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System der antiphlogistischen Chemie
Buch

System der antiphlogistischen Chemie

Paris, 1789
Diese Ausgabe: Deutscher Klassiker Verlag, 2008 Mehr

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Literatur­klassiker

  • Naturwissenschaften
  • Aufklärung

Worum es geht

Die Chemie wird neu erfunden

Isaac Newton hatte es in der Physik vorgemacht. 1789, im Jahr der Französischen Revolution, war die Chemie an der Reihe: Antoine Laurent Lavoisier, Jurist, Geschäftsmann und Chemiker, goss ihr ein wissenschaftliches Fundament. Bis dahin war die Chemie weniger eine systematische Wissenschaft als vielmehr eine praktische Kunst gewesen, betrieben von Apothekern und Schnapsbrennern; das spärliche theoretische Grundgerüst ging z. T. noch auf Aristoteles zurück. Ja, im Grunde hatte sich noch nicht einmal der Zusammenhang von Experiment und Hypothese etabliert: Dass man aus präzise durchgeführten Versuchen Theorien ableiten und deren Gültigkeit durch weitere Versuche überprüfen kann, führte erst Lavoisier vor. Dabei war der studierte Jurist eigentlich kein visionärer Geist. Letztlich waren es eher sein klarer, praktischer Verstand, seine Meisterschaft im Komponieren raffinierter Versuchsanordnungen, seine buchhalterische Sorgfalt und nicht zuletzt die enormen finanziellen Mittel, die ihm für seine Arbeiten zur Verfügung standen, denen wir die „chemische Revolution“ verdanken. Mit dem System der antiphlogistischen Chemie endete die Epoche der Chemie als hermetische Kunst, und das Zeitalter einer auf mathematischen Grundlagen beruhenden Wissenschaft wurde eingeläutet.

Zusammenfassung

Zurück zu den Tatsachen

Wie schon der Philosoph Condillac erkannte: Die Wissenschaft des ausgehenden 18. Jahrhunderts bedarf dringend einer Reform. Zu sehr hat sie sich im Lauf ihrer Geschichte von den Tatsachen entfernt, zu sehr sich in theoretische Spekulationen verrannt, statt ihre Erkenntnisse in aller Naivität durch die Beobachtung sinnlich erfahrbarer Phänomene zu gewinnen. Nach Condillac muss alle Wissenschaft von den Tatsachen zu den Vorstellungen und von dort zum sprachlichen Ausdruck voranschreiten. Wird diese Methode eingehalten, lässt sich der Gegenstand einer Wissenschaft so eindeutig abbilden, dass die Sprache selbst zum Erkenntnisinstrument werden kann. Gerade hierin aber, in der Sprache, liegen die Unvollkommenheiten der gegenwärtigen Chemie begründet: Es gibt kein System zur Benennung der bekannten chemischen Substanzen, diese tragen meist willkürlich klingende, schwer einprägsame Namen, die den Nichteingeweihten zu falschen Schlüssen bezüglich der Natur dieser Stoffe verleiten: Weinsteinöl, Arsenikbutter, Zinkblumen – das klingt nicht nach verstandesgeleiteter Wissenschaft, sondern nach geheimnistuerischer Alchemie. Deshalb muss eine Wende eingeleitet werden...

Über den Autor

Antoine Laurent Lavoisier, geboren am 26. August 1743 in Paris, beginnt seine akademische Karriere als Jurist. Erst später wagt er es, sich gegen den Willen des Vaters seinen eigentlichen Interessen zuzuwenden: der Mineralogie und der Chemie. Dennoch schließt er das Jurastudium an der Universität von Paris ab. 1766 empfiehlt sich Lavoisier durch seinen Erfolg bei einem Wettbewerb zur Verbesserung der Straßenbeleuchtung für die Aufnahme in die Akademie der Wissenschaften. Kurz darauf kann er sich mit dem Eintritt in die „Ferme générale“, einer Privatgesellschaft zur Eintreibung von Steuern, sowie durch die Heirat mit der 13-jährigen Marie-Anne Pierette Paulze, der Tochter eines Kompagnons, aller finanziellen Sorgen entheben. Als frischgebackenes Mitglied der Königlichen Pulverkommission richtet sich Lavoisier im Pariser Arsenal das wohl luxuriöseste Labor der damaligen Zeit ein. Hier widmet er sich seinen Experimenten zu Verbrennung, Gärung und Atmung. Nebenbei findet er noch genügend Zeit für gemeinnützige Aufgaben. Seine Forschungen zur Gewinnung von Salpeter tragen zur Verbesserung der Schießpulverproduktion bei; außerdem beteiligt sich Lavoisier an der Ausarbeitung des metrischen Systems. Als die Französische Revolution ausbricht, wird er für einen Vasallen des Ancien Régime gehalten und zum Tod durch die Guillotine verurteilt. Das Urteil wird am 8. Mai 1794 vollstreckt. Angeblich beendet Lavoisier, durch und durch Naturwissenschaftler, sein Leben mit einem Experiment: Er nimmt sich vor, nach der Enthauptung so oft wie möglich mit den Augen zu blinzeln, um die Frage zu klären, wie lange es dauert, bis der Tod eintritt. Der italienische Astronom und Mathematiker Joseph-Louis de Lagrange kommentiert: „Es dauert nur Sekunden, um einen Kopf abzuhacken, aber Hunderte Jahre dürften keinen Ähnlichen hervorbringen können wie diesen Lavoisier.“


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