch von Zweifeln geplagt, treibt er das falsche Spiel spätestens dann in voller Absicht weiter, als sich die reizende Tochter des Amtsrats in ihn verliebt. Schließlich kommt es aber doch, wie es kommen muss: Mit einem großen Paukenschlag wird Wenzel enttarnt – auf der eigenen Verlobungsfeier. Am Ende geht jedoch alles gut aus, und Gottfried Kellers Held wird, wohlgemerkt dank seiner pragmatischen Verlobten, mit den Insignien des bürgerlichen Lebens ausgestattet: ein gut gehendes Geschäft und eine große Familie. Der Hochstapler wider Willen, der es zum Vorbildbürger bringt, kam beim Publikum glänzend an – und erzeugte in der Literaturgeschichte noch viele Nachfahren, wie z. B. den Hauptmann von Köpenick oder Felix Krull.

Take-aways

  • Gottfried Keller gehört zu den bedeutendsten Autoren des bürgerlichen Realismus im 19. Jahrhundert.
  • Kleider machen Leute ist eine Erzählung aus dem zweiten Band des Novellenzyklus Die Leute von Seldwyla.
  • Keller verarbeitete darin eigene Erfahrungen mit einem Hochstapler sowie eine Anekdote über ein Hochstaplerpärchen im schweizerischen Wädenswil.

Über den Autor

Gottfried Keller wird am 19. Juli 1819 in Zürich geboren. Als er fünf Jahre alt ist, stirbt sein Vater, ein Drechslermeister. Die Mutter Elisabeth ist mit Gottfried und seiner jüngeren Schwester auf sich allein gestellt; sie heiratet kaum zwei Jahre später erneut, doch die Ehe steht unter keinem guten Stern: Die Scheidung erfolgt 1834 und der Familie fehlt es an Geld. In der Folge muss Gottfried die Armenschule besuchen. Später entschließt er sich, Maler zu werden, und absolviert eine Lehre bei einem Lithografen. Danach besucht er die Kunstschule in München, kehrt aber schon nach zwei Jahren wieder in die Schweiz zurück, wo er sich politisch betätigt (er tritt den Freischärlern bei) und Gedichte verfasst. 1848 erhält er von der Schweizer Regierung wegen des Erfolgs seines Gedichtbands ein Stipendium und reist nach Heidelberg und Berlin, wo er u. a. den Philosophen Ludwig Feuerbach kennen lernt, der ihn stark beeinflusst. Keller beginnt mit der Arbeit an seinem wohl wichtigsten Werk, Der grüne Heinrich (1854/55). Der Dichter hat zeitlebens wenig Erfolg bei den Frauen: Mehrmals verliebt er sich unglücklich, seine Verlobte Luise Scheidegger bringt sich 1865 um. Doch trotz seines ständigen Kummers wegen der Frauen wäre Keller ohne deren Unterstützung kaum zu einem solch gefeierten Schriftsteller geworden: Seine Mutter, bei der er lebt, bis er 31 ist, kommt jahrelang für seinen Unterhalt auf, seine Schwester Regula unterstützt ihn ebenfalls. So kann Keller neben dem Novellenzyklus Die Leute von Seldwyla (1856) weitere literarische Werke verfassen, u. a. die Züricher Novellen (1877) und sein Spätwerk Martin Salander (1886). Gottfried Keller stirbt am 15. Juli 1890, er ist auf dem Friedhof Sihlfeld in Zürich begraben.


Kommentar abgeben oder Diskussion beginnen