- Roman
- Moderne
Worum es geht
Der schleichende Niedergang des Kaiserreichs
Joseph Roths Radetzkymarsch wird von vielen als der beste Roman des österreichischen Autors bezeichnet; es ist mit Sicherheit sein längster. Thema des Großwerks: der Untergang der Donaumonarchie und der Übertritt des alten Europas in die Moderne. Auch wenn der Kaiser als Romanfigur mehrmals vorkommt, zeichnet Roth den Verfall der alten Ordnung eher im Privaten nach: Er begleitet drei Generationen einer alten Bauernfamilie von 1859 bis zum Ausbruch des Ersten Weltkriegs. Joseph von Trotta verdient sich den Adelstitel, als er in der Schlacht von Solferino dem jungen Kaiser das Leben rettet. Sein Sohn Franz, der auf Geheiß des Vaters keine Offizierslaufbahn einschlagen darf, macht eine Beamtenkarriere als Bezirkshauptmann. Nüchtern, abgeklärt und in Formen erstarrt, erzieht er seinen Sohn Carl Joseph zu Gehorsam und Pflichterfüllung. Dessen Leben jedoch verläuft nicht so geradlinig wie geplant: Vom ungeliebten Militärdienst gelangweilt, greift er zur Flasche, verwickelt seinen besten Freund in ein Duell und gerät in Gefahr, die Familienehre aufs Spiel zu setzen. Im Kriegsausbruch findet die Dekadenz ihr Ende – die alten Werte werden endgültig begraben.
Zusammenfassung
Über den Autor
Joseph Roth wird am 2. September 1894 im galizischen Brody bei Lemberg geboren und ist jüdischer Abstammung. Nach dem Studium der Philosophie und Germanistik nimmt er ab 1916 am Ersten Weltkrieg teil, als Feldjäger und Mitarbeiter des Pressedienstes. Ein Jahr zuvor veröffentlicht Roth seine erste Novelle mit dem Titel Der Vorzugsschüler. Während des Krieges schreibt er fürs Feuilleton und verfasst Gedichte. Nach Kriegsende kehrt er nach Wien zurück, aber schon 1920 zieht es ihn nach Deutschland. In Berlin heiratet er Friederike Reichler. Ab 1923 abermals in Wien, veröffentlicht Roth die Romane Das Spinnennetz (1923), Hotel Savoy (1924) und Die Rebellion (1924) in verschiedenen linksgerichteten Zeitungen. 1925 reist er als Korrespondent der Frankfurter Zeitung nach Paris, ein Jahr später geht es in die Sowjetunion, wonach Roth sich vom Sozialismus abwendet. In den folgenden Jahren beschäftigt sich sein schriftstellerisches Werk unter anderem mit dem Judentum im Osten (Flucht ohne Ende, Juden auf Wanderschaft, beide 1927, und Hiob, 1930) und dem Zerfall der österreichisch-ungarischen Monarchie. Dies wird vor allem in Radetzkymarsch (1932) – oft als Roths Hauptwerk bezeichnet – deutlich: Darin begleitet er drei Generationen einer Familie und erzählt parallel dazu den Untergang des Kaiserreichs. Ab 1928 korrespondiert Roth mit Stefan Zweig, woraus sich eine tiefe Freundschaft entwickelt. 1930 wird seine Frau in eine Nervenheilanstalt eingeliefert; zwölf Jahre später wird sie im Rahmen des Euthanasieprogramms der Nationalsozialisten ermordet. 1933 flieht Roth vor den Nazis nach Paris. Seine Arbeit bei diversen Exilzeitschriften wird von seiner zunehmenden Alkoholsucht überschattet: Private Probleme und der Kummer über die politische Entwicklung lassen ihn immer öfter zur Flasche greifen; eine Krankheit, die ihn schließlich auch das Leben kostet. Bis zu seinem Tod am 27. Mai 1939 in einem Pariser Armenhospital erscheint unter anderem der Roman Die Kapuzinergruft (1938), postum erscheinen die Werke Die Legende vom heiligen Trinker (1939) und Leviathan (1940).
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