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Massenpsychologie und Ich-Analyse
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Massenpsychologie und Ich-Analyse

Wien, 1921
Diese Ausgabe: S. Fischer, 1993 Mehr

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Literatur­klassiker

  • Psychologie
  • Moderne

Worum es geht

Was die Psychoanalyse zum Populismus zu sagen hat

Freuds Essay Massenpsychologie und Ich-Analyse von 1921 widmet sich einem damals kaum erforschten sozialen Phänomen: der politischen Masse. Die kommunistische Revolution 1917 sowie die Erschaffung von Demokratien nach dem Ende des Ersten Weltkriegs hatten gezeigt, dass die Masse eine neue ernst zu nehmende politische Kraft war. Freud widmet sich vor allem der populistischen und demagogischen Anfälligkeit der Masse. Mithilfe seiner Psychoanalyse erklärt er, warum Massen so empfänglich für die hypnotischen Verführungen charismatischer Führerpersonen sind und warum gerade Massen so stark zu irrationalen und gewalttätigen Verhaltensweisen neigen. Freuds Thesen erwiesen sich als prophetisch: Mit dem Aufstieg des Faschismus in Mitteleuropa um 1930 wurde das Gefahrenpotenzial von politischen Massenbewegungen immer deutlicher. So überrascht es nicht, dass Massenpsychologie und Ich-Analyse von zahlreichen empirischen Sozialwissenschaftlern und Psychologen aufgenommen und weitergeführt worden ist. Auch angesichts des heutigen Wiederaufstiegs des Populismus in Europa ist Freuds einziger Beitrag zur Soziologie wieder hochaktuell.

Zusammenfassung

Was ist eine Masse?

Auch wenn es auf den ersten Blick so aussehen mag, zwischen Individual- und der Sozialpsychologie gibt es keinen großen Unterschied. Das Verhalten des Einzelnen ist immer an seinen Mitmenschen orientiert: an Eltern oder Geschwistern, an Lehrern oder Ärzten. Die Massen- oder Sozialpsychologie ist noch jung. Sie untersucht, wie sich das Verhalten von Menschen verändert, wenn sie mit anderen Menschen zusammenkommen, die ihnen eigentlich fremd sind, mit denen sie aber doch etwas Wichtiges verbindet. Beispiele für Massen sind Völker, Rassen oder Stände. Es gibt aber auch spontane und temporäre Massenansammlungen, die durch ein bestimmtes Interesse zusammengeführt werden. Das Verhalten des Einzelnen in der Masse wird oft mit einem Sozialtrieb begründet. Die Psychoanalyse lehnt diese Idee ab: Das soziale Verhalten in der Masse ist nicht anders als das in der Familie – und muss aus diesem abgeleitet werden.

Während in stabilen Massen wie Gesellschaften oft ein hohes Maß an Sittlichkeit, Kreativität und intellektueller Leistungsfähigkeit herrscht, das teilweise gerade durch diese Gesellschaften erst entsteht, verhalten sich...

Über den Autor

Sigmund Freud wird am 6. Mai 1856 im mährischen Freiberg, in der heutigen Tschechischen Republik, geboren. Sein Vater ist ein erfolgreicher jüdischer Kaufmann. Vier Jahre nach Sigmunds Geburt zieht die Familie nach Wien. Hier absolviert Freud das Gymnasium und beginnt anschließend ein Medizinstudium. Von 1876 bis 1882 ist er als Assistent im physiologischen Laboratorium tätig und erforscht unter anderem das Nervensystem von Aalen. Seine Promotion erhält er 1881. Im Jahr darauf lernt er seine spätere Frau Martha Bernays kennen. Nach einigen Jahren am Allgemeinen Krankenhaus fährt er 1885 nach Paris, um sich vom dortigen Professor Charcot in der Kunst der Hypnose ausbilden zu lassen. In Paris setzt er sich mit der Hysterie als Krankheit auseinander – und lernt, wie diese mithilfe der Hypnose ansatzweise kuriert werden kann. 1886 kehrt Freud nach Wien zurück und eröffnet seine Privatpraxis. Zusammen mit Josef Breuer veröffentlicht er 1895 die Studien über Hysterie. Gleichzeitig beginnt er, seine eigenen Träume zu analysieren. 1896 bezeichnet er seine Therapieform zum ersten Mal mit dem Begriff „Psychoanalyse“. 1900 erscheint Die Traumdeutung, Freuds erste größere theoretische Arbeit. In Wien gründet er zusammen mit einigen Anhängern die Psychoanalytische Gesellschaft. Jahrbücher und Kongresse folgen und ein enger Kreis von Freudianern schart sich um den Wiener Psychoanalytiker. Doch ab 1911 verlassen ihn einige Mitglieder, unter ihnen Alfred Adler und Carl Gustav Jung, weil sie sich von Freuds teilweise dogmatischen Ansichten unter Druck gesetzt fühlen und eigene Theorien vertreten. Trotz eines Krebsleidens bleibt Freud hochproduktiv. Zu seinen wichtigsten Schriften gehören Drei Abhandlungen zur Sexualtheorie (1905), Totem und Tabu (1913), Jenseits des Lustprinzips (1920), Das Ich und das Es (1923) sowie Das Unbehagen in der Kultur (1930). Nach Hitlers Einmarsch in Österreich flieht Freud nach London, wo er am 23. September 1939 an einer Überdosis Morphium stirbt.


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