William Shakespeare
Macbeth
dtv, 2002
Was ist drin?
Shakespeares düsterste Tragödie: Macbeth reißt durch Mord die Macht an sich – und bringt damit das Verhängnis über sich selbst.
- Tragödie
- Elisabethanische Ära
Worum es geht
Königsmord und Hexenspuk
Der Feldherr Macbeth ermordet den legitimen und angesehenen schottischen König Duncan, seinen Herrn, dem er Treue geschworen hat, und verstößt damit nicht nur gegen die gesellschaftliche, sondern auch gegen die kosmische Ordnung. Er bezahlt dafür mit seinem Untergang. Nach seinem ersten Verbrechen wird Macbeth in einen Strudel aus Gewalt und Schuld hineingerissen, dem er durch immer neue Gräueltaten zu entkommen sucht. Die Gewissensbisse, die ihn quälen, lassen ihn bei all seiner Grausamkeit nie vollends die Anteilnahme des Publikums verlieren. Die Umkehrung aller Werte und die Macht des Irrationalen über die Menschen werden in dieser düstersten Tragödie des englischen Dramatikers William Shakespeare durch drei Hexen symbolisiert, die gleich in der ersten Szene auftreten und den Helden mit ihren doppelsinnigen Versprechen in den Abgrund stürzen. Obwohl am Schluss durch Macbeths Untergang die Ordnung wiederhergestellt ist, erscheint die Welt als brüchiger, letztlich sinnloser Ort, was die Hauptfigur kurz vor ihrem Tod zu ihrem berühmten nihilistischen Monolog treibt, der das Leben kennzeichnet als „eine Mär aus einem Tölpelmund, voll von Getön und Toben, und bedeutet nichts“.
Take-aways
- Macbeth ist Shakespeares düsterste Tragödie – es geht um Mord, Macht, Hexen, Geister und Wahnsinn.
- Verleitet von Ehrgeiz und Machtgier ermordet der schottische Feldherr Macbeth seinen Herrn, König Duncan.
- Die Idee zur Freveltat flößen ihm drei Hexen ein, die ihm den Königsthron prophezeien.
- Unterstützung erhält er durch seine Ehefrau Lady Macbeth, die seine anfänglichen Skrupel als schwach und weibisch geißelt, um am Ende selbst an ihrem schlechten Gewissen zugrunde zu gehen.
- Ein sich bewegender Wald und ein Mann, der nicht von einer Frau geboren wurde, kündigen Macbeths endgültigen Untergang an.
- Mithilfe des englischen Königs gelingt es schottischen Adligen, Macbeth zu stürzen und die rechtmäßige Ordnung wiederherzustellen.
- Macbeth ist zwar ein Mörder, der den Weg des Verbrechens bis zum Ende geht, doch machen ihn seine Gewissensqualen zu einer widersprüchlichen, faszinierenden Figur.
- Der Glaube an Irrationales und Übersinnliches, an Hexen, Teufel und Dämonen war zur Zeit Shakespeares weit verbreitet.
- Das Stück spiegelt eine Weltsicht wider, wonach alles im Kosmos seinen gottgewollten Platz hat und ein Bruch dieser Ordnung das ganze System aus dem Gleichgewicht bringt.
- Zahlreiche Übersetzungen, Bearbeitungen und Verfilmungen bezeugen, wie intensiv das Stück rezipiert und diskutiert wurde.
- Über Shakespeare sind so wenige Zeitdokumente erhalten, dass immer wieder die Vermutung kursiert, Teile seines Werkes könnten aus einer anderen Feder stammen.
- Macbeth gehört zu Shakespeares bekanntesten Tragödien und ist einer der meistgelesenen und -aufgeführten Klassiker.
Zusammenfassung
Krieg in Schottland
Drei Hexen kommen bei Blitz und Donner zusammen und beschließen, sich noch vor Einbruch der Nacht mit dem Feldherrn Macbeth zu treffen. In düsteren Sprüchen deuten sie an, bei den folgenden Ereignissen die Fäden zu ziehen und für den Umsturz aller Werte zu stehen.
„Recht ist schlecht, und schlecht ist recht: / Durch stinkige Luft schwebt und neblige Nächt.“ (die Hexen, I.1, S. 9)
Der schottische König Duncan führt einen Krieg gegen den Rebellen Macdonwald und dessen irische und norwegische Verbündete. Auf dem Schlachtfeld trifft der König einen blutig verletzten Hauptmann, der ihm von den Heldentaten Macbeths, des Vetters des Königs, erzählt: Den Verräter Macdonwald habe er getötet und die Truppen des ebenso verräterischen, mit dem norwegischen König verbündeten Than von Cawdor zurückgeschlagen. König Duncan befiehlt, der abtrünnige Than solle hingerichtet werden, während Macbeth zur Belohnung für seine Tapferkeit dessen Titel erhalte.
Zweideutige Prophezeiungen
Kurz darauf trifft Macbeth in Begleitung des Feldherren Banquo auf einer Heide mit den drei Hexen zusammen. Sie prophezeien Macbeth, dass er zunächst der Nachfolger des Than von Cawdor und später König werden wird. Banquo hingegen erfährt, dass dereinst seine Kinder auf dem Thron sitzen werden. Kaum sind die drei Hexen entschwunden, erfährt Macbeth, dass ihm der König in der Tat den Titel des Than von Cawdor zugesprochen hat. Die beiden Feldherren sind erschüttert über die prompt eingetroffene Erfüllung der Prophezeiung, und sogleich beginnt sich Macbeths Fantasie mit dem zweiten, noch verlockenderen Teil des Hexenspruchs zu beschäftigen. Sogar der Gedanke an einen Königsmord kommt ihm in den Sinn, er vermag diese Idee jedoch unter dem Einfluss des besonnenen Banquo zu zügeln. Die beiden beschließen, König Duncan aufzusuchen.
„Wer sind denn die, / So schrumplig und so wild in ihrer Tracht, / Die nicht ausschaun wie Einwohner der Welt, / Und sind doch drauf?“ (Banquo über die Hexen, I.3, S. 19)
Dieser sitzt inzwischen in seinem Schloss Forres und fragt seinen Sohn Malcolm, ob der verräterische Than schon gebüßt habe. Er sei nach dem Geständnis seines Verrats einen ehrenvollen Tod gestorben, lautet die Antwort. Als Macbeth und Banquo auftreten, werden sie vom König mit Lob überschüttet. Duncan kündigt einen ehrenvollen Besuch bei seinem Vetter Macbeth auf dessen Schloss Inverness an. Zugleich gibt der König jedoch bekannt, dass Malcolm sein Thronerbe sei, worauf in dem ehrgeizigen Macbeth sogleich wieder Mordpläne aufkeimen. Er lässt sich aber nichts anmerken und eilt zu seinem Schloss, um sich gebührend auf den hohen Besuch vorzubereiten.
Die blutrünstige Lady
Auf Inverness liest Lady Macbeth inzwischen einen Brief ihres Gatten, in dem dieser ihr von den Weissagungen der Hexen erzählt. Lady Macbeth traut ihrem Mann zwar den Ehrgeiz zu, König zu werden, nicht jedoch die dafür notwendige Skrupellosigkeit. Als sie wenig später erfährt, dass König Duncan zu Besuch kommt, schwelgt sie in Macht- und Mordfantasien und fleht die Geister an, jeden Anflug von Mitleid und Skrupel zu vertreiben. Macbeth, der kurz vor dem König im Schloss eintrifft, ist mit den blutigen Plänen seiner Gattin einverstanden. Der König wird nach seiner Ankunft von Lady Macbeth mit untertänigen Floskeln empfangen, während Macbeth mit Gewissensbissen ringt: Schließlich sei der König ein gütiger Herrscher, und die Ermordung eines vertrauensvollen Gastes wäre doppelt verrucht. Doch als Lady Macbeth ihren Gatten mit Vorwürfen überhäuft, ihn einen Feigling nennt, seinen Mangel an Ehrgeiz kritisiert und sogar an seiner ehelichen Liebe zweifelt, gibt er nach. Die beiden fassen den Plan, den König im Schlaf zu ermorden und die Tat den Wächtern in die Schuhe zu schieben, die sie zuvor mit Wein und Bier abfüllen wollen.
Der blutige Dolch
Während der König bereits schläft, geht Banquo, ebenfalls zu Gast im Schloss, von bösen Vorahnungen getrieben mit seinem Sohn Fleance im Schlosshof umher. Zu ihrer Überraschung treffen sie auf Macbeth, trennen sich jedoch nach einem kurzen Gespräch über die Bedeutung der Hexenerscheinung von ihm. Plötzlich hat Macbeth eine Vision: Er sieht einen blutigen Dolch vor sich schweben und wird von Angst überwältigt, ringt sich aber dennoch dazu durch, seinen Plan umzusetzen. Er ermordet den König. Derweil wartet Lady Macbeth auf ihren Gatten. Um die Tat vorzubereiten, hat sie Duncans Wachen vergiftet und ihrem Mann die Mordwaffe bereitgelegt. Noch immer zweifelt sie allerdings an Macbeths Tatkraft. Am liebsten hätte sie den Mord eigenhändig ausgeführt, doch der schlafende König erinnerte sie an ihren Vater. Macbeth kommt völlig verstört aus dem Schlafgemach des Ermordeten, in der Hand den blutigen Dolch. Er weigert sich, zurückzukehren und die Waffe wie abgesprochen neben die Wächter zu legen. Als es plötzlich gegen das Tor des Schlosses klopft, fährt er erschreckt zusammen. Lady Macbeth bringt den Dolch selber zurück, ruft ihren Mann einmal mehr zu Ruhe und Nervenstärke auf und zieht sich mit ihm zurück. Es soll aussehen, als hätten sie während des Mordes friedlich und unschuldig geschlafen.
Der Plan geht auf
Der Tag bricht an, und es klopft erneut ans Tor. Es sind die beiden schottischen Adligen Macduff und Lenox, die gekommen sind, um den König abzuholen. Als Macduff die Leiche entdeckt, ruft er das ganze Schloss zusammen. Macbeth und Lenox stürzen zum Tatort. Als sie wenig später zurückkommen, beteuert Macbeth, die Wachen hätten den König ermordet – und er habe sie in einem Wutanfall kurzerhand gerichtet. Das mörderische Ehepaar heuchelt Entsetzen, Lady Macbeth täuscht sogar einen Ohnmachtsanfall vor. Doch Duncans Söhne Malcolm und Donalbain werden misstrauisch. Sie brechen unverzüglich nach England auf. Dadurch setzen sie sich jedoch dem Verdacht aus, sie selbst seien die Drahtzieher des Mordes an ihrem Vater. Macbeth ist es nun, der zum neuen König gekrönt werden soll.
„Löscht, Sterne, euer Feuer! / Kein Licht den Wünschen schwarz und ungeheuer; / Augen, schielt nicht zur Hand; doch lasst geschehn, / Was Augen, wenn’s geschah, sich scheun zu sehn.“ (Macbeth, I.4, S. 33)
Banquo macht sich Hoffnungen, dass die Prophezeiung der Hexen auch für ihn bzw. seine Nachkommen in Erfüllung geht, er verdächtigt jedoch zugleich den neuen König des Mordes. Dieser wiederum fürchtet sich vor Banquos Intelligenz und Unerschrockenheit. Er lädt ihn zum Krönungsmahl ein, plant jedoch zugleich, ihn zu töten. Wichtiger noch ist ihm die Ermordung von Banquos Sohn Fleance, da dieser laut den Hexen einst seine Nachfolge antreten wird. Macbeth graust es bei der Vorstellung, den Mord an König Duncan zugunsten Banquos Nachkommen begangen zu haben. Er bestellt zwei Mörder ins Königsschloss und beauftragt sie, die Tat noch in derselben Nacht zu vollbringen. Gegenüber Lady Macbeth deutet er sein blutiges Vorhaben zwar an, doch hält er es für besser, wenn sie nichts von dem neuerlichen Mord weiß. Ihre Freude nach vollbrachter Tat werde umso größer sein.
Ein Geist als Gast
Als Banquo und sein Sohn am Abend zum Bankett des neuen Königs wollen, werden sie vor dem Schloss angegriffen. Es gelingt den Mördern, Banquo zu töten, Fleance hingegen kann fliehen. Macbeth erfährt von diesem Fehlschlag, während er in Anwesenheit zahlreicher Adliger in einem prunkvollen Saal feiert. Er gibt vor, über die Abwesenheit Banquos besorgt zu sein. Als er aufgefordert wird, sich zu den anderen an den Tisch zu setzen, antwortet der König, es seien doch schon alle Stühle besetzt – um im nächsten Moment vor Schreck zu erstarren. Auf seinem Platz sieht er den Geist des ermordeten Banquo! Zum Erstaunen der Anwesenden, die den Toten nicht wahrnehmen, beginnt er scheinbar mit einem leeren Stuhl zu sprechen. Lady Macbeth befürchtet, ihr Mann werde sich verraten. Sie versucht, die Situation zu retten, indem sie das Verhalten ihres Mannes als Krankheit bezeichnet, unter der er schon seit seiner Kindheit leide. Der Anfall werde aber gleich vorüber sein. Macbeth selber fordert sie zornig auf, sich zusammenzureißen. Einen Moment lang scheint sich die Lage zu entspannen: Der Geist verschwindet, und Macbeth kommt wieder zu sich. Doch als er heuchlerisch auf das Wohl Banquos anstößt, erscheint das Gespenst erneut. Macbeth fordert es eindringlich auf, zu verschwinden. Die Feier wird vorzeitig aufgelöst. Danach stellt das Ehepaar fest, dass Macduff dem Anlass ohne Erklärung ferngeblieben ist. Macbeth beschließt, die drei Hexen über sein Schicksal zu befragen.
Nas vom Türk, Hand vom Kind
Die Hexen werden inzwischen von der Oberhexe Hekate heftig getadelt, weil sie Macbeth ohne ihre Zustimmung mit Prophezeiungen konfrontiert haben. Hekate trägt den Hexen auf, für das neuerliche Zusammentreffen mit Macbeth einen Zaubertrank vorzubereiten, der ihn endgültig ins Verderben stürzen soll.
„Kommt, Geister, die / Ihr Mordgedanken zeugt, entweibt mich hier, / Und füllt mich an von Kopf bis Fuß berstvoll / Grässlichster Grausamkeit! macht dick mein Blut, / Stopft Weg und Zugang dicht, wo Mitleid schleicht, / Dass keine Reueheimsuchung der Menschnatur / Mein wüstes Wolln erschüttert, sich gar stellt / Noch zwischen Plan und Tat!“ (Lady Macbeth, I.5, S. 37)
Irgendwo in Schottland treffen derweil der Adlige Lenox und ein anderer Lord zu einem Austausch von Informationen und Gerüchten zusammen. Lenox hegt den Verdacht, Macbeth sei für die Morde verantwortlich, während der Lord zu berichten weiß, dass der in Ungnade gefallene Macduff an den englischen Königshof geflüchtet sei und mithilfe des englischen Herrschers plane, den Meuchelmörder und Tyrannen Macbeth zu stürzen.
„Hast du wohl Angst, / Derselbe Mann in Tat und Mut zu sein, / Der du im Wünschen bist?“ (Lady Macbeth, I.7, S. 45)
Die Hexen tanzen um einen Kessel mit brodelndem Gebräu, das allerlei Makabres enthält: Geißengalle, Rattenblut, Hundekopf, die Nase eines Türken, die Hand eines Kindes, Paviansblut usw. Macbeth tritt auf und will seine Zukunft wissen. Mehrere Erscheinungen werden von den Hexen heraufbeschworen: Unter Donnergrollen taucht zunächst ein gepanzerter Kopf auf, der den König vor Macduff warnt. Dann sagt ein blutiges Kind, dass keiner, den je ein Weib gebar, Macbeth schaden könne. Die Erscheinung eines gekrönten Kindes versichert Macbeth, er sei unbesiegbar – zumindest solange sich nicht der Wald von Birnam gegen den Berg von Dunsinane bewege. Macbeth ist erleichtert: So etwas könne ja nie geschehen. Doch er will unbedingt wissen, ob Banquos Nachkommen dereinst regieren werden. Als Antwort erscheint eine Prozession von Königen, wobei einer einen Spiegel in der Hand hält, der unendlich viele Herrscher reflektiert. Begleitet wird der Tross durch den grinsenden Geist Banquos. Nun weiß Macbeth, dass die Prophezeiung sich erfüllen wird. Kaum sind die Hexen verschwunden, erfährt er durch Lenox, dass Macduff nach England geflohen ist. Er beschließt, die Burg des Abtrünnigen anzugreifen und dessen Familie und Gefolgschaft zu töten.
„Ich geh, es ist getan: die Glocke grüßt mich. / Hör sie nicht, Duncan; denn ihr Totenklang / Ruft dich zum Himmels- oder Höllengang.“ (Macbeth, II.1, S. 55)
Lady Macduff fühlt sich von ihrem geflohenen Mann im Stich gelassen. Sie macht dem Abwesenden bittere Vorwürfe und sagt ihrem Sohn, dass er keinen Vater mehr habe. In diesem Moment stürmt ein Bote herein, der Lady Macduff auffordert, sich sofort in Sicherheit zu bringen. Doch es ist zu spät: Eine Mörderbande dringt herein und tötet das Kind, während die Lady, von der Meute verfolgt, die Flucht ergreift.
Ein Wald bewegt sich
Im englischen Königsschloss treffen Macduff und Malcolm, der Sohn des ermordeten Duncan, aufeinander. Zunächst herrscht eine Atmosphäre des Misstrauens. Malcolm meint, er selbst wäre in seiner Maß- und Gewissenlosigkeit sicher ein noch viel schrecklicherer König als Macbeth. Bei diesen Worten wird Macduff von großer Trauer um Schottlands Schicksal überwältigt, was seinem Gegenüber Vertrauen einflößt. Die beiden beschließen, gemeinsam gegen Macbeth vorzugehen. Ein Bote berichtet Fürchterliches: Macbeth hat Macduffs ganze Familie ausrotten lassen. Macduff ist zunächst bis ins Mark erschüttert, dann jedoch schwört er Rache.
„Mir war, ich hätt was schrein hörn: ‚Schlaft nicht mehr! / Macbeth erschlägt den Schlaf‘“ (Macbeth, II.2, S. 59)
Die Entscheidungsschlacht findet vor und in Macbeths Schloss Dunsinane statt. Zuvor erleben jedoch eine Kammerfrau und ein Arzt, wie Lady Macbeth von ihrem schlechten Gewissen umgetrieben wird und ohne es zu wollen ihre Schuld verrät. Nachts läuft sie schlafwandelnd durchs Schloss, redet von Blut und wäscht sich ständig die Hände. Der Arzt erklärt, er sei überfordert, und empfiehlt die Königin in die Hände eines Geistlichen. Macbeth hingegen ist zuversichtlich, weil er den Voraussagen der Hexen vertraut. Er glaubt, er sei unbesiegbar, obwohl inzwischen viele seiner Soldaten und Getreuen desertiert sind. Doch Macbeths Selbstsicherheit gerät Stück für Stück ins Wanken: Zuerst erfährt er, dass Lady Macbeth inzwischen gestorben ist; dann berichtet ihm ein Bote, dass sich der Wald von Birnam tatsächlich auf das Schloss zubewege – denn die feindlichen Soldaten halten sich zur Vertuschung ihrer Anzahl Äste und junge Bäume über den Kopf. Macbeth erkennt und verflucht die Zweideutigkeit der Hexen und stürzt sich ins Kampfesgetümmel, immer noch in dem Vertrauen, dass jeder Gegner „von einem Weib geboren“ ist und ihm darum nicht gefährlich werden kann. Doch als er auf Macduff stößt, erweist sich auch diese Prophezeiung der Hexen als zweischneidig: Macduff ist nämlich durch Kaiserschnitt auf die Welt gekommen. Macbeth stürzt sich trotzdem in den Zweikampf und stirbt. Malcolm wird zum neuen, rechtmäßigen schottischen König gekrönt.
Zum Text
Aufbau und Stil
Macbeth ist die letzte und kürzeste von Shakespeares vier großen Tragödien, zu denen auch Hamlet, Othello und König Lear gehören. Sie besteht aus fünf Akten und ist nach dem Muster der klassischen Tragödie gestaltet, mit ihrer Abfolge von Exposition (Einleitung), Aufbau und Steigerung des Konflikts, Peripetie (Wendepunkt) und Katastrophe bzw. Lösung des Konflikts. Das Metrum des Stücks ist der Blankvers mit seinen fünf Hebungen, den Shakespeare allerdings auf einfallsreiche Weise variiert und auch durch Abschnitte in Prosa unterbricht. Shakespeares Englisch ist vom heutigen Standard-Englisch ziemlich weit entfernt: Wer glaubt, gut Englisch zu können, kann Shakespeare noch lange nicht im Original lesen! Die Sprache des Dichters ist rhythmisch und metaphernreich, voller überraschender Bilder und gewagter Vergleiche. Ein wichtiges sprachliches Element in Macbeth ist der Monolog, durch den der Dramatiker die innere Zerrissenheit vor allem der Hauptfigur, das Auseinanderklaffen von psychischer und äußerer Wirklichkeit darstellt. Weitere Stilmittel sind sprachliche Mehrdeutigkeiten (vor allem aus dem Mund der Hexen), die sich erst am Schluss aufklären, sowie die dramatische Ironie: Die Aussage einer Figur enthält eine tiefere Bedeutung, die jedoch nur das Publikum wahrnimmt, während sie dem Sprechenden entgeht.
Interpretationsansätze
- Macbeth zeigt Aufstieg und Fall eines Machtmenschen, der sich durch ungezügelten Ehrgeiz und grenzenlosen Machthunger verführen lässt, die soziale und natürliche Ordnung zu zerstören, und sich dadurch selber zugrunde richtet.
- Macbeth ist innerlich zerrissen: Er lässt sich in eine Spirale der Schuld und des Verbrechens hineinreißen, ohne dass es ihm gelingt, sein schlechtes Gewissen jemals ganz zum Schweigen zu bringen.
- Als positive Gegenfigur zu Macbeth erscheint Banquo, der denselben Versuchungen ausgesetzt ist, jedoch charakterfest bleibt.
- Lady Macbeth ist zu Beginn des Stücks noch grausamer, blutrünstiger und nach eigenen Worten „männlicher“ als ihr Gatte. In ihrem berühmten Monolog wünscht sie sich gar, „entweibt“ zu werden, um ihren unstillbaren Ehrgeiz selbst ausleben zu können, statt einen männlichen Stellvertreter suchen zu müssen. Am Schluss scheitert die Umkehrung der Geschlechterrollen, weil die Lady im Unterschied zu ihrem Mann an ihren Schuldgefühlen zugrunde geht.
- Die Entfremdung von der natürlichen Ordnung ist ein wichtiges Motiv des Stücks: Der Königsmord des Ehepaares Macbeth ist der Auslöser; was folgt, sind giftige Schwaden, Veränderungen der Gestirne und der Tierwelt, Schlafwandeln und Halluzinationen der Menschen. Doch den Schuldigen ereilt seine gerechte Strafe. Die durch Macbeths Verbrechen aus den Angeln gehobene Ordnung erscheint am Ende wiederhergestellt.
- Leben und Schicksal des Menschen werden von irrationalen Mächten beherrscht, die im Stück durch die Hexen repräsentiert werden.
- Aus dieser Perspektive sind Werte wie gut und böse sowie die Kategorien Schein und Sein sinnlos, ja geradezu lächerlich. Das Stück zeigt eine gefährdete, unsichere Welt. Macbeth selbst wird vor seinem Tod zum Nihilisten.
Historischer Hintergrund
Theaterboom und Geisterglaube
Vermutlich verfasste Shakespeare Macbeth unter der Regentschaft von König James I., der den englischen Thron im Jahre 1603 als Nachfolger von Königin Elisabeth I. bestieg. Während der mehr als 40-jährigen Regierungszeit Elisabeths hatte England einen beeindruckenden politischen und wirtschaftlichen Aufschwung erlebt. Es emanzipierte sich von der katholischen Kirche, wodurch ein innenpolitisches Klima geistiger und religiöser Toleranz entstand. Außerdem löste England Spanien als stärkste Seefahrernation ab und wurde zu einer europäischen Großmacht. Zum nationalen Selbstbewusstsein trug auch der wachsende materielle Wohlstand des Bürgertums bei. Das London William Shakespeares war eine moderne, urbane, lebendige und intellektuell neugierige Stadt von rund 200 000 Einwohnern – ideale Voraussetzungen für eine vitale öffentliche Theaterkultur. Die Spielstätten wurden zu einem Erlebnisort für breite Bevölkerungsschichten. Es kam zu einem regelrechten Theaterboom, begleitet von einem künstlerisch fruchtbaren Wettbewerb zwischen professionellen Schauspielertruppen.
König James I. war sehr an Übersinnlichem und am Hexenwesen interessiert, ja er schrieb zu diesem Thema sogar selbst ein Buch. Die Hexen und Geistererscheinungen in Macbeth spiegeln den Glauben an Übersinnliches, Irrationales und Dämonisches wider, der zu Shakespeares Zeiten alltäglich und selbstverständlich war. Dies wurzelt im christlichen Glauben der Zeit vor der Aufklärung, wonach sich das Böse konkret manifestiert und Teufel oder Dämonen reale Wesen sind. Ob der große Dramatiker selbst an Gespenster geglaubt hat, ist nicht überliefert. Unbestreitbar ist jedoch Macbeth vom elisabethanischen, zwischen Mittelalter und Neuzeit angesiedelten Weltbild geprägt. Danach hat jedes Element im Kosmos seinen ihm von Gott zugewiesenen Platz. Zwischen Mikro- und Makrokosmos bestehen Analogien, sodass sich eine Zerstörung der Ordnung auf der einen Ebene auf das ganze System auswirkt.
Entstehung
Das genaue Entstehungsdatum von Macbeth ist unbekannt, angenommen werden jedoch die Jahre 1605 oder 1606. Die erste belegte Aufführung fand am 20. April 1611 im Globe Theatre in London statt. Shakespeares Hauptquelle sind Raphael Holinsheds Chronicles of England, Scotland and Ireland aus dem Jahr 1577. Der historische Hintergrund des Stücks ist die legendenhafte Regierungszeit des schottischen Königs Macbeth, der laut Holinsheds Chronik von 1040 bis 1057 an der Macht war. Shakespeare verkürzt und verdichtet jedoch diese Zeitspanne auf wenige Monate, womit er seiner Dramenfigur und deren Tyrannei zusätzliche Intensität verleiht. Außerdem formt er verschiedene Figuren um. So ist beispielsweise Banquo in der Chronik Holinsheds ein Mittäter, während er bei Shakespeare zur positiven Gegenfigur wird.
Wirkungsgeschichte
Macbeth gehört zu Shakespeares bekanntesten und meistgespielten Stücken, und es steht in den angelsächsischen und deutschsprachigen Ländern häufig auf dem Lehrplan von Schulen und Universitäten. Besonders intensiv wurde Shakespeare in Deutschland diskutiert, wo er vor allem von der literarischen Bewegung des Sturm und Drang im 18. und von der Romantik im frühen 19. Jahrhundert als dramatisches Urgenie und als schöpferische Ausnahmeerscheinung gefeiert wurde. Das Interesse an Macbeth ist durch die zahlreichen Übersetzungen bezeugt, von denen Christoph Martin Wieland im Jahr 1762 die erste lieferte – allerdings enthält sie zahlreiche Fehler. Im Jahr 1800 stellte Friedrich Schiller in Weimar seine Bearbeitung der Tragödie vor. In dieser Version ist Shakespeares Stück entsprechend Schillers klassizistischer Kunstauffassung gestrafft, vereinfacht und stark moralisierend. So betont Schiller beispielsweise Macbeths Willensfreiheit gegenüber den Prophezeiungen der Hexen. Das Interesse deutscher Intellektueller und Schriftsteller an Shakespeare allgemein schlug sich 1864 in der Gründung der Deutschen Shakespeare-Gesellschaft nieder.
Das Stück Macbeth wurde zur Vorlage zahlreicher Kompositionen und Verfilmungen. Zu nennen sind etwa Giuseppe Verdis Oper Macbeth (1865) sowie die Tondichtung von Richard Strauss (1886), außerdem die Verfilmungen von Orson Welles aus dem Jahr 1948 und von Roman Polanski aus dem Jahr 1971. Eher kurios mutet die Wirkung an, die das Übersinnliche und Dämonische der Tragödie bis heute auf englische Schauspieler ausübt. In dortigen Theaterkreisen gilt es als fahrlässig, den Titel des Stücks vor der Premiere überhaupt in den Mund zu nehmen – denn ein rätselhafter Fluch sorge dann für Arm- und Beinbrüche, Grippewellen und Bühneneinstürze. Der Abwehrzauber besteht darin, Macbeth zumindest während der Proben lediglich „das schottische Stück“ zu nennen.
Über den Autor
William Shakespeare kann ohne Übertreibung als der berühmteste und wichtigste Dramatiker der Weltliteratur bezeichnet werden. Er hat insgesamt 38 Theaterstücke und 154 Sonette verfasst. Shakespeare wird am 26. April 1564 in Stratford-upon-Avon getauft; sein genaues Geburtsdatum ist nicht bekannt. Er ist der Sohn des Handschuhmachers und Bürgermeisters John Shakespeare. Seine Mutter Mary Arden entstammt einer wohlhabenden Familie aus dem römisch-katholischen Landadel. 1582 heiratet er die acht Jahre ältere Anne Hathaway, Tochter eines Gutsbesitzers, mit der er drei Kinder zeugt: Susanna sowie die Zwillinge Hamnet und Judith. Um 1590 übersiedelt Shakespeare nach London, wo er sich innerhalb kurzer Zeit als Schauspieler und Bühnenautor einen Namen macht. Ab 1594 ist er Mitglied der Theatertruppe Lord Chamberlain’s Men, den späteren King’s Men, ab 1597 Teilhaber des Globe Theatre, dessen runde Form einem griechischen Amphitheater nachempfunden ist, sowie ab 1608 des Blackfriars Theatre. 1597 erwirbt er ein Anwesen in Stratford und zieht sich vermutlich ab 1613 vom Theaterleben zurück. Er stirbt am 23. April 1616. Über Shakespeares Leben gibt es nur wenige Dokumente, weshalb sich seine Biografie lediglich bruchstückhaft nachzeichnen lässt. Immer wieder sind Vermutungen in die Welt gesetzt worden, wonach sein Werk oder Teile davon in Wahrheit aus anderer Feder stammen. Als Urheber wurden zum Beispiel der Philosoph und Staatsmann Francis Bacon, der Dramatiker Christopher Marlowe oder sogar Königin Elisabeth I. genannt. Einen schlagenden Beweis für solche Hypothesen vermochte allerdings niemand je zu erbringen. Heutige Forscher gehen mehrheitlich davon aus, dass Shakespeare der authentische und einzige Urheber seines literarischen Werkes ist.
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