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Metaphysik

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Metaphysik

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Was ist drin?

Eines der wichtigsten Werke der Philosophie: Aristoteles’ Suche nach den Ursachen des Seienden.


Literatur­klassiker

  • Philosophie
  • Griechische Antike

Worum es geht

Auf der Suche nach dem Ursprung des Seienden

Mit einem gewaltigen Wissen und überragenden geistigen Fähigkeiten macht sich der griechische Philosoph Aristoteles in seiner Metaphysik an die Begründung der „Ersten Philosophie“, der Wissenschaft, die alle anderen an Bedeutung überragt, weil sie nach dem Ursprung des Seienden forscht, anstatt sich nur mit einzelnen Phänomenen zu beschäftigen. Das Werk ist zugleich eine Auseinandersetzung mit den damaligen Lehrmeinungen, wobei sich die Kritik vor allem an der Ideenlehre Platons und an der Zahlenlehre der Pythagoreer entzündet. In dem Scharfsinn und der methodisch disziplinierten und gründlichen Weise, wie Aristoteles den Fragen auf den Grund geht, offenbart sich die Größe der antiken Philosophie. Nicht umsonst hat Aristoteles das gesamte abendländische Denken über Jahrhunderte geprägt.

Take-aways

  • Die Metaphysik des Aristoteles ist eines der wichtigsten Werke der Philosophie. Der Autor untersucht darin die Prinzipien und Ursachen des Seienden.
  • Es geht ihm auch darum, eine Wissenschaft zu etablieren, die er „Erste Philosophie“ nennt und die allen anderen Philosophien und Wissenschaften übergeordnet ist.
  • Diese Erste Philosophie untersucht das Seiende, das Wesen der Dinge, also das, was alles miteinander verbindet.
  • Das zentrale Prinzip des Denkens ist für Aristoteles der Satz vom Widerspruch: „Es ist nämlich unmöglich, dass jemand annehme, dasselbe sei und sei nicht.“
  • Aristoteles wendet sich gegen die platonische Ideenlehre und die nach seiner Ansicht spekulative Zahlenlehre der Pythagoreer.
  • Die methodische Strenge, mit der Aristoteles vorgeht, ist erstaunlich. Eigene wie fremde Behauptungen werden kritisch unter die Lupe genommen.
  • Metaphysik bedeutet „nach der Physik“. Der Titel beruht wahrscheinlich auf einem historischen Missverständnis. Im Buch selbst kommt der Begriff nicht vor.
  • Das Werk besteht aus 14 lose miteinander verbundenen Schriften, die ursprünglich als Vorlesungstexte dienten und erst lange nach Aristoteles’ Tod gebündelt wurden.
  • Die Schrift ist entsprechend ungleichartig: z. T. hoch abstrakt und nur mit Mühe zu verstehen, aber streckenweise auch sehr anschaulich und präzise.
  • Die Metaphysik steht am Anfang einer langen philosophischen Tradition gleichen Namens.
  • Im Mittelalter war Aristoteles die philosophische Autorität schlechthin.
  • Erst im 19. und 20. Jahrhundert gab es vereinzelte Versuche, das Ende der Metaphysik einzuläuten.

Zusammenfassung

Aus Liebe zum Wissen

Der Mensch strebt von Natur aus nach Wissen. Das liegt an seiner Liebe zu den Sinneswahrnehmungen und an seiner Erinnerungsfähigkeit. Das Wissensbedürfnis des Menschen mündet schließlich in der Entstehung von Wissenschaften. Will man den Dingen auf den Grund gehen, so begibt man sich zwangsläufig auf die Suche nach den letzten Ursprüngen, den unteilbaren Elementen alles Seienden. Was diese Ursachen genau sind, darüber gibt es in der Philosophie eine Reihe unterschiedlicher Auffassungen. Zu den elementarsten Fehlern gehört es, die Erde als reine Materie zu betrachten, denn schließlich gibt es auch körperlose Vorgänge. Der Philosoph Platon unterscheidet in seiner Lehre bekanntlich zwischen dem wahren Wesen der Dinge, den so genannten Ideen, und ihren Erscheinungen in der gegenständlichen Welt. Unbeantwortet lässt er die Frage, was die Ideen eigentlich in der Wirklichkeit in Bewegung setzen können.

„Alle Menschen streben von Natur nach Wissen.“ (Bd. I, S. 3)

Die Philosophie ist die Wissenschaft von der Wahrheit. Die Betrachtung der Wahrheit ist gleichzeitig schwierig und einfach zu vollziehen: Die Menschen treffen sie niemals ganz, können sie offensichtlich aber auch niemals komplett verfehlen. Dies liegt vor allem an uns selbst, an den Beschränkungen unserer Vernunft. Für die Wahrheit muss ein ewiges Prinzip gelten, und dieses muss im Fortlauf von Ursache und Wirkung bestehen, da die Dinge irgendwann anfangen und enden müssen. Denn offensichtlich sind wir erst dann der Meinung, etwas zu wissen, wenn wir die Ursache dafür erkannt haben.

Das Wahrnehmbare und das Unsichtbare

Um die Fallstricke, die mit der Suche nach den Ursachen verbunden sind, zu vermeiden, ist eine streng wissenschaftliche Vorgehensweise unerlässlich. Darüber hinaus stellt sich die Frage, ob eine Wissenschaft ausreicht, um alle Gattungen von möglichen Ursachen zu betrachten. Ebenso gilt es zu klären, ob das Seiende und das Eine die Wesen der Dinge sind, oder ob sie sich davon unterscheiden.

„Denn Verwunderung war den Menschen jetzt wie vormals der Anfang des Philosophierens, indem sie sich anfangs über das nächstliegende Unerklärte verwunderten, dann allmählich fortschritten und auch über Größeres Fragen aufwarfen (...)“ (Bd. I, S. 13)

Es gibt tatsächlich nur eine Wissenschaft, die das Seiende als solches untersucht; sie ist den Einzelwissenschaften übergeordnet. Die Prinzipien dieser Wissenschaft beruhen auf der Tatsache, dass alles entweder aus Gegensätzen besteht oder aber selbst ein Gegensatz ist. Denn alle Dinge stammen vom Seienden und vom Nichtseienden ab. Dieser einen Wissenschaft obliegt auch die Erforschung gültiger Wahrheiten, die keines Beweises bedürfen, so genannter Axiome. Diese sind von elementarer Bedeutung für die Mathematik, gelten aber auch für die anderen Wissenschaften. Das zentrale Axiom ist, dass etwas nicht gleichzeitig sein und nicht sein kann. Allerdings gibt es in der Natur ein Mehr und ein Weniger; so kann sich ein Mensch z. B. mehr oder weniger täuschen. Dieses Mehr oder Weniger im Verhältnis zum Seienden und Nichtseienden ist der Grund für viel Verwirrung und viele Auseinandersetzungen unter den Philosophen. Letztlich lässt sich zumindest eines festhalten: Verallgemeinernde Aussagen, die sich auf alle Dinge beziehen, können unmöglich zutreffen.

Philosophische Grundbegriffe

Allen Prinzipien ist gemeinsam, dass sie die Grundlage für die Entstehung und die Erkenntnis der Dinge sind. Alle Ursachen sind dementsprechend Prinzipien. Ein Element ist etwas Unteilbares, aus dem sich die Dinge zusammensetzen. Von Natur spricht man im Zusammenhang mit der Entstehung des Wachsenden sowie mit dem, woraus das Wachsende hervorgeht. Das Notwendige bezeichnet das, ohne dessen Existenz man nicht leben kann. Von dem Einen spricht man in vielerlei Bedeutung: z. B. von dem Einen an sich oder aber von dem Einen als Gegenteil des Vielen. Ähnliches gilt für das Seiende; es gibt Seiendes im akzidentiellen (= zufällig, unwesentlich) Sinn und Seiendes an sich. Als Wesen werden gewöhnlich die einfachen Körper bezeichnet, es bedeutet aber auch das Substrat (= Wesenskern) eines Gegenstands.

„Vielleicht ist nun aber die Ursache der Schwierigkeit (...) nicht in den Dingen, sondern in uns selbst; wie sich nämlich die Augen der Eulen gegen das Tageslicht verhalten, so verhält sich die Vernunft unserer Seele zu dem, was seiner Natur nach unter allem am offenbarsten ist.“ (Bd. I, S. 73)

Daneben gibt es etliche weitere Bestimmungen, mit denen die Verhältnisse zwischen den Dingen geklärt werden. Dazu gehören u. a. Attribute wie gleich – verschieden, früher – später, Teil – Ganzes. Als Vermögen wird die einem Ding innewohnende Kraft bezeichnet. Weitere wichtige Begriffe sind das Quantum (die Menge) und das Vollendete (im Unterschied zum Unvollendeten). Als Privation gilt etwas, was von Natur aus angelegt, aber dennoch nicht vorhanden ist.

„Eine der schwierigsten Fragen wurde von den gegenwärtigen Philosophen ebenso wie von den früheren übergangen, nämlich ob für das Vergängliche und für das Unvergängliche die Prinzipien dieselben sind oder verschiedene.“ (Bd. I, S. 107)

In der Philosophie sucht man in erster Linie nach den Prinzipien und Ursachen des Seienden. Unter den Wissenschaften gibt es rein betrachtende wie die Naturwissenschaften, aber auch handelnde und bewirkende. Die Erkenntnis des Ewigen ist Sache einer rein betrachtenden Wissenschaft, und zwar einer, die über die Mathematik und die Naturwissenschaften hinausgeht. Diese Rolle der übergreifenden Wissenschaft kommt der „Ersten Philosophie“ zu. Mathematik, Naturwissenschaften und Theologie sind ihr untergeordnet.

Substanz und Akzidens, Form und Materie

Zu den zentralen Aufgaben der Philosophie gehört es, festzustellen, was das Wesen der Dinge ist. Um dies zu erkennen, muss erst einmal der Begriff „Wesen“ eingekreist werden. Dabei gilt es zu unterscheiden, was einer Sache substanziell zugehörig ist – also der Wesenskern – und was, akzidentiell, nur eine Eigenschaft von ihr zum Ausdruck bringt. Alles Seiende kann entweder Substanz oder Akzidens sein: Erstere ist selbstständig und unabhängig, Letzteres dagegen abhängig von einer Substanz. Der Begriff des Akzidens bezeichnet etwas, was zufällig an etwas anderem vorhanden ist. Im Verhältnis von Akzidens zu Substanz ist jenes lediglich eine Eigenschaft von diesem, jedoch nichts, was die Substanz benötigt, um ein Seiendes zu sein. Ein gebildeter Mensch z. B. bleibt auch ohne das Akzidens „Bildung“ ein Mensch. Die Substanz aber, die immer gleich bleibt, auch wenn sich ein Gegenstand verändert, ist das eigentliche Prinzip oder die Ursache des Seienden.

„Also auch hieraus erhellt, dass die Untersuchung des Seienden als Seienden einer Wissenschaft angehört; denn alles ist entweder Gegensatz oder aus Gegensätzen, Prinzipien aber der Gegensätze sind das Eine und die Vielheit.“ (Bd. I, S. 133)

Die Dinge bestehen aus zwei Komponenten: Materie und Form. Eine Bildsäule etwa hat eine Form (z. B. die Figur eines Gottes) und ein Material, aus dem sie geschaffen ist (z. B. Erz). Durch die Form erhält die Materie ihre Bestimmung. Mit anderen Worten: Die Form ist die Substanz.

Nun zum Prozess des Entstehens. Das Entstehen geschieht teils durch die Natur, teils durch einen Schaffensprozess. Das, woraus etwas entsteht, bezeichnen wir als Stoff. Eine weitere Aufgabe der Philosophie betrifft die Frage nach dem Zusammenschluss der einzelnen Teile zu einem Ganzen. So ist z. B. das Segment ein Teil des Kreises, aber der Begriff „Kreis“ schließt den Begriff „Segment“ keinesfalls mit ein. Es besteht hier also ein wesensmäßiger Unterschied. Der Faktor Bewegung macht die ganze Angelegenheit noch komplizierter: Ein Lebewesen ist als Ganzes sinnlich erfassbar, aber es ist unmöglich, es ohne Bewegung zu definieren.

„(...) dass nämlich dasselbe demselben und in derselben Beziehung (...) unmöglich zugleich zukommen und nicht zukommen kann. Das ist das sicherste unter allen Prinzipien (...)“ (Bd. I, S. 137)

Außerdem ist das Ganze stets scharf vom Allgemeinen zu trennen. Das allgemein Ausgesagte ist nämlich niemals mit dem Wesen einer Sache identisch, da das Wesen immer eigentümlich ist. Es betrifft ein Ding oder ein Lebewesen allein und individuell. Daraus wiederum ergibt sich, dass Ideen und Wesen grundsätzlich voneinander zu unterscheiden sind, da Erstere nicht abgeschieden für sich existieren können. Weder die Ideen noch die einzelnen Dinge können letztlich präzise definiert werden.

Vermögen und Wirklichkeit

Die einzigen, übereinstimmend anerkannten Wesen sind diejenigen, die sinnlich erfassbar sind; diese verfügen über eine stoffliche Grundlage. Was aber ist das Wesen des sinnlich Erfassbaren? Es offenbart sich in den Unterscheidungen, in denen sich die Ursache für das Sein der Dinge aufspüren lässt. Wichtig ist vor allem der Unterschied zwischen dem Vermögen und der Wirklichkeit eines Gegenstands. Bezüglich des Vermögens stellt sich eine interessante Frage: Wie verhält sich etwa der Stoff eines Einzelnen zu seinem Gegenteil? Ist z. B. ein gesunder menschlicher Körper dem Vermögen nach krank? Es gilt also zu unterscheiden, was das sinnlich erfahrbare Wesen ist und auf welche Weise es existiert. Nur durch seine Beschaffenheit lässt sich ein Gegenstand bestimmen, hingegen ist es unmöglich, das „Was“, also den Wesenskern, zu definieren.

Zwischen dem vernünftigen und dem unvernünftigen Vermögen besteht ein bedeutsamer Unterschied. Während das unvernünftige Vermögen immer ausschließlich auf ein Objekt zielt – Gesundes bewirkt nur Gesundheit, Wärmendes nur Wärme –, richtet sich das vernünftige auch auf das Gegenteil: In diesem Sinne schließt die Gesundheit die Krankheit mit ein, und die Wärme beinhaltet auch die Kälte. Es ist wichtig, bei einem Wesen den Unterschied zwischen Vermögen und Wirklichkeit zu erkennen. Anders als einige Philosophen glauben, sind diese durchaus nicht identisch. Es mag überraschen, dass die Wirklichkeit früher anzusiedeln ist als das rein Vermögende, aber schließlich ist das Vermögende nur deshalb vermögend, weil es in der Lage ist, zu verwirklichen. So wird etwa der Musiker dadurch zum Musiker, dass er auf seinem Instrument spielt. Es muss also etwas da gewesen sein, was bereits zur Verwirklichung in der Lage war. Aber nicht nur das: Die Wirklichkeit ist gegenüber dem Vermögen auch primär, denn dieses kann nur durch die Wirklichkeit, zu der es ein Vermögen ist, bestimmt werden.

Das Gegenteil als Problem

Das Eine hat vielfache Bedeutungen, diese lassen sich aber in vier Hauptbedeutungen zusammenfassen. Erstens ist es das in sich Zusammenhängende, zweitens das Ganze, das über eine bestimmte Form verfügt, drittens ist es ein einheitlicher Begriff und viertens bezeichnet es eine Einheit des Denkens. Das Eine ist aber kein Wesen, wie Platon behauptet, es unterscheidet sich sogar grundlegend davon. Hingegen bezeichnen das Eine und das Seiende in gewisser Weise dasselbe. Das Eine bildet in Bezug auf die Menge einen Gegensatz, und das gleich in mehrfacher Hinsicht. So ist es beispielsweise unzerlegbar, während das Vielfache zerlegbar ist. Die Unterschiede zwischen den einzelnen Gegenständen können verschiedener Art sein, wobei der größte Unterschied der konträre Gegensatz ist.

Wesensarten

Es gibt drei Arten von Wesen: erstens sinnlich erfassbare, zweitens unbewegliche Wesen (z. B. die mathematischen Dinge); beide sind Objekte der Naturwissenschaften. Die dritte Art von Wesen hingegen gehört zu einer Wissenschaft, die sich von den Naturwissenschaften unterscheiden muss. Diese Wesen sind derart beschaffen, dass sie bei allen Veränderungen, die beispielsweise ein Stoff durchläuft, gleich bleiben. Dies spiegelt sich in der Beziehung zwischen dem Vermögen und der Verwirklichung eines Gegenstands wider. Das Vermögen ist, da es sich im Grunde nicht ändern kann, immer ein Bestandteil der dritten Art von Wesen. Aus der Existenz zweier beweglicher und eines unbeweglichen, gleichbleibenden Wesens ergibt sich notwendig die Existenz eines ewigen unbewegten Wesens (= Gott). Wäre dies nicht der Fall, dann wäre alles vergänglich. Dieses ewige Wesen verfügt über keine bestimmte Größe, es ist ohne Teile und unteilbar.

 

Zahlen sind nicht der Urgrund des Universums

Der Vernunft kommt eine besondere Aufgabe zu. Ihre Fähigkeit zu denken ist ein göttliches Vermögen. Die mathematischen Dinge können unmöglich als abgetrennte Wesen existieren. Ein Grund dafür ist, dass ihre Existenz später begonnen haben muss als die der sinnlich erfahrbaren Gegenstände. Hierzu gibt es im philosophischen Diskurs eine ganze Reihe unterschiedlicher Ansichten, so z. B. jene, dass die Formen wesentlicher seien als die sinnlich erfahrbaren Dinge und dass sie – etwa als bestimmte Ideen – sogar in der Lage seien, unsere unmittelbare Umwelt zu verändern. Auch die Auffassung, dass Zahlen als von den Dingen abgetrennte Wesen existieren, ist eine verbreitete, aber letztlich irrige Ansicht, deren Unlogik sich beweisen lässt. Als Nächstes gilt es zu untersuchen, ob ewige Dinge aus materiellen Elementen bestehen; das würde nämlich bedeuten, dass sie stofflich sind. Dies führt uns zu den Zahlenlehren, die von einer Reihe von Philosophen vertreten werden. Einerseits ist es kaum vorstellbar, dass, wie die Pythagoreer behaupten, die Körper aller Dinge aus Zahlen hervorgehen; andererseits haben sie nicht Unrecht, wenn sie sagen, dass die Zahlen nicht abgetrennt von den anderen Dingen existieren. Die Zahl ist weder bewirkende Ursache noch stofflicher Daseinsgrund, weder Form noch Begriff der Dinge. Zahlen sind auch nicht die Ursache für die Harmonie des Alls. Letztlich folgt daraus, dass die mathematischen Dinge nicht vom Seienden abgetrennt sind, aber auch nicht zu den Prinzipien gehören.

Zum Text

Aufbau und Stil

Aristoteles’ Metaphysik besteht aus 14 lose miteinander verknüpften Schriften, die ursprünglich als Vorlesungsmanuskripte dienten und nicht von Aristoteles selbst, sondern von Schülern und Nachfolgern zusammengestellt wurden. Die Spannbreite der darin behandelten Problem- und Themenkreise reicht von der Untersuchung der vier Ursachen des Seienden über kritische Auseinandersetzungen mit den platonischen und pythagoreischen Lehren bis hin zur Aufstellung eines kleinen Wörterbuchs der philosophischen Grundbegriffe. Die Tatsache, dass das Werk auf Vorlesungen basiert, erklärt das Fehlen eines übergreifenden logischen Aufbaus, die mangelnde Bezugnahme der Schriften untereinander sowie eine Reihe von Brüchen und Wiederholungen. Insofern ist die Lektüre eine großenteils mühselige Angelegenheit. Einerseits ist das Werk in seinen Details äußerst präzise, ja pedantisch, andererseits erscheint es in seiner philosophischen Stoßrichtung phasenweise unklar. Zu den Qualitäten der Metaphysik gehört die Dichte und z. T. auch die Anschaulichkeit des aristotelischen Stils, der seine logischen Schlussfolgerungen immer wieder durch die Anwendung plastischer Beispiele bildhaft werden lässt.

Interpretationsansätze

  • Der Titel Metaphysik (= „nach der Physik“, manchmal auch „über der Physik“), der einer Teildisziplin der Philosophie den Namen gab, wurde dem Werk erst lange nach dem Tod des Autors verliehen und beruht wahrscheinlich auf einem Missverständnis. Aristoteles selbst spricht immer nur von der „Ersten Philosophie“, deren Wesen und Aufgabenbereich er zu definieren versucht. Der Text enthält somit die Grundlagen seines von Vernunft und Logik bestimmten Weltbilds und bildet die Wurzeln allen Philosophierens, die Frage nach dem Seinsgrund.
  • Das zentrale Prinzip des Denkens ist für Aristoteles der Satz vom Widerspruch: „Es ist nämlich unmöglich, dass jemand annehme, dasselbe sei und sei nicht.“ Dieses Prinzip ist so grundlegend, dass es gar nicht hergeleitet werden muss, ein so genanntes Axiom. Ein hinreichender Beweis für die Gültigkeit dieses Satzes ist nach Aristoteles die Tatsache, dass jeder, der eine Aussage macht, dieses Prinzip bereits berücksichtigt.
  • Bemerkenswert ist die ausgeprägt methodische Herangehensweise an die einzelnen philosophischen Fragestellungen. Die Konsequenz, mit der der Autor kaum eine Behauptung ungeprüft stehen lässt und auch seine eigenen Ansichten kritisch unter die Lupe nimmt, erscheint wissenschaftlich mustergültig.
  • Kraft seines wachen Intellekts stößt Aristoteles bei der Behandlung metaphysischer Fragestellungen auch die Tür zur Sprachphilosophie auf. Deutlich trennt er den Begriff des Seienden vom eigentlich Seienden und kommt bei seinen Untersuchungen häufig zu dem Schluss, dass sich hinter philosophischen Problemen lediglich Probleme sprachlicher Natur verbergen.
  • Philosophisch von großer Bedeutung ist Aristoteles’ Auseinandersetzung mit den Lehrmeinungen seiner Zeit. Er übt vor allem Kritik an der Ideenlehre Platons und an den Auffassungen der Pythagoreer, die die Zahlen bzw. mathematische Phänomene als Grundlage des Universums sahen. Mit ihnen geht der Philosoph hart ins Gericht, wird aber nicht ungerecht und weist ihnen von Fall zu Fall methodische Fehler nach.

Historischer Hintergrund

Griechenland zur Zeit Aristoteles’

Die erste Hälfte des vierten vorchristlichen Jahrhunderts war in Griechenland von Auseinandersetzungen zwischen den dominierenden Stadtstaaten geprägt. Sparta hatte zwar die militärische Macht über weite Teile der Peloponnes-Halbinsel übernommen, war aber nicht in der Lage, diese Führungsrolle langfristig auszufüllen. Im Korinthischen Krieg (395–387 v. Chr.) kämpften Argos, Athen, Korinth und Theben gegen die Spartaner. Anschließend kam es zum so genannten Königsfrieden, von dem aber vor allem die Perser profitierten, die Kleinasien und Zypern in die Hand bekamen. Die Verzettelung in Kleinkriegen schwächte das antike Griechenland in immer stärkerem Ausmaß. Auf Spartas Vormachtstellung folgte diejenige Thebens, aber auch diese Dominanz war nicht von Dauer. Kleinere Staaten zogen ihre Vorteile daraus. So blieben beispielsweise Korinth und Megara in dieser Zeit weitgehend von kriegerischen Auseinandersetzungen verschont und erlebten eine regelrechte Blütezeit.

Den ultimativen Nutzen aus dem permanenten Kleinkrieg zog schließlich der makedonische König Philipp II. Durch den Aufbau eines leistungsstarken Heeres und durch Siege gegen die vereinten Stadtstaaten machte er Makedonien zur führenden Militärmacht in Griechenland. Nach der Ermordung Philipps setzte sein Sohn Alexander der Große die Expansionspläne des Vaters mit bemerkenswerter Geschwindigkeit in die Tat um. Zunächst zwang er die aufständischen griechischen Städte in die Knie und zerstörte Theben. Dann öffnete er den Griechen das Tor zu einer neuen Welt: Er besiegte die persischen Armeen und stieß zuletzt bis nach Indien vor.

Entstehung

Eine genaue Datierung von Aristoteles’ Metaphysik ist aufgrund der losen Bündelung der einzelnen Texte und der nachträglichen Veröffentlichung nicht möglich. Gesichert ist, dass die Schriften bzw. Vorträge während seiner Zeit in Assos (348–345 v. Chr.) entstanden sind und während seines zweiten Athen-Aufenthalts (335–322 v. Chr.) weitergeführt und schließlich abgeschlossen wurden. Einige Erneuerer der aristotelischen Philosophie, darunter wahrscheinlich Andronikos von Rhodos, fassten im ersten vorchristlichen Jahrhundert eine Reihe von thematisch zusammengehörigen, aber inhaltlich unabhängigen Vortragsschriften des Aristoteles zu dem Werk Metaphysik zusammen. Der Titel bedeutet wörtlich „nach der Physik“ und ist nach verbreiteter Meinung einfach dem editionstechnischen Umstand geschuldet, dass die Schriften der Metaphysik nach denen der Physik angeordnet waren. Im Werk selbst ist nämlich an keiner Stelle von Metaphysik die Rede, stattdessen spricht Aristoteles von der „Ersten Philosophie“. Es gibt aber auch Stimmen, die dieser Auffassung widersprechen und behaupten, dass die Bezeichnung bereits vor Andronikos Verwendung fand, und zwar ganz explizit in philosophischer Bedeutung als das, „was sich hinter den Dingen befindet“.

Wirkungsgeschichte

Die Tiefe und Reichweite von Aristoteles’ Metaphysik umspannt einen ganzen philosophischen Kosmos. Das Werk hat das Denken bis ins christliche Mittelalter hinein maßgeblich bestimmt und einer Teildisziplin der Philosophie ihren Namen gegeben. Auf die Philosophen zur Zeit des Aristoteles scheint das Werk noch keinen besonders nachhaltigen Eindruck hinterlassen zu haben, wie sich an der geringen Zahl der Kommentatoren ablesen lässt, die sich damit auseinandergesetzt haben. Die Kommentierungen nahmen erst in der Kaiserzeit des römischen Imperiums zu. Gerade damals standen die griechischen Philosophen, insbesondere die Platoniker und Pythagoreer hoch im Kurs. Eine enorme Wirkung übte die Philosophie des Aristoteles – insbesondere seine Metaphysik – ab dem zwölften Jahrhundert auf die abendländische Philosophie und Religion des Mittelalters aus, angetrieben durch Übertragungen und Übersetzungen aus dem Arabischen. Zwar war es peinlich, dass sich die mittelalterlichen Theologen ausgerechnet auf einen Heiden berufen mussten, dazu noch auf einen, der durch andere Ungläubige (nämlich Muslime) übersetzt, kommentiert und zugänglich gemacht wurde. Aber diese ganzen Abweichungen vom rechten Glauben nahm man in Kauf, weil Aristoteles’ Methode des Disputierens so erfolgreich war. Die auf den griechischen Philosophen zurückgehende Methode des Abwägens von Argumenten und Gegenargumenten wurde Scholastik genannt.

Die Metaphysik war für lange Zeit fester Bestandteil des Philosophierens. Erst ab Mitte des 19. Jahrhunderts gab es unter dem Einfluss der Naturwissenschaften, des Materialismus und des Positivismus Versuche, der Metaphysik ein Ende zu machen (Auguste Comte, Ludwig Wittgenstein) – während gleichzeitig andere Philosophen wie Martin Heidegger und Jacques Derrida neue Anläufe in Metaphysik und Metaphysikkritik nahmen.

Über den Autor

Aristoteles wird 384 v. Chr. in Stageira auf der makedonischen Halbinsel Chalkidike geboren. Er entstammt einer angesehenen Familie und hat von früher Jugend an Zugang zum naturwissenschaftlichen Wissen seiner Zeit. Sein Vater ist Leibarzt des makedonischen Königs. Auch Aristoteles soll Arzt werden und beginnt bereits als Jugendlicher seine Studien an Platons Akademie in Athen. Dort verbleibt er fast 20 Jahre, erst als Schüler, später als Forscher und Lehrer. Als nach Platons Tod dessen Neffe Speusippos zum Nachfolger bestimmt wird, verlässt Aristoteles Athen und geht ins kleinasiatische Assos (in der heutigen Türkei) an den Hof des Hermias, eines früheren Mitschülers, mit dem er befreundet ist. Er heiratet dessen Nichte und Adoptivtochter Pythias. Fünf Jahre später, 342 v. Chr., wird Aristoteles zurück an den Hof Philipps von Makedonien gerufen, um den jungen Kronprinzen Alexander, der später als „der Große“ in die Geschichte eingehen wird, zu unterrichten. Nach der Ermordung Philipps wird Alexander 335 v. Chr. makedonischer König, und Aristoteles kehrt nach Athen zurück, wo er das Lykeion gründet. Diese Bildungsstätte wird auch als die Schule der Peripatetiker (Wandelschule) bekannt, weil die Gespräche zwischen Schülern und Lehrern oft beim Spazieren in den schattigen Laubengängen auf dem Schulgelände stattfinden. Aristoteles befasst sich mit fast allen Wissenschaften und Künsten, er verfasst Werke zu so unterschiedlichen Wissensgebieten wie Physik, Chemie, Biologie, Zoologie, Botanik, Psychologie, Politikwissenschaft, Metaphysik, Ethik, Logik, Geschichte, Literatur und Rhetorik und setzt dabei auf mehreren Gebieten wichtige Grundpfeiler für die westliche Philosophie. Nach Alexanders Tod im Jahr 323 v. Chr. muss Aristoteles Athen wegen der starken antimakedonischen Stimmung verlassen. Wie vor ihm Sokrates wird er offiziell der Gottlosigkeit angeklagt. Daraufhin zieht er sich auf das Landgut seiner Mutter in Chalkis auf der griechischen Insel Euböa zurück. Dort stirbt er 322 v. Chr. im Alter von 62 Jahren.

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