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Worum es geht
Das absolute Rechtsgefühl des Michael Kohlhaas
Kleists Novelle Michael Kohlhaas erschien 1810 in einem Band, der noch weitere Erzählungen aus seiner Feder enthielt. Der Erfolg blieb anfangs vollkommen aus. Denn was in der Novelle erzählt wird, galt als äußerst subversiv: Ein einfacher Bürger, der von einem Adligen um zwei Pferde betrogen wird, stellt durch den Bruch der Gesetze das Recht wieder her. Der Dichter Clemens Brentano, ein Zeitgenosse Kleists, bezeichnete die Erzählung als eine schlimme Prophezeiung. Die Zeit war noch nicht reif für die Botschaft, um die es Kleist eigentlich ging: In dem Maße, wie Michael Kohlhaas die Verteidigung seines Rechts selbst in die Hand nimmt, verabsolutiert sich sein Rechtsgefühl, es kennt keine Hemmung und keine Selbstbeschränkung mehr. Die Folgen sind schrecklich. Statt nur seine Peiniger, die Obrigkeit, mit seinen Gewaltakten zu treffen, vergreift sich Kohlhaas, von seiner rasenden Wut blind gemacht, auch an unschuldigen Menschen. Zwar ist Kohlhaas tatsächlich Unrecht geschehen, doch die Unbedingtheit seines Rechtsgefühls führt ihrerseits zu Unrecht und Unmenschlichkeit. So kann man die Erzählung vom Michael Kohlhaas in der Tat als prophetisch ansehen für die Gewalt, die das ganze 20. Jahrhundert (und auch bereits den Beginn des 21.) heimsuchte, sei sie nun ideologischen, politischen oder religiösen Ursprungs.
Zusammenfassung
Über den Autor
Heinrich von Kleist wird am 18. Oktober 1777 in Frankfurt an der Oder geboren, er stammt aus einer preußischen Offiziersfamilie. Als junger Gefreiter-Korporal nimmt er im ersten Koalitionskrieg gegen Napoleon an der Belagerung von Mainz und am Rheinfeldzug (1793 bis 1795) teil. Bald fühlt er sich vom Offiziersberuf abgestoßen und wendet sich der Wissenschaft zu. Durch seine Kant-Lektüre verliert er jedoch den Glauben an einen objektiven Wahrheitsbegriff und erkennt, dass er nicht zum Gelehrten geschaffen ist. Ebenso wenig fühlt sich der enthusiastische Kleist zum Staatsdiener berufen. 1801 bricht er aus seiner bürgerlichen Existenz aus, reist nach Paris und später in die Schweiz, wo er als Bauer leben will. Doch auch daraus wird nichts. Schon während seiner Zeit in Paris beginnt Kleist zu dichten. Seine Theaterstücke, die heute weltberühmt sind, bleiben zunächst erfolglos. Von 1801 bis 1811 entstehen unter anderem die Tragödien Die Familie Schroffenstein (1803), Robert Guiskard und Penthesilea (beide 1808), außerdem Das Käthchen von Heilbronn (1808), Die Hermannsschlacht (1821 postum erschienen), die Komödien Amphitryon (1807) und Der zerbrochne Krug (1808) sowie die Erzählungen Die Marquise von O.... (1808), Das Bettelweib von Locarno (1810) und Die Verlobung in St. Domingo (1811). 1810 verweigert der preußische Staat Kleist, der nach Stationen in Königsberg und Dresden wieder in Berlin lebt, eine Pension. Auch aus dem Königshaus erhält er keine Anerkennung, obwohl er der Schwägerin des Königs das patriotische Stück Prinz Friedrich von Homburg widmet. Dennoch ist es wohl weniger äußere Bedrängnis als innere Seelennot, die Kleist schließlich in den Freitod treibt. Am 21. November 1811 erschießt er zunächst seine unheilbar kranke Freundin Henriette Vogel und danach sich selbst am Kleinen Wannsee in Berlin.
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