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Matto regiert
Buch

Matto regiert

Zürich, 1936
Diese Ausgabe: Unionsverlag, 2004 Mehr

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Literatur­klassiker

  • Kriminalroman
  • Moderne

Worum es geht

Mattos düsteres Reich

Friedrich Glausers Matto regiert aus dem Jahr 1936 ist ein atmosphärisch dichter, sozialkritischer und zugleich autobiografisch inspirierter Kriminalroman. Der knorrige, aber zutiefst humane Wachtmeister Studer soll herausfinden, wer den Direktor der fiktiven psychiatrischen Anstalt Randlingen ermordet hat und weshalb der Patient Pieterlen geflohen ist. In seinem Streifzug durch „Mattos Reich“, das Reich des Wahnsinns, begegnet Studer zahlreichen einfühlsam und überzeugend gezeichneten Figuren, die letztlich an den herrschenden sozialen Verhältnissen, an patriarchalen Machtstrukturen oder schlicht an der stumpfen Grausamkeit ihrer Mitmenschen gescheitert sind und deshalb zu Irren oder Verbrechern wurden. Bedeutung und Reiz von Matto regiert liegen in Glausers psychologischer Sensibilität und seinem Sinn für die Abgründe, die sich hinter alltäglichen Lebensgeschichten auftun. Der etwas überfrachtete und wendungsreiche Krimi-Plot tritt demgegenüber in den Hintergrund.

Zusammenfassung

Zwei Vermisste

Um fünf Uhr morgens wird Wachtmeister Studer aus dem Schlaf geklingelt. Am Telefon ist der kantonale Polizeidirektor. Aus der Heil- und Pflegeanstalt Randlingen ist ein Insasse namens Pieterlen entflohen, und auch der Direktor der Anstalt, Ulrich Borstli, ist verschwunden. In einer halben Stunde, so der Polizeidirektor, werde Studer von einem gewissen Dr. Laduner abgeholt; dieser habe ausdrücklich gewünscht, dass sich Studer persönlich um den Fall kümmern möge. Als der Psychiater erscheint, redet er Studer an, als würde er ihn schon lange kennen, doch der Wachtmeister kann sich nicht an ihn erinnern. Auf dem Weg zur Heilanstalt frischt der Arzt das Gedächtnis des Polizisten auf: Laduner war einst Assistent eines fortschrittlichen Pädagogen, der in Wien mit großem Erfolg ein antiautoritäres Erziehungsmodell für schwierige Jugendliche erprobt hatte. Nun erinnert sich Studer und es kommt ihm vor allem eine Szene in den Sinn: Anlässlich einer Ermittlung in Wien betrat er einmal ein halb zerstörtes Zimmer, in dem gerade ein Junge mit einem Messer auf einen anderen losging. Laduner...

Über den Autor

Das Leben von Friedrich Glauser ist ein einziger Schleuderkurs zwischen Heilanstalt, Spital und Gefängnis, zwischen Selbstmordversuchen, Drogensucht und Kleinkriminalität. Die einzige Konstante seiner Biografie ist das Schreiben. Geboren wird Glauser am 4. Februar 1896 in Wien. Im Alter von nur vier Jahren verliert er seine Mutter. Als sein Vater an die Handelshochschule nach Mannheim geht, wird Friedrich in ein Landerziehungsheim am Bodensee eingeschult. Dort begeht er 1913 den ersten Selbstmordversuch. Nachdem er sich 1916 in Zürich als Chemiestudent eingeschrieben hat, lernt er die wichtigsten Vertreter der dadaistischen Bewegung kennen. Zwei Jahre später lässt sein Vater ihn entmündigen, weil er es satt hat, ständig Glausers Schulden bezahlen zu müssen. In der Folge wird der morphiumsüchtige Glauser immer wieder wegen Rezeptfälschung und anderer kleiner Delikte verhaftet und in verschiedene Heilanstalten eingewiesen, bis er 1921 der französischen Fremdenlegion beitritt. Nach der Entlassung wegen eines Herzfehlers arbeitet Glauser unter anderem als Tellerwäscher in Paris, als Kumpel in einer belgischen Kohlegrube und als Gärtner in Basel. Der Versuch, sich in Paris als freier Schriftsteller und Journalist zu etablieren, scheitert nicht zuletzt an seiner Drogensucht, die immer wieder zu Selbstmordversuchen und kürzeren Internierungen führt. Für seinen 1930 vollendeten ersten Roman Gourrama, in dem Glauser die Erfahrungen in der Fremdenlegion verarbeitet, findet er keinen Verleger. Erfolg hat er ab Mitte der 30er-Jahre hingegen mit seinen Krimis: 1936 wird Wachtmeister Studer veröffentlicht, das erste Werk, in dem der berühmte Kommissar auftaucht. Dem entmündigten Glauser bleibt es in der Schweiz verwehrt, seine ehemalige Psychiatriepflegerin Berthe Bendel zu heiraten, weshalb die beiden 1938 nach Genua übersiedeln. Glauser arbeitet gleichzeitig an drei Romanen, die Hochzeit wird auf den 7. Dezember festgesetzt. Doch am Vorabend der Trauung erleidet der Schriftsteller während des Abendessens einen Zusammenbruch. Er liegt mehrere Stunden im Koma und stirbt 42-jährig am 8. Dezember 1938. Sein Werk umfasst neben dem Legionsroman und den sechs Kriminalromanen mehr als 100 Erzählungen, Essays, Aufsätze und biografische Aufzeichnungen.


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