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Kompendium für das Studium der Philosophie
Buch

Kompendium für das Studium der Philosophie

Oxford oder Paris, 1271/72
Diese Ausgabe: Meiner, 2015 Mehr

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Literatur­klassiker

  • Philosophie
  • Mittelalter

Worum es geht

Erstaunlich modern und ermüdend kleinlich

Bacons Kompendium ist eine mutige Streitschrift und ein fast schon aufklärerischer Appell. Die Botschaft: Der Mensch soll sich auf seine Vernunft und seine Erfahrung verlassen, nicht auf die anerkannten Autoritäten. Das klingt nach Emanzipation aus der geistigen Unmündigkeit – ein Gedanke, der erst Jahrhunderte später zum zentralen Gedanken der Aufklärung wurde. Bacons Text zeigt uns heute, was alles im späten Mittelalter bereits gedacht und ausgesprochen werden konnte, ohne dabei allerdings die Wahrheit der Bibel oder die Vormachtstellung der Kirche in Zweifel zu ziehen. Hier wird kein Umsturz gepredigt, hier werden Reformen mit den Mitteln der Logik gefordert und begründet. Der Umfang und der Anspruch von Bacons Vorhaben sind beeindruckend. Die Lektüre ist allerdings für den heutigen Leser kein reines Vergnügen. Der Text ist auch ein besserwisserisches Pamphlet und ein detailversessenes Wörterbuch, das die sprachlichen Kenntnisse des Autors vorführt. Das mag Altphilologen interessieren, für den Laien erschließt sich der Charme des mittelalterlichen Griechischunterrichts eher nicht.

Zusammenfassung

Der Weg zur Weisheit

Wer Weisheit erlangen will, muss sich vier Punkte klarmachen:

  1. Warum muss ich mich für die Weisheit frei machen?
  2. Wie kann ich Vollständigkeit der Weisheit erreichen?
  3. Welche Methode führt zur Weisheit?
  4. Welche Hindernisse stehen der Weisheit im Weg?

Die Menschen vernachlässigen diese vier grundsätzlichen Überlegungen – weshalb sie auch nicht zur Weisheit gelangen können. Die Weisheit ist von ihrem Wesen her schön und nützlich. Jeder Mensch fühlt sich von ihr angezogen, jeder möchte ihr nahe sein. Das ist auch der Grund dafür, dass selbst dumme Menschen sich den Anschein geben wollen, weise zu sein. Denn die Weisheit ist der Schlüssel zu allem, was dem Menschen wichtig und teuer ist. Sie erweist sich vor allem in fünf Bereichen als wirksam: im Studium, in der Kirche, im Gemeinwesen, in der Bekehrung der Ungläubigen und in der Kriegsführung. Ihre größte Kraft zeigt die Weisheit im Studium. Sie hat zwei Seiten: eine spekulative – mit Grammatik, Logik, Naturphilosophie, Metaphysik und fünf Gebieten der Mathematik – und eine praktische – mit Alchemie, Medizin, Theologie, Moralphilosophie...

Über den Autor

Roger Bacon wird um das Jahr 1220 im Südwesten Englands geboren. Seine wohlhabende Familie ermöglicht ihm eine Ausbildung in Oxford. Schwerpunkt seiner Studien sind die aristotelischen Schriften. Nach der Erlangung des Magistertitels unterrichtet er dort noch einige Jahre und geht danach an die Universität Paris, wo er als Experte für Aristoteles Vorlesungen hält. In Paris macht er die Bekanntschaft des Naturwissenschaftlers Petrus Peregrinus, der großen Einfluss auf ihn hat. Um 1247 kehrt Bacon nach Oxford zurück und beschäftigt sich ausgiebig mit Mathematik, Geometrie und Optik. Er gilt als Erfinder der Brille und Vordenker für Erfindungen wie Teleskop und Mikroskop. Bacon lernt Griechisch, Hebräisch und Arabisch, um wissenschaftliche und geistliche Schriften im Original studieren zu können. In den 1250er-Jahren tritt er dem Franziskanerorden bei. Hier forscht er weiter, bis ein Wechsel in der Ordensführung ihn zwingt, seine Studien zu beenden. Bacon wird in ein französisches Kloster versetzt, wo er den Kardinal Guy de Foulques, den späteren Papst Clemens IV., kennenlernt. In ihm gewinnt er einen mächtigen Fürsprecher. Bacon verfasst seine drei Hauptwerke Opus maius, Opus minus und Opus tertium, doch bevor die darin vorgetragenen Vorschläge für eine neue Wissenschaft zur Entfaltung kommen können, stirbt Clemens. 1271/72 verfasst Bacon das Kompendium für das Studium der Philosophie (Compendium studii philosophiae), das ihm wegen polemischer Kritik an der vorherrschenden Scholastik viel Missgunst einbringt. Angeblich wird er von seinem Orden 1278 unter Arrest gestellt. Erst um 1290 gewinnt er im Zuge einer allgemeinen Amnestie seine Freiheit zurück. In Oxford schreibt er 1292 sein letztes, unvollendetes Werk Compendium studii theologiae und stirbt im selben Jahr.


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