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Stolz und Vorurteil

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Stolz und Vorurteil

Insel Verlag,

15 Minuten Lesezeit
12 Take-aways
Text verfügbar

Was ist drin?

Der Stoff, aus dem die Hochzeitsträume sind: Jane Austens Klassiker begegnet uns noch heute in vielen Liebeskomödien. Warum nicht einmal mehr über das Original erfahren?

Literatur­klassiker

  • Liebesroman
  • Romantik

Worum es geht

Vorbild vieler Liebeskomödien

Jane Austens beliebtester Roman Stolz und Vorurteil ist eine Umkehrung des Motivs von der Liebe auf den ersten Blick: Fitzwilliam Darcy sieht Elisabeth Bennet auf einem Ball und ist zunächst nur mäßig beeindruckt – während sie ihn überhaupt nicht ausstehen kann. Erst nach unzähligen Missverständnissen und dem Sieg über Stolz und Vorurteile finden die beiden zueinander. Austen zeichnet mit ihrem Roman ein detailliertes Gesellschaftsporträt ihrer Zeit. Die begrenzte Welt des Landadels und des Handelsbürgertums in England zu Beginn des 19. Jahrhunderts erscheint dabei wie unter einem Brennglas. Mit Witz und Ironie nimmt die Autorin die Heuchelei und Beschränktheit ihrer Mitmenschen aufs Korn. Und sie schildert sehr einfühlsam das verzweifelte Los der Frauen, deren einzige Chance damals darin bestand, sich gut zu verheiraten – was der Pfarrerstochter Jane Austen übrigens nicht gelang. Zum Glück, möchte man fast meinen, denn sonst hätte sie vielleicht ihre wunderbaren Romane nicht geschrieben, die das Grundmuster so mancher Liebeskomödie abgegeben haben: Bridget Jones und der Bollywood-Blockbuster Bride and Prejudice sind nur die jüngsten Beispiele für Austens anhaltenden Einfluss; als Vorlage für Remakes ist sie derzeit populärer als Shakespeare. Kein Wunder, denn eine Kunst beherrschte sie virtuos: ihre Leser glänzend zu unterhalten.

Take-aways

  • Stolz und Vorurteil gilt als Prototyp der Liebeskomödie.
  • Er erzählt, wie eine ehrgeizige Mutter versucht, ihre fünf Töchter möglichst vorteilhaft zu verheiraten.
  • Die älteste und schönste, Jane, scheint bei dem wohlhabenden und charmanten Junggesellen Bingley die besten Chancen zu haben.
  • Doch dessen adliger Freund Darcy redet ihm die Verbindung aus. Der Grund: Janes Familie sei schlichtweg peinlich und nicht standesgemäß.
  • Gleichzeitig verliebt sich Darcy aber in Janes Schwester Elisabeth. Diese kann ihn nicht ausstehen und lehnt seinen Heiratsantrag schroff ab.
  • Elisabeths Freundin Charlotte heiratet den plumpen und heuchlerischen Pfarrer Mr. Collins, um sich materiell abzusichern.
  • Lydia, die jüngste der Schwestern, brennt aus einem Gefühl romantischer Verliebtheit mit dem Filou Wickham durch. Darcy sorgt dafür, dass die beiden heiraten können.
  • Auch Jane und Bingley heiraten schließlich. Erst als Darcy seinen Stolz besiegt und Elisabeth ihre Vorurteile überwindet, ist die vierte Hochzeit perfekt.
  • Die Romanfiguren heiraten aus unterschiedlichen Motiven, die nicht alle eine glückliche Ehe versprechen. Idealerweise treffen Seelenverwandtschaft und Vermögen zusammen.
  • Jane Austen schildert normale Menschen in alltäglichen Situationen und gilt deshalb als eine der Begründerinnen des modernen Romans.
  • Dabei beschränkt sie sich auf den kleinen, ihr bekannten Ausschnitt der Gesellschaft: Landadel, Klerus und Handelsbürgertum.
  • Einige Kritiker werteten diesen Tunnelblick als reaktionär. Andere sahen ihn als Satire auf die in Traditionen und Illusionen verharrende Gesellschaft.

Zusammenfassung

Erste Eindrücke

Mrs. Bennet hat ein Problem: fünf Töchter im heiratsfähigen Alter, aber alle ohne eine nennenswerte Mitgift. Die Nachricht von der Vermietung der benachbarten Besitzung Netherfield kommt deshalb gerade recht. Denn der neue Mieter Charles Bingley, ein junger, lediger Herr, stellt sich als gute Partie heraus. Er ist nicht nur attraktiv, höflich und aufgeschlossen, sondern auch vermögend. Eifersüchtig beobachten die Damen der Gegend, wie er sich auf einem Ball besonders um Jane, die älteste und schönste der fünf Bennet-Schwestern, bemüht. Sein Freund Fitzwilliam Darcy hingegen erregt nach anfänglicher Bewunderung nur Widerwillen. Der hochgewachsene, dunkelhaarige Mann brüskiert die Einheimischen durch seine überhebliche und spöttische Art. Er tanzt ausschließlich mit Bingleys weiblichen Verwandten und äußert sich sogar abschätzig über Elisabeth, die zweitälteste der Bennet-Schwestern. Dabei spricht er so laut, dass sie seine Worte unweigerlich mit anhört.

„Es ist eine allgemein anerkannte Wahrheit, dass ein Junggeselle, der ein beachtliches Vermögen besitzt, zu seinem Glück nur noch einer Frau bedarf.“ (S. 9)

Mrs. Bennet versucht alles, um ihre Älteste mit Mr. Bingley zu verkuppeln. Als dessen Schwestern Jane zum Abendessen einladen, lässt die Mutter ihre Tochter mit dem Pferd vom heimatlichen Gut Longbourn nach Netherfield reiten, anstatt ihr die Kutsche zu überlassen. Sie hofft, es werde regnen und Jane erhalte so einen Vorwand, dort zu über-nachten. Der Plan geht auf: Jane erkältet sich schwer und muss das Bett hüten. Elisabeth läuft am Morgen darauf die drei Meilen zu Fuß, um der geliebten Schwester Gesellschaft zu leisten. Mit verschmutztem Unterrock und rot glühenden Wangen kommt sie in Netherfield an. Die arroganten Bingley-Schwestern strafen sie hierfür mit Verachtung. Darcy hingegen ist zunehmend von ihrer lebhaften, schlagfertigen Art und ihren klugen Augen beeindruckt. Allerdings ist er zwischen Bewunderung für Elisabeth und Geringschätzung ihrer Verwandtschaft hin- und hergerissen. Denn Mrs. Bennet stammt aus einer einfachen Anwaltsfamilie, ist unerträglich laut, ungebildet und hat peinlich schlechte Manieren. Unter den drei jüngeren Schwestern tut sich der Bücherwurm Mary durch altkluge Bemerkungen und eine entsetzliche Gesangstimme hervor, während Kitty und Lydia schamlos mit den Offizieren flirten.

Unverhoffter Besuch

Unterdessen hat der Pfarrer Mr. Collins, ein entfernter Verwandter von Mr. Bennet, seinen Besuch in Longbourn angekündigt. Laut Erbfolgegesetz würde ihm nach Mr. Bennets Tod das Landgut vermacht – ein Albtraum für Mrs. Bennet. Zur Überraschung aller macht der aufgeblasene Mr. Collins der entsetzten Elisabeth einen Heiratsantrag. Er ist überzeugt, dass sie ein so großzügiges Angebot, den Familienbesitz zu erhalten, annehmen wird. Als Elisabeth aber ablehnt, sieht er darin zunächst nur damenhafte Ziererei und stellt selbstgefällig einen zweiten Antrag in Aussicht. Doch Mrs. Bennets eilige Versicherung, sie werde Elisabeth den Starrsinn schon austreiben, lässt ihn unsicher werden: Als Pfarrer kann er sich keine launische Gattin erlauben. Außerdem ist er entschlossen, seiner verehrten Gönnerin Lady Catherine de Bourgh bei seiner Rückkehr eine Ehefrau zu präsentieren. Schon am nächsten Tag macht er darum Elisabeths Freundin Charlotte einen Antrag. Diese nimmt an. Was, so erklärt sie der verblüfften Elisabeth, bleibe ihr im hohen Alter von 27 Jahren, mit mäßigem Aussehen und Vermögen schon anderes übrig? Elisabeth hingegen glaubt an die wahre Liebe. Sie fühlt sich von dem gut aussehenden und charmanten Offizier Wickham angezogen. Dieser liefert ihr weitere Gründe, um Darcy zu misstrauen. Denn der, so berichtet Wickham, habe ihn auf schändliche Weise um sein Erbe betrogen. Wickhams Vater war der Verwalter auf dem Gut der Darcys, deshalb sei ihm, dem Sohn, eine einträgliche Pfarrstelle vermacht worden. Doch der junge Darcy habe das Testament missachtet und die Stelle jemand anderem gegeben. Elisabeth ist entrüstet und verwirft Janes vorsichtige Mahnung, angesichts dieser Vorwürfe zunächst Mr. Darcys Version der Geschichte anzuhören.

Enttäuschte Hoffnungen

Jane lässt sich unterdessen kaum anmerken, wie sehr sie selbst enttäuscht wurde: Denn während ihre Mutter noch von der baldigen Hochzeit zwischen ihr und Mr. Bingley prahlt, ist dieser ohne ein Wort des Abschieds nach London abgereist. Bingleys Schwester Caroline lässt in ihren Briefen keine Hoffnung auf eine Rückkehr aufkommen. Stattdessen deutet sie an, dass ihr Bruder sich in die reizende Miss Darcy verliebt habe. Von Natur aus selbstlos, sanft und gütig akzeptiert Jane diese Wendung. Elisabeth ist dagegen überzeugt, dass Mr. Darcy und die Bingley-Schwestern die Liebenden auseinandergerissen haben.

„Sie ist erträglich, aber nicht hübsch genug, um mich zu reizen. Außerdem bin ich nicht in der Laune, mich junger Damen anzunehmen, die von anderen Männern übersehen werden.“ (Darcy über Elisabeth, S. 18)

Angenehme Ablenkung bringt der Besuch von Mrs. Bennets Bruder Mr. Gardiner und dessen Frau. Die beiden schlagen vor, Jane für ein paar Monate nach London mitzunehmen, damit sie dort auf andere Gedanken kommt. Mrs. Gardiner warnt Elisabeth vor ihrer Abreise davor, sich ernsthaft in Wickham zu verlieben. Der Mangel an Vermögen mache daraus eine denkbar ungünstige Verbindung. Elisabeth sieht das zwar ein, will aber nicht ausschließen, aus Liebe unvernünftig zu handeln. Kurze Zeit später nimmt Wickham ihr jedoch die Entscheidung ab: Er wendet sich einer reizlosen, aber wohlhabenden jungen Dame zu und lässt Elisabeth fallen.

Heiratsantrag, der zweite

Elisabeth besucht daraufhin ihre Freundin Charlotte in Hunsford und verbringt viel Zeit auf dem prunkvollen Landsitz von Lady Catherine de Bourgh, die Mr. Collins in seinen geschwollenen Reden zu einer wahren Heiligen hochstilisiert hat. Doch die adlige Dame erweist sich als herrisch, besserwisserisch und oft sogar beleidigend. Deshalb ist Elisabeth beinahe erleichtert über die Abwechslung, als Mr. Darcy und sein Vetter Oberst Fitzwilliam Lady Catherine besuchen kommen, die deren Tante ist. Die Hausherrin ist fest entschlossen, Darcy mit ihrer kränklichen Tochter zu liieren. Doch die beiden Herren sind auffällig oft im Pfarrhaus anzutreffen, wo Elisabeth zu Besuch ist. Und wann immer Elisabeth im Park spazieren geht, läuft ihr zu ihrer Verwunderung Mr. Darcy über den Weg.

„Ja, Eitelkeit ist wirklich eine Schwäche. Aber Stolz? Wo wirkliche geistige Überlegenheit herrscht, wird der Stolz immer maßvoll sein.“ (Darcy, S. 69)

Eines Tages sucht er sie allein auf und offenbart ihr seine glühende Liebe. Im Bewusstsein ihrer niederen Herkunft habe er lange genug dagegen angekämpft, doch vergeblich. In seiner leidenschaftlichen Rede gefangen, bemerkt Darcy nicht, dass er Elisabeth durch derartige Erklärungen maßlos erzürnt. Darüber hinaus hat sie kurz vor seinem Antrag von Oberst Fitzwilliam erfahren, dass Darcy tatsächlich aktiv gegen Bingleys Verbindung mit Jane intrigiert hat. Zu Darcys Erstaunen und Ärger lehnt sie seinen Antrag ab. Der Grund: Wider Willen und Vernunft geschätzt zu werden, empfinde sie als kränkend. Außerdem wirft sie ihm vor, Wickham um sein Erbe und Bingley und Jane um ihr Glück gebracht zu haben. Darcy verlässt erregt das Haus.

Klärende Worte

Am Tag darauf wartet er wieder im Park auf Elisabeth und überreicht ihr einen langen Brief. Darin legt er ohne Groll seine eigene Sicht der Dinge dar und entlarvt Wickham als Lügner und Betrüger: In Wahrheit hat dieser niemals Pfarrer werden wollen. Darcy gab ihm deshalb anstelle der Pfarrei eine stattliche Summe, damit er Jura studieren konnte. Nachdem Wickham diese verschleudert hatte, bat er doch noch um die Pfarrei, und Darcy verweigerte sie ihm. Am Ende versuchte Wickham, mit Darcys 15-jähriger Schwester durchzubrennen, um an ihr Geld zu kommen. Elisabeths Schwester Jane wiederum hat nach Darcys Ansicht in ihrer freundlich beherrschten Art niemals den Anschein vermittelt, Bingleys Gefühle zu erwidern. Darin, so gesteht er im Brief ein, möge er sich getäuscht haben. Doch das taktlose und peinliche Verhalten Mrs. Bennets und ihrer drei jüngsten Töchter habe ihn von der Notwendigkeit überzeugt, die Ver-bindung zwischen den beiden zu verhindern.

„Elisabeth, du stehst vor einer unseligen Wahl. Vom heutigen Tage an musst du für einen Teil deiner Eltern eine Fremde sein. Deine Mutter will dich nicht mehr sehen, wenn du Mr. Collins nicht heiratest, und ich will dich nicht mehr sehen, wenn du es tust.“ (Mr. Bennet, S. 125)

Der Brief stimmt Elisabeth nachdenklich. Darcys Meinung von ihrer Familie beschämt sie, doch muss sie ihm insgeheim Recht geben. Bei ihrer Rückkehr nach Longbourn wird sie von Kitty und Lydia mit dummem Gerede über Männer und Mode begrüßt. Sie sind untröstlich darüber, dass das Regiment nach Brighton verlegt wird. Als eine Freundin Lydia einlädt, den Sommer mit ihr und ihrem Mann in Brighton zu verbringen, versucht Elisabeth ihren Vater zu überreden, diese Reise zu verhindern. Ohne Erfolg.

Wiedersehen in Pemberley

Doch die Sorgen über Lydias lose Moral sind bald vergessen. Elisabeth begleitet die Gardiners auf eine Sommerreise nach Derbyshire, wo Mrs. Gardiner einen Teil ihrer Jugend verbracht hat. Dort liegt auch Mr. Darcys Landschloss Pemberley. Nachdem Elisabeth sich der Abwesenheit Darcys versichert hat, besucht sie das Schloss. Der riesige Wald und die geschmackvolle Einbettung des Herrenhauses in die bezaubernde Naturlandschaft übertreffen alle ihre Erwartungen. Von der Haushälterin hört sie zu ihrem Erstaunen, dass Mr. Darcy der liebenswürdigste und mildeste Herr weit und breit sei. Und wie es das Schicksal will, läuft sie ihm auf dem Rückweg in die Arme, da er einen Tag früher als geplant in Pemberley eintrifft. Elisabeth ist so verlegen, dass sie kaum ein Wort herausbringt. Darcy ist nicht wiederzuerkennen: Er begegnet ihr und ihren Verwandten mit großem Respekt, ist redselig und höflich – keine Spur mehr von Stolz und Standesdünkel. In den folgenden Tagen stellt er ihnen seine Schwester vor und sucht ihre Gesellschaft, wann immer es geht. Deshalb ist er auch zugegen, als ein unheilvoller Brief von Jane eintrifft: Lydia ist mit Wickham durchgebrannt. Zunächst hieß es, sie wollten nach Schottland, um dort zu heiraten. Doch dann sickerte durch, dass der Offizier keineswegs an eine Hochzeit denke und sich stattdessen mit Lydia in London versteckt habe. Darcy sagt während des Berichts kaum ein Wort. Elisabeth sieht nun alle Hoffnungen auf eine mögliche wiedererweckte Liebe schwinden. Der Schandfleck auf ihrer Familie ist einfach zu groß.

Auf der Suche nach Lydia

Die Gardiners und Elisabeth reisen so schnell wie möglich nach Longbourn. Mrs. Bennet gibt ihrem Bruder Mr. Gardiner vor seiner Rückkehr nach London noch mit auf den Weg, er solle Lydia sofort zum Heiraten bewegen, wenn er sie ausfindig mache. Was den Kleiderkauf betreffe, solle sie sich aber erst mit ihrer Mutter beraten! Eine Hochzeit scheint jedoch in weiter Ferne: Wickham hat jede Menge Schulden. Was könnte ihn dazu bringen, die fast mittellose Lydia zu ehelichen? Endlich trifft ein Brief von Mr. Gardiner ein: Lydia und ihr Liebhaber sind wohlauf. Heiraten will Wickham sie nur unter der Bedingung, 100 £ jährlich und Lydias Anteil an dem dürftigen Erbe zu erhalten. Mr. Bennet stimmt zähneknirschend zu. Angesichts dieser relativ bescheidenen Forderung vermutet er jedoch, dass Mr. Gardiner den verschuldeten Offizier mit einer beachtlichen Summe bestochen hat.

„Ich bin nicht romantisch und war es nie. Ich wünsche mir nur ein hübsches Heim, und wenn ich Mr. Collins’ Charakter, seine Beziehungen und Stellung betrachte, ist meine Aussicht auf Glück wohl ebenso groß wie das der meisten Menschen, wenn sie in die Ehe treten.“ (Charlotte, S. 140)

Lydia und Wickham kennen weder Scham noch Reue, als sie die Familie kurz darauf besuchen. Die Jungvermählte verspottet Jane als alte Jungfer und prahlt im ganzen Ort mit ihrem Ehering. Nebenbei erwähnt sie auch, dass Darcy bei der Hochzeit zugegen war. Von Mrs. Gardiner erfährt Elisabeth schließlich, was sich in London wirklich zugetragen hat: Nicht Mr. Gardiner, sondern Darcy hat die beiden in ihrem Versteck gefunden, Wickhams Schulden beglichen und ihm zusätzlich Geld gegeben, damit er Lydia heirate. Doch wollte er nicht, dass irgendjemand in der Bennet-Familie etwas davon erfährt.

Doppeltes Glück

Noch bevor die Klatschmäuler im Ort die unehrenhafte Hochzeit erschöpfend erörtert haben, wird die Gerüchteküche erneut angekurbelt: Mr. Bingley ist gemeinsam mit Mr. Darcy nach Netherfield zurückgekehrt. Schon bald wird klar, dass Bingley immer noch in Jane verliebt ist. Elisabeth spürt, dass er dieses Mal die Zustimmung seines Freundes besitzt. Eines Abends scheucht die Mutter alle Schwestern aus dem Gesellschaftszimmer, damit Bingley endlich mit Jane allein sein und ihr einen Antrag machen kann – mit Erfolg.

„Es gibt wenig Menschen, die ich wirklich lieb habe, und noch weniger, von denen ich gut denke. Je mehr ich die Welt kennen lerne, umso weniger befriedigt sie mich.“ (Elisabeth, S. 148)

Darcy hingegen gibt sich zu Elisabeths Enttäuschung zurückhaltend und schweigsam, bald reist er allein nach London ab. Überraschend taucht kurz darauf Darcys Tante, Lady Catherine de Bourgh, in Longbourn auf. Sie verlangt, Elisabeth sofort unter vier Augen zu sprechen: Ihr sei zu Ohren gekommen, dass Darcy Elisabeth einen Antrag machen wolle. Das sei unmöglich, denn sie habe ihn ja für ihre Tochter vorgesehen! Sie appelliert an Elisabeths Pflicht- und Ehrgefühl und versucht ihr das Versprechen abzuringen, auf Darcy zu verzichten. Vergeblich. Wutschnaubend verlässt sie Longbourn und kündigt an, ihren Neffen höchstpersönlich umzustimmen. Doch mit diesem Vorhaben erreicht sie genau das Gegenteil: Durch die Tirade seiner Tante in der Hoffnung bestärkt, dass Elisabeth doch noch etwas für ihn empfindet, eilt Darcy aus London zu ihr und wagt einen zweiten Heiratsantrag. Sie nimmt überglücklich an.

Zum Text

Aufbau und Stil

Stolz und Vorurteil verbindet eine Haupthandlung – die Geschichte um Darcy und Elisabeth – mit mehreren parallelen oder kontrastierenden Nebensträngen. In der ersten Hälfte des Romans führen zufällige und bewusst gesäte Missverständnisse dazu, dass die beiden Hauptpersonen sich voneinander fortbewegen. Ziemlich genau in der Mitte des Buchs, nach Darcys erfolglosem erstem Heiratsantrag, ist der Abstand zwischen ihnen am größten, der Spannungshöhepunkt ist erreicht. Von nun an bewegen sich die beiden wieder langsam aufeinander zu, um sich am Ende in Harmonie zu vereinen. Die Geschichte wird überwiegend in der dritten Person aus der Perspektive Elisabeths erzählt. Doch die Autorin gibt dem Leser auch einen Wissens- oder Gefühlsvorsprung gegenüber der weiblichen Hauptfigur: So wird seine emotionale Teilnahme verstärkt. Man weiß beispielsweise lange vor Elisabeth, was Darcy für sie empfindet, muss aber noch zahlreiche Rückschläge mit den Figuren durchleiden, bis alle Hindernisse überwunden sind.

Wichtigstes Stilmittel ist die Ironie, mit der Jane Austen die Unwissenheit und Borniertheit einiger ihrer Figuren geschickt aufs Korn nimmt, ohne dabei gehässig zu wirken. Groteske Charaktere wie Mrs. Bennet oder der Pfarrer Mr. Collins sorgen auf dem holprigen Weg zum unvermeidlichen Happy End stets für komische Erleichterung.

Interpretationsansätze

  • Stolz und Vorurteil liefert ein pointiertes Porträt der Heiratsgewohnheiten in der englischen Provinz zu Beginn des 19. Jahrhunderts. Eine „gute Partie“ zu machen war für Frauen zu jener Zeit die einzige Chance, gesellschaftliche Anerkennung und wirtschaftliche Sicherheit zu erlangen.
  • Die Heiratsmotive der Figuren sind sehr unterschiedlich. Wer in der Ehe nur nach materieller Sicherheit strebt, wird niemals ganz glücklich, wie das Beispiel Charlottes zeigt. Elisabeth gibt Darcy trotz seines Reichtums erst dann ihr Jawort, als er sich in ihren Augen moralisch geläutert hat. Umgekehrt ist aber auch romantische Liebe allein keine Grundlage für eine glückliche Verbindung, wie Lydias Abenteuer zeigt. Für Frauen in ihrer Lage gab es nur zwei Alternativen – Ehe oder Prostitution.
  • Geringfügige Standesunterschiede erscheinen akzeptabel, wenn die Charaktere beider Partner sich ergänzen. So überwindet Darcy seinen anfänglichen Standesdünkel, als er Elisabeth näher kennen und ihren Verstand schätzen lernt. Austen macht deutlich, dass Charakter, Intellekt und Manieren nicht von der Abstammung abhängen: Die adlige Lady Catherine ist grob und rücksichtslos, während die bürgerlichen Gardiners ein Musterbeispiel moralischen und vornehmen Verhaltens abgeben.
  • Jane Austen schreibt nur über das, was sie aus eigener Erfahrung kennt. Ihr Roman liest sich dadurch als – bewusste oder unbewusste – Persiflage auf die begrenzte Weltsicht ihrer Klasse.
  • Die Autorin vertritt traditionelle Werte wie Disziplin, Moral und weibliche Tugend. Sozialrevolutionäre Ansichten liegen ihr fern. Dennoch ist Austens Name untrennbar mit einer Revolution verbunden: Sie erneuerte die literarische Gattung des Romans, indem sie normale Menschen in alltäglichen Situationen in den Mittelpunkt rückte. Deshalb gilt sie vielen auch als Begründerin des modernen Romans.

Historischer Hintergrund

Provinzielle Idylle in bewegten Zeiten

Stolz und Vorurteil erschien 1813 in einer Zeit enormer politischer und wirtschaftlicher Umwälzungen. Die Napoleonischen Kriege hatten beinahe ganz Europa in Brand gesetzt, Großbritannien entwickelte sich im Zuge der industriellen Revolution und imperialen Ausdehnung zur „Werkstatt der Welt“, in den Städten wuchsen Elend und Unmut der Proletarier. Sie und die Massen verarmter Bauern hatten nur wenig Verständnis für die Ausschweifungen und die Verschwendungssucht des Prinzen von Wales und späteren Königs George IV., der in der „Regencyzeit“ von 1811–1820 anstelle seines wahnsinnig gewordenen Vaters George III. als Prinzregent herrschte. Dieser ganze zeitgeschichtliche Hintergrund fand in Jane Austens Werk jedoch keinerlei Widerhall; sie reduzierte ihre Romane auf die heile Welt des Landadels, Klerus und Handelsbürgertums in dörflichen Gemeinschaften. Literaturgeschichtlich überschnitten sich in jener Zeit die Epochen Klassizismus, Romantik und Realismus. Jane Austens Werk lässt sich jedoch keiner dieser Kategorien eindeutig zuordnen.

Entstehung

Jane Austen schrieb die erste Version von Stolz und Vorurteil bereits 1797– im Alter von erst 22 Jahren. Ihr Vater legte das Manuskript einem Verleger vor, doch der weigerte sich, auch nur einen Blick hineinzuwerfen. Es ist bis heute verschollen. In den 16 Jahren zwischen der ersten Niederschrift und dem Erscheinen der Endversion nahm die Autorin zahlreiche Veränderungen vor. Allerdings ist nicht bekannt, wann und in welchem Umfang diese erfolgten. Wie zwei Jahre zuvor auch schon ihr Roman Verstand und Gefühl erschien Stolz und Vorurteil 1813 anonym. Einzige Autorenangabe: „By a Lady“ (von einer Dame). Jane Austen selbst charakterisierte ihr Buch und selbst ernanntes „Lieblingskind“ in einem Brief an ihre Schwester Cassandra als „zu leicht und hell und sprühend“. Doch genau diese Eigenschaften des Romans haben die Leser seit jeher fasziniert. Denn die mit viel Witz und Ironie beschriebenen Charaktere entspringen der unmittelbaren Umgebung und Lebenserfahrung der Autorin. Der Familienvater im Roman, Mr. Bennet, weist beispielsweise Parallelen zu Austens eigenem Vater auf. Auch die Heiratsanträge sind möglicherweise autobiografisch inspiriert: Im Alter von 27 Jahren erhielt Jane Austen einen Antrag von einem jungen Mann, den sie als „schwerfällig und unbeholfen“ beschrieb. Obwohl sie ihn nicht liebte, willigte sie zunächst ein, nur um am Tag darauf ihre Zustimmung wieder zurückzuziehen.

Wirkungsgeschichte

Stolz und Vorurteil wurde schnell ein großer Erfolg. Die erste Auflage von etwa 1500 Exemplaren war nach wenigen Monaten ausverkauft und die zweite folgte noch im selben Jahr. Austens Leserinnen und Leser schienen regelrecht erleichtert, alltägliche, nachvollziehbare Situationen erleben und mit Personen leiden und lachen zu dürfen, die aus dem Leben gegriffen schienen. Der Kommentar von Annabella Milbanke, der späteren Lady Byron, kurz nach der Erstveröffentlichung bringt es auf den Punkt: „Sie stützt sich auf keine der üblichen Hilfsmittel der Verfasser von Romanen: kein Ertrinken, keine Feuersbrünste, entlaufene Pferde, Schoßhunde und Papageien; weder Stubenmädchen und Hutmacherinnen, noch Duelle und Verkleidungen.“

An Jane Austen schieden sich die großen Geister: Sir Walter Scott schätzte ihr Talent, alltägliche Dinge und Charaktere durch eine wahrhaftige Erzählweise interessant zu gestalten. Andere, wie etwa Charlotte Brontë, Mark Twain oder Ralph Waldo Emerson, kritisierten die sterile Atmosphäre einer in Traditionen erstarrten Gesellschaft sowie eine Thematik, die sich nur auf eine Frage zu beschränken schien: Hat er oder sie genügend Geld zum Heiraten? Während viktorianische Interpreten lobten, dass Austens Romane häusliche Tugenden hochhielten und Frauen eine wertvolle Lehre erteilten, meinten ihre feministischen Nachfolgerinnen ein Jahrhundert später auch subversive Elemente darin zu entdecken.

Einen Popularitätsschub verschafften dem Buch die vielen Verfilmungen und Adaptionen, darunter die beliebte sechsteilige BBC-Fernsehserie mit Colin Firth und Jennifer Ehle in den Hauptrollen. Sogar der Bestseller Bridget Jones, ebenfalls mit Colin Firth verfilmt, hier in der Rolle des galanten Anwalts Mark Darcy, orientiert sich inhaltlich an der 200 Jahre alten Vorlage. Viele der heutigen so genannten „Chick-Lit-Romane“, die meist von nach oben strebenden, hippen Städterinnen auf Männerjagd handeln, sehen sich in der Tradition Jane Austens – ein Anspruch, den echte Fans der Meisterin ihnen jedoch entrüstet verweigern.

Über die Autorin

Jane Austen wird am 16. Dezember 1775 als siebtes Kind des Pfarrers George Austen und seiner Frau Cassandra in Steventon, Hampshire, geboren. Sie und ihre ältere Schwester Cassandra, der sie sehr nahesteht, erhalten nur eine grundlegende Schulbildung von etwa fünf Jahren. Anschließend bilden sie sich zu Hause in Malerei, Klavierspielen und vor allem in der umfangreichen Bibliothek ihres Vaters weiter. Jane fängt bereits mit zwölf Jahren an zu schreiben. In dieser Zeit entstehen zahlreiche Jugendwerke, die sie später überarbeitet. Zwischen 1795 und 1799 schreibt sie an frühen Fassungen ihrer erst später veröffentlichten Romane. Zeitgenossen beschreiben die junge Jane als begeisterte Tänzerin und Theaterbesucherin. Sie hat einige Verehrer, scheint jedoch nicht besonders am Heiraten interessiert zu sein. Wie ihre Schwester Cassandra bleibt sie ledig. Als ihr Vater 1805 stirbt, sind die Schwestern und die Mutter finanziell von Janes Brüdern abhängig. Häufige Wohnortwechsel zwischen Bath, London, Clifton, Warwickshire und Southampton sowie kürzere Aufenthalte bei mehreren Verwandten prägen diese Zeit. 1809 lassen sich die drei Frauen schließlich in dem Dorf Chawton, Hampshire, nieder. Die wiedergefundene Stabilität weckt in Jane neue kreative Kräfte. Sie bereitet Verstand und Gefühl (Sense and Sensibility, 1811) sowie Stolz und Vorurteil (Pride and Prejudice, 1813) zur Veröffentlichung vor. 1814 erscheint Mansfield Park und 1816 Emma. Jane Austen ist zu diesem Zeitpunkt bereits eine viel gelesene, wenn auch anonyme Autorin. Sie stirbt im Alter von 41 Jahren am 18. Juli 1817, wahrscheinlich an der Addison-Krankheit, deren Ursache damals unbekannt und die nicht behandelbar ist. Die Romane Anne Elliot (Persuasion) und Die Abtei von Northanger (Northanger Abbey) erscheinen postum im Jahr 1818. Erst zu diesem Zeitpunkt gibt Janes Bruder Henry die Urheberschaft aller sechs Werke bekannt.

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