Vermutungen und Widerlegungen
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Worum es geht
Kritischer Rationalismus als Lebenshaltung
Als Karl Popper 1963 in England einen Sammelband mit Aufsätzen und Vorträgen veröffentlichte, genoss er bereits über philosophische Fachkreise hinaus ein hohes Ansehen. Das Themenspektrum des Buches reicht von den griechischen Vorsokratikern, denen sich der Philosoph stets verpflichtet fühlte, über erkenntnistheoretische Fragen bis hin zu aktuellen politisch-gesellschaftlichen Problemen. Durch alle Kapitel zieht sich wie ein roter Faden Poppers Werben für eine kritisch-rationalistische Haltung und für die stete Überprüfung eigener Traditionen und Überzeugungen. Mit seiner Position, dass eine Theorie nur als wissenschaftlich bezeichnet werden kann, wenn sie sich überhaupt falsifizieren lässt, distanzierte sich Popper deutlich vom logischen Positivismus des Wiener Kreises, der ihn maßgeblich beeinflusste. Seine ebenso elegante wie klare Prosa macht das Buch trotz aller Komplexität zu einem großen Lesevergnügen. Popper ist kein abgehobener Elfenbeinturmbewohner: Was er über Dogmatismus, Toleranz und Demokratie äußert, ist von ungebrochener Aktualität.
Zusammenfassung
Über den Autor
Karl Popper stammt aus einer wohlhabenden, jüdischen, bürgerlich-intellektuellen Wiener Familie. Er wird am 28. Juli 1902 geboren; seine Erziehung atmet den Geist der Aufklärung und eines sozialreformerischen Liberalismus. Der Vater ist Rechtsanwalt, die Mutter entstammt der Musikerfamilie Schiff. Schon als Kind zeigt Karl Popper sich von philosophischen Problemen fasziniert. 1918 verlässt er vorzeitig die Schule, schreibt sich als Gasthörer an der Universität ein und schlägt sich mit Gelegenheitsarbeiten durch. Nach einem kurzen Intermezzo mit dem Marxismus wendet er sich strikt von dieser Theorie ab. Er macht eine Tischlerlehre, studiert kurz am Konservatorium, hält sich dann aber musikalisch für zu wenig begabt. Er holt die Matura nach und macht eine Ausbildung zum Grundschullehrer. 1925 beginnt er eine höhere Lehrerausbildung und promoviert parallel dazu an der Wiener Universität. 1929 schließt er seine Dissertation ab und wird Hauptschullehrer für Physik und Mathematik. 1930 heiratet er seine Mitschülerin Josefine Anna Henninger („Hennie“). Die Ehe bleibt kinderlos. Als der Antisemitismus in Österreich untragbar wird und Popper das Arbeitsverbot droht, wandert er mit Hennie nach Neuseeland aus. Er muss seine Familie zurücklassen; 16 seiner Verwandten werden von den Nazis ermordet. In Christchurch bekommt er seine erste akademische Stelle. Der Faschismus macht aus ihm einen politischen Philosophen; 1945 erscheint sein berühmtes Buch Die offene Gesellschaft und ihre Feinde. 1946 erhält er eine Dozentur an der renommierten London School of Economics, 1949 wird er dort Professor für Logik und Wissenschaftstheorie sowie britischer Staatsbürger. 1965 erhebt ihn die Krone in den Adelsstand. Der sogenannte Positivismusstreit, ausgelöst 1961, macht seine Gegenposition zu jüngeren Philosophen wie Jürgen Habermas deutlich. 1977 schreibt Popper zusammen mit dem Neurophysiologen John C. Eccles Das Ich und sein Gehirn; er publiziert weiter bis ins hohe Alter. Popper stirbt am 17. September 1994 in London.
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