Männerphantasien
Diese Ausgabe: Matthes & Seitz Berlin, 2019 Mehr
Seiten: 1200
- Psychologie
- Moderne
Worum es geht
Faschismus als Angst vor Ich-Auflösung
Als Klaus Theweleits Männerphantasien 1977/78 erschienen, überschlugen sich viele Kritiker vor Lob. Rudolf Augstein sprach im Spiegel gar von der wichtigsten Publikation des Jahres. Das Buch, das sich im linksalternativen Milieu rasch zum Bestseller entwickelte, richtet einen frischen, innovativen Blick auf den Faschismus und interpretiert ihn als zeitloses, gesellschaftsübergreifendes und vor allem männliches Phänomen. Im Zentrum steht nicht Ideologiekritik, sondern die körperliche Wahrnehmung des faschistischen Mannes. Theweleit interessiert sich nicht für politische Überzeugungen und Argumente, vielmehr möchte er verstehen, was der Faschist fühlt, was ihn im Innersten antreibt. Für Theweleit ist es Angst vor der Auflösung des eigenen Ich. Manches an dem ursprünglich als Dissertation verfassten Werk lässt sich kritisieren: der lockere Umgang mit Quellen, die bisweilen ausufernden Zitate, die Neigung des Autors zum Psychologisieren, seine undifferenzierte Kapitalismuskritik. Dennoch lohnt sich die Lektüre des Buches, das auch heute noch überzeugende Erklärungen für bestimmte männliche Verhaltens- und Denkmuster liefert.
Zusammenfassung
Über den Autor
Klaus Theweleit wird am 7. Februar 1942 als Sohn eines Eisenbahnangestellten im ostpreußischen Ebenrode geboren. Gegen Kriegsende flieht er mit seinen Eltern und den fünf Geschwistern nach Schleswig-Holstein, wo er aufwächst. Nach dem Abitur studiert er Germanistik, Anglistik und Musikwissenschaften in Kiel und Freiburg, fühlt sich aber schon bald von dem rein akademischen Zugang zur Literatur abgestoßen. Um sein Studium zu finanzieren, arbeitet er unter anderem im Hoch- und Tiefbau und auf einer Kieler Werft. Drei Jahre lang ist er Mitglied des Sozialistischen Deutschen Studentenbundes (SDS) und Aktivist der 68er-Studentenbewegung. Als die Bewegung in zahlreiche dogmatisch-kommunistische Splittergruppen zerfällt, wendet er sich von der Studentenorganisation ab. Auf der Suche nach neuen Kollektiven gründet er in Freiburg ein Kino und eine Free-Jazz-Band. Nebenbei ist Theweleit als freier Mitarbeiter für den Südwestfunk tätig. Er lernt die Psychoanalytikerin Monika Kubale kennen, die er 1972 heiratet und mit der er zwei Söhne bekommt. 1977/78 erscheint seine Dissertation Männerphantasien, die viel Beachtung findet. Theweleit schreibt noch weitere Bücher, darunter 2004 Tor zur Welt über Fußball. Von 1998 bis 2008 ist er Professor für Kunst und Theorie an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste in Karlsruhe. Verschiedene Lehraufträge führen ihn unter anderem in die Schweiz und nach Österreich. Darüber hinaus ist er als Gastprofessor an den US-Universitäten Dartmouth College, Santa Barbara und Charlottesville, Virginia. Zusammen mit Rainer Höltschl veröffentlicht er 2008 Jimi Hendrix. Eine Biographie. Seit 2009 lebt Theweleit als Professor im Ruhestand in Freiburg.
Kommentar abgeben oder Diskussion beginnen