- Philosophie
- Aufklärung
Worum es geht
Antike Philosophie im aufklärerischen Gewand
Der Mensch strebt nach Vollkommenheit und verlässt die Welt immer besser, als er sie betreten hat – ein ausgesprochen positives Menschenbild, das den antiken Denker Sokrates und den jüdischen Aufklärer Mendelssohn über die Jahrhunderte hinweg verband. Mendelssohn stützt sich auf Platons Phaidon, um das Thema Unsterblichkeit der Seele vor dem Hintergrund neuerer philosophischer Ansätze zu diskutieren. Dazu wählt er zwei argumentative Linien: Während der metaphysische Weg einige Schwächen aufweist, die schon sein Zeitgenosse Kant aufdeckte, hat das moralphilosophische Argument, dass der Glaube an ein Leben nach dem Tod das Zusammenleben der Menschen vereinfacht, bis heute seinen Reiz. Mendelssohn erweist sich als genauer Beobachter der menschlichen Psyche, wobei er Schwächen wohlwollend ausdeutet und seinen Sokrates mit einer solchen Begeisterung von der Vervollkommnung des Menschen erzählen lässt, dass er den Leser mitreißt – ob der nun an die Unsterblichkeit der Seele glaubt oder nicht. Daraus erklärt sich der Erfolg des Werks unter Zeitgenossen, und dieser Enthusiasmus ist es auch, der Mendelssohns Phädon noch immer lesenswert macht.
Zusammenfassung
Über den Autor
Moses Mendelssohn wird am 6. September 1729 in Dessau in bescheidenen Verhältnissen geboren. Seine jüdischen Eltern ermöglichen ihm eine gute Ausbildung. 1743 folgt er seinem Mentor Rabbi Fränkel nach Berlin, wo er die neu gegründete Talmudschule besucht. Mendelssohn, dessen Muttersprache Jiddisch ist, lernt Deutsch, Latein, Französisch und Englisch, liest Wolff, Locke und Leibniz und wird ein Anhänger der Aufklärung. Ab 1750 arbeitet er als Hauslehrer und Buchhalter für einen Seidenhändler. Mendelssohn steigt zum Geschäftsführer und Betriebsleiter auf. Sein Bekannter Gotthold Ephraim Lessing ermöglicht ihm die anonyme Publikation erster Schriften und macht ihn mit Friedrich Nicolai bekannt. Gemeinsam geben die drei die Briefe, die neueste Literatur betreffend heraus. 1763 kann er sich bei einem Wettbewerb der Königlichen Akademie mit einem philosophischen Aufsatz gegen Immanuel Kant behaupten. Wegen seines Phädon (1767), einer Neufassung eines platonischen Dialogs, wird er von Zeitgenossen „deutscher Sokrates“ genannt. Der Schweizer Pfarrer Johann Caspar Lavater bricht 1770 einen Streit vom Zaun, indem er Mendelssohn auffordert, entweder Beweise gegen das Christentum anzuführen oder selbst Christ zu werden. Die folgende öffentliche Debatte verlangt Mendelssohn viel ab: Er erleidet infolge des Drucks einen Zusammenbruch. In den folgenden Jahren beschäftigt er sich unter anderem mit religiösen Übersetzungen, wobei er sich für Toleranz starkmacht und seinem Bekannten Lessing sogar zum Vorbild für die Figur des Nathan in Nathan der Weise dient. Als Lessing nach seinem Tod von Friedrich Heinrich Jacobi als Spinozist verunglimpft wird, ergreift Mendelssohn leidenschaftlich Partei für seinen Freund. Die Debatte geht als Pantheismusstreit in die Philosophiegeschichte ein. Mendelssohn engagiert sich in der Gesellschaft der Freunde der Aufklärung und verfasst Schriften zu zentralen aufklärerischen Themen. Er stirbt am 4. Januar 1786 in Berlin.
Kommentar abgeben