Worum es geht
Totale Liebe – quälend problematisch
Tristan und Isolde handelt von der Liebe – und zwar von der Sorte, die sich des Liebenden vollkommen bemächtigt und ihn blind macht für den Unterschied zwischen Liebeserfüllung und Tod. Um diese extreme Liebe ranken sich in Wagners Oper nahezu alle Motive der deutschen Romantik: Gefühlskult, Vernunfthass, Zaubertränke, Seefahrten, Ritterburgen, Vergöttlichung des Einzelnen – hier zweier verschmolzener Einzelner – und gleichzeitige Verachtung der Gesellschaft. Dazu die Sprache: genial fingiertes Echo einer mythischen deutschen Vergangenheit. Von der Musik ganz zu schweigen. Das alles ist Romantik par excellence – allerdings mit einigen Jahrzehnten Verspätung und damit bereits gefährlich nah an dem, worauf die ganze Nachtverherrlichung schließlich hinauslief. Sicher war Richard Wagner kein Proto-Nazi. Gegen diesen Vorwurf hat ihn unter anderem Thomas Mann überzeugend verteidigt. Und dafür, dass Hitler Tristan und Isolde 40-mal gesehen hat, kann Wagner nichts. Doch Mann hat auch auf das „quälend Problematische“ im deutschen Wesen hingewiesen. Im Lichte dieses Wortes scheint der Weg von Wagner zu Hitler deutlich genug auf, um eine L’art-pour-l’art-Lektüre von Tristan und Isolde unmöglich zu machen.
Zusammenfassung
Über den Autor
Richard Wagner wird am 22. Mai 1813 in Leipzig geboren. Seine musikalische Laufbahn beginnt 1831 mit einem Studium in Leipzig. Verschiedene Engagements führen ihn in der Folge nach Würzburg, Magdeburg, Königsberg und Riga. In Königsberg heiratet er 1836 die Schauspielerin Minna Planer. Riga muss er 1839 verlassen, weil er Schulden gemacht hat; er geht über London nach Paris, wo er in ärmlichen Verhältnissen lebt. Die Oper Rienzi wird 1842 in Dresden sehr erfolgreich aufgeführt; Wagner wird dort Hofkapellmeister. Es folgen Der fliegende Holländer (1843), Tannhäuser (1845) und Lohengrin (1850). Neben seinem Opernschaffen tritt Wagner auch als Autor zahlreicher Schriften hervor, darunter Das Kunstwerk der Zukunft (1850) und Oper und Drama (1851). In Das Judentum in der Musik (1850) kommt Wagners ausgeprägter Antisemitismus zum Ausdruck. Wegen seiner Teilnahme am gescheiterten Dresdner Maiaufstand im Jahr 1849 flieht Wagner in die Schweiz. Hier beginnt die Arbeit am Ring des Nibelungen und an Tristan und Isolde. Unterstützung im Schweizer Exil erfährt Wagner durch den Unternehmer Otto Wesendonck, mit dessen Frau Mathilde er eine Liebesbeziehung beginnt. Ihr sind die Wesendonck-Lieder gewidmet. Nach dem Ende der Unterstützung durch Wesendonck lebt Wagner, inzwischen von seiner Frau getrennt, an wechselnden Orten, unter anderem in Venedig, Luzern und Wien. 1863 wird er von König Ludwig II. in München empfangen; dort erfolgt die Uraufführung von Tristan und Isolde (1865) und von den Meistersingern von Nürnberg (1868), beide unter dem Dirigenten Hans von Bülow. Mit dessen Frau Cosima, der Tochter Franz Liszts, hat Wagner ein langjähriges Verhältnis, sie heiraten 1870. Zusammen leben sie von 1866 bis 1872 in Tribschen bei Luzern, wo sie von König Ludwig II. und häufig von Friedrich Nietzsche besucht werden. 1872 siedelt Wagner nach Bayreuth über, wo die Grundsteinlegung zum Festspielhaus erfolgt, das 1876 mit der ersten kompletten Aufführung des Rings des Nibelungen eingeweiht wird. Die Eröffnung des Festspielhauses ist ein europaweit beachtetes Ereignis. 1882 wird die Oper Parsifal uraufgeführt. Wagner stirbt am 13. Februar 1883 in Venedig und wird im Garten seiner Villa Wahnfried in Bayreuth beigesetzt.
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