Daphne du Maurier
Rebecca
Insel Verlag, 2016
Was ist drin?
Mord und Eifersucht auf Schloss Manderley.
- Kriminalroman
- Moderne
Worum es geht
Die unmoralische Kraft der Liebe
Rebecca ist eines der populärsten Werke der englischen Kriminalliteratur. Der Roman erzählt die spannende Geschichte von der gleichzeitigen Aufdeckung und – schließlich erfolgreichen – Vertuschung eines Mordes im Adelsmilieu. Zufällige Ereignisse und Entdeckungen sorgen dabei für ein hohes Maß an Unvorhersehbarkeit. Tiefe gewinnt die Krimistory durch ihre Verschränkung mit der Liebesgeschichte zwischen dem Mörder und seiner Frau, die es nicht erträgt, im Schatten ihrer Vorgängerin zu stehen. Das gelungene Psychogramm ihrer Eifersucht hat nichts an Aktualität verloren. Du Maurier gelingt es, diese uralte menschliche Emotion in moderne Verhältnisse zu übertragen und in ihrer Doppelmoral zu charakterisieren: Die Eifersucht erlaubt es der Frau des Mörders, diesen trotz oder gerade wegen seines Bekenntnisses, seine ehemalige Gattin gehasst und ermordet zu haben, weiter und sogar noch stärker zu lieben. Auch wenn die Entwicklungen der Geschichte nicht immer ganz wasserdicht konstruiert sind, eine packende und unterhaltsame Erzählung ergeben sie allemal.
Take-aways
- Rebecca ist einer der erfolgreichsten englischsprachigen Unterhaltungsromane.
- Inhalt: Eine junge Frau heiratet den verwitweten Adligen Maxim de Winter und zieht auf dessen Familiensitz Manderley. Dort gerät sie in den Bann seiner ersten, verstorbenen Frau Rebecca. Erst als sie erfährt, dass ihr Gatte Rebecca aus Hass ermordet hat, überwindet sie ihre lähmende Eifersucht und hilft ihm, sein Verbrechen zu vertuschen.
- Der Roman war du Mauriers größter Erfolg und wurde seit seinem Erscheinen immer wieder neu aufgelegt.
- Die Autorin verstand Rebecca als eine Studie über Eifersucht.
- Sowohl durch die Hauptfigur als auch durch das Eifersuchtsmotiv trägt der Roman starke autobiografische Züge.
- Rebecca weist auf die Tradition der Gothic Novel zurück.
- Schloss Manderley hat sein Vorbild im Menabilly House in Cornwall. Der Erfolg von Rebecca ermöglichte es du Maurier, bis 1969 in diesem Haus zu wohnen.
- Die Verfilmung durch Alfred Hitchcock erhielt 1941 den Oscar als bester Film.
- In der Beziehung der Haushälterin zu Rebecca klingt du Mauriers eigene verdrängte Homosexualität an.
- Zitat: „Wo immer ich ging, wo immer ich saß, selbst in meinen Gedanken und Träumen begegnete ich Rebecca. (…) Ich würde von Rebecca nicht loskommen. Rebecca, immer Rebecca. Sie war stärker als ich.“
Zusammenfassung
Von Monte Carlo nach Manderley
Im Hotel Côte d’Azur in Monte Carlo erlebt die Erzählerin, eine schüchterne junge Frau, einen rasanten sozialen Aufstieg. Angereist als Gesellschafterin von Mrs. Van Hopper lernt sie den 20 Jahre älteren Maxim de Winter kennen. Dieser ist erst vor einem Jahr unter tragischen Umständen Witwer geworden und hat sich seither in sich selbst zurückgezogen. Trotzdem kommen die beiden sich näher und schon nach wenigen Tagen hält er überraschend um ihre Hand an. Sie heiraten noch während ihrer Reise zum Familiensitz de Winters, dem englischen Landgut Manderley.
„Ich bin froh, dass es einem nicht zweimal widerfahren kann, das Fieber der ersten Liebe. Denn es ist ein Fieber und eine Last obendrein, was immer die Dichter darüber sagen mögen.“ (S. 54)
Die Weitläufigkeit des luxuriösen Anwesens beeindruckt die junge Frau. Aus einfachen Verhältnissen kommend, fühlt sie sich in ihrer neuen Rolle als Gattin eines Adligen und Gutsbesitzerin am falschen Platz. Ihre Unsicherheit wird durch den ausgesprochen kühlen Empfang, der ihr vonseiten des Personals zuteilwird, noch gesteigert. Vor allem die Haushälterin, Mrs. Danvers, tritt ihr auffällig ablehnend gegenüber. Sie schwelgt gern in Erinnerungen an Maxims erste Frau, Rebecca. Der neuen Mrs. de Winter begegnet sie zwar korrekt, aber spöttisch. Eingeschüchtert zieht diese sich völlig aus der Haushaltsführung zurück. Besser geht es ihr mit ihrem Mann. Maxim blüht in seiner gewohnten Umgebung von Tag zu Tag mehr auf und erweist sich als noch heiterer, jugendlicher und zärtlicher, als er es in Monte Carlo gewesen ist. Doch so sehr seine Gattin die traute Zweisamkeit auch genießt, ständig wird sie unangenehm an ihre Vorgängerin Rebecca erinnert.
Das Bootshaus
Während eines Spaziergangs an der nahe gelegenen Küste entdeckt Mrs. de Winter in einer Bucht ein verlassenes Bootshaus an einer Mole. Sie betritt das Haus und findet dort ein voll möbliertes Zimmer vor. Draußen am Strand trifft sie Ben, der etwas zurückgeblieben ist. Er fragt die Erzählerin, ob „sie“ nicht mehr zum Bootshaus käme, ob „sie“ ins Meer gegangen sei und nie mehr zurückkommen werde. Als die Erzählerin ihrem Gatten von ihrem Erlebnis berichtet, wird er wütend; er will von dieser Bucht und dem Bootshaus nichts mehr wissen. Der Zwischenfall verstört die junge Frau. Sie spürt, dass sich in ihrem Eheglück ein Riss aufgetan hat.
Rebecca
Die vielen Besucher der de Winters schwelgen in Erinnerungen an die in der ganzen Grafschaft berühmten Kostümbälle von Manderley. Rebecca habe sie stets so gelungen organisiert. Alle sind sich einig, dass Rebecca nicht nur außerordentlich schön und klug, sondern auch charmant und tüchtig war. Maxims neue Frau meidet derlei Empfänge immer mehr. Sie fühlt sich begutachtet und mit der scheinbar perfekten Rebecca verglichen. Auch im Haus stößt sie ständig auf Rebeccas Spuren. Ganz Manderley atmet Rebeccas Geist, was ihrer Nachfolgerin das Leben zunehmend erschwert. Einzig in Maxims Schwester Beatrice und dem Verwalter Frank Crawley findet sie Vertraute. Aus verschiedenen Gesprächen erfährt sie allmählich mehr über die tragischen Ereignisse um Rebeccas Tod: Offenbar war diese eines Abends trotz schlechten Wetters allein zum Segeln aufgebrochen und noch in der Bucht gekentert. Man hat ihre Leiche erst Monate später gefunden. Die Erzählerin erfährt auch, dass Mrs. Danvers von Kindheit an Rebeccas Zofe war und sie abgöttisch geliebt hat. Auf die neue Herrin von Manderley ist sie nun eifersüchtig.
„Ja, da war es, das Manderley, das ich erwartet hatte (…). Ein Gebäude von großer Anmut und Schönheit, erlesen und makellos, sogar noch herrlicher, als ich es mir je erträumt hatte (…)“ (S. 97)
Die Erzählerin begibt sich erneut zu jenem mysteriösen Bootshaus. An der Mole treibt eine Boje im Wasser, darauf steht der Schiffsname „Je reviens“. Später erfährt sie von ihrem Mann, dass hier Rebeccas Boot gelegen hat. Im Bootshaus ertappt sie Ben, der vor Angst schlottert und sie anfleht, ihn nicht ins Irrenhaus zu schicken. Sie beruhigt ihn. Ben ist sichtlich erleichtert und dankbar. Er stammelt, dass sie nicht wie „die andere“ sei. Ständig hätte die ihm gedroht, ihn ins Irrenhaus zu schicken. Nach dieser Begegnung hastet die Erzählerin nach Hause und überrascht dort Mrs. Danvers mit einem Unbekannten. Der Fremde stellt sich als Mr. Favell vor. Er ist ein grober Klotz, der sich durch seine anzüglichen Bemerkungen schnell bei der Erzählerin unbeliebt macht. Maxim solle von seinem Besuch nichts erfahren, fordert er.
Der Kostümball
Maxim gibt schließlich dem Drängen der Leute nach und kündigt eine Neuauflage der legendären Kostümbälle von Manderley an. Seine Frau will ihre Verkleidung für den Ball bis zuletzt geheim halten. Es soll eine große Überraschung werden. Doch kein Einfall scheint so recht zu passen. Mrs. Danvers empfiehlt die Gemälde der Ahnengalerie zur Inspiration. Besonders das weiße Kostüm der Caroline de Winter, einer Schwester von Maxims Urgroßvater, sei entzückend. Die Erzählerin befolgt den Tipp und lässt das weiße Kleid anfertigen. Doch noch bevor die Gäste eintreffen, kommt es zum Eklat. Im familiären Kreis inszeniert die junge Mrs. de Winter ihren Auftritt mit Ankündigung und Trommeltusch. Alle halten inne – und starren sie entsetzt an. Maxim wird kreidebleich. Betretenes Schweigen herrscht. Schließlich bricht es aus Maxim heraus, sie solle sich schleunigst umziehen, bevor die Gäste kommen und sie so sehen. In Tränen aufgelöst stürzt sie davon – zur Schadenfreude von Mrs. Danvers.
„Seit ich mich nicht mehr scheute, Rebeccas Namen auszusprechen, (…) verspürte ich den starken Drang, damit weiterzumachen.“ (S. 182)
Der restliche Abend geht wie im Traum an der jungen Mrs. de Winter vorbei. Sie bewegt sich geistesabwesend durch die Menge. Die Leute sind begeistert und gratulieren zum gelungenen Fest. Aber sie denkt nur an Maxim. Der würdigt sie keines Blickes. Von Beatrice erfährt sie, dass Rebecca auf dem letzten Ball von Manderley genau dieses Kleid der Caroline de Winter getragen hat. Mrs. Danvers hat ihr einen üblen Streich gespielt. Und Maxim scheint zu denken, seine Frau hätte ihn mit einem geschmacklosen Scherz absichtlich verletzt. Am nächsten Tag stellt sie Mrs. Danvers zur Rede. Doch die geht direkt zum Gegenangriff über: Maxim habe es verdient zu leiden. So kurz nach Rebeccas Tod erneut zu heiraten, noch dazu so ein junges Flittchen! Niemand auf Manderley werde sie jemals akzeptieren, niemand werde Rebecca vergessen, und anstelle von Rebecca sollte sie auf dem Friedhof liegen! Mrs. Danvers spricht wie besessen, drängt die Erzählerin auf den Balkon hinaus. Im Wahn redet sie auf ihr Gegenüber ein, nachzugeben und zu springen. Erst im letzten Moment reißt der Knall von Signalraketen die Erzählerin aus Mrs. Danvers’ Bann. In der Bucht hat es ein Schiffsunglück gegeben.
Eine überraschende Wende
Am Unglücksort hat sich bereits eine große Menschenmenge versammelt. Ein Frachter ist auf Grund gelaufen. Als ein Taucher nachsieht, ob der Kiel gebrochen ist, entdeckt er auf dem Grund zufällig das Wrack der „Je reviens“. Abends verrät ein Mann von der Küstenwache dem Ehepaar de Winter die unangenehmen Details dieser Entdeckung: Die Kajütentür wie auch die Bullaugen des Bootes waren verschlossen. Als der Taucher sie aufbrach, fand er eine stark verweste Leiche im Innenraum. Rebecca sei also nicht allein unterwegs gewesen. Am nächsten Tag werde man versuchen, das Boot zu heben.
„Ich trat an die oberste Treppenstufe und blieb lächelnd dort stehen, den Hut in der Hand wie das junge Mädchen auf dem Bild. (…) Sie alle starrten mich an wie vom Donner gerührt.“ (S. 298)
Nachdem der Mann fort ist, beruhigt Maxim seine Frau zunächst. Er habe ihr wegen letzter Nacht nichts vorzuwerfen. Doch dann spricht er mit Grabesmiene weiter: Ihr Glück sei dennoch dahin. Rebecca habe schließlich doch noch gewonnen. Sie war allein in jener Nacht, erzählt Maxim. Es gab nie ein Unglück. Die Frau in Rebeccas Grab ist eine Unbekannte. Maxim hat Rebecca damals im Bootshaus erschossen, sie ins Boot getragen und den Kahn danach in der Bucht versenkt. Maxim zittert während seines ausführlichen Geständnisses am ganzen Leib.
Die wahre Geschichte von Rebeccas Tod
Maxim beteuert der Erzählerin seine Liebe. Rebecca dagegen habe er nie geliebt. Ihre Ehe war von Beginn an eine Farce. Nach außen gab Rebecca sich weltmännisch, gebildet und leutselig – doch im Grunde war sie durchtrieben und böse. Schon kurz nach ihrer Hochzeit hatte sie begonnen, Maxim zu betrügen. Der wusste davon. Doch solange sie ihr Affären nur in London auslebte und ihre Liebhaber nicht nach Manderley brachte, tolerierte er es. Aber als Rebecca auch Beatrices Mann sowie Frank Crawley schöne Augen machte, hatte er genug und stellte sie zur Rede. Rebecca suchte ihr Heil im Gegenangriff. Vielleicht, überlegte sie laut, werde sie ein Kind bekommen, und Maxim könne nicht nachweisen, dass es nicht von ihm stammt. Und nach seinem Tod werde dieses fremde Kind ganz Manderley erben. Daraufhin erschoss er sie. Da er mit dem Boot noch in der Bucht auf Grund lief, musste er es bereits dort versenken. Seither hat er in ständiger Angst gelebt, dass ihm jemand auf die Spur kommt.
„Wo ich in Manderley auch ging und stand, selbst in meinen eigenen Gedanken und Träumen begegnete ich Rebecca. (…) Rebecca, immer wieder Rebecca. Ich würde Rebecca niemals loswerden.“ (S. 326 f.)
Seine Frau interessiert an diesem Geständnis nur eines: Maxim hat Rebecca nicht geliebt. Es gibt für sie keinen Grund, auf ihre Vorgängerin eifersüchtig zu sein. Nichts steht mehr zwischen Maxim und ihr. Erleichtert und ihrer Liebe gewiss baut sie den völlig entmutigten Maxim auf. Niemand außer ihnen weiß die Wahrheit. Sie wollen sich eine Geschichte ausdenken.
Der Prozess
Am nächsten Morgen gelingt die Bergung des Bootes und die Leiche wird als Rebecca identifiziert. Der zuständige Richter Colonel Julyan teilt dem Ehepaar de Winter mit, dass das Verfahren neu aufgerollt werden muss. Das sei aber eine bloße Formalität, beruhigt er. Offenbar sei Rebecca damals trotz schlechten Wetters ausgelaufen und habe dabei die Dummheit begangen, das Steuer kurz allein zu lassen, um in die Kajüte zu gehen. Als dann eine Böe die Tür zuschlug und diese sich verklemmte, kenterte das Boot. Ein leichtsinniger Fehler also, allerdings mit tragischen Konsequenzen.
„Wozu soll es gut sein, in Manderley zu bleiben? Sie sind nicht glücklich. Mr de Winter liebt Sie nicht. (…) Warum springen Sie nicht, dann haben Sie es hinter sich? Und sind nicht länger unglücklich.“ (Mrs. Danvers zu Mrs. de Winter, S. 344 f.)
Die Verhandlung läuft tatsächlich glatt für Maxim. Jedenfalls bis zur letzten Aussage. Rebeccas Bootsbauer, Mr. Tabb, hat sich das geborgene Wrack genauer angesehen. Er berichtet nun, dass die Löcher im Rumpf offensichtlich künstlich zugefügt worden sind. Auch die Flutventile waren alle aufgedreht, erst dadurch konnte das Wasser ins Bootsinnere dringen. Das Boot muss also absichtlich zum Kentern gebracht worden sein. Die Befragungen beginnen erneut. Schließlich einigen sich die Geschworenen auf Selbstmord.
Erpressung durch Mr. Favell
Wenige Stunden nach diesem nervenaufreibenden Prozess taucht Mr. Favell in Manderley auf. Er glaubt nicht an einen Selbstmord. Am Abend des Unglücks habe er von Rebecca eine Nachricht erhalten, dass sie ihn im Bootshaus treffen wolle und etwas Dringendes zu berichten habe. Doch es sei für ihn zu spät gewesen, um noch nach Manderley zu reisen. Jetzt könne dieser Brief Maxim an den Galgen bringen. Im Beisein von Frank Crawley und der Erzählerin verlangt Mr. Favell eine Rente von jährlich 3000 Pfund, ansonsten werde er den Zettel der Polizei übergeben. Maxim bleibt gefasst. Er lässt unverzüglich Colonel Julyan kommen. Ihm gegenüber wiederholt Mr. Favell seine Anschuldigung. Als Rebeccas ehemaliger Geliebter will er den Prozess anfechten und Maxim de Winter des Mordes anklagen. Doch Colonel Julyan glaubt ihm nicht. Noch dazu werfen Crawley und Mrs. de Winter ihm Erpressung vor. In die Enge getrieben lässt Mr. Favell Ben als Augenzeugen herbeiführen. Doch der streitet ab, ihn jemals gesehen zu haben.
„Du dachtest, ich hätte Rebecca geliebt? Du denkst, ich hätte sie geliebt und trotzdem umgebracht? Ich habe sie gehasst, und wie ich sie gehasst habe! Unsere Ehe war von Anfang an eine Farce.“ (Mr. de Winter zu Mrs. de Winter, S. 378 f.)
Schließlich beginnt sich die Frage darum zu drehen, was Rebecca denn so Wichtiges zu erzählen hatte. Man befragt Rebeccas innigste Vertraute, Mrs. Danvers, doch auch die weiß keine Auskunft. Eine Nachforschung in Rebeccas Kalender ergibt, dass sie an ihrem Todestag einen Termin beim Londoner Arzt und Frauenspezialisten Dr. Baker hatte.
„,Ich habe zu viel an Manderley gedacht‘, sagte er. ,Für mich kam Manderley an erster Stelle, vor allem anderen. Und so eine Liebe kann nicht gedeihen.‘“ (Mr. de Winter zu Mrs. de Winter, S. 382)
Tags darauf wird Dr. Baker befragt. Er erinnert sich. Rebecca ist tatsächlich bei ihm gewesen. Sie klagte über Schmerzen und schon nach den ersten Untersuchungen erkannte er, dass sie schwer krank war. Rebecca litt an einem inoperablen Krebs im Endstadium. Sie hätte bestenfalls noch drei oder vier Monate unter heftigen Schmerzen zu leben gehabt. Damit ist Mr. Favell endgültig der Wind aus den Segeln genommen. Colonel Julyan verwarnt ihn. Die de Winters fahren zurück nach Manderley. Unterwegs telefoniert Maxim mit Frank, der ihm berichtet, dass Mrs. Danvers offenbar heimlich ihre Sachen gepackt und das Anwesen verlassen hat. Beunruhigt treibt Maxim den Wagen im Eiltempo heimwärts. Doch schon aus der Ferne erblicken sie bald das blutrote Lodern der Flammen am Nachthimmel. Manderley brennt.
Zum Text
Aufbau und Stil
Rebecca ist ein typischer Unterhaltungsroman, der sich durch eine Mischung verschiedener Stile auszeichnet. Neben Elementen einer Romanze und eines Entwicklungsromans finden sich solche aus dem Genre des psychologischen Krimis. Außerdem steht Rebecca in der Tradition der Gothic Novel. Das Buch lebt von seinem packenden Spannungsaufbau und weniger von der sprachlichen Gestaltung. Es ist aus der Perspektive der zweiten Mrs. de Winter in der ersten Person geschrieben. Deren Vorname wird nie genannt. Unklar ist auch, wie weit das Erzählte zeitlich zurückliegt. In der fiktiven Gegenwart ist das Ehepaar noch immer zusammen, lebt aber nicht mehr in England. Rebecca ist daher von der Form her eine Erinnerung an eine erfolgreich überwundene Krise des Ehepaars de Winter. Die Ich-Erzählerin gibt den Ablauf der Geschichte chronologisch und ohne Unterbrechungen wieder. Zu Beginn kommentiert sie ihr damaliges Verhalten noch sehr häufig. Sie betont dabei ihre jugendliche Unsicherheit und Schwäche. Doch je mehr die Erzählung an Fahrt aufnimmt, desto mehr verliert die Erzählerin sich in den Geschehnissen und beschreibt einfach, was sich zugetragen hat. Der Großteil des Buches besteht aus Dialogen, die immer wieder durch atmosphärische Schilderungen von Landschaften und Räumlichkeiten in Manderley unterbrochen werden. Diese Stimmungsbilder gehen oft ins Unheimliche oder Abgründige und tragen damit viel zur Spannung des Buches bei.
Interpretationsansätze
- Daphne du Maurier hat stets betont, Rebecca als eine Studie über Eifersucht entworfen zu haben. Der Roman entfaltet dieses Thema in mehreren Erzählsträngen: die Eifersucht der Erzählerin auf Rebecca, Mrs. Danvers’ Eifersucht auf die neue Mrs. de Winter, die gegenseitige Eifersucht zwischen Maxim und seinem Nebenbuhler Mr. Favell.
- Die Eifersucht trägt die Züge einer Heimsuchung. Zumeist ist die abwesende, geisterhafte Rebecca Grund der Eifersucht. Überhöht und gefürchtet nimmt sie zunehmend von ihren Opfern Besitz und zieht sie in ihren Bann – Mrs. Danvers wie ganz Manderley sind besessen von Rebecca.
- Sowohl Rebecca als auch die Erzählerin weisen starke autobiografische Züge auf. Daphne du Maurier und Rebecca verbindet die Liebe zum Segeln, mit Rebeccas Nachfolgerin teilt sie den schüchternen und sensiblen Charakter. Die Spaltung der Autorin in zwei Figuren fügt dem Eifersuchtsmotiv eine weitere Dimension hinzu.
- Ein zentrales Motiv ist die Liebe zu Orten. Maxim gesteht seiner zweiten Ehefrau, er habe Manderley mehr geliebt als Rebecca. Auch von der Autorin ist die Aussage überliefert, sie liebe Orte mehr als Menschen.
- Ein Charakterzug der Figur der Mrs. Danvers ist deren verdrängte Homosexualität. In ihrem teils fast erotischen Schwärmen über Rebecca lässt Daphne du Maurier ihre eigene, zeitlebens bekämpfte, sexuelle Neigung anklingen.
- Der Roman fängt den überspannten Zeitgeist der Adelswelt im England der späten 1930er-Jahre ein, in dem sich bereits die unmittelbar bevorstehende Katastrophe des Zweiten Weltkriegs als unheilschwangere Stimmung abzeichnet.
Historischer Hintergrund
Europa am Vorabend des Zweiten Weltkriegs
In den 1930er-Jahren befanden sich die europäischen Nationalstaaten in einer umfassenden Krise. Neben den politischen Nachwehen des Ersten Weltkriegs setzte ihnen vor allem die mit dem New Yorker Börsenkrach im Oktober 1929 einsetzende Weltwirtschaftskrise stark zu.
Die Instabilität der oft noch jungen demokratischen Regierungen verschärfte sich teilweise zu bürgerkriegsähnlichen Zuständen, aus denen schließlich autoritäre Diktaturen hervorgingen. Schon 1922 wurde der Führer der faschistischen Partei Italiens, Benito Mussolini, Ministerpräsident. 1933 übernahm Adolf Hitler in Deutschland das Reichskanzleramt. Auch Spanien, Österreich, Griechenland und viele andere Staaten Europas verwandelten sich im Lauf der 1930er-Jahre in Diktaturen.
Die faschistisch geführten Staaten verfolgten eine territoriale Expansionspolitik, die die kriegsmüden Großmächte Europas sowie die USA diplomatisch zu verhindern oder wenigstens einzudämmen versuchten. 1938 begann Großbritannien dann doch wieder mit der Aufrüstung. Anfang 1939 wurde die Appeasement-Politik gegenüber der aggressiven Annexionsstrategie Deutschlands aufgegeben. Im Herbst desselben Jahres begann der Zweite Weltkrieg.
Entstehung
Genau genommen begann die Arbeit an Rebecca bereits 1932, mit du Mauriers Hochzeit mit General Frederick Browning. Die Autorin war sich unsicher, ob ihr Ehemann noch seine erste Verlobte liebte. Fortan entwickelte sie die Idee für einen Roman über Eifersucht.
Als sie 1937 vom Verleger Victor Gollancz einen Vertrag für drei Bücher erhielt, entschied sie sich schnell, jenen Plan wieder aufzunehmen. Die grobe inhaltliche Entwicklung existierte bereits: Eine Ehefrau würde zunehmend stärker in den Bann ihrer Vorgängerin geraten. Diese Spannung sollte sich in einer dramatischen Enthüllung entladen. Doch an diesem Punkt steckte du Maurier lange Zeit fest. Ihr fehlten die Einfälle. Sie verfasste ein erstes Manuskript, verwarf es aber nach etwa 50 Seiten wieder.
Als ihr Mann im Sommer 1937 als Kommandant eines Bataillons nach Ägypten ging, begleitete sie ihn. Laut Vertrag sollte bereits im Dezember der erste Roman fertig sein. Doch noch immer mangelte es du Maurier an Inspiration, sie musste Gollancz vertrösten. Heimweh nach Cornwall führte schließlich zu ersten Skizzen der Geschichte und vor allem der so dominanten Örtlichkeit des Romans, Manderley. Es gab zwei Vorbilder für Manderley: zum einen Milton Hall in Cambridgeshire, das du Maurier aus ihrer Kindheit kannte, zum anderen Menabilly House bei Fowey, das sie seit ihren ersten Reisen nach Cornwall beeindruckt hatte.
Zurück in England begann die Autorin fieberhaft, die Skizzen zu einem Roman auszuarbeiten. Innerhalb von nur vier Monaten war Rebecca niedergeschrieben.
Wirkungsgeschichte
Im August 1938 wurde Rebecca veröffentlicht und bescherte Daphne du Maurier den großen Durchbruch. Gollancz ließ eine erste Auflage von 20 000 Stück drucken, doch bereits im ersten Monat wurden doppelt so viele Ausgaben verkauft. Der Roman gewann schließlich den National Book Award 1938 für die meistverkaufte Veröffentlichung. Der großartige Absatz gab der Autorin die nötigen finanziellen Mittel an die Hand, das Vorbild für Manderley, Menabilly House, zu pachten. Bis 1969 lebte sie dort.
Auch wenn die Literaturkritik dem Roman damals wie heute eher kühl gegenübersteht, erfreut er sich nach wie vor größter Beliebtheit beim Lesepublikum. Seit seinem Erscheinen ist das Buch permanent im Druck und wurde immer wieder als Film, Hörspiel, Theater- und Musicalstück adaptiert. Die erste Theaterfassung von Rebecca wurde von Daphne du Maurier 1939 selbst verfasst. 1941 erhielt Alfred Hitchcock, ein persönlicher Bekannter von du Mauriers Vater, für seine Verfilmung des Romans den Oscar in der Kategorie „Bester Film“. Laurence Olivier und Joan Fontaine spielten in dieser ersten und wohl erfolgreichsten Kinoversion das Ehepaar de Winter. Daphne du Maurier selbst beurteilte den Film als sehr gelungen.
Auch wenn 1993 und 2001 von Susan Hill sowie Sally Beauman zwei autorisierte Fortsetzungen des Romans auf den Markt kamen, konnten sie dem Original in puncto Erfolg und Beliebtheit nicht den Rang ablaufen. Im Jahr 2000 erhielt Rebecca mit dem Anthony Award einen der wichtigsten US-amerikanischen Krimipreise. 2003 wurde der Roman von der BBC auf Platz 14 einer Liste der populärsten britischen Bücher gelistet.
Über die Autorin
Daphne du Maurier wird am 13. Mai 1907 in London geboren. Als mittlere von drei Töchtern wächst sie in den kulturellen Metropolen Paris und London auf. Alle Kinder der Familie genießen von früh an Privatunterricht. Die Familie ist ebenso wohlhabend wie musisch. Daphnes Vater, Gerald du Maurier, ist Schauspieler und Theaterdirektor, ihr Großvater, George du Maurier, ein Schriftsteller. Unter diesen Voraussetzungen beginnt sie schon früh mit dem Schreiben. Die Veröffentlichung ihres ersten Romans, Der Geist von Plyn (The Loving Spirit), beschert ihr 1931 ihren ersten Publikumserfolg. Ein Jahr später heiratet sie den General Frederick Browning, mit dem sie zwei Töchter und einen Sohn hat. Das Verhältnis zu ihren Kindern wird als eher kühl und distanziert geschildert. Mit den beiden Romanen Gasthaus Jamaica (Jamaica Inn, 1936) und Rebecca (1938) schafft sie erneut zwei große Erfolge und zählt noch zu Lebzeiten zu den meistgelesenen englischsprachigen Autoren. Neben Unterhaltungsromanen und Erzählungen schreibt sie auch Biografien, historische Romane und Theaterstücke. Während die Kritiker den Enthusiasmus des Publikums nicht teilen, sind du Mauriers Werke auch bei Regisseuren sehr beliebt. Ihre Kurzgeschichte Die Vögel (The Birds, 1952) und die Erzählung Wenn die Gondeln Trauer tragen (Don’t Look Now, 1971) werden durch die Adaptionen Alfred Hitchcocks bzw. Nicolas Roegs zu weltweiten Kinohits. 1969 wird du Maurier von der Queen zur „Dame“ ernannt. Zeitlebens pflegt sie einen zurückgezogenen Lebensstil. Den Großteil davon verbringt sie in der britischen Grafschaft Cornwall, für deren Landschaft sie seit ihrer Jugend schwärmt. Am 18. April 1989 stirbt sie in diesem Landstrich, dem sie in vielen ihrer Bücher ein literarisches Denkmal gesetzt hat.
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