J. M. Barrie
Peter Pan
Insel Verlag, 2015
Was ist drin?
Die große, zeitlose Geschichte vom Jungen, der nicht erwachsen werden wollte.
- Kinderbuch
- Moderne
Worum es geht
Ein zeitlos modernes Märchen
Wendys Abenteuer mit Peter Pan in Nimmerland begeistern seit über 100 Jahren junge wie alte Leser. Was macht den ungeheuren Erfolg dieser Geschichte aus? Ein Grund ist bestimmt die Offenheit der Idee von der fantastischen Insel Nimmerland: Jedes Kind darf hier seine eigene Welt erschaffen und ist eingeladen, das Bestehende weiterzudenken. Freie Adaptionen wie der Kinofilm Hook zeigen, dass sich die Grundzüge der Geschichte auf neue Umstände und Zeiten übertragen lassen, ohne dass die Handlung ihre große Anziehungskraft verliert. Die Figur des Peter Pan ist Sinnbild kindlicher Fantasie und Autonomie – ein frecher Junge mit unbändiger Abenteuerlust, der sich in eine Reihe mit beliebten Figuren wie Pippi Langstrumpf oder Tom Sawyer stellen lässt. Erwachsene fühlen sich diesen Figuren auf besondere Art verbunden. An manchen Tagen kommt man nicht umhin, sich zu fragen: Ja, genau, warum sind wir eigentlich erwachsen geworden? Zum Glück ist ein kleiner Ausflug in die Kindheit jederzeit möglich. Wer sich einen Rest Fantasie bewahrt hat (und es zudem verschmerzen kann, dass die Elfe Tinker Bell in dieser Übersetzung zu „Gypsy Bell“ verunstaltet wird), der sollte zwischendurch einmal wieder sein Boot an den Zauberküsten Nimmerlands festmachen und Peter Pan erneut zur Hand nehmen.
Take-aways
- Peter Pan zählt zu den bekanntesten Kinder- und Jugendbüchern des 20. Jahrhunderts.
- Inhalt: Das Mädchen Wendy erlebt in der fantastischen Welt Nimmerland Abenteuer mit Peter Pan, einem Jungen, der nie erwachsen werden will. Nach einem epischen Kampf gegen den finsteren Piraten Hook kehrt Wendy nach Hause zu ihren Eltern zurück.
- J. M. Barrie schrieb zunächst für Erwachsene, bevor er die Figur des Peter Pan schuf.
- Die Geschichte war als Bühnenstück konzipiert und wurde erst später als Roman veröffentlicht.
- Eine stilistische Besonderheit der Erzählung ist, dass der Erzähler immer wieder aktiv in den Verlauf der Geschichte eingreift.
- Das Werk verzichtet auf die Vermittlung einer Moral.
- Fantastische Jugendliteratur war zu Barries Zeit noch ein junges Genre. Als erstes Werk dieser Gattung gilt Alice im Wunderland von 1865.
- Die Geschichte wurde mehrfach verfilmt. Besonders erfolgreich war der Film Hook aus dem Jahr 1991 mit Robin Williams.
- In der Psychoanalyse ist die Weigerung, erwachsen zu werden, als Peter-Pan-Syndrom bekannt geworden.
- Zitat: „Alle Kinder, außer dem einen, werden erwachsen.“
Zusammenfassung
Eine ganz normale Familie?
Das Mädchen Wendy lebt zusammen mit ihren Brüdern John und Michael, ihren Eltern Mr. und Mrs. Darling sowie ihrem tierischen Kindermädchen, der Neufundländerhündin Nana, in London. Genau wie in den Köpfen aller anderen Kinder gibt es auch in ihrem einen Ort namens Nimmerland – eine Insel voller Abenteuer, auf der Wendy in einem Haus aus Blättern lebt und wo ein Junge namens Peter Pan an ihrer Seite ist. Als ihre Mutter von diesem imaginären Freund erfährt, den sie selbst noch aus ihrer Kindheit kennt, macht sie sich zunächst Sorgen. Sie ist sich aber bald sicher, dass diese Phase schon vorübergehen wird. Wenig später findet Mrs. Darling seltsame Blätter im Kinderzimmer, die dort eigentlich nicht sein dürften. Als Wendy ihr erklärt, dass Peter Pan sie an seinen Füßen kleben hatte, redet sich Mrs. Darling weiter ein, dass es sich nur um einen Zufall handle. An diesem Abend schläft sie im Kinderzimmer ein und wird nachts von einem Geräusch geweckt. Vor ihr steht Peter Pan. Von ihrem Schrei aufgeschreckt, kommt Nana dazu und schnappt sich den Schatten des Jungen, bevor dieser durchs Fenster entkommt. Mrs. Darling verstaut den Schatten in einer Schublade und will ihren Mann fragen, was sie in der Sache weiter unternehmen sollen. Sie findet dazu jedoch vorerst keine Gelegenheit. Am folgenden Freitag sind die Darlings bei Bekannten eingeladen. Sie ahnen nicht, dass sie diesen Abend noch lange in Erinnerung behalten werden.
Abendlicher Besuch
An diesem Freitagabend ist Mr. Darling schlecht gelaunt, und er wird noch wütender, als sein jüngster Sohn Michael seine Medizin nicht nehmen will. Es kommt zu einem Streit. Mr. Darling will die Stimmung auflockern, indem er ein wenig Medizin in Nanas Napf gibt. Seine Familie kann darüber nicht lachen, und Mr. Darling rächt sich dafür, indem er Nana im Hof an die Kette legt. So kommt es, dass das tierische Kindermädchen nicht eingreifen kann, als Peter Pan am Abend wiederkommt. Mit ihm fliegt ein kleines Licht durchs Fenster, das sich bei genauerer Betrachtung als die Elfe Gypsy Bell erwies. Sie fliegt zur Schublade und holt Peters Schatten zurück, den dieser mit etwas Seife wieder anzukleben versucht. Als das misslingt, setzt er sich hin und beginnt zu weinen. Wendy wird wach und hat Mitleid mit ihm. Nachdem sie sich einander vorgestellt haben, näht Wendy Peters Schatten wieder an. Peter ist charmant, aber sehr überheblich, und Wendy weiß nicht, was sie von ihm halten soll. Dennoch würde sie ihm gern einen Kuss geben – er weiß jedoch nicht, was das ist. Also tauschen sie einen Fingerhut und eine Eichel aus und nennen die Gegenstände Küsse.
Einladung zu einem Abenteuer
Peter erzählt Wendy, dass er von zu Hause fortgelaufen ist, weil er nicht erwachsen werden wollte. Sie erfährt, woher die Elfen kommen (sie entstehen, wenn ein Baby zum ersten Mal lacht, und sterben, wenn ein Kind aufhört, an sie zu glauben) und dass Peter Pan bei den verlorenen Jungen wohnt. Sie lernt Gypsy Bell kennen, die alles andere als erfreut ist über Peters Interesse an Wendy. Regelrecht wütend wird sie, als sich Peter und Wendy nun doch küssen. Peter berichtet, dass die verlorenen Jungen keine Mütter haben, die ihnen Geschichten erzählen und ihre Kleidung ausbessern können. Er lädt Wendy ein, mit ihm nach Nimmerland zu fliegen und sich um diese Jungen zu kümmern. Zuvor jedoch muss er ihr – wie Michael und John, die gerade wach werden – das Fliegen beibringen. Als sie mit dem Üben beginnen wollen, kommt das Hausmädchen Lisa mit Nana herein, die im Hof Alarm geschlagen hat. Doch die Kinder verstecken sich rechtzeitig, und so verlässt Lisa das Zimmer, ohne einzugreifen. Nana läuft die Straße hinunter, um die Eltern zu holen. Peter erklärt den Geschwistern derweil, dass sie nur an etwas Schönes denken und mit ein bisschen Elfenstaub bedeckt sein müssen, um zu fliegen. Tatsächlich lernen die drei ganz schnell, im Raum umherzuschweben. Peter kann sie überzeugen, mit ihm nach Nimmerland zu fliegen. Als wenig später Mr. und Mrs. Darling aufgeregt ins Zimmer stürzen, sind die Kinder schon fort.
Ankunft in Nimmerland
Die Kinder fliegen los. Sie sind viele Tage unterwegs und müssen vorsichtig sein, um nicht zwischendurch einzuschlafen, weil sie dann absinken würden. Sie merken schnell, dass sie auf Peter angewiesen sind und dass dieser nicht gerade zuverlässig ist. Er lässt die Geschwister immer wieder allein und kann sich bei seiner Rückkehr kaum an sie erinnern. Endlich treffen sie in Nimmerland ein, und es ist genau wie in ihrer Vorstellung. Jetzt, im Dunkeln, wirkt es jedoch bedrohlicher als in ihren Träumen. Ihre Ankunft bleibt nicht unbemerkt: Die Piraten richten ihre Kanonen auf sie aus. Peter erzählt den Kindern von seinem Erzfeind, dem grausamen Piraten James Hook. Hook will Peter töten, da dieser ihm einst die rechte Hand abgehackt und sie einem Krokodil zum Fressen hingeworfen hat. Um weniger aufzufallen, verstecken die Kinder Gypsy Bell in Johns Hut, doch die Piraten feuern trotzdem. Durch den Druck der Kanonenschüsse wird Wendy von den anderen getrennt, und Gypsy Bell beschließt, ihrer Rivalin eine Falle zu stellen.
Auf der Insel geht es rund
Solange Peter unterwegs war, herrschte auf der Insel Ruhe. Mit seiner Rückkehr brechen sofort alte Kriege und Auseinandersetzungen wieder auf: Vier Fraktionen – die verlorenen Jungen, die Piraten, die Indianer und die wilden Tiere – verfolgen sich unermüdlich rund um die Insel und warten auf eine Chance zuzuschlagen. Zu den verlorenen Jungen gehören der Pechvogel Tootles, der charmante Nibs, der eingebildete Slightly, der freche Curly und die Zwillinge. Sie werden von den Piraten unter Hooks Führung verfolgt. Hinter den Piraten lauern schon die Indianer vom Piccaninny-Stamm mit ihrer schönen Prinzessin Tiger Lily. Ihnen dicht auf den Fersen sind die wilden Tiere und – ganz zum Schluss – das Krokodil. Hinter diesem sieht man schon die verlorenen Jungen wieder herannahen.
„Alle Kinder, außer dem einen, werden erwachsen.“ (S. 11)
Die verlorenen Jungen hören die Piraten näherkommen. Sie ziehen sich schnell in ihre Erdhöhle zurück. Hook bricht die Verfolgung ab und vertraut seinem Bootsmann Smee an, warum er Peter Pan so sehr hasst. Peter hat ja, nachdem er Hooks Hand abgehackt hatte, diese dem Krokodil zugeworfen. Dabei ist das Krokodil auf den Geschmack gekommen und hat es seither auf Hook abgesehen. Zum Glück hat das Tier auch einen Wecker verschluckt, sodass Hook durch das Ticken gewarnt wird, sobald sich das Krokodil nähert. Auch jetzt wird er von dem herannahenden Ticken davon abgehalten, die verlorenen Jungen weiterzuverfolgen. Als die ihre Erdhöhle wenig später verlassen, sehen sie Wendy am Himmel und halten sie für einen weißen Vogel. Gypsy Bell sagt den Jungen, Peter wolle, dass sie den Vogel abschössen. So kommt es, dass Wendy mit einer Pfeilwunde in der Brust zu Boden flattert.
Eine Mutter für die verlorenen Jungen
Als Wendy nach ihrem Absturz bewusstlos vor ihnen liegt, erkennen die Jungen, dass sie es mit einer Dame zu tun haben, und bereuen ihr vorschnelles Handeln. Sie alle sehnen sich nach einer Mutter. Jetzt hat Peter ihnen endlich eine Mutter gebracht, und sie haben sie vielleicht erschossen. Peter trifft kurz darauf ein. Er zieht den Pfeil heraus und stellt erleichtert fest, dass Wendy nicht tot ist. Als sie zu sich kommt, berichtet sie von Gypsy Bells Hinterlist. Peter verbannt die Elfe für eine Woche. Weil die Erdhöhle nicht für eine Dame geeignet ist, Wendy aber auch nicht draußen bleiben kann, bauen die Jungen ein Haus um sie herum. Auch John und Michael müssen mithelfen, obwohl sie nicht verstehen, warum für ein Mädchen so ein Aufwand getrieben wird. Um sicherzugehen, dass Wendy nichts fehlt, muss Slightly in die Rolle eines Arztes schlüpfen und Wendy behandeln. Als das Haus fertig ist, klopfen die Jungen an und werden hineingelassen. Sie wünschen sich, dass Wendy ihre Mutter wird. Die ist unsicher, ob sie der Aufgabe gewachsen ist, doch Peter und die anderen versichern ihr, dass es genüge, wenn sie sich mütterlich verhalte.
„An diesen Zauberküsten ziehen spielende Kinder unaufhörlich ihre Einmannboote ans Ufer. Auch wir sind dort gewesen; wir können noch immer die tosende Brandung hören, auch wenn wir nicht mehr an Land gehen.“ (S. 18)
Am nächsten Tag erhält Wendy ihren eigenen Eingang zur Erdhöhle und zieht dort mit den Jungen ein. Sie übernimmt fortan das Ausbessern der Kleidung und kocht – mal mit echten Zutaten, mal mit ausgedachten. An ihre Eltern denken die Geschwister nur selten, und sie beginnen, ihr Zuhause zu vergessen. Um dem entgegenzuwirken, fragt Wendy ihre Brüder regelmäßig nach Details wie der Augenfarbe der Mutter – ein Fragespiel, an dem sich auch die verlorenen Jungen beteiligen. Zusammen erleben sie viele Abenteuer. Peter vergisst seine Erlebnisse meist schon, bevor er wieder bei der Erdhöhle eintrifft, also ist schwer zu sagen, was tatsächlich alles geschieht. Eines dieser Abenteuer erleben sie an der Lagune der Nixen: Die verlorenen Jungen treffen dort auf die Piraten und retten Tiger Lily, Peter fordert Hook zum Kampf und wird dabei verwundet. Wendy entkommt mit einem Drachen, während Peter vom Nimmervogel gerettet wird – ein ganz normaler Tag in Nimmerland. Die dankbaren Indianer versprechen, in der Nähe zu bleiben und die verlorenen Jungen zu beschützen.
Ein ungewöhnliches Zuhause
Wenn die Jungen in ihrer Erdhöhle sind, übernimmt Wendy die Rolle der Mutter und Peter die des Vaters. Der Vater entscheidet bei Streitigkeiten, und die Mutter erzählt den Kindern Geschichten, kocht für sie und flickt ihre Sachen. Wendy weiß nicht recht, was sie von diesem Arrangement halten soll, und will wissen, wie Peter ihre Beziehung wirklich sieht. Als er ihr versichert, sie wie einen Sohn zu lieben, ist sie enttäuscht und wütend. Als sie sich etwas beruhigt hat, erzählt sie den anderen die Geschichte von Mr. und Mrs. Darling, die das Fenster immer für die Rückkehr ihrer Kinder offen halten. Peter widerspricht – seine Mutter jedenfalls habe aufgehört, auf ihn zu warten. Als sie das hören, beschließen die Geschwister, sofort nach Hause zurückzukehren. Wendy lädt die anderen Kinder ein, mit ihnen zu kommen, doch Peter will davon nichts hören: Er brauche weder Wendy noch überhaupt eine Mutter!
Der Showdown
Während Wendy noch versucht, Peter zum Mitkommen zu überreden, greifen die Piraten draußen die Indianer an. Hook hält sich dabei nicht an die übliche Vorgehensweise, sondern führt einen Überraschungsangriff durch. Ein Großteil des Stammes wird von den Piraten getötet. Danach lässt er das Tomtom schlagen – die verlorenen Jungen glauben, es sei das Siegeszeichen ihrer Verbündeten, und verlassen ihre Erdhöhle, um mit Wendy fortzufliegen. Nur Peter bleibt zurück. Draußen gehen die Jungen und Wendy den Piraten in die Falle. Sie werden gefesselt und auf Hooks Befehl zum Schiff gebracht. Der Pirat verschafft sich Zugang zur Höhle, um Peter Pan endgültig aus dem Weg zu räumen. Als Hook in der Höhle eintrifft, schläft Peter tief und fest. Sein Erzfeind tröpfelt etwas von dem extrastarken Gift, das er immer bei sich hat, in den Becher des Jungen und geht wieder. Als Peter erwacht, bewahrt Gypsy Bell ihn im letzten Moment davor, das Gift zu trinken: Sie selbst nimmt die tödliche Dosis zu sich. Peter rettet sie, indem er träumende Kinder dazu bringt, ihren Glauben an Elfen zu bekräftigen. Danach macht er sich auf den Weg zum Piratenschiff.
„Es ist beschämend, gestehen zu müssen, dass Peters Eingebildetheit eine seiner faszinierendsten Eigenschaften war. Um es klipp und klar zu sagen, einen dreisteren Jungen hat es nie gegeben.“ (S. 40)
Dort geht Hook gerade unruhig auf und ab: Sein vermeintlicher Triumph über Peter bereitet ihm nicht die erwartete Freude. Sein Vorgehen war kein guter Stil – dabei ist ihm guter Stil doch so wichtig. Während sich die Piraten darauf vorbereiten, die verlorenen Jungen über die Planke gehen zu lassen, nähert sich Peter dem Schiff. Er ahmt das Ticken des Krokodils nach – zunächst, um problemlos an den wilden Tieren vorbeizukommen, dann, um Hook zu verwirren. Peter tötet mehrere Piraten, ohne dass er gesehen wird, befreit die Jungen und stellt sich schließlich Hook zum alles entscheidenden Kampf. Es zeigt sich schnell, dass Hook unterlegen ist. Als er sieht, dass er nicht gewinnen kann, springt er auf die Reling und bringt Peter dazu, ihn mit einem Fußtritt von Bord zu stoßen – als letzte Tat zwingt er seinen Erzfeind zu schlechtem Stil. Unten im Wasser wartet bereits das Krokodil auf ihn.
Heimkehr
Nach dem Sieg über die Piraten übernehmen die verlorenen Jungen das Schiff und machen sich damit auf den Weg zu Wendys Eltern. Die sind noch immer krank vor Sorge. Mr. Darling weigert sich seit Wochen, Nanas Hundehütte zu verlassen. Damit will er sich selbst für seine Fehler zu bestrafen. Mrs. Darling lässt noch immer jede Nacht das Fenster offen, weil sie auf die Rückkehr ihrer Kinder hofft. Nun wird ihr Wunsch wahr: Eines Abends findet sie die Geschwister in ihren Betten. Die Darlings sind außer sich vor Freude und nehmen auch die verlorenen Jungen bei sich auf. Peter kehrt nach Nimmerland zurück und verspricht, Wendy jedes Jahr im Frühjahr abzuholen, damit sie ihm beim Hausputz helfen könne. Er kommt auch tatsächlich im nächsten Jahr, später allerdings nur noch in immer größeren Abständen, weil er die Verabredung vergisst. Bei einem seiner nächsten Besuche ist Wendy bereits erwachsen und hat eine kleine Tochter, Jane. Weil Wendy nicht mehr fliegen kann, lädt Peter Jane ein, mit ihm nach Nimmerland zu kommen. Und so begleitet Jane Peter einige Jahre, bis ihre eigene Tochter Margaret alt genug ist für ein Abenteuer.
Zum Text
Aufbau und Stil
Auf rund 200 Seiten und in 17 Kapiteln erzählt J. M. Barrie von Wendys und Peters Abenteuern. Das Buch richtet sich in einfacher Sprache an Kinder und Jugendliche, beinhaltet aber auch viele Anspielungen und ironische Wendungen, die eher für erwachsene Leser gedacht sind. Die wichtigste stilistische Besonderheit ist die Rolle des Erzählers, der immer wieder in Erscheinung tritt. Mal hebt er die Fiktionalität der Geschichte hervor, mal leugnet er sie, und immer wieder reflektiert er seine eigene Arbeit – etwa wenn er dem Leser erklärt, welche verschiedenen Handlungsstränge er zum Erreichen größtmöglicher Spannung verfolgen könnte. Diese ständigen Brüche in der Illusion finden ihre Entsprechung im unsteten Charakter Peter Pans, der Menschen und Ereignisse vergisst oder neu ersinnt und seine Meinung nach Lust und Laune ändert. Der offene Schluss ist charakteristisch für diese Erzählform, die zum Weiterdenken der Geschichte einlädt.
Interpretationsansätze
- Mit seinen Illusionsbrüchen spielt Peter Pan mit den Möglichkeiten von Literatur und durchbricht die Erwartungshaltungen des Lesers.
- Die Übergänge zwischen Realität und Fantasie sind fließend: Nimmerland ist kein unabhängiges Fantasiereich, sondern eng mit der realen Welt verwoben. So brauchen Elfen den Glauben der Kinder, um zu überleben. Diese Idee der gegenseitigen Abhängigkeit sollte später Michael Ende in Die unendliche Geschichte weiter ausarbeiten. Nimmerland wird zum Sinnbild für die Kindheit, in der Schein und Wirklichkeit nicht klar zu trennen sind und in der andere Gesetze gelten als in der Welt der Erwachsenen.
- Die Erzählung verzichtet auf die Vermittlung einer Moral, wie sie zum Beispiel für viele Märchen prägend ist. Dementsprechend sind die Kinder in Peter Pan autonome Figuren, die ihre Abenteuer unabhängig von der Welt der Erwachsenen erleben. Der Verzicht auf einen erhobenen Zeigefinger lässt sich als gesellschaftspolitisches Statement lesen, Kindern ihren Freiraum und Möglichkeiten zur Entfaltung zu lassen – eine Forderung, die zwar schon 1762 von Jean-Jacques Rousseau vertreten wurde, aber zu Beginn des 20. Jahrhunderts immer noch radikal war.
- J. M. Barries kindliche Helden sind nicht nur unabhängig, sondern sie sind geradezu rücksichtslos gegenüber den Gefühlen der Erwachsenen: Sie kümmern sich nicht darum, dass ihre Eltern sich sorgen. Die Kinder werden wiederholt als egoistisch und herzlos beschrieben.
- Hook ist der Prototyp des modernen Antihelden. Nachdem er als fieser Erzfeind Peter Pans eingeführt wurde, erhält der Leser durch verschiedene Erzählerkommentare Einblicke in Hooks Psyche, die ihn, wenn schon nicht sympathisch, so doch zu einer interessanten ambivalenten Figur machen.
- In der Psychoanalyse ist die Weigerung, erwachsen zu werden, bekannt als Peter-Pan-Syndrom. Die Bezeichnung geht auf den Psychotherapeuten Dan Kiley zurück.
- Das Buch enthält zahlreiche literarische Querverweise: Peters verlorener Schatten erinnert an Peter Schlemihl von Adelbert von Chamisso, und einige Gestalten scheinen den Märchen der Gebrüder Grimm oder Hans Christian Andersens oder Robert Louis Stevensons Schatzinsel entsprungen zu sein. Peter Pans Nachname verweist auf den griechischen Gott Pan, dessen Attribute Blätterkleid und Flöte Peter Pan auch aufweist.
Historischer Hintergrund
Großbritannien zur Jahrhundertwende
Die Regentschaft von Königin Victoria dauerte von 1837 bis 1901 und bescherte Großbritannien eine Epoche äußerer Sicherheit und wirtschaftlichen Wohlstands, die heute als Viktorianisches Zeitalter bekannt ist. Imperialismus wurde zur Leitidee der britischen Außenpolitik, und das britische Hoheitsgebiet weitete sich rasant aus. Im Zuge der industriellen Revolution wandelte sich das innere Gefüge der britischen Gesellschaft: War zuvor der überwiegende Teil der Bevölkerung auf dem Land ansässig, strömten die Menschen nun massenhaft in die rasch wachsenden Städte. Als Reaktion auf die neu entstandene Arbeiterbewegung wurde das Wahlrecht reformiert, sodass die wahlberechtigte Bevölkerung erheblich vermehrt wurde. 1900 wurde die Labour Party gegründet.
Naturwissenschaftliche Erkenntnisse wie die Evolutionstheorie von Charles Darwin und die Atomforschung Ernest Rutherfords sowie die utilitaristische Philosophie John Stuart Mills erschütterten das alte Wertgefüge. Die spätviktorianische Gesellschaft reagierte auf die modernen Herausforderungen vielfach durch noch strengere Moralvorschriften. In der Literatur feierten fantastische Werke Erfolge, da sie eine Flucht aus dem Alltag und dem strengen gesellschaftlichen Regelkorsett boten. Prägend war die von britischer und irischer Mythologie durchwobene Lyrik von Alfred Tennyson und William Butler Yeats, aber auch die gesellschaftskritischen Werke von Charles Dickens und Oscar Wilde. Am Ende der Viktorianischen Ära stand das Fin de Siècle, der allmähliche Niedergang der Wohlstandsgesellschaft.
Entstehung
J. M. Barrie erfand die Figur des Peter Pan für seine Erzählung Kleiner weißer Vogel von 1902, die für ein erwachsenes Publikum gedacht war. Vorbilder für die Hauptfiguren sollen die Kinder seiner Freundin Sylvia Llewelyn Davies gewesen sein. Später beschloss Barrie, dem Jungen, der nicht erwachsen werden wollte, ein Theaterstück zu widmen. Peter Pan, oder der Junge, der nicht erwachsen werden wollte wurde am 27. Dezember 1904 in London zum ersten Mal aufgeführt und kam beim Publikum sehr gut an. Zwei Jahre später veröffentlichte Barrie die Abschnitte aus Kleiner weißer Vogel, in denen Peter auftauchte, unter dem Titel Peter Pan in Kensington Gardens erneut. 1911 erschien dann die Romanversion des Bühnenstücks von 1904 unter dem Titel Peter and Wendy, heute meist einfach Peter Pan betitelt.
Peter Pan ist eines der bekanntesten Beispiele für die fantastische Kinder- und Jugendliteratur des frühen 20. Jahrhunderts, die sich vor allem durch den Verzicht auf moralisierende Inhalte auszeichnet. Der erste Vertreter dieses Genres war Lewis Carroll, der 1865 mit Alice im Wunderland einen völlig neuen Heldentypus schuf.
Zur Blütezeit der Gothic Novels und der Fantastik veröffentlichten auch andere Autoren im englischsprachigen Raum fantastische Geschichten, die sich an ein junges Publikum wandten. Wichtige zeitgenössische Vertreter waren zum Beispiel Beatrix Potter (Die Geschichte von Peter Hase) und der Amerikaner L. Frank Baum (Der Zauberer von Oz). Der Erfolg dieser Geschichten ebnete auch J. M. Barrie den Weg.
Wirkungsgeschichte
Barries Erzählung hat unzählige Werke der Musik, Literatur und Kunst inspiriert. So unterschiedliche Werke wie Leonard Bernsteins Musicalfassung von 1950, Erich Kästners Bearbeitung für die Bühne und die japanische Animeserie Peter Pan no bouken von 1989 zeigen die Bandbreite an Adaptionen. Dabei erlaubten und erlauben sich Künstler durchweg große Freiheiten mit dem Stoff. So ist die wohl berühmteste Filmfassung Hook aus dem Jahr 1991 eigentlich ein Sequel zur Originalgeschichte: Der Film erzählt die Abenteuer von Peter Pan (gespielt von Robin Williams), der nun doch erwachsen geworden ist und seine eigenen Kinder aus der Gewalt seines Erzfeinds Hook retten muss.
Auch in der Literatur wurde die Geschichte Peter Pans weiterentwickelt: 2004 wurde anlässlich des 70. Todestages von J. M. Barrie ein Wettbewerb für die beste Fortsetzung ausgeschrieben, den die Kinderbuchautorin Geraldine McCaughrean mit ihrer Erzählung Peter Pan und der rote Pirat gewann.
Auch in der Popmusik hinterließ Peter Pan vielfältige Spuren, beispielsweise in Liedern von so unterschiedlichen Künstlern oder Bands wie Kate Bush oder Metallica.
Die Entstehungsgeschichte des Stücks und der Erzählung wird – ebenfalls mit großen künstlerischen Freiheiten – in Marc Forsters Film Wenn Träume fliegen lernen (2004) mit Johnny Depp und Kate Winslet in den Hauptrollen nacherzählt.
Über den Autor
James Matthew Barrie wird am 9. Mai 1860 in Kirriemuir in Schottland geboren. Als neuntes Kind eines Webers sind seine Zukunftsaussichten begrenzt, doch er schließt erfolgreich die Glasgow Academy ab, an der zwei seiner Geschwister unterrichten. Er studiert an der Universität von Edinburgh, wo er 1882 seinen Master of Arts erlangt. Danach arbeitet er zunächst als Journalist. 1885 zieht Barrie nach London, beginnt mit der Arbeit an seinen ersten beiden Romanen (sie beruhen auf Geschichten seiner Mutter über seinen Heimatort) und heiratet 1894 die Schauspielerin Mary Ansell. Die Ehe bleibt kinderlos und wird 1909 geschieden. Barrie wendet sich in den 1890er-Jahren dem Theater zu und macht sich mit Stücken wie Quality Street, What Every Woman Knows und The Admirable Crichton einen Namen. Um 1900 erschafft er die Figur des Peter Pan, die ihn weltberühmt machen wird. Inspiration und Vorbild für die Geschichte sind die Kinder seiner Bekannten Sylvia Llewelyn Davies. Das Bühnenstück und die Erzählungen um Peter Pan bleiben seine bekanntesten Werke, obwohl er weiterhin schreibt. Als Llewlyn Davies 1910 stirbt, kümmert Barrie sich um die fünf Waisen. 1913 erhält er den Titel eines Baronets. Er bewegt sich in gehobenen Londoner Kreisen und freundet sich mit Kollegen wie George Bernard Shaw und H. G. Wells an. Später gründet er ein Amateur-Cricketteam, dem neben Wells auch Rudyard Kipling und Arthur Conan Doyle angehören. Der angesehene Schriftsteller wird 1928 zum Präsidenten der Society of Authors ernannt. Kurz darauf übernimmt er den Posten des Rektors an der Universität von Edinburgh. J. M. Barrie stirbt am 19. Juni 1937 in London. Er vermacht die Rechte an einem Großteil seiner Werke einem Londoner Kinderkrankenhaus. Durch eine Ausnahmeregelung im britischen Urheberrecht laufen diese Rechte nie ab.
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