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Wiedersehen mit Brideshead

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Wiedersehen mit Brideshead

Diogenes Verlag,

15 Minuten Lesezeit
10 Take-aways
Text verfügbar

Was ist drin?

Glück und Unglück, große Tragik und viel Witz vor malerischer Kulisse.


Literatur­klassiker

  • Roman
  • Moderne

Worum es geht

Wiedersehen mit Brideshead ist ein herzzerreißender Roman: Das Glück der Protagonisten ist lange vorbei, und doch wird es so anschaulich geschildert, als wäre man mittendrin – nur, dass der tragische Schleier des Vorbei und Verloren darüber liegt. Zwei Lieben hat Charles Ryder verloren, an die dunkle Kraft des Katholizismus. Autor Evelyn Waugh war übrigens selbst zum katholischen Glauben konvertiert. Wiedersehen mit Brideshead ist bei aller Liebe und Tragik zugleich nüchtern, präzise, komisch und satirisch geschrieben und zelebriert das luxuriöse Herrenhausleben des britischen Adels ebenso, wie es dessen Verkommenheit bloßstellt.

Take-aways

  • Evelyn Waughs siebter Roman Wiedersehen mit Brideshead erschien 1945 und wurde sofort zum Bestseller.
  • Inhalt: Charles Ryder lernt in Oxford den Adligen Sebastian kennen und verbringt einige glückliche Monate in enger Freundschaft mit ihm, bevor Sebastian dem Alkohol verfällt. Zehn Jahre später trifft Ryder Sebastians Schwester Julia wieder, sie wird seine große Liebe, obwohl sie beide bereits verheiratet sind. Doch wie Sebastian verliert Ryder auch Julia – an deren katholisches Gewissen.
  • Wiedersehen mit Brideshead ist ein Buch der Erinnerungen, ein Versuch, glückliche Zeiten zurückzuholen, und damit auch ein Buch über das Vergehen der Zeit.
  • Waugh porträtiert in seinem Roman die britische Oberschicht in der Zeit zwischen den Weltkriegen.
  • Melancholische und satirische Passagen halten sich die Waage.
  • Verschiedene Arten der Liebe werden durchgespielt, unter anderem auch, dass sich jemand in eine ganze Familie verliebt.
  • Der Katholizismus erscheint als zerstörerische Kraft: Sebastian und Julia sind in Denkmustern von Sünde und Buße gefangen, sodass Charles die beiden Lieben seines Lebens verliert.
  • Evelyn Waugh selbst konvertierte 1930 in einer Lebenskrise zum Katholizismus.
  • Als Student hatte Waugh erotische Verhältnisse mit mehreren Kommilitonen.
  • Zitat: „(…) er hatte einen Namen ausgesprochen, der mir vertraut war, einen Zaubernamen von so uralter Kraft, dass sich allein bei seinem Klang die Phantome der letzten gespenstischen Jahre verflüchtigten.“//

Zusammenfassung

Prolog

Die Dritte Kompanie wechselt nach drei Monaten schon wieder ihren Standort; das Ziel ist dem 39-jährigen Infanteriehauptmann Charles Ryder unbekannt. Seine anfängliche Kriegsbegeisterung ist längst abgeflaut. Im Dunkeln kommen die Soldaten in ihrem neuen Lager an. Dieses sei gar nicht schlecht, hört Charles – ein großes Privatanwesen. Am nächsten Morgen fragt er, wo man hier eigentlich sei. Die Antwort wühlt ihn auf und katapultiert ihn in die Vergangenheit: Dieses Herrenhaus, Brideshead, kennt er gut.

Im Paradies mit Sebastian

20 Jahre zuvor: Charles ist zum ersten Mal auf Brideshead, zusammen mit Lord Sebastian Flyte, dessen Familie das Anwesen gehört. Charles studiert zu dieser Zeit eher lustlos Geschichte in Oxford. Das Leben dort beginnt für ihn erst so richtig, als er in seinem zweiten Trimester Sebastian kennenlernt. Sebastian studiert an einem anderen College, doch er ist Charles von Anfang an aufgefallen – wegen seines blendenden Aussehens und seines exzentrischen Auftretens. Sebastian und Charles lernen sich kennen, als Sebastian sich eines Nachts betrunken in das Hoffenster von Charles’ Parterrewohnung hinein übergibt. Am nächsten Morgen erhält Charles eine reuevolle Einladung zum Mittagessen. Dort ist auch Anthony Blanche anwesend, ein Paradiesvogel mit schillernder Vergangenheit.

„(…) er hatte einen Namen ausgesprochen, der mir vertraut war, einen Zaubernamen von so uralter Kraft, dass sich allein bei seinem Klang die Phantome der letzten gespenstischen Jahre verflüchtigten.“ (über einen Offizier, S. 32)

Als in Oxford Regattawoche ist, nimmt Sebastian Charles mit auf einen Ausflug, um dem Trubel zu entfliehen. Er hat sich ein Auto geliehen, hat Erdbeeren und teuren Wein dabei. Sie picknicken auf einer Anhöhe, legen sich ins Gras, und Sebastian sagt, wie glücklich er in diesem Moment ist. Dann fahren sie weiter nach Brideshead, und Charles ist bezaubert von dem Anblick. Ihm fällt aber auf, dass Sebastian sehr distanziert von seiner Familie spricht und dafür gesorgt hat, dass sie nicht da ist. Als Charles nachfragt, für wen er sich schämt, sagt Sebastian, er wolle nicht, dass seine Familie Charles mit ihrem Charme einwickle. Die beiden besichtigen die Kapelle, die Sebastians Vater, der Marquis von Marchmain, der Mutter einst zur Hochzeit geschenkt hat. Er war für seine Braut zum Katholizismus konvertiert, verließ sie aber während des Krieges und lebt nun in wilder Ehe mit einer Italienerin, was natürlich ein Skandal ist.

„(…) von Beginn an war er der auffälligste Mann seines Jahrgangs, einmal, weil er so atemberaubend gut aussah, zum anderen, weil er sich so exzentrisch benahm, als gäbe es für ihn keine Grenzen.“ (über Sebastian, S. 49)

Charles’ eigene Familie besteht nur noch aus seinem Vater; seine Mutter ist im Krieg bei einem Einsatz für das Rote Kreuz umgekommen. Seit ihrem Tod ist sein Vater, ein Kunsthändler, wunderlich. Er lebt völlig isoliert in London. Zu ihm fährt Charles zu Beginn der Sommerferien, mangels Alternativen, bis von Sebastian ein Telegramm kommt: Er sei schwer verletzt, Charles solle sofort kommen. Charles nimmt den nächsten Zug, Sebastians Schwester Julia holt ihn am Bahnhof ab. Sie erzählt ihm, dass Sebastian sich beim Krocket einen winzigen Knochen im Fußgelenk gebrochen hat. Charles findet die Ähnlichkeit zwischen Sebastian und Julia verwirrend und anziehend. Am nächsten Morgen reist Julia ab, Sebastian und Charles haben das ganze Herrenhaus für sich.

„Aber damals war ich auf der Suche nach Liebe, und daher ging ich voller Neugier und mit der schwachen, kaum spürbaren Vorahnung, hier das niedrige Türchen in der Mauer zu finden (…), das mich in einen eingefriedeten, verzauberten Garten führen würde (…)“ (S. 53)

Es ist eine herrlich träge Zeit, sie betrinken sich jeden Tag und Charles zeichnet viel. Sebastian besucht regelmäßig die Messe. Er sagt dem Agnostiker Charles, wie schwierig es sei, Katholik zu sein, ohne aber sagen zu können, worin die Schwierigkeit besteht. Er erzählt, dass sein älterer Bruder, der Earl of Brideshead – genannt Bridey –, früher einmal Priester werden wollte und dass auch seine elfjährige Schwester Cordelia eine glühende Katholikin sei, und seine Mutter gelte sowieso als Heilige. Er und Julia hingegen seien halbe Heiden.

Sebastians Niedergang

Sebastian und Charles reisen gemeinsam nach Venedig, um dort Sebastians Vater zu besuchen. Lord Marchmain ist eine beeindruckende, dandyhafte Erscheinung, seine Geliebte Cara eine kultivierte Frau, die Charles und Sebastian auf ihren Ausflügen begleitet. Als Charles einmal mit ihr allein ist, spricht sie ihn auf sein Verhältnis zu Sebastian an. In ihren Augen ist es eine Art unschuldige, kindliche Liebe, die ein Junge besser für einen anderen Jungen empfinde als für ein Mädchen. Lord Marchmain habe Lady Marchmain auf die gleiche Weise geliebt, mit dem Ergebnis, dass er sie jetzt abgrundtief hasse. Er hasse in ihr die Illusionen seiner Jugend. Sie könne überhaupt nichts dafür, aber auch Sebastian hasse sie. Außerdem sagt Cara, dass Sebastian auf bestem Wege sei, zum Trinker zu werden.// // Als in Oxford das zweite Studienjahr beginnt, ist alles anders: Anthony Blanche ist nicht mehr da, er lebt jetzt in München und ist mit einem Polizisten liiert. Sebastian fühlt sich uralt und deprimiert. Charles studiert weiter halbherzig Geschichte und schreibt sich parallel an einer Kunstschule ein. Einmal kommt Lady Marchmain zu Besuch, sie ist sehr charmant und freundlich zu Charles, was Sebastian unwillig zur Kenntnis nimmt. Es ergeben sich auch zwei gemeinsame Essen mit Julia und einem gewissen Rex Mottram, einem etwa 30-jährigen Kanadier mit großem Selbstbewusstsein und noch größeren Ambitionen. Er scheint an Julia interessiert zu sein. Rex ist es auch, der mithilfe seines Einflusses und seines weltmännischen Auftretens Charles, Sebastian und deren Freund Boy Mulcaster aus den Arrestzellen holt, wo sie nach einem Ausflug ins Bordell gelandet sind. In Oxford bekommen Sebastian, Charles und Boy für den Rest des Trimesters Hausarrest.

„Ich möchte nicht, dass du mit meiner Familie zu tun hast. Sie sind alle so unglaublich charmant. Mein ganzes Leben lang haben sie mir so viel weggenommen. Wenn sie dich erst einmal mit ihrem Charme eingewickelt haben, betrachten sie dich als ihren Freund, nicht als meinen, und das will ich nicht.“ (Sebastian zu Charles, S. 62 f.)

In den Osterferien auf Brideshead nimmt Sebastians Krise eine bedrückende Dimension an. Er ist die ganze Zeit über betrunken und wirft Charles vor, sich mit seiner Familie gegen ihn verbündet zu haben. Ohne Abschied reist er ab. Charles hat noch ein Gespräch mit Sebastians Mutter. Die gesteht ihm ihre Ratlosigkeit und fürchtet, dass sich die Geschichte von Sebastians Vater wiederholt. In Oxford findet man Sebastian hoffnungslos betrunken, trotz seiner Ausgangssperre. Lady Marchmain versucht, ihn zu retten, indem sie ihn unter Aufsicht eines Priesters stellen will, doch Sebastian weigert sich, weshalb er vom College verwiesen wird. Dann ist das zweite Studienjahr zu Ende. Charles eröffnet seinem Vater, dass er sein Studium abbrechen und Maler werden will. Er geht nach Paris auf eine Kunstakademie.

„In Wahrheit ist er ein Vulkan von angestautem Hass (…). Er kann nicht dieselbe Luft atmen wie sie. Er wird England nicht mehr betreten, weil es ihre Heimat ist.“ (Cara über Lord und Lady Marchmain, S. 154 f.)

Nach den Weihnachtsfeiertagen sieht Charles Sebastian auf Brideshead wieder: Sebastian sieht schlecht aus. Lady Marchmain versucht, ihn am Trinken zu hindern, doch er betrinkt sich heimlich in einem Wirtshaus, während er vorgibt, auf der Jagd zu sein; Charles hat ihm dafür Geld gegeben. Am nächsten Tag fragt Charles Sebastian, ob er bleiben soll, und Sebastian verneint. Beim Abschied fragt Lady Marchmain Charles, ob er Sebastian das Geld zum Trinken gegeben habe, und als er das bejaht, bezeichnet sie ihn als böse und gefühllos. Es ist der Bruch mit der Familie. Kurze Zeit später sucht Rex Mottram Charles in Paris auf. Er sucht nach Sebastian, der ihm entwischt ist, als er ihn zu einer Kur nach Zürich bringen wollte. Rex hegt die Absicht, Julia zu heiraten. Er erzählt auch, dass Lady Marchmain schwer krank ist. Charles ist abgestoßen von der kalten, raffgierigen Welt, in der Rex lebt.

Julia

Julia erzählt Charles später, dass sie ihn sich sozusagen vorgemerkt hatte, für später. Als sie Rex kennenlernt, beginnt der sofort, ihr den Hof zu machen, er macht sich unentbehrlich – und irgendwann verliebt sie sich in ihn. Zu Lady Marchmains Entsetzen verloben sie sich. Sie ist besorgt wegen Rex’ Ruf, vor allem wegen der Affäre, die er mit der stadtbekannten Femme fatale Brenda Champion hatte. Als Julia herausfindet, dass er sich weiterhin mit ihr trifft, und ihm Vorwürfe macht, fühlt er sich im Recht, weil Julia ihm keine Körperlichkeit gewähre. Julias katholisches Gewissen wird auf die Probe gestellt: Darf sie vor der Hochzeit mit Rex schlafen, um ihn davon abzuhalten, weiter mit Brenda Champion zu schlafen? Sie trägt das Problem einem Pater vor, der sich unerbittlich zeigt. Von da an hegt sie einen Groll gegen ihre Religion – sehr zu Lady Marchmains Kummer. Rex umgeht die Mutter, indem er beim Vater um Julias Hand anhält. Der stimmt sofort zu. Um eine große Hochzeit feiern zu können, will Rex katholisch werden. Doch Julias Bruder Bridey zieht Erkundigungen über ihn ein und findet heraus, dass Rex schon einmal verheiratet war. Das macht eine katholische Heirat unmöglich. Also heiraten sie protestantisch und in sehr kleinem Rahmen.

Wiedersehen mit Sebastian

Als Charles 1926 wegen des Generalstreiks nach London zurückkehrt, trifft er Anthony Blanche und Boy Mulcaster wieder. Anthony erzählt, dass Sebastian eine Weile bei ihm in Marseille gelebt habe. Weil sie von Schlägern bedroht wurden, flohen sie nach Marokko. Dort fand Sebastian einen neuen Freund, einen trampeligen Deutschen. Julia erfährt von Charles’ Aufenthalt in England und ruft ihn an, weil ihre Mutter im Sterben liegt und ihn unbedingt sehen will. Als Charles in Brideshead ankommt, schläft die Todkranke, aber Julia sagt ihm, die Mutter wisse jetzt, dass sie ihm Unrecht getan habe. Außerdem bittet sie Charles, Sebastian herzuholen. Charles will es versuchen und fliegt nach Casablanca. Als er das Haus erreicht, in dem Sebastian angeblich lebt, findet er nur den verwahrlosten Kurt vor. Sebastian liegt auf der Krankenstation, er hatte eine Grippe und ist sehr schwach. Als Charles ihn dort aufsucht, sagt Sebastian, dass er ohne Kurt verloren wäre; er brauche ihn, um sich um jemanden kümmern zu können. Charles reist zurück nach England.

„Seine Liebe zu mir ließ nicht nach, aber er verlor die Freude daran, denn ich war nicht länger Teil seiner Einsamkeit. Je enger mein Verhältnis zur Familie wurde, umso mehr wurde ich Teil der Welt, der er zu entkommen suchte, wurde ich zu einer der Fesseln, die ihn hielten.“ (über Sebastian, S. 191 f.)

Die zehn darauffolgenden Jahre kommen Charles düster vor, obwohl sie äußerlich aufregend sind: Er heiratet Celia, die schöne Schwester von Boy Mulcaster, die zwei Kinder von ihm bekommt, und wird als Architekturmaler erfolgreich. Seine Arbeit ist ihm wichtig, doch er fühlt sich nicht mehr lebendig. Auf der Suche nach Inspiration reist er zwei Jahre lang durch Mexiko und Mittelamerika und führt ein entbehrungsreiches Leben in der Wildnis. Am Ende dieser Reise holt seine Frau ihn in New York ab. Er fühlt sich ihr fremd.

Jahre des Glücks

Auf der Schiffsreise von New York nach London trifft Charles Julia wieder. Sie strahlt eine anziehende Traurigkeit aus. Während eines heftigen, mehrtägigen Sturms kommen sie einander näher. Sie reden viel, erzählen sich ihre Leben und küssen sich zum ersten Mal. Julia erzählt, dass sie mit Rex unglücklich sei. Charles bekennt, dass er seine Frau noch nie gemocht habe. Auf Julias Frage hin gibt er zu, dass er Sebastian geliebt habe – er sei Julias Vorläufer gewesen. Julia erzählt, dass Sebastian nun vollends verschollen sei. Cordelia sei mit dem Roten Kreuz in Spanien, Bridey bewohne als Sonderling zwei Zimmer auf Brideshead, wo ansonsten Julia und Rex leben. Charles und Julia verbringen noch auf dem Schiff die erste Liebesnacht miteinander. Charles kehrt dann einfach nicht in sein eheliches Heim zurück. Sie leben in London miteinander, meist aber auf Brideshead. Rex toleriert die Verbindung stillschweigend, ebenso wie Bridey. Nach ungefähr anderthalb glücklichen Jahren sagt Julia, sie wolle Charles heiraten. Sie will in geordneten Verhältnissen leben, bevor der Krieg kommt. So leiten sie zwei Scheidungen in die Wege. Dann verlobt sich Bridey gegen jede Erwartung mit einer verwitweten Katholikin fortgeschrittenen Alters. Julia sagt, sie brenne darauf, die Frau kennenzulernen, doch Bridey reagiert abwehrend: Seine Verlobte sei eine prinzipienstrenge Katholikin und sicher nicht bereit, Gast bei Leuten zu sein, die in Sünde lebten.

Am Abgrund

Julia reagiert tief getroffen. Charles hat sie noch nie so aufgelöst erlebt. Das Wort „Sünde“ trifft sie ins Mark. Von da an ist etwas anders, auch wenn sie jetzt umso entschlossener scheint, Charles zu heiraten. Seine Scheidung ist zuerst abgewickelt. Brideys Braut ist nicht so zartbesaitet, wie Bridey dachte, und es wird alles für ihren Einzug vorbereitet. Außerdem kommt Cordelia nach Hause. Sie hat vor Kurzem Sebastian in Tunis gesehen. Er lebt dort in einem Kloster als eine Art Hilfspförtner – als Mönch konnte man ihn wegen seiner Alkoholsucht nicht aufnehmen. Die Umzugsaktivitäten auf Brideshead sind in vollem Gange, als Lord Marchmain plötzlich seine Rückkehr nach Hause ankündigt. Er ist stark gealtert und kommt, um zu sterben. Cara begleitet ihn. Der Lord kann Brideys Braut nicht leiden, deshalb überlegt er, sich nicht an die Erbfolge zu halten und das Anwesen Julia und Charles zu vermachen. Zu einem Konflikt kommt es, als Lord Marchmains Tod näher rückt und die Frage im Raum steht, ob man einen Priester für die Sterbesakramente holen soll. Julia ist dafür, Charles dagegen. Beim ersten Versuch schickt der Lord den Priester weg. Julia entscheidet schließlich, dass der Priester ein zweites Mal kommen soll. Obwohl kein Zeichen der Reue von dem Sterbenden kommt, erteilt der Priester ihm die Absolution für seine Sünden. Danach, als letzte Lebensregung, bekreuzigt sich Lord Marchmain. Als er tot ist, geht Julia auf Charles zu, um von ihm Abschied zu nehmen. Er sagt, er habe es gewusst. Es handelt sich um eine Art von Buße – Julia glaubt, Charles für Gott aufgeben zu müssen.

Epilog

Charles Ryder besucht die alte Hausangestellte Nanny Hawkins, die noch auf Brideshead lebt. Sie erzählt ihm, dass Julia mit Cordelia zum Roten Kreuz gegangen sei, vermutlich leben sie in Palästina. Charles fühlt seine ganze Einsamkeit. Als er die Kapelle aufsucht, spendet die Flamme einer kleinen Kupferlampe ihm Trost, die die Zeiten überdauert hat.

Zum Text

Aufbau und Stil

Der Roman ist in drei Teile mit jeweils fünf bzw. (im zweiten Teil) drei Kapiteln gegliedert. Am Anfang steht ein Prolog, am Ende ein Epilog. Diese sind auf der Zeitebene des Zweiten Weltkriegs angesiedelt, von der aus gesehen alles andere Rückschau ist. Erzählt wird aus der Perspektive von Charles Ryder. Als Ich-Erzähler ist dieser einerseits ins Geschehen involviert, andererseits bewahrt er sich einen distanzierten Blick auf Menschen und Geschehnisse. Zwei Tonlagen dominieren den Stil: eine melancholische, tieftraurige, die der Grundanlage geschuldet ist, dass die Zeiten des Glücks vorbei sind; und eine trockene, oft witzige, manchmal satirische, Oberflächlichkeiten entlarvende und Schrulligkeiten zur Schau stellende – etwa in den Szenen zwischen Charles und seinem Vater oder in Tischgesprächen der höheren Gesellschaft auf dem Schiff. Eine wichtige Rolle spielen Metaphern, etwa das Bild von der Tür in einen verzauberten Garten oder Julias Vergleich zwischen Charles und einem Buch, das sie später unbedingt noch lesen will.

Interpretationsansätze

  • Wiedersehen mit Brideshead ist ein Buch der Erinnerungen, ein Versuch, verlorene glückliche Zeiten zurückzuholen, und damit auch ein Buch über das Vergehen der Zeit. Alles, was erzählt wird, ist schon vorbei, abgelöst von einer durch Finsternis und Einsamkeit geprägten Kriegsgegenwart.
  • Es ist vor allem die Jugendzeit, die wieder eingefangen werden soll – im Titel des ersten Teils als „Arkadien“ bezeichnet. Die wenigen glücklichen Monate, die Charles mit Sebastian verbringt – mit ihrem Trunkensein, den Verrücktheiten, dem Flanieren in schönen Gärten –, gleichen einem prächtigen Traum. Die Jugend steht für ein intensiveres Leben.
  • Der Roman thematisiert verschiedene Arten von Liebe. Es gibt die romantische, aber nicht notwendigerweise sexuelle Liebe zwischen jungen Männern (Charles und Sebastian), die homosexuelle Liebe unter erwachsenen Männern (Anthony Blanche und seine Partner), die völlige Abwesenheit von Liebe unter Eheleuten (Charles und seine Frau), die romantische Liebe zwischen Mann und Frau (Charles und Julia) und das Phänomen, dass jemand sich in eine ganze Familie verliebt.
  • Der Roman ist auch das Porträt einer Familie im Niedergang. Charles Ryder wird Zeuge der tragischen Selbstzerstörung der Marchmains. Keines der Kinder der entzweiten Eheleute Marchmain hat selbst Kinder, und sie alle sind in unterschiedlichem Maße unglücklich oder fremd im Leben.
  • Eine wichtige Rolle spielt der Katholizismus. Er macht Bridey und Cordelia zu Sonderlingen, und er zerstört Sebastian ganz und Julia zum großen Teil. Das Gefangensein in den Denkmustern von Sünde und Buße, die im Widerspruch zum Leben stehen, sorgt dafür, dass Charles die beiden Lieben seines Lebens verliert.
  • Der Roman ist ein Porträt der britischen Adelsschicht in der Zeit zwischen den Weltkriegen. Charles gehört dieser Schicht nicht an und bewahrt sich deshalb einen unbeteiligten Blick. Als Architekturmaler porträtiert er die Anwesen der Reichen, bevor sie abgerissen oder versteigert werden. Er hält also im Bild fest, was in der Realität im Verschwinden begriffen ist.

Historischer Hintergrund

Umbrüche zwischen den Weltkriegen

Im 19. Jahrhundert hatten die Liberalen die britische Politik dominiert, doch sie verloren nach dem Ersten Weltkrieg immer mehr an Einfluss. Die Wähler definierten sich jetzt stärker über die Zugehörigkeit zu ihrer jeweiligen sozialen Schicht und wählten daher eher die Konservativen bzw. die Arbeiterpartei. Die 1920er-Jahre waren von harten Arbeitskämpfen gekennzeichnet, die zumeist von Bergarbeitern ausgingen. 1926 weitete sich einer der Streiks zum Generalstreik aus, der jedoch nach neun Tagen ein Ende fand. Infolge der Arbeiterkämpfe wurden für den Adel die Diener und damit der Unterhalt großer Anwesen immer teurer. Schließlich warf auch die Landwirtschaft immer weniger Geld ab, seit Dampfschiffe billiges Getreide aus Amerika importierten. Das Ansehen der britischen Monarchie wurde beschädigt, als Eduard VIII., der 1936 König wurde, beschloss, seine Geliebte Wallis Simpson zu heiraten – eine Amerikanerin, die bereits zweimal geschieden war. Noch im gleichen Jahr wurde er gezwungen, abzudanken.

Den Nationalsozialisten gegenüber verfolgte die britische Regierung zunächst eine Politik des Appeasements, der Besänftigung. Premierminister Arthur Neville Chamberlain billigte den Einmarsch der Deutschen ins entmilitarisierte Rheinland und unterstützte 1938 das Münchner Abkommen, das die Tschechoslowakei zwang, das Sudetengebiet an Deutschland abzutreten. Doch nach dem Einmarsch der Wehrmacht 1939 in Polen erklärten Großbritannien und Frankreich zusammen Deutschland den Krieg. Winston Churchill, ein heftiger Kritiker der Appeasement-Politik, wurde zuerst Marineminister. 1940 löste er Chamberlain als Premierminister ab. Als Frankreich im Juni 1940 kapitulierte, war Großbritannien isoliert. Im gleichen Jahr bombardierte die deutsche Luftwaffe englische Städte, viele Zivilisten starben. 1941 traten die USA als Verbündete in den Krieg ein, ab 1942 verzeichnete man erste militärische Erfolge. Als der Krieg 1945 mit der Kapitulation Deutschlands endete, hatten rund 300 000 britische Soldaten und 60 000 Zivilisten ihr Leben verloren.

Entstehung

Als er seinen siebten Roman schreiben wollte, befand sich Evelyn Waugh im Krieg und beantragte Diensturlaub. Dem Antrag wurde stattgegeben, Waugh begann am 1. Februar 1944 zu schreiben. Nach gewissen Startschwierigkeiten ging ihm die Arbeit flüssig von der Hand. In Briefen an seine Frau und an seinen Verleger zeigte er sich überzeugt davon, an seinem Opus Magnum zu sitzen. Sein größtes Problem war der Mangel an trinkbaren Spirituosen . Am 16. Juni war die Niederschrift beendet. In den Satzfahnen nahm Waugh noch einmal starke Änderungen vor. Das Buch wurde 1945 veröffentlicht. 15 Jahre später erschien eine überarbeitete Version des Romans, bei der Waugh zahlreiche kleinere Ergänzungen und einige massive Kürzungen vorgenommen hatte.

Die Ähnlichkeiten zwischen dem Autor und dem Ich-Erzähler Charles Ryder sind offensichtlich: Beide sind im selben Monat geboren und studierten Geschichte in Oxford. Die Figur des Sebastian Flyte soll eine Mischung aus Waughs Oxforder Geliebten Alistair Graham und Hugh Lygon sein. Die Familie Marchmain hat die adligen Lygons mit ihrem 136-Zimmer-Anwesen zum Vorbild – in den 1930er-Jahren war dieses eine Art Zuhause für Waugh. Eine der Schwestern von Hugh Lygon inspirierte ihn zur Figur der Cordelia. Alistair Graham reiste 1924 nach Afrika, konvertierte dort zum Katholizismus und verfiel anschließend dem Alkohol. Ein weiterer Freund aus Studientagen, Harold Acton, wurde zum Vorbild für Anthony Blanche. Homosexualität war in Oxford unter den Studenten nichts Ungewöhnliches und wurde toleriert, soweit es sich nur um eine vorübergehende Phase handelte.

Wirkungsgeschichte

Wiedersehen mit Brideshead wurde bei seinem Erscheinen 1945 unterschiedlich aufgenommen: Zahlreichen Lobeshymnen, die den Roman als „bezaubernd“, „voller Leben“, als „klar und präzise“ beschrieben, standen auch einige Verrisse gegenüber, die das Werk unglaubwürdig, reaktionär und sentimental fanden. Vor allem der wichtigste Literaturkritiker Amerikas, Edmund Wilson, war „grausam enttäuscht“ und sah in dem Werk ein „romantisches Hirngespinst“, „schamlos, ungezügelt und snobistisch“. Positive Rezensionen, die danach erschienen, wurden vom Gewicht dieses Urteils überschattet. Der Roman wurde ein großer Verkaufserfolg und sogar in den USA zum Bestseller. Inzwischen ist sein literaturgeschichtlicher Rang als moderner Klassiker unbestritten – in England ist der Roman eine Art nationaler Schatz, der von vielen glühend verehrt wird. Zu Lebzeiten Evelyn Waughs zerschlugen sich zwei Filmprojekte. Erst 1981 wurde der Roman dann verfilmt, aber nicht fürs Kino, sondern als elfteilige Fernsehserie. Charles Ryder wurde von Jeremy Irons gespielt und Sebastian Flyte von Anthony Andrews, die beide damit schlagartig berühmt wurden. Bis heute gilt die Serie als eine der besten Literaturverfilmungen überhaupt, sie markiert einen Meilenstein der Fernsehgeschichte.

Über den Autor

Evelyn Waugh wird am 28. Oktober 1903 als Arthur Evelyn St. John Waugh in London in eine gutbürgerliche Familie geboren. Der Vater ist Verleger, schreibt selbst Lyrik und Literaturkritiken. Evelyns älterer Bruder Alec Waugh wird ebenfalls Schriftsteller. Evelyn ist ein begabtes Kind, er verfasst mit sieben Jahren seine erste Erzählung. Ab 1922 studiert er in Oxford Geschichte und verliebt sich in einen Kommilitonen. 1924 verlässt er die Universität ohne ordentliches Examen, geht an die Londoner Kunstakademie, langweilt sich jedoch auch dort. Sein Vater zwingt ihn schließlich, eigenes Geld zu verdienen, woraufhin Waugh Lehrer wird. Zwei Lehrerposten verliert er allerdings schnell wieder, unter anderem wegen Trunkenheit. Sein Debütroman Niedergang und Fall (Decline and Fall) macht ihn 1928 über Nacht berühmt und zum Liebling der reichen Gesellschaft, die er in diesem Roman porträtiert. Im gleichen Jahr verliebt er sich in Evelyn Gardner, die er 1928 heiratet. Nach einem Jahr lässt seine Frau ihn wissen, dass sie eine Affäre mit einem gemeinsamen Freund habe – Waugh reicht die Scheidung ein. Er stürzt in eine Krise und wendet sich dem Glauben zu. 1930 konvertiert er zum Katholizismus. Er reist viel, schreibt unter anderem den Roman Eine Handvoll Staub (A Handful of Dust, 1934) und die Journalistensatire Scoop. Er lernt Laura Herbert kennen, die adlig, katholisch und 13 Jahre jünger ist als er. Die beiden heiraten 1937, obwohl Lauras Familie zunächst dagegen ist – zumal Waugh als Geschiedener seine erste Ehe erst in einem langwierigen Verfahren annullieren lassen muss, um katholisch heiraten zu dürfen. Das Paar bekommt sieben Kinder. Zu Beginn des Zweiten Weltkriegs meldet Waugh sich als Freiwilliger, ist jedoch schon bald vom bürokratischen System der Armee enttäuscht. 1945 erscheint Wiedersehen mit Brideshead (Brideshead Revisited), 1948 die Satire Tod in Hollywood (The Loved One). Am 10. April 1966, einem Ostersonntag, stirbt Waugh an einem Herzinfarkt.

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