Navigation überspringen
Über die Wahrsagung
Buch

Über die Wahrsagung

Rom, 44 v. Chr.
Diese Ausgabe: Artemis & Winkler, 1991 Mehr

Literatur­klassiker

  • Religion
  • Römische Antike

Worum es geht

Kampfschrift gegen den Aberglauben

Im alten Rom war die Mantik oder Wahrsagekunst, von Auguren fachkundig ausgeübt, fest in das religiöse und politische Leben integriert. Ciceros Schrift Über die Wahrsagung barg darum einigen Sprengstoff, stellt er doch die meisten damaligen Methoden – von der Deutung des Vogelflugs und des Traums bis zur Beschau von Tierlebern – als unbrauchbar dar. Auch wenn er den Ritus der Wahrsagung für das Funktionieren des öffentlichen Lebens nicht in Abrede stellt, zeugt seine Schrift von Skepsis: Die Mantik erscheint ihm als bloßes Gesellschaftsspiel ohne Erkenntnisnutzen. In der griechischen und römischen Antike wurden mehrere Texte verfasst, die sich mit den Techniken der Wahrsagekunst beschäftigten, aber nur Ciceros Werk hat die Jahrhunderte überdauert. Über die Wahrsagung gibt nicht nur religionshistorisch wertvolle Einblicke in die römischen Riten, sondern erhellt auch die besondere Stellung, die die Auguren in der Republik innehatten. Überdies demonstriert Cicero eindrücklich, wie eine spannend und schlüssig aufgezogene Argumentation auszusehen hat. Kein Wunder, dass die Aufklärer des 18. Jahrhunderts das Werk als Streitschrift gegen den Aberglauben schätzten. Und es ist immer noch aktuell, auch wenn sich die Methoden geändert haben – das heutige Astro-TV würde bei Cicero kaum besser wegkommen.

Zusammenfassung

Eine lange Tradition

Viele Völker kennen Methoden der Wahrsagung. Schon die alten Ägypter beobachteten zu diesem Zweck die Bewegungen der Sterne am Himmel. Die Chaldäer versuchten anhand der Sterne das Schicksal jedes einzelnen Menschen vorherzusagen. Andere Völker der römischen Provinzen, wie die Kilikier, die Pisider und die Pamphylier, schlossen aus dem Vogelflug auf das Eintreten bestimmter Ereignisse. Die Griechen schließlich verwenden Orakel, um die Zukunft vorauszusagen. Das römische Volk hat sich alle diese Methoden der Wahrsagung zu eigen gemacht. Bereits Romulus, der Gründer Roms, wählte die Lage der Stadt aufgrund von Vogelzeichen, denn er war angeblich ein hervorragender Augur (Vogelschauer, Wahrsager). Fortan befragte man vor jeder politischen Entscheidung und vor jedem Kriegszug einen Augur nach den Auspizien, den Aussichten für die Zukunft. Zudem übernahmen die Römer eine etruskische Methode, die Eingeweideschau, um keinen Weg der Prophetie zu vernachlässigen. Das alles setzt natürlich voraus, dass man an ein gewisses Wahrsagevermögen glaubt. Immerhin behaupteten viele angesehene griechische Philosophen, dass der Mensch die Zukunft unter günstigen...

Über den Autor

Marcus Tullius Cicero wird am 3. Januar 106 v. Chr. in Arpinum geboren. Sein Vater gehört zur zweithöchsten römischen Gesellschaftsschicht. Verbindungen zu Angehörigen der Senatsaristokratie ermöglichen Cicero eine gute Ausbildung. Er studiert Recht, Rhetorik, Literatur und Philosophie in Rom, Griechenland und Kleinasien. Im Jahr 77 v. Chr. kehrt er nach Rom zurück und beginnt seine Laufbahn als Rechtsanwalt und Politiker. Es folgt eine Blitzkarriere. Bereits im Jahr 63 v. Chr. bekleidet Cicero das Amt des Konsuls. Sein Wahlkampfgegner Catilina lanciert eine Verschwörung, die allerdings im Ansatz erstickt wird. Doch Ciceros zahlreiche Gegner erwirken 58 v. Chr. seine Verbannung aus Rom: Er sei schuld an der Beseitigung der Catilinarier, die ohne Verhandlung getötet wurden. 57 v. Chr. darf er zurückkehren. In den folgenden fünf Jahren entstehen seine wichtigsten politischen und philosophischen Schriften, darunter De oratore (Über den Redner, 55 v. Chr.) und De re publica (Vom Staat, 51 v. Chr.). Cicero setzt zunächst Hoffnungen auf den intelligenten Cäsar, wendet sich aber von ihm ab, nachdem dieser mit Pompeius und Crassus ein Triumvirat eingeht. Im Bürgerkrieg schließt Cicero sich Pompeius an. An der Verschwörung gegen Cäsar ist er nicht beteiligt, doch äußert er seine Freude über dessen Tod 44 v. Chr. Als Cäsars Mitkonsul Marcus Antonius die Nachfolge des Alleinherrschers anstrebt, tritt Cicero ihm mit seinen 14 Philippischen Reden entgegen und gewinnt im Senat wieder hohes Ansehen. Er bemüht sich erfolgreich, Octavian zum Krieg gegen Antonius zu bewegen. Octavian siegt zunächst, schließt sich danach aber mit dem wieder erstarkten Antonius und Marcus Lepidus zum zweiten Triumvirat zusammen. Die Triumvirn verfolgen ihre politischen Gegner, und Cicero steht ganz oben auf Antonius’ schwarzer Liste. Am 7. Dezember 43 v. Chr. wird er auf der Flucht ermordet, sein zerstückelter Leichnam wird auf der Redebühne des Forums zur Schau gestellt.


Kommentar abgeben oder Diskussion beginnen