Navigation überspringen
Reigen
Buch

Reigen

Zehn Dialoge

Wien, 1903
Diese Ausgabe: Fischer Tb, 2010 Mehr

Literatur­klassiker

  • Drama
  • Moderne

Worum es geht

Das erotische Skandalstück schlechthin

Was passiert, wenn die Gattin mit einem Arm den Liebhaber und mit dem anderen den Ehemann umschlungen hält? Wenn dieser von den tödlichen Folgen des Ehebruchs schwadroniert und später selbst ein blutjunges Mädel verführt? Und wenn er dieses dann zu absoluter Treue auffordert und es ihm trotzdem schon bald mit einem selbstverliebten Dichter Hörner aufsetzt? Gar nichts! Denn das Leben ist kurz und der nächste Sexualpartner nicht weit. „Glücklich ist, wer vergisst, was nicht mehr zu ändern ist“, summte der österreichische Walzerkönig Johann Strauss, und so treiben es die zehn tragischen Helden in Arthur Schnitzlers Reigen am nassen Donauufer, in spitzenverzierten Himmelbetten und in stinkenden Absteigen, als gäbe es kein Morgen. Doch das Stück ist viel mehr als ein Klassiker des Wiener Fin de Siècle: Schnitzler schuf mit psychologischem Tiefenblick und entlarvenden Dialogen die Archetypen des modernen, triebgesteuerten Menschen. Ein Blick in die Tageszeitung oder in die eigene Verwandtschaft genügt, um festzustellen, dass die Mechanismen von Betrug und Selbstbetrug, von öffentlichem Schein und menschlichem Sein noch die gleichen sind wie vor 100 Jahren.

Take-aways

  • Arthur Schnitzlers Reigen löste 1920 einen der größten Theaterskandale aller Zeiten aus.
  • Inhalt: Zehn Wiener Originale aus allen Gesellschaftsschichten fahren auf dem Karussell der Triebe: Eine Dirne schläft mit einem Soldaten, dieser mit einem Stubenmädchen, das Stubenmädchen mit einem jungen Herrn usw., bis sich der Kreis schließt und ein Graf es wieder mit der Hure treibt. Sie alle lügen und betrügen einander während des Vor- und Nachspiels.
  • Das Stück ist eine Satire auf rigide Machtverhältnisse und die Doppelmoral um die Jahrhundertwende.

Über den Autor

Arthur Schnitzler wird am 15. Mai 1862 als Sohn des jüdischen Klinikdirektors Johann Schnitzler in Wien geboren. Schon früh packen ihn die Leselust und das Interesse an der Schriftstellerei. Obwohl der Vater die literarischen Ambitionen seines Sohnes fördert, studiert Arthur auf dessen Wunsch Medizin in Wien. 1882 folgt ein Jahr beim Militär als Sekundararzt. 1885, mit 23, promoviert er in Medizin. In den folgenden Jahren arbeitet er als Assistenzarzt in verschiedenen Wiener Kliniken. Nach dem Tod des Vaters eröffnet er eine Privatpraxis. 1893 erscheint sein Dramenzyklus Anatol. Eine tiefe Freundschaft mit Hugo von Hofmannsthal beginnt. Schnitzler arbeitet vor allem für die Bühne: Sein Reigen von 1897 erregt einen Skandal wegen des vermeintlich pornografischen Inhalts und bleibt lange verboten. Mit der Novelle Lieutenant Gustl tut sich Schnitzler als Prosaschriftsteller hervor, allerdings kostet ihn die angebliche Verunglimpfung des Militärs seinen Offiziersrang. 1903 heiratet er seine Lebensgefährtin Olga Gussmann, mit der er bereits einen Sohn hat. In den folgenden Jahren kommen mehrere seiner Schauspiele zur Uraufführung, u. a. Der einsame Weg, Der grüne Kakadu und Das weite Land. Immer wieder ecken seine Werke bei der Zensur an: Neben dem Reigen betrifft das vor allem den Einakter Haus Delorne, der 1904 noch am Abend vor der Uraufführung verboten wird, und die Komödie Professor Bernhardi, die 1912 zwar in Berlin, nicht aber in Wien aufgeführt werden darf. Bei Kriegsausbruch 1914 bekennt sich Schnitzler zum Pazifismus: Im Unterschied zu vielen seiner Schriftstellerkollegen bricht er nicht in Kriegseuphorie aus. Nach der Trennung von seiner Frau im Jahr 1921 erzieht Schnitzler seine Kinder allein. 1922 macht er die nähere Bekanntschaft Sigmund Freuds, der in der Psychoanalyse zu ähnlichen Erkenntnissen kommt wie Schnitzler mit den Mitteln der Literatur. 1924 verwendet er die Technik des inneren Monologs in der Novelle Fräulein Else. 1926 erscheint die Traumnovelle. Schnitzler stirbt am 21. Oktober 1931.


Kommentar abgeben oder Diskussion beginnen

  • Avatar
  • Avatar
    A. vor 1 Jahrzehnt
    Die Dirne mit dem Soldaten, der Soldat mit der jungen Dame, die junge Dame mit dem jungen Herrn, der junge Herr mit der Ehegattin, die Ehegattin mit dem Ehegatten, der Ehegatte mit dem hübschen Mädchen, das hübsche Mädchen mit dem Dichter, der Dichter mit der Schauspielerin, die Schauspielerin mit dem Grafen, und, letzten Endes, der Graf mit der Dirne – der Kreis schliesst sich. Elf Szenen lang wird um den heissen Brei geredet, geheuchelt und quer durch alle Gesellschaftsschichten kopuliert; der Liebesakt findet jeweils zwischen den Zeilen statt – der Leser möge herausfinden, zwischen welchen. Eine äusserst kurzweilige und unterhaltsame Lektüre, unbedingte Leseempfehlung!