William Shakespeare
Romeo und Julia
dtv, 2004
Was ist drin?
Das berühmteste Liebespaar der Weltliteratur: Romeo und Julia lehnen sich gegen Gesellschaft und Eltern auf und sterben einen tragischen Tod.
- Tragödie
- Elisabethanische Ära
Worum es geht
Tragödie eines Liebespaares
William Shakespeares Romeo und Julia ist die berühmteste und beliebteste Liebestragödie der Weltliteratur, auch heute noch, mehr als 400 Jahre nach ihrer Entstehung. Sie handelt von der Liebe zweier junger Menschen im italienischen Verona, einer Liebe, die von Anfang an unter einem schlechten Stern steht: Denn Romeo und Julia sind Sprösslinge zweier verfeindeter Familien. In einer spannungsgeladenen Atmosphäre setzen sie ihre bedingungslose Liebe den familiären und gesellschaftlichen Zwängen entgegen – und ziehen am Ende den Selbstmord jedem Kompromiss vor. Der Tod verleiht ihrer idealistischen Liebe etwas Absolutes und bewirkt eine Läuterung der Gesellschaft: Die beiden Familien versöhnen sich unter dem Eindruck der tragischen Ereignisse am Ende. Die beiden Hauptfiguren entwickeln sich im Laufe des weniger als fünf Tage umfassenden Geschehens von schwärmerisch-jugendlichen Verliebten zu selbstbewussten Persönlichkeiten. Das Stück wurde schon zu Shakespeares Zeit häufig gespielt, es erfuhr viele Bearbeitungen und wurde zur Grundlage zahlreicher Novellen, Musikkompositionen und Verfilmungen. Romeo und Julia gilt als zeitlos – obwohl Shakespeares zahlreiche Wortspiele (viele davon sexuell-obszöner Natur) für heutige Leser nicht ohne Weiteres verständlich sind.
Take-aways
- Shakespeares Romeo und Julia ist die berühmteste Liebestragödie der Weltliteratur.
- Die Beziehung zwischen den beiden Titelfiguren ist zum Inbegriff romantischer Liebe geworden.
- Romeo und Julia, Sprösslinge zweier bis auf den Tod verfeindeter Familien im italienischen Verona, verlieben sich unsterblich ineinander.
- Heimlich heiraten sie, obwohl sie damit gegen den Willen ihrer Familien und gegen die Traditionen der Gesellschaft verstoßen.
- Romeo wird in ein Gefecht verwickelt, tötet dabei einen Angehörigen von Julias Familie und wird in die Verbannung geschickt.
- Als Julia von ihren Eltern zur Heirat mit einem anderen gezwungen werden soll, nimmt sie ein Mittel ein, das sie tot erscheinen lässt – Romeo jedoch glaubt, sie sei wirklich gestorben, und greift seinerseits zum Gift.
- Julia folgt Romeo in den Tod. Der Doppelselbstmord bringt die verfeindeten Familien zur Einsicht und führt die Versöhnung herbei.
- Das Drama wurde zu Shakespeares Zeit als innovativ und gewagt empfunden, denn erstmals waren zwei historisch unbedeutende Liebende Gegenstand einer Tragödie.
- Das Stück entstand um das Jahr 1595, als England unter Königin Elisabeth I. einen politischen Aufschwung erlebte und in London ein wahrer Theaterboom herrschte.
- Über Shakespeare sind so wenige Zeitdokumente erhalten, dass immer wieder die unbewiesene Vermutung kursiert, Teile seines Werks könnten von jemand anders stammen.
- Die Tragödie der unglücklich Liebenden wurde u. a. zur Grundlage von Romeo und Julia auf dem Dorfe, einer Novelle des Schweizer Schriftstellers Gottfried Keller.
- Unter den vielen Verfilmungen stechen jene von Franco Zeffirelli (1968) und von Baz Luhrmann (1996) besonders hervor.
Zusammenfassung
Zwei feindliche Familien
Die Diener der beiden vornehmen, aber verfeindeten Veroneser Familien Montagu und Capulet treffen aufeinander, und sogleich kommt es zu Beleidigungen und einem wüsten Handgemenge. Immer mehr Bürger mischen sich ein, ja sogar die Familienoberhäupter selbst wollen zu den Waffen greifen, werden jedoch von ihren Ehegattinnen mühsam daran gehindert. Schließlich muss der Fürst von Verona selbst intervenieren, um den Tumult zu beenden. Wütend ruft er, nun sei es endgültig genug. Drei Mal schon habe die Familienfehde die Stadt in einen Bürgerkrieg gestürzt; wer erneut den Aufruhr schüre, solle mit seinem Leben bezahlen.
„Vom unheilschwangren Schoß der Feinde sprießt / Ein Liebespaar, von bösem Stern bedroht. / Sein elend unglücklicher Sturz beschließt / Den Streit der Eltern mit dem eignen Tod.“ (Prolog, S. 9)
Herr Montagu, das Oberhaupt der einen Familie, macht sich derweil Sorgen um den Gemütszustand seines Sohnes Romeo. Dieser schleicht stets allein herum, weint oft und schließt sich in seinem Zimmer ein. Montagu beauftragt seinen Neffen Benvolio, die Gründe für Romeos rätselhaftes Verhalten herauszufinden. In einer wortgewaltigen Mischung aus Witz und Melancholie gibt Romeo gegenüber Benvolio zu, dass er in unerwiderter Liebe zu einem Mädchen namens Rosalinde schmachtet.
Liebe auf den ersten Blick
Im Hause Capulet hält inzwischen ein junger Graf namens Paris um die Hand der Tochter des Hauses an: Julia. Der Hausherr, Herr Capulet, antwortet, mit 14 Jahren sei sein Kind eigentlich noch zu jung zum Heiraten, doch wenn sie dem Drängen des Liebhabers nachgebe, sei auch er einverstanden. Ein Diener wird in die Stadt geschickt, um Freunde des Hauses zu einem großen Fest einzuladen, und stößt dabei auf Romeo und Benvolio. Dieser fordert seinen liebeskranken Freund auf, sich auf der Feier der Capulets nach einer anderen Liebsten umzusehen, um die abweisende Rosalinde zu vergessen. Lady Capulet tritt in der Zwischenzeit mit einer Forderung an ihre Tochter Julia heran: Sie möge langsam daran denken, sich einen Ehemann zu suchen, und solle an dem geplanten Fest, einem Maskenball, den werbenden Paris in Augenschein nehmen. Julia ist zwar nicht gerade begeistert von der Idee, doch sie verhält sich, wie es von ihr erwartet wird, und verspricht, Lady Capulets Bitte nachzukommen.
„O schwerer Leichtsinn, ernste Spielerei, / Bizarres Chaos trügerischer Formen! / Bleifedern, klarer Rauch, eiskalte Glut, / Todkrankes Wohlsein, immerwacher Schlaf, / Und nichts ist, was es ist! Ist Liebe das, / Was ich jetzt fühl? Dann fühlt mein Lieben Hass.“ (Romeo, I.1, S. 23)
Mit Fackeln und Masken kommen Romeo und seine Gefolgschaft zum Haus der Capulets, als ungeladene Gäste. Romeo ist immer noch traurig und gibt sich sogar Todesahnungen hin, worauf Benvolio energisch eine fröhlichere Atmosphäre fordert. Sie schleichen sich ein und hören zu, wie der Hausherr Capulet seine Gäste in freudiger Stimmung zu Tanz und Ausgelassenheit ermuntert. Plötzlich ist Romeo wie vom Donner gerührt: Er entdeckt die tanzende Julia und ist von ihrem Anblick bezaubert. Da erkennt Tybalt, der jähzornige Neffe des alten Capulet, Romeo an der Stimme und will ihn kurzerhand ermorden – es braucht die entschiedenen Mahnungen des Hausherrn, um ihn an seinem Vorhaben zu hindern. Der junge Eindringling Romeo beginnt Julia zu umwerben. Inmitten des Festtrubels gelingt es den beiden, einen Moment lang eine abgeschlossene Welt des Zwiegesprächs und der gegenseitigen Zuneigung zu erschaffen. Romeo erstarrt jedoch, als er erfährt, dass er ausgerechnet der Tochter der Feindesfamilie den Hof macht. Auch Julia hört am Ende des Festes mit Schrecken, sie habe sich vom einzigen Sohn der Familie Montagu küssen und bezirzen lassen.
Julias nächtliche Seufzer
Nach der Feier wird Romeo von seinen Freunden gesucht, doch er versteckt sich und erntet dafür gutmütigen Spott. Als er eine Mauer überklettert und erneut auf das Gut der Capulets vordringt, hört er, wie Julia am Fenster in nächtlichem Selbstgespräch wieder und wieder seinen Namen seufzt. Romeo gibt sich zu erkennen, und die beiden überhäufen sich gegenseitig mit ergreifenden Liebes- und Treueschwüren. Julia fordert Romeo auf, gegen den Willen der verfeindeten Familien eine Heirat zu ermöglichen. Sie kündigt an, ihm anderntags einen Boten zu schicken, dem er entsprechende Anweisungen erteilen solle. Romeo eilt zu Pater Lorenzo, einem Franziskanermönch, um ihn um Rat und Hilfe zu bitten. Zunächst fragt der Geistliche ganz erstaunt, ob Romeo denn seine frühere Liebe Rosalinde, für die er so sehr geschmachtet hat, schon vergessen habe. Diesmal sei die Liebe gegenseitig, ist Romeos Antwort. Nach anfänglicher Skepsis erklärt sich der Geistliche bereit, dem Paar zu helfen, weil er hofft, die Ehe zwischen den Sprösslingen der beiden Familien könne deren ewigen Zwist beenden.
„Ich hab mich selbst stehn lassen irgendwo, / Ich kenn mich nicht, hier ist kein Romeo.“ (Romeo, I.1, S. 25)
Allerdings scheint diese Hoffnung trügerisch, den Tybalt ist derart wütend auf Romeo, dass dessen Freunde Benvolio und Mercutio befürchten, es werde zu einem Duell kommen. Während die drei sich einen Wettbewerb der Sprachspielereien und Anzüglichkeiten liefern, erscheint in Julias Auftrag die Amme aus dem Hause Capulet. Romeo lässt seiner Geliebten ausrichten, sie möge noch am selben Nachmittag in die Klause von Pater Lorenzo gehen, unter dem Vorwand einer Beichte. Die Amme eilt zurück zu Julia, nicht ohne sich den Spaß zu machen, die Ungeduldige zunächst einmal mit der Schilderung von Nebensächlichkeiten auf die Folter zu spannen. Dann jedoch überbringt sie, zur großen Erleichterung des Mädchens, Romeos Nachricht. Julia begibt sich an den vereinbarten Ort und fällt ihrem Geliebten in die Arme, während der Pater die Trauung vorbereitet.
Ein verhängnisvolles Duell
Auf der Straße treffen Mercutio und Benvolio auf Tybalt und seine Männer. Benvolio versucht, den streitsüchtigen Mercutio zu zügeln und einen Kampf zu verhindern. Auch Romeo, der kurz darauf erscheint, spricht Tybalt mit versöhnlichen Worten an, obwohl er von diesem als Lump beschimpft wird. Noch immer lässt sich Romeo nicht provozieren, während Mercutio diese versöhnliche Haltung für unehrenhaft hält. Die Situation eskaliert, es kommt zum Gefecht zwischen Tybalt und Mercutio. Romeo geht dazwischen und versucht, die beiden zu trennen, doch unter dessen Arm hindurch sticht Tybalt auf seinen Gegner ein. Mercutio scheint zunächst nur leicht verletzt; ein Diener eilt davon, um einen Arzt zu holen. Der Verwundete macht Romeo Vorwürfe, weil dieser sich in den Streit eingemischt habe; er habe es doch nur gut gemeint, verteidigt sich der junge Montagu. Bevor Mercutio weggetragen wird, verflucht er die beiden ewig streitenden Familien und wünscht ihnen die Pest. Kurz darauf meldet ein entsetzter Benvolio, der Freund sei seiner Verletzung erlegen. Romeo ist bestürzt. Er bedauert nun, die Beleidigungen wegen seiner Liebe zu Julia und die Beschmutzung seiner Ehre hingenommen zu haben. Außer sich vor Wut über den Tod seines Freundes geht er auf Tybalt los und tötet ihn, womit er den strikten Friedensbefehl des Fürsten missachtet. Romeo flüchtet, während der allgemeine Tumult den obersten Herrscher der Stadt auf den Plan ruft. Mit einer engagierten Rede gelingt es Benvolio, ein Todesurteil zu verhindern. Romeo wird in die Verbannung geschickt. Sollte er sich aber je wieder in der Stadt Verona blicken lassen, droht ihm die Hinrichtung.
„Einzige Liebe, die im einzgen Hass sich fand! / Erst unerkannt gesehn, jetzt viel zu spät erkannt! / Dass Liebe mir als schlimme Missgeburt erscheint, / Weil ich ihn lieben muss, ihn, den verhassten Feind!“ (Julia, I.5, S. 65)
Inzwischen wartet Julia sehnsüchtig auf die Hochzeitsnacht, als plötzlich händeringend die Amme herbeistürzt und von dem blutigen Gefecht erzählt. Julia ist von ihren Gefühlen hin- und hergerissen. Zunächst glaubt sie, Romeo sei tot. Dann verflucht sie ihren Neuvermählten für die Ermordung Tybalts. Dann wieder rechtfertigt sie seine Tat als Akt der Selbstverteidigung. Die Amme verspricht, dem Geliebten einen Ring zu übergeben und ein Zusammentreffen zu ermöglichen.
Abschied nach der Liebesnacht
Die Amme eilt zu Pater Lorenzo, dem Romeo bereits sein Leid klagt. Fern von Julia zu leben erscheint ihm schlimmer als der Tod. Lorenzo fordert ihn auf, sich nicht so weinerlich zu verhalten. Eigentlich hätte er laut Gesetz hingerichtet werden sollen, er habe also allen Grund, dem Fürsten für dessen Gnade dankbar zu sein. Der Pater empfiehlt Romeo, nach Mantua ins Exil zu fliehen und dort auszuharren, bis die Vermählung verkündet sei und sich die Familien Capulet und Montagu versöhnt hätten. Zuerst aber solle er sich zu Julia schleichen, um Abschied zu nehmen. Die Amme verspricht, sein Kommen anzukündigen, und übergibt ihm den Ring.
„Benvolio, hilf mir da in eins der Häuser. / Sonst wird mir schwarz. Die Pest auf eure Häuser! / Wurmfutter haben sie aus mir gemacht.“ (Mercutio, III.1, S. 127)
Das Paar verbringt eine Liebesnacht, und als der Morgen graut, bringen sie es beinahe nicht fertig, auseinanderzugehen. Plötzlich betritt jedoch die Amme Julias Zimmer: Lady Capulet will mit ihrer Tochter sprechen. Graf Paris hat nämlich weiter um Julia geworben, und der alte Capulet ist sicher, dass seine Tochter mit einer Heirat, die noch in derselben Woche stattfinden soll, einverstanden ist. Lady Capulet glaubt, ihre weinende Tochter trauere um Tybalt, und verspricht, Romeo in seinem Exil in Mantua vergiften zu lassen. Als sie Julia aber die Heirat mit dem Grafen ankündigt, lehnt diese ab. Der alte Capulet erscheint und ist über den Widerstand seiner Tochter erbost. Er beschimpft sie aufs Unflätigste. Lady Capulet bittet ihren Mann zwar, sich zu mäßigen, schlägt sich aber auf seine Seite. Selbst die Amme wird zur Zielscheibe gröbster Beleidigungen; dennoch rät auch sie Julia, die Gelegenheit beim Schopf zu packen und Paris zu heiraten. Doch stattdessen beschließt die Unglückliche, Pater Lorenzo um Hilfe zu bitten. Dort trifft sie auf Paris, der bereits die Hochzeit arrangieren will. Sie weicht seinen Liebesbeteuerungen aus und fordert, mit dem Pater allein gelassen zu werden, um die Beichte abzulegen. Lorenzo schlägt ihr einen Plan vor: Julia soll ein Mittel trinken, das sie in einen todesähnlichen Zustand versetzt, sie jedoch nach 42 Stunden wieder aufwachen lässt. Romeo soll per Brief die Anweisung erhalten, in die Familiengruft zu kommen und mit seiner von allen für tot gehaltenen Geliebten nach Mantua zu fliehen. Julia ist derart verzweifelt, dass sie einwilligt.
„Ich bin der Narr des Schicksals.“ (Romeo, III.1., S. 129)
Nach Hause zurückgekehrt, fällt Julia vor ihrem Vater auf die Knie, bittet um Verzeihung und gelobt, den Grafen zu heiraten. Die Hochzeitsvorbereitungen sind bereits im Gange, und der alte Capulet ist über den vermeintlichen Gehorsam seiner Tochter hocherfreut. Obwohl von Ängsten und Zweifeln gemartert, nimmt Julia den Trunk zu sich und sinkt auf ihr Bett nieder.
Die Tragödie nimmt ihren Lauf
Am folgenden Tag soll Hochzeit gefeiert werden – doch zum Entsetzen der Familie Capulet scheint Julia tot zu sein. Vater, Mutter, Amme und Graf Paris brechen in Wehklagen aus, bis Pater Lorenzo sie zu Schicksalsergebenheit und Gottvertrauen auffordert. Ein Diener und die Musiker, die bei der Hochzeit hätten spielen sollen, zeigen sich hingegen von der Tragödie unbeeindruckt und liefern sich ein witzig-abstruses Wortgefecht, bevor sie das Haus der Familie verlassen.
„Was ist das für ein Sturm, der ständig dreht? / Ist Romeo umgebracht und Tybalt tot, / Mein lieber Vetter und mein liebster Mann? / Dann los, Posaunen, blast zum jüngsten Tag! / Wer lebt denn noch, wenn die zwei nicht mehr sind?“ (Julia, III.2, S. 137 f.)
Etwas Unvorhersehbares droht den ausgeklügelten Plan des Paters scheitern zu lassen: Der Diener, der Romeo den Brief nach Mantua bringen soll, wird aufgehalten und kann die Botschaft nicht übermitteln – stattdessen hört der Verbannte von einem seiner Bediensteten, Julia sei gestorben. Ohne zu zögern kauft er sich darauf bei einem Apotheker Gift. Dieser weigert sich zwar zunächst, das tödliche Mittel herauszurücken, aber als ihn Romeo auf seine bittere Armut hinweist, ändert er seine Meinung, nimmt Romeos Geld und gibt ihm das Gift. Pater Lorenzo eilt inzwischen zur Familiengruft der Capulets, im Wissen, dass Julia bald aufwachen und über die Abwesenheit ihres Geliebten untröstlich sein wird. Romeo kehrt in Begleitung eines Dieners überstürzt nach Verona zurück und trifft in der Familiengruft auf Paris, der am Grab Julias Totenwache halten will. Als Paris den verbannten Sohn der Familie Montagu sieht, will er ihn verhaften. Romeos versöhnliche Worte sind genauso vergebens wie seine Bitte, allein gelassen zu werden. Es kommt zum Kampf, bei dem Paris getötet wird. Romeo bricht Julias Grab auf, nimmt von der scheinbar Toten Abschied und trinkt das Gift des Apothekers. In diesem Augenblick eilt Lorenzo hinzu, doch er kann nur noch feststellen, dass das Unheil seinen Lauf genommen hat. Und es wird noch schlimmer: Julia erwacht neben ihrem toten Romeo. Pater Lorenzo redet hastig auf sie ein und bietet ihr an, sie in einem Kloster in Sicherheit zu bringen – die Zeit eile, denn bereits nähere sich eine Wache dem Grab. Doch das Mädchen lehnt ab, gibt ihrem toten Geliebten einen letzten Kuss und erdolcht sich.
„Willst du schon gehen? Es ist noch lang nicht Tag. / Es war die Nachtigall und nicht die Lerche, / Was eben dein erschrecktes Ohr zerriss.“ (Julia, III.5, S. 161)
Den herbeieilenden Wachen bietet sich ein grauenhafter Anblick. Während Pater Lorenzo verhaftet wird, treten zunächst der Fürst und etwas später auch die Capulets sowie der Vater Romeos hinzu, dessen Gattin in der Nacht zuvor aus Kummer über die Verbannung ihres Sohnes gestorben ist. Der Fürst befragt Lorenzo und die Diener Romeos und Paris’ über die Hintergründe der Tragödie und fordert die beiden Familienoberhäupter auf, im Angesicht und zu Ehren der Toten ihren blutigen Streit endgültig zu begraben. Montagu und Capulet willigen ein, geben sich die Hand und versprechen, den Verstorbenen ein prachtvolles Grabmal zu stiften.
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Aufbau und Stil
Romeo und Julia besteht aus fünf Akten, unterteilt in 24 Szenen, wobei den beiden ersten Akten jeweils ein Sonett (14-zeiliges Gedicht) als Einleitung vorangestellt ist. Zeitlich ist das Stück äußerst gerafft: Die Handlung spielt sich in weniger als fünf Tagen ab. Bestimmend für den Aufbau sind die Handlungsorte, die sich auf Innen- und Außenräume, auf Verona und Mantua, insbesondere auf das Haus der Capulets und deren Familiengruft verteilen. Die ersten beiden Akte sind vom Motiv der sich anbahnenden, auf Widerstand stoßenden Liebe bestimmt, die letzten drei vom unaufhaltbaren Herannahen der Katastrophe. Der Umschwung (die Peripetie) erfolgt zu Beginn des dritten Aktes, als Romeo Tybalt ersticht. Stilistisch wird das Stück über weite Strecken von einem gehobenen, pathetischen Stil mit religiösen Untertönen beherrscht, der von der elisabethanischen Liebeslyrik geprägt ist und auf heutige Leser stellenweise etwas schwülstig wirkt. Vorherrschend ist der ungereimte Blankvers mit seinen fünf Hebungen, hinzu kommen andere traditionelle Versformen, wobei diese manchmal abgeändert werden. Auffällig ist außerdem die Häufung von Wortspielen, Kalauern, Verballhornungen und Verdrehungen, deren Bandbreite von raffiniert bis derb reicht. Zahlreich sind zudem sexuelle Anspielungen, Doppeldeutigkeiten und handfeste Zoten – von ihnen findet man in Romeo und Julia mehr als in jedem anderen von Shakespeares ohnehin recht unverblümten Stücken.
Interpretationsansätze
- Die Liebe ist das Hauptthema des Dramas. Romeos und Julias Liebe sprengt alle gesellschaftlichen Konventionen, sie setzt sich über politische Widrigkeiten und familiäre Streitereien hinweg – und dennoch scheitern die Liebenden an der unbarmherzigen und unvorhersehbaren Wirklichkeit.
- Die Tatsache, dass die Liebesbeziehung gesellschaftliche Regeln und Autoritäten verletzt, erhöht ihre Einmaligkeit und Intensität. Ein zentrales Motiv des Stücks ist die Auseinandersetzung zwischen dem Willen des Individuums und den Zwängen der Gesellschaft.
- Romeo wandelt sich im Verlauf des Stücks vom schwärmerischen, melancholischen, einer unreifen Liebe verfallenen Jüngling zum selbstbewussten, entschlossenen Mann, der die Konsequenzen seiner Handlungen zu tragen bereit ist und seinen tragischen Weg unbeirrt zu Ende geht.
- Julia macht ebenfalls eine Entwicklung durch: von der gehorsamen, den elterlichen und gesellschaftlichen Konventionen unterworfenen Halbwüchsigen zur entschlossenen jungen Frau, die die Liebe zu ihrem Ehemann als absoluten Wert setzt, dem selbst der Tod nichts anhaben kann.
- Der Gang der Ereignisse wird von einer unglücklichen Verkettung von Missverständnissen und Zufällen bestimmt. Selbst ein ausgeklügelter und rationaler Plan, wie jener des Mönchs Lorenzo, ist darum zum Scheitern verurteilt. Einzig der Tod kann die Liebenden von den Zufällen und Wendungen des Schicksals, dem sie ausgeliefert sind, befreien.
- Symbole spielen in Shakespeares Sprache eine wichtige Rolle. So wird etwa die Liebe zwischen Romeo und Julia in Licht- und Naturphänomenen gespiegelt und gesteigert. Und indem sich Julia am Ende des Stückes erdolcht, vollzieht sie auf symbolischer Ebene den Liebesakt.
Historischer Hintergrund
Das elisabethanische Theater
Königin Elisabeth I. regierte das Vereinigte Königreich 44 Jahre lang, von 1559 bis 1603. Während ihrer Regentschaft erlebte England einen beeindruckenden politischen und wirtschaftlichen Aufschwung. Bereits Elisabeths Vater Heinrich VIII. hatte 1534 den Bruch mit Rom vollzogen, zu Elisabeths Zeit emanzipierte sich das Land noch mehr von der katholischen Kirche. Dadurch entstand ein innenpolitisches Klima geistiger und religiöser Toleranz. Außerdem löste das Inselreich das katholische Spanien als stärkste Seefahrernation ab: Der Sieg von Sir Francis Drakes zahlenmäßig unterlegener Flotte gegen die spanische Armada von 1588 läutete Englands Entwicklung zur europäischen Großmacht ein. Zum nationalen Selbstbewusstsein trug auch der wachsende materielle Wohlstand des Bürgertums bei. Das London William Shakespeares war eine moderne, urbane, lebendige und intellektuell neugierige Stadt von rund 200 000 Einwohnern – ideale Voraussetzungen für eine vitale öffentliche Theaterkultur. Elisabeth I. war nicht nur eine gewiefte Politikerin, sondern auch eine große Förderin von Kunst und Schauspiel. Unter ihrer Regentschaft wurden die Spielstätten zu Erlebnisorten für breite Bevölkerungsschichten, ja es kam zu einem regelrechten Theaterboom, begleitet von einem künstlerisch fruchtbaren Wettbewerb zwischen professionellen Schauspielertruppen. In diesem Klima fiel Romeo und Julia, das Stück über die Liebe zweier historisch bedeutungsloser Personen, in denen sich die Zuschauer aber wiedererkennen konnten, auf fruchtbaren Boden. Die Dramen des Elisabethanischen Zeitalters wurden in der Regel als Gebrauchsliteratur zum Zweck der Aufführung betrachtet, sodass nur ein geringer Teil der gesamten Produktion schriftlich überliefert ist. Rund zwei Drittel der Theaterstücke aus der Blütezeit unter Elisabeth I. gelten als verloren.
Entstehung
Die tragische Liebesgeschichte von Romeo und Julia ist keine Erfindung Shakespeares, sie war schon vorher, vor allem in der italienischen Novellenliteratur, bekannt. Bereits 1476 taucht das Motiv des Scheintodes und des doppelten Selbstmordes in einer Novellensammlung von Masuccio di Salerno auf. Die berühmteste und literarisch gelungenste Fassung des Stoffes innerhalb der italienischen Literatur stammt aus dem Jahre 1554 und wurde von Matteo Maria Bandello verfasst, Pierre Boiaistuau übersetzte sie mit einigen Ergänzungen ins Französische. Diese in Europa sehr verbreitete Fassung diente wiederum dem Engländer Arthur Brooke als Grundlage eines großen Versgedichtes mit dem Titel The Tragicall History of Romeus and Juliet (1562), das schließlich zu Shakespeares wichtigster Quelle wurde. In keinem anderen seiner Stücke hat sich der englische Dramatiker so eng an eine bestehende Vorlage gehalten. Romeo und Julia entstand vermutlich um 1595, im letzten Jahrzehnt der Regentschaft von Elisabeth I. Die erste gedruckte Ausgabe erschien in London im Jahr 1597 (die so genannte erste Quarto-Ausgabe, sie steht in dem zweifelhaften Ruf, ein Raubdruck gewesen zu sein).
Wirkungsgeschichte
Neben Hamlet ist Romeo und Julia Shakespeares bekanntestes und weitverbreitetstes Stück. Es war schon im England des 17. Jahrhunderts äußerst beliebt, wurde aber häufig in veränderten Versionen aufgeführt – manchmal erhielt es sogar ein Happy End. Erst ab 1846 wurde dank der Intervention des Londoner Theaterintendanten Samuel Phelps wieder die Originalfassung gespielt. Außergewöhnlich war für die Zeit Shakespeares die Tatsache, dass die Liebesgeschichte zweier historisch unbedeutender Figuren nicht in einer Komödie, sondern in einer Tragödie dargestellt wurde. Die erste deutsche Übersetzung stammt aus dem Jahr 1625; maßgebend ist jedoch die Übertragung von August Wilhelm von Schlegel aus dem Jahr 1797, die der Leidenschaftlichkeit und der stilistischen Vielfalt des Originals zumindest nahekommt. Das Motiv der gegen die gesellschaftlichen Konventionen aufbegehrenden Liebe hat auch in der Schweizer Literatur einen viel beachteten Niederschlag gefunden: 1856 schrieb Gottfried Keller die Novelle Romeo und Julia auf dem Dorfe, in der er – von einem Vorfall ausgehend, der sich tatsächlich so ereignet hatte – den Stoff in die bürgerliche und bäuerliche Welt des 19. Jahrhunderts verlegte.
Shakespeares Stück hat seine Faszination bis in die jüngste Zeit nicht verloren, wobei jede Generation es mit einer eigenen, mit den jeweiligen sozialen und politischen Verhältnissen zusammenhängenden Deutung versah. Unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg stand das Drama – zumindest in Deutschland – für die Möglichkeit, Hass und Zwietracht zu überwinden. Für die 68er repräsentierte es die Auflehnung der Jugend gegen Eltern und Staat und für heutige Menschen vielleicht das Ideal der reinen, uneigennützigen Liebe in einem materialistischen, die wahren Gefühle verfremdenden und hochkapitalistischen Medienzeitalter. Zahlreich sind die Verfilmungen und Kompositionen, in deren Mittelpunkt die Auflehnung der Liebenden gegen die starre Gesellschaft steht. So wurde beispielsweise Leonard Bernsteins in New York spielende Musical-Adaption aus dem Jahr 1957 zum modernen Klassiker: In der West Side Story verlieben sich zwei Mitglieder rivalisierender Jugendbanden aus den Einwanderervierteln New Yorks ineinander. Verfilmt wurde Shakespeares Stück u. a. 1968 von Franco Zeffirelli und 1996 von Baz Luhrmann (mit Leonardo DiCaprio als Romeo und Claire Danes als Julia). Zu nennen ist außerdem die Kino-Bearbeitung durch John Madden, Shakespeare in Love (1998).
Über den Autor
William Shakespeare kann ohne Übertreibung als der berühmteste und wichtigste Dramatiker der Weltliteratur bezeichnet werden. Er hat insgesamt 38 Theaterstücke und 154 Sonette verfasst. Shakespeare wird am 26. April 1564 in Stratford-upon-Avon getauft; sein genaues Geburtsdatum ist nicht bekannt. Er ist der Sohn des Handschuhmachers und Bürgermeisters John Shakespeare. Seine Mutter Mary Arden entstammt einer wohlhabenden Familie aus dem römisch-katholischen Landadel. 1582 heiratet er die acht Jahre ältere Anne Hathaway, Tochter eines Gutsbesitzers, mit der er drei Kinder zeugt: Susanna sowie die Zwillinge Hamnet und Judith. Um 1590 übersiedelt Shakespeare nach London, wo er sich innerhalb kurzer Zeit als Schauspieler und Bühnenautor einen Namen macht. Ab 1594 ist er Mitglied der Theatertruppe Lord Chamberlain’s Men, den späteren King’s Men, ab 1597 Teilhaber des Globe Theatre, dessen runde Form einem griechischen Amphitheater nachempfunden ist, sowie ab 1608 des Blackfriars Theatre. 1597 erwirbt er ein Anwesen in Stratford und zieht sich vermutlich ab 1613 vom Theaterleben zurück. Er stirbt am 23. April 1616. Über Shakespeares Leben gibt es nur wenige Dokumente, weshalb sich seine Biografie lediglich bruchstückhaft nachzeichnen lässt. Immer wieder sind Vermutungen in die Welt gesetzt worden, wonach sein Werk oder Teile davon in Wahrheit aus anderer Feder stammen. Als Urheber wurden zum Beispiel der Philosoph und Staatsmann Francis Bacon, der Dramatiker Christopher Marlowe oder sogar Königin Elisabeth I. genannt. Einen schlagenden Beweis für solche Hypothesen vermochte allerdings niemand je zu erbringen. Heutige Forscher gehen mehrheitlich davon aus, dass Shakespeare der authentische und einzige Urheber seines literarischen Werkes ist.
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