Navigation überspringen
Standardsituationen der Technologiekritik
Buch

Standardsituationen der Technologiekritik

Suhrkamp, 2013 Mehr


Bewertung der Redaktion

8

Qualitäten

  • Innovativ

Rezension

Auch diejenigen, die sich als innovative Zeitgenossen sehen, werden sich ertappt fühlen: Vielleicht wenn sie sich an ihre ersten Reaktionen auf Twitter erinnern: „Das nutzen nur Nerds“, dachten viele Internetnutzer noch im Jahr 2008. Die Autorin und engagierte Netz-Nutzerin Kathrin Passig sieht in der menschlichen Reaktion auf Neues eindeutige Muster. Ihr Büchlein Standardsituationen der Technologiekritik ist ein zusammenfassender Neudruck von sechs Artikeln, die sie zwischen 2009 und 2012 in der Zeitschrift Merkur veröffentlicht hat. Gemeinsamer Nenner sind gesellschaftliche Phänomene im Umfeld des Internets und der Digitalisierung. Das reicht von Online-Empfehlungen bis zur Quantified-Self-Bewegung. Passig stellt in ihren Essays teilweise steile Thesen auf, die plausibel wirken, aber nur mit Einzelzitaten oder gar nicht belegt sind, oder sie generalisiert Einzelbeispiele. Innerhalb eines Artikels springt sie auch gerne von einem Thema zum nächsten Einfall. Das macht bisweilen den Eindruck des nicht Durchdachten, hat aber auch seinen Reiz. Nach Ansicht von getAbstract sind die Texte lesenswert, weil sie zum Nachdenken über aktuelle Phänomene der digitalen Welt anregen.

Zusammenfassung

Essay 1: Standardsituationen der Technologiekritik

Egal ob Telefon, Kino, Internet – die kritische Reaktion auf technische Neuerungen folgt in der Regel einem bestimmten Schema. Innovative Dinge werden so gut wie nie spontan begeistert aufgenommen. Im Gegenteil, sie werden manchmal sogar in einem Akt des Vandalismus zerstört. So war es bei der Einführung der Pariser Straßenbeleuchtung unter Ludwig XIV.: Die Pariser fühlten sich in ihrer Privatsphäre beeinträchtigt und deuteten es als Kontrollmaßnahme, dass Laternen angebracht wurden. Auch die auffälligen Leihfahrräder der Deutschen Bahn wurden anfänglich oftmals mutwillig beschädigt. Dabei vollzieht sich die Kritik an neuen Technologien typischerweise in folgenden Schritten:

  • „Wozu soll das gut sein? Es ging doch bisher auch so.“ Das Neue bringt eingespielte Abläufe und Gewohnheiten durcheinander.
  • Wird die Neuerung von den ersten Nutzern akzeptiert, lautet die nächste kritische Frage: „Wer will denn so was?“ Diese Frage stellte etwa Filmstudiochef Warner zu Beginn der Tonfilmära: „Wer zum Teufel will die Schauspieler auch noch reden hören?“
  • Die nächste Stufe lautet: „Das ist nur etwas für Spezialisten...

Über die Autorin

Kathrin Passig ist Buchautorin, Übersetzerin und Journalistin. Sie veröffentlicht unter anderem in der Berliner Zeitung, der Taz, der Süddeutschen und im Merkur. Gemeinsam mit Kollegen betreibt sie das Weblog Riesenmaschine und die virtuelle Firma Zentrale Intelligenz Agentur.


Kommentar abgeben oder Diskussion beginnen