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Weißes Rauschen
Buch

Weißes Rauschen

New York, 1984
Diese Ausgabe: Goldmann, 2006 Mehr

Literatur­klassiker

  • Roman
  • Postmoderne

Worum es geht

Der verdrängte Tod

Mit unverhohlenem Zynismus schildert Don DeLillo das Leben einer mittelständischen Pseudoelite, die sich einbildet, nichts könne ihren amerikanischen Traum erschüttern – außer vielleicht einer plötzlich gesperrten Kreditkarte. Jack Gladney hat sich eine anscheinend unanfechtbare Position als Abteilungsleiter für Hitlerstudien an einem geachteten College gesichert. Mit seiner Patchworkfamilie lebt er scheinbar sorglos in den Tag hinein. Da stört plötzlich ein „toxischer Vorfall“ am Rangierbahnhof die Provinzidylle und eröffnet Abgründe, denen keiner der gut situierten Bürger bisher ins Auge sehen wollte. Das „weiße Rauschen“ der Todesgewissheit, das selbst dann immer mitschwingt, wenn man es im Konsumtaumel zu vergessen sucht, wird plötzlich laut hörbar. DeLillo gelingt eine präzise Analyse amerikanischer Befindlichkeit in den konsumverrückten 80er Jahren. Er wirft aber auch die Frage auf, wie man ohne Verdrängungsversuche überhaupt mit der Erwartung des eigenen Todes umgehen kann. Sein pessimistisches Fazit: Unsere Strategien in der Beschäftigung mit der Sterblichkeit gehen nicht über das Niveau von Groschenblättern hinaus.

Take-aways

  • Mit Weißes Rauschen gelang Don DeLillo endgültig der Durchbruch als Schriftsteller.
  • Der postmoderne Roman ist in seiner Konsumkritik hochsarkastisch – und gleichzeitig bitterernst, wenn es um universelle menschliche Ängste geht.
  • Der Held des Romans ist Jack Gladney. Ohne Deutschkenntnisse ist es ihm gelungen, sich als wichtigster Hitlerforscher Nordamerikas zu etablieren.

Über den Autor

Don DeLillo wird am 20. November 1936 als Sohn italienischer Einwanderer in New York geboren und wächst in der Bronx auf. 1958 macht er seinen Abschluss an der Fordham University. Zunächst ist er mehrere Jahre als Werbetexter bei der bekannten Agentur Ogilvy & Mather tätig. 1971 erscheint sein erster Roman Americana. 1975 heiratet DeLillo Barbara Bennet, danach lebt er einige Jahre in Griechenland, wo er den 1982 erschienenen Roman The Names (Die Namen) verfasst. Für den Nachfolger White Noise (Weißes Rauschen, 1984) erhält er den angesehenen amerikanischen National Book Award. Das Buch begeistert die Kritiker, und DeLillo erreicht zum ersten Mal ein größeres Lesepublikum. 1988 erscheint sein Roman Libra (Sieben Sekunden), in dem er das Kennedy-Attentat behandelt und sich an einer fairen Darstellung des Präsidentenmörders Lee Harvey Oswald versucht. Zu fair für manche: DeLillo wird als „schlechter Bürger“ bezeichnet, was er selbst wiederum als Kompliment auffasst. 1991 liefert er in Mao II ein verstecktes Porträt des von ihm verehrten (und ihn verehrenden) Schriftstellerkollegen Thomas Pynchon ab. Im Roman Underworld (Unterwelt, 1997), der als sein Hauptwerk gilt, kritisiert er die Denkhaltung Amerikas während des Kalten Krieges. 1999 wird DeLillo mit dem Jerusalem Prize ausgezeichnet. Im Jahr 2004 erwirbt das Harry Ransom Humanities Research Center der Universität von Texas die gesammelten Notizen zu seinen Werken. 2003 erscheint sein Werk Cosmopolis, 2007 Falling Man, in dem er sich auf die Spuren eines Überlebenden der Terroranschläge vom 11. September 2001 begibt. Neben Romanen hat DeLillo auch mehrere Theaterstücke und ein Filmdrehbuch verfasst. Sein Œuvre umfasst mittlerweile über 20 Titel. DeLillo lebt mit seiner Frau, einer Landschaftsarchitektin, in New York.


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