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Kleiner Mann – was nun?
Buch

Kleiner Mann – was nun?

Berlin, 1932
Diese Ausgabe: Aufbau Taschenbuch, 2016 Mehr

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Literatur­klassiker

  • Roman
  • Neue Sachlichkeit

Worum es geht

Abstieg eines Angestellten

In der Verlagsankündigung von 1932 stand: Johannes Pinneberg ist „ein kleiner Angestellter, ein Garnichts, aber ein Garnichts voll Sorgen und Wünschen.“ Genau das ist es, was Falladas Roman Kleiner Mann – was nun? so lesenswert macht: die Sorgen und Wünsche dieses einen kleinen Mannes, der einem im Lauf der Lektüre ebenso ans Herz wächst wie seine patente Frau Lämmchen und der Murkel, das Kind der beiden – ein Kind zur Unzeit, mitten in den Wirren der Weltwirtschaftskrise. Hans Fallada beschreibt eindrücklich und in geradezu dokumentarischer Manier den wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Abstieg eines kleinen Angestellten innerhalb weniger Jahre. Meisterlich kombiniert er soziale Beobachtung mit der Schilderung von Familienleben und Intimität, mit den Sorgen und Wünschen der Individuen. Er prangert kapitalistische Machtmechanismen an und verleiht seinen Figuren genug Würde, dass sie auch in der allergrößten Not versuchen, anständig zu bleiben. Damals wie heute kam es auf die Startposition im Leben an: Groß bleibt groß und klein bleibt klein. Im Angesicht von Banken- und Wirtschaftskrise, von Effizienzdenken und Leistungsdruck, von prekären Minijobs und demografischer Katastrophe ist dieses fast 100 Jahre alte Werk beklemmend aktuell.

Zusammenfassung

Ein Schuss, ein Treffer

Vor der Praxis eines Gynäkologen wartet Johannes Pinneberg ungeduldig auf seine Freundin Emma, genannt Lämmchen. Sie wollen von dem Arzt eine zuverlässige Verhütungsmethode wissen – doch ihr Ansinnen kommt zu spät: Lämmchen ist schwanger. So ist aus einer Zufallsbegegnung am Strand ein folgenschweres Zusammentreffen geworden. Pinneberg schlägt spontan die Heirat vor – weniger aus Verantwortung für das ungeborene Kind als vielmehr aus reiner Verliebtheit. Lämmchen nimmt den Antrag an und stellt Pinneberg ihrer Familie vor. Bei den Mörschels, einer raubeinigen und klassenbewussten Arbeiterfamilie, macht Pinneberg nicht viel Eindruck. Vater Mörschel urteilt abfällig über Angestellte und erklärt Pinneberg unverblümt, dass die Proletarier als organisierte Klasse weit besser dran sind als die angestellten Einzelkämpfer. Genau dies führen die Arbeiter im Betrieb für Getreide, Futter- und Düngemittel in Ducherow, wo Pinneberg in der Buchhaltung arbeitet, vor: Sie lassen sich, im Gegensatz zu den duckmäuserischen Angestellten, vom Chef die Vesperpause nicht verbieten.

Hochzeit und Jobverlust

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Über den Autor

Hans Fallada kommt am 21. Juli 1893 in Greifswald als Rudolf Wilhelm Friedrich Ditzen zur Welt. Sein Künstlername kombiniert die Grimm’schen Märchenfiguren Hans im Glück und Falada, das sprechende Pferd. Der Sohn einer gutbürgerlichen Familie ist zeitlebens psychisch labil, als Jugendlicher versucht er einen als Duell getarnten Doppelsuizid, den er schwer verletzt überlebt. Er wird kriminell, um seine Alkohol- und Morphiumsucht zu finanzieren. Eine Haftstrafe wegen Unterschlagung nutzt er 1926 zum Entzug. Wieder in Freiheit, beginnt er 1929 noch einmal von vorn, tritt in die SPD und bei den Guttemplern ein, wo er seine Frau Anna Margarete Issel kennenlernt. Das Paar bekommt zwei Söhne und zwei Töchter, von denen die eine jedoch bei der Geburt stirbt. Die Ehe wird 1944 geschieden. Fallada arbeitet zunächst als Provinzjournalist und ab 1930 halbtags für den Verleger Ernst Rowohlt. Mit Bauern, Bonzen und Bomben erringt er 1931 einen ersten Erfolg als Romancier. Nach dem zwischenzeitlichen Konkurs des Rowohlt Verlags schriftstellert Fallada, arbeitslos und hoch verschuldet, notgedrungen weiter. 1932 erscheint Kleiner Mann – was nun? und wird ein internationaler Erfolg. Quasi im Alleingang rettet Fallada mit seinem Bestseller den angeschlagenen Verlag. Er kauft sich ein Haus mit Seezugang in Mecklenburg, wo er die Nazi- und Kriegsjahre zurückgezogen in „innerer Emigration“ verbringt. Die Nazis lassen seine Werke als Kritik an der Weimarer Republik durchgehen. Fallada verlegt sich auf Seichteres und entgeht der Verfolgung. 1945 heiratet er die wesentlich jüngere, morphiumsüchtige Ulla Losch. Erneut suchtkrank und nur drei Monate nach der kräftezehrenden Niederschrift der Romane Der Alpdruck und Jeder stirbt für sich allein stirbt Hans Fallada am 5. Februar 1947 in Berlin, offiziell an Herzversagen.


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