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Psychologie der Weltanschauungen
Buch

Psychologie der Weltanschauungen

Berlin, 1919
Diese Ausgabe: Springer, 2018 Mehr

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Literatur­klassiker

  • Philosophie
  • Moderne

Worum es geht

Die Geburt der modernen Existenzphilosophie

Als Karl Jaspers die Psychologie der Weltanschauungen veröffentlichte, kurz nach dem Ersten Weltkrieg, hatte er bereits Karriere als Psychiater gemacht. Sein Interesse für philosophische Fragen setzte sich aber immer stärker durch. So ist die Psychologie der Weltanschauungen ein Übergangswerk, das Psychologie, Soziologie und Philosophie auf neuartige Weise miteinander verknüpft. Jaspers versteht Weltanschauung nicht, wie heute, als politische Ideologie, sondern viel allgemeiner und grundlegender: als Tiefenschicht des menschlichen Geistes. Er untersuchte die Arten und Weisen, wie sich Menschen als Subjekte auf eine äußere Umwelt – aber auch auf sich selbst – beziehen. Das Innovative daran: Jaspers geht von konkreten menschlichen Erfahrungen aus, von Gefühlen, Meinungen und Einstellungen. Vor ihm hatte die Philosophie stets die rationale Erkenntnis ins Zentrum gestellt, nun nahm Jaspers das subjektive Erleben ins Auge. Damit begründete er die moderne Existenzphilosophie, die später von Martin Heidegger, Jean-Paul Sartre oder Albert Camus weitergeführt und populär gemacht wurde. Ausgehend von dem Kulturschock, dass das zivilisierte Europa in die sinnlose Grausamkeit des Ersten Weltkriegs zurückfallen konnte, widmet sich Karl Japsers in diesem Buch besonders den Phänomenen des Nihilismus und des Absurden, und er geht der Frage nach, wie der Mensch trotz aller Ungewissheit Sinn und Glück finden könne. Antworten auf diese Fragen wollte Jaspers erklärtermaßen nicht vorgeben – vielmehr wollte er seiner Leserschaft dabei helfen, eigene Schlüsse zu ziehen.

Zusammenfassung

Eine Psychologie der Weltanschauungen

Das Ziel einer Psychologie der Weltanschauungen ist nicht, eine Weltanschauung zu entwerfen und vorzuschreiben. Vielmehr will sie untersuchen, welche Kräfte und Einstellungen die menschliche Seele in ihren tiefsten Schichten prägen. Weltanschauung meint in dieser Untersuchung nicht eine politische Ideologie oder ein System dogmatischer Glaubenssätze, sondern grundlegende Erfahrungsmuster, in denen Menschen sich selbst und die Welt um sie herum erfahren. Diese alltägliche Erfahrung ist stets eine Ganzheit: Sie umfasst Wissen, Glauben, ästhetische Vorlieben, Werte, Vorstellungen über die Welt und den Kosmos. Während die Philosophie seit jeher versuchte, den Menschen vorzugeben, wie sie die Welt sehen sollen, ist es die Sache der Psychologie, einfach zu beschreiben, wie die Menschen tatsächlich die Welt sehen.

Eine Psychologie der Weltanschauungen geht deshalb zunächst von der konkreten, umfassenden Lebenserfahrung des Menschen aus: wie der Einzelne die Welt erfährt, was er über sich und die Welt weiß, aber auch, wie er sich fühlt, wonach er sich sehnt oder worauf er hofft. Zusätzlich untersucht die Psychologie der...

Über den Autor

Karl Jaspers wird am 23. Februar 1883 in Oldenburg geboren. Bereits als Jugendlicher leidet er an unheilbaren Bronchiektasen – einer Beeinträchtigung seiner Lungenfunktion, die sein medizinisches Interesse weckt. Im Fach Medizin erwirbt er 1909 den Doktorgrad. Parallel dazu arbeitet Jaspers in der Psychiatrie, wo er seine spätere Frau, die Pflegerin Gertrud Mayer, kennenlernt. Rasch macht Jaspers im akademischen Betrieb auf sich aufmerksam, knüpft unter anderem Freundschaften mit Max Weber und Martin Heidegger. Jaspers’ Augenmerk gilt der Psychologie, vor allem ihren Auswirkungen auf benachbarte Disziplinen wie Philosophie und Soziologie. Im Rahmen seiner 1909 begonnenen Lehrtätigkeit an verschiedenen Universitäten erlangt Jaspers den Ruf, einer der profiliertesten Denker einer Neuausrichtung der Philosophie zu sein. In seiner Psychologie der Weltanschauungen stellt er 1919 die Frage nach einer im Leben des Menschen wurzelnden philosophischen Grundhaltung. Das Buch gilt heute als Grundstein der modernen Existenzphilosophie. Jaspers’ 1931 erscheinendes Buch Die geistige Situation der Zeit stellt explizit fest, dass mit den Methoden der Wissenschaft allein kein Wahrheitsbegriff zu finden sei. Mit Aufkommen des Nationalsozialismus wird Jaspers – seine Frau ist Jüdin – ins Abseits gedrängt; nur dank Zuwendungen von Freunden und Weggefährten überlebt das Ehepaar. In den Nachkriegsjahren zeigt sich Jaspers enttäuscht vom gesellschaftlichen Klima in Deutschland und folgt einem Ruf der Universität Basel. Immer wieder stößt er Debatten an und verteidigt gegen mitunter harsche Kritik seinen im Leben wurzelnden Philosophieansatz gegen die Lehrmeinung der akademischen Welt. Karl Jaspers stirbt am 26. Februar 1969 in Basel.


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