- Roman
- Moderne
Worum es geht
Die Welt im Spiegel
Shimamura, die Hauptfigur in Schneeland, kann die übermenschliche Schönheit einer Frau nur in ihrer Spiegelung im Zugfenster ertragen. Dieses Motiv des Romans ist zugleich der Schlüssel zu seinem Verständnis: Kawabata ergründet das wirkliche Leben über den Spiegel der Kunst. Indem er die Einsamkeit der Figuren, ihre vergeblichen Hoffnungen und ihre ziellosen Handlungen in die Naturkulisse einer abgelegenen japanischen Bergregion versetzt, wird ihre Verzweiflung umso augenfälliger. Gleichzeitig wird alles Negative entweder in poetischen Umschreibungen aufgelöst oder bleibt gänzlich unausgesprochen. Die Geschichte zwischen Shimamura und der Geisha Komako wirkt entsprechend unfertig, ihre Gespräche brechen ab, bevor man erfährt, was wirklich in ihnen vorgeht. Doch gerade diese Lücken führen dazu, dass das Lesen zum aktiven Erlebnis wird und die ganze assoziative Kraft beansprucht. In diesem Sinne ist der Roman selbst ein Spiegel: Was er darstellt, hängt davon ab, wer einen Blick hineinwirft. Kawabata gelang mit Schneeland die Verbindung japanischer Erzähltraditionen mit modernen europäischen Einflüssen – einer der Gründe, warum er 1968 als erster Japaner den Nobelpreis für Literatur erhielt.
Zusammenfassung
Über den Autor
Yasunari Kawabata wird am 14. Juni 1899 in Osaka geboren. Sein Vater, ein bekannter Physiker, stirbt an Tuberkulose, als Yasunari gerade zwei Jahre alt ist. Nur ein Jahr später verstirbt auch seine Mutter. Yasunari wird in die Obhut der Großmutter gegeben, doch auch sie lebt nur, bis er sieben Jahre alt ist. Im Alter von neun verliert er seine Schwester, mit 14 seinen Großvater. Er kommt bei den Verwandten seiner Mutter unter, wird sich aber später als „Kind ohne Heimat oder Familie“ bezeichnen. Ab 1920 studiert Kawabata Literatur an der Universität Tokio und schließt sein Studium 1924 ab. Er gründet die Zeitschrift Bungei Jidai (Das künstlerische Zeitalter) mit, die sich als Medium einer neuen japanischen Literatur versteht. Kawabata konzentriert sich auf die japanische Kultur und Geschichte, die ihm das Gefühl vermitteln, Wurzeln zu besitzen. 1927 veröffentlicht er sein erstes Werk, die Kurzgeschichte Izu no odoriko (Die Tänzerin von Izu). Mit der Arbeit an seinem bekanntesten Roman Yukiguni (Schneeland) beginnt er 1934. 1953 wird er Mitglied der japanischen Kunstakademie, vier Jahre später wird er zum Präsidenten des internationalen P.E.N.-Clubs ernannt. Er macht sich insbesondere um die Förderung junger literarischer Talente verdient. Sein 1962 erschienenes Werk Kōto (Kyoto oder Die jungen Liebenden in der alten Kaiserstadt) gilt bis heute als eine der eindrücklichsten Darstellungen von Kawabatas Heimat. 1968 erhält er den Literaturnobelpreis. Am 16. April 1972 begeht Kawabata in Zushi Selbstmord. Bis heute sind die Umstände seines Todes ungeklärt.
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