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Stopfkuchen
Buch

Stopfkuchen

Eine See- und Mordgeschichte

Berlin, 1891
Diese Ausgabe: dtv, 2010 Mehr

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Literatur­klassiker

  • Roman
  • Moderne

Worum es geht

Ein verstecktes Juwel der literarischen Moderne

„Absolut Nummer eins“ war Wilhelm Raabe für seinen Schriftstellerkollegen und Zeitgenossen Theodor Fontane. Leider sah das sonst kaum jemand so: Raabe schrieb, von seinem biedermeierlichen Debüt abgesehen, von Kritik und Publikum weitestgehend unbemerkt. Lange Zeit galt der Autor als Verfasser von idyllischen und kauzigen, aber literarisch kaum ambitionierten Texten. Selbst heute ist Raabe noch ein Geheimtipp – was in Anbetracht seines späten Romans Stopfkuchen erstaunt. In diesem erzählt der beleibte Titelheld seine Lebens- und Liebesgeschichte, die tatsächlich von einem Mordfall geprägt ist. Dabei geht er aber nicht chronologisch vor, sondern berichtet vor- und rückwärts, wird immer wieder von seiner Frau unterbrochen und schweift in Erinnerungen ab. Aufgezeichnet wird das Ganze von Stopfkuchens Jugendfreund Eduard während einer Schiffsreise nach Afrika, sodass letztendlich ein faszinierendes Wirrwarr von Erzählperspektiven und gespiegelten Handlungsmomenten entsteht. Raabes handwerkliche Finesse, ja Modernität, beeindruckt bis heute – erst recht, wenn man sich das Entstehungsdatum vor Augen führt.

Zusammenfassung

Zu Besuch in der Heimat

Eduard befindet sich an Bord der „Hagebucher“; er ist auf der Heimreise von Hamburg nach Südafrika, wo er es zum Gutsbesitzer gebracht hat. Die Schiffspassage wird 30 Tage dauern, und diese Zeit will Eduard nutzen, um die Ereignisse während seines Besuchs im heimatlichen Dorf Maiholzen zu Papier zu bringen.

Viele ehemalige Kameraden hat Eduard bei einem Besuch in der Schankwirtschaft wiedergetroffen. Auf dem Heimweg, unter dem klaren norddeutschen Sternenhimmel, fällt ihm jedoch auf, dass einer der alten Freunde gefehlt hat: Heinrich Schaumann, den alle von jeher wegen seiner enormen Leibesfülle bloß Stopfkuchen genannt haben. Wie Eduard von seinen Kameraden erfährt, lebt Heinrich inzwischen auf der roten Schanze, einem befestigten Hof, von dem aus der Prinz von Sachsen im Siebenjährigen Krieg den Kanonenbeschuss des Dorfes begonnen hatte. Eduard beschließt, Stopfkuchen am folgenden Tag einen Besuch abzustatten.

Was Eduard ebenfalls erfährt: Der Landpostbote Fritz Störzer ist an diesem Tag verstorben. Ohne einen einzigen Urlaubstag ist er 31 Jahre im Dienst gewesen und hat zu Fuß eine ...

Über den Autor

Wilhelm Raabe wird am 8. September 1831 in Eschershausen im Herzogtum Braunschweig als Sohn eines Juristen geboren. Seine Mutter macht ihn bereits im Alter von fünf Jahren mit Robinson Crusoe bekannt. Ein starker Einfluss ist zudem der Großvater August Raabe, der als schriftstellernder Postrat die Fantasie des Jungen anregt. 1845 stirbt der Vater, die Mutter siedelt mittellos mit den Kindern nach Wolfenbüttel über. Wilhelm versagt auf dem Gymnasium, das er nach der siebten Klasse ohne Abschluss verlässt. Gelobt wird er lediglich für seine zeichnerischen Fähigkeiten und sein sprachliches Talent. Es folgt eine Buchlehre in Magdeburg, die er jedoch nach einem Selbstmord in seinem Bekanntenkreis 1853 verstört abbricht, um zu seiner Mutter nach Wolfenbüttel zurückzukehren. 1854 geht er nach Berlin, um als Gasthörer ohne Abitur Philologie zu studieren. Dort schreibt er ab November 1854 seinen ersten Roman Die Chronik der Sperlingsgasse, der 1856 veröffentlicht wird. Beim Publikum, vor allem aber auch bei der Kritik, ist der Roman ein Erfolg. Raabe entschließt sich, als freier Schriftsteller zu leben. Im Juli 1862 heiratet er Bertha Leiste, mit der er nach Stuttgart zieht. Das Paar bekommt vier Töchter. Um die Familie zu ernähren, ist Raabe enorm produktiv und schreibt im Lauf seines Lebens über 80 Romane, Novellen und Erzählungen. Bekannt werden vor allem Die schwarze Galeere (1861) und Der Hungerpastor (1864). Im Juli 1870 zieht die Familie nach Braunschweig. Die Werke des Autors werden künstlerisch anspruchsvoller, der literarische Erfolg seiner Anfangsjahre bleibt zunehmend aus. Mit Stopfkuchen (1891) sieht Raabe sein Lebenswerk vollendet. Er schreibt nicht mehr viel und widmet sich verstärkt der Malerei. Am 15. November 1910 stirbt er.


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