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Wilhelm Tell

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Wilhelm Tell

Schauspiel

dtv,

15 Minuten Lesezeit
12 Take-aways
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Was ist drin?

Fast so populär wie das Schweizer Offiziersmesser: Schillers Dramatisierung des schweizerischen Gründungsmythos.


Literatur­klassiker

  • Drama
  • Weimarer Klassik

Worum es geht

Apfelschuss und Rütlischwur

In Wilhelm Tell, seinem letzten Drama, verarbeitet Schiller den Gründungsmythos der Schweiz und verknüpft diesen mit der sagenumwobenen Figur des Meisterschützen. Schiller geht allerdings mit seinen Quellen recht frei um und projiziert munter gesellschaftliche Zustände seiner eigenen Zeit in die Handlung um 1300 hinein. Das Stück spielt auf zwei Ebenen: Die erste ist die öffentlich-politische, es geht um die Erhebung der Schweizer gegen die Fremdherrschaft der Habsburger, die im Treueschwur auf dem Rütli und dem bewaffneten Volksaufstand ihre beiden Höhepunkte findet. Auf der zweiten Ebene geht es um das private Schicksal des Wilhelm Tell, eines Eigenbrötlers, der sich zwar für die Gemeinschaft einsetzt, wo er kann, aber am liebsten ungestört leben würde. Doch: "Es kann der Frömmste nicht in Frieden leben, wenn es dem bösen Nachbarn nicht gefällt", wie es im Drama heißt - nur eine der zahlreichen Sentenzen im Stück, die zu geflügelten Worten geworden sind. Der böse Nachbar ist in diesem Fall der Landvogt Gessler, der Tell zu dem berühmten Apfelschuss vom Haupt des eigenen Sohnes drängt. Der Meisterschütze trifft - und trifft wenig später auch Gessler tödlich. Die terroristische Tat löst den lange verzögerten Volksaufstand aus, privates und öffentliches Anliegen verschmelzen, die Schweizer werden frei und schaffen auch gleich alle Standesunterschiede ab.

Take-aways

  • Mit Wilhelm Tell dramatisierte Friedrich Schiller den Schweizer Gründungsmythos: die Befreiung von der österreichischen Fremdherrschaft.
  • Goethe ermunterte seinen Freund Schiller zu dem Drama und versorgte ihn auch mit zahlreichen Beschreibungen der Schweiz, die Schiller selbst nie besucht hat.
  • Der Freiheitskampf der drei Urkantone Uri, Schwyz und Unterwalden bildet einen Hauptstrang der Handlung.
  • Um die österreichische Zwangsherrschaft abzuschütteln, treffen sich Vertreter der Kantone auf der Rütliwiese am Vierwaldstätter See.
  • Sie schwören sich die Treue und planen einen Aufstand gegen die Besatzer.
  • Der zweite Handlungsstrang dreht sich um die Titelfigur Wilhelm Tell. Dieser wird von dem Landvogt Gessler genötigt, einen Apfel vom Kopf seines Sohnes zu schießen.
  • Der Meisterschuss gelingt, doch Tell soll ins Gefängnis geworfen werden, weil er dem Vogt gegenüber eine Morddrohung ausspricht.
  • In einem Sturm auf dem See gelingt es Tell, an Land zu springen und zu fliehen.
  • In der hohlen Gasse bei Küssnacht lauert er Gessler auf und erschießt ihn mit seiner Armbrust.
  • Der Tyrannenmord wird zum Signal für den Aufstand der bis dahin noch zögerlichen Schweizer.
  • Wilhelm Tell ist Schillers letztes Drama und die bis heute einflussreichste Bearbeitung des Tell-Mythos. Sie wurde wegen ihrer revolutionären Sprengkraft mehrmals verboten.
  • In der Schweiz wird das Stück noch heute immer wieder aufgeführt, u. a. als Freilichttheater oder im Altdorfer Tellspielhaus.

Zusammenfassung

Gestörte Idylle

Der Schauplatz: das hohe Felsenufer des Vierwaldstätter Sees, saftige Wiesen, mächtige Berge, die harmonischen Klänge der Kuhglocken. Da verdüstert sich der Himmel - Jäger, Fischer und Hirten rechnen jeden Augenblick mit einem Gewitter. Plötzlich erscheint der abgehetzte Konrad Baumgarten auf der Szene, der offensichtlich auf der Flucht ist. Er bittet den Fährmann Ruodi darum, ihn trotz des drohenden Unwetters über den See zu fahren. Aufgebracht erzählt er, was ihm widerfahren ist: Wolfenschießen, der Burgvogt des Kaisers, habe sich bei ihm breitgemacht und versucht, seine Frau zu vergewaltigen. Da habe er die Axt gepackt und den Vogt erschlagen. Jetzt sind dessen Reiter hinter ihm her und werden ihn sicher töten, wenn sie ihn erreichen. Doch Ruodi gibt dem Drängen des Todgeweihten nicht nach: Der Sturm hindert ihn daran, das Boot zu führen. Zufällig kommt Wilhelm Tell vorbei, lässt sich erklären, was vorgefallen ist, und besteigt ohne zu zögern das Boot. Wagemutig steuert er den Verfolgten über die Wogen. Die Reiter des Vogts haben das Nachsehen.

In Stauffachers Haus

In Schwyz, am anderen Ufer des Sees, verabschiedet sich Pfeiffer aus Luzern von seinem Gastgeber Werner Stauffacher. Schon im Gehen, warnt ihn Pfeiffer noch vor den habsburgischen Österreichern. Er solle sich nicht zu Österreich bekennen. Gertrud, Stauffachers Frau, findet anschließend ihren Mann in grüblerischer Stimmung vor der Linde sitzend, die das prächtige Haus überschattet. Erst auf ihre bohrenden Nachfragen hin eröffnet er ihr, dass er ein unangenehmes Erlebnis mit dem allseits gefürchteten Landvogt Gessler gehabt hat: Dieser hat sich sehr despektierlich darüber geäußert, dass sich der Bauer Stauffacher einfach so ein Haus gebaut habe, denn schließlich sei er, der Landvogt, an Kaisers statt der Herr im Lande. Gertrud folgert daraus, dass der Vogt ihnen ihren Besitz neidet, weil er selbst kein Land hat. Sie versucht ihren Mann davon zu überzeugen, sich mit den Genossen in Unterwalden und Uri zu einer Allianz zusammenzuschließen und den Vogt zu stürzen - ehe dieser auf dumme Gedanken kommt und ihnen ihr Haus nimmt. Nach anfänglichem Zögern ist Stauffacher überzeugt und macht sich auf den Weg zu seinem Freund Walther Fürst in Uri. In diesem Moment erreicht Tell mit Baumgarten das rettende Ufer.

Der Hut auf der Stange

Tell begleitet Stauffacher in das Städtchen Altdorf. Hier werden sie Zeuge von gleich zwei Ungeheuerlichkeiten des Vogts. Die braven Bürger müssen die Festung "Zwing Uri" mit eigener Hände Arbeit errichten und sich damit den Besatzer gleichsam selbst ins Dorf holen. Dann wird ein Hut auf einer Stange vorbeigetragen. Ein Ausrufer vermeldet, dass dieser Hut, aufgerichtet an prominenter Stelle, als Stellvertreter des Landvogts anzusehen sei. Wer an ihm vorübergeht, muss seine Knie beugen und ihn grüßen. Über so viel despotischen Unsinn kann das Volk nur lachen. Stauffacher möchte Tell gerne mitnehmen, doch dieser hält nichts von einem Aufstand. Er möchte lieber wieder in Ruhe nach Hause gehen. In der Not könne man nur als Einzelner richtig handeln, meint er, aber er würde den Genossen den Dienst nicht verwehren - sofern es um Taten, nicht um Pläne gehe.

Eine Hiobsbotschaft

Bei Walther Fürst trifft Stauffacher auf den jungen Melchthal, der vor den Häschern des Vogts aus dem Kanton Unterwalden fliehen musste. Er hat einem von ihnen die Finger gebrochen, als dieser seinen Ochsen entwenden wollte. Nun muss der entsetzte Jüngling von Stauffacher erfahren, dass der Vogt seinem Vater die Augen ausstechen ließ, um das Verbrechen zu sühnen. Melchthal gerät angesichts solch schändlicher Tyrannei in Wut und will sofort zur Rache schreiten. Doch Stauffacher und Fürst halten ihn zurück: Sie setzen auf eine Allianz der drei Kantone. Fürst soll in Uri, Stauffacher in Schwyz und Melchthal in Unterwalden um Verbündete werben. Gemeinsam wollen sie dann den Unterdrückern den Garaus machen.

Rudenz tanzt aus der Reihe

Am Hof des Freiherrn von Attinghausen verabschiedet dieser greise Edelmann seine Knechte zur Arbeit auf dem Feld. Sein stolzer Neffe Rudenz verwehrt den Knechten jedoch den Respekt, den sein Onkel ihnen entgegenbringt. Die beiden sind sich auch uneins, was die Haltung zu Österreich angeht. Attinghausen will seinen Neffen davon überzeugen, dass er zu seinem Schweizer Vaterland stehen muss, aber Rudenz will davon nichts wissen: Er hält es für dumm, wenn ein paar kleine Länder sich dem gewaltigen Österreich entgegenstellen. Allerdings bekommt der Alte schnell heraus, warum sich Rudenz so zu den Österreichern hingezogen fühlt: Er ist verliebt in die österreichische Edeldame Bertha von Brunek.

Der Rütlischwur

In sternenklarer Nacht treffen die Abgesandten von Schwyz, Unterwalden und Uri auf der Rütliwiese am Ufer des Sees zusammen. Man begrüßt sich und tauscht Freundlichkeiten aus. Private Fehden, die einige der Anwesenden vor Gericht ausstreiten, werden kurzerhand für nichtig erklärt: Jetzt gilt es, als eingeschworene Gemeinschaft aufzutreten, um die Tyrannei abzuschütteln. Schnell ist der Rat gebildet und mit dem Altlandammann Reding ein Vorsitzender gefunden. Stauffacher erzählt den Genossen die Historie der Schweizer: wie ihre Vorfahren in diese Gegend zogen, um sich hier anzusiedeln, wie sie sich unter den Schutz des Kaisers stellten und ihm im Gegenzug die Waffentreue zusicherten. Stauffacher beschwört die Kraft des gemeinsamen Blutes, das sie alle eint. Hier und jetzt wollen sie den Bund der Eidgenossen erneuern, den die Österreicher untergraben haben. Der Vorschlag, sich zu unterwerfen, wird nur kurz diskutiert und einstimmig abgeschmettert. Wie ein Bote berichtet, erscheint es sinnlos, sich an den Kaiser zu wenden - er habe keine Zeit, ihnen beizustehen. Also bleibt nur eins: der aktive Widerstand. Mit dem Rütlischwur besiegeln sie ihren Bund.

Rudenz kommt zur Besinnung

Vor Tells Haus spielen seine beiden Söhne Wilhelm und Walther mit der Armbrust. Tell repariert das Tor. Seine Frau Hedwig ist besorgt: Tells kühne Schiffsüberfahrt hätte ihn das Leben kosten können. Als er ihr eröffnet, dass er nun nach Altdorf gehen will, ist sie vollkommen aufgelöst, weil sich dort der grimmige Landvogt Gessler aufhält. Doch Tell fürchtet ihn nicht, zumal er ihm kürzlich alleine, ohne Reiter, nahe einer Schlucht begegnet sei - und nicht die Gelegenheit ergriffen habe, ihn abstürzen zu lassen. Doch Hedwig sieht das anders: Weil Tell ihn in einem Augenblick der Schwäche erlebt habe, zürne ihm der Vogt vermutlich erst recht. Dennoch bricht Tell zusammen mit seinem Sohn Walther auf.

„Eilt, eilt, sie sind mir dicht schon an den Fersen! / Des Landvogts Reiter kommen hinter mir, / Ich bin ein Mann des Tods, wenn sie mich greifen.“ (Baumgarten, S. 16)

Eine Jagdgesellschaft reitet durch den Wald, unter ihnen Bertha und Rudenz. Der Jüngling ringt sich dazu durch, Bertha seine Liebe zu gestehen. Doch er fällt aus allen Wolken, als Bertha ihm eröffnet, dass sie sich von seiner Liebe und Treue nichts erhofft, wo er doch nicht einmal seinen Landsleuten die Treue halte. Jetzt offenbart Bertha, dass sie mitnichten auf der Seite Österreichs steht, sondern vielmehr dem einfachen Volk der Schweizer Sympathien entgegenbringt. Da sie Rudenz ihre Liebe für den Fall verspricht, dass sein Heimatland frei werde, will er alles tun, ihr zu Willen zu sein und die Eidgenossen zu verteidigen.

Der Apfelschuss

Tell ist unterdessen mit seinem Sohn Walther in Altdorf eingetroffen. Er erzählt ihm vom freien Leben in den Bergen. Sie kommen an dem aufgepflanzten Hut vorbei, der von dem grimmigen Frießhardt und dem milderen Leuthold bewacht wird. Natürlich verbeugt sich Tell nicht vor dem Hut und wird sogleich von Frießhardt zur Rechenschaft gezogen. Der dienstbeflissene Söldner möchte Tell umgehend ins Gefängnis stecken. Walther ruft um Hilfe, und sofort eilen einige Bürger heran, unter ihnen Stauffacher, Fürst und Melchthal. Sie drohen Frießhardt, doch da sprengt zu Pferde der Landvogt Gessler höchstpersönlich mit seinem bewaffneten Gefolge heran, darunter Bertha und Rudenz, und lässt die Menge auseinandertreiben. Zur Strafe für Tells respektloses Verhalten gegenüber dem Hut stellt er diesen auf eine grausige Probe: Als Meisterschütze bekannt, soll er auf 80 Schritt einen Apfel vom Kopf des eigenen Sohnes schießen. Tell protestiert, und auch Bertha und Rudenz können nicht glauben, dass der Vogt zu solcher Grausamkeit bereit ist. Während Gessler und Rudenz fast handgreiflich werden, schießt Tell - und trifft. Ein Raunen geht durch die Menge: Der Knabe lebt, der Apfel ist mitten durchgeschossen. Selbst Gessler ist beeindruckt. Nun möchte er aber noch wissen, warum sich Tell einen zweiten Pfeil beiseite gelegt hat. Erst ist der Schütze verlegen, dann aber - weil Gessler ihm sein Leben verspricht - gibt er zu, dass er den Vogt mit dem zweiten Pfeil getötet hätte, wäre sein erster fehlgegangen. Unter dem Entsetzen der Anwesenden lässt Gessler Tell abführen: Er soll in seiner Burg in Küssnacht eingesperrt werden.

Tells Flucht

Unter den Fischern am Ufer des Vierwaldstätter Sees hat die ungeheuerliche Geschichte um den Apfelschuss und die Verhaftung Tells bereits die Runde gemacht. Die braven Leute beklagen sein Schicksal. Das heranziehende Unwetter deuten sie als Zeichen des Himmels, der so viel Ungerechtigkeit nicht ungesühnt lassen werde. Und tatsächlich: Das Schiff, mit dem der Vogt Tell nach Küssnacht bringt, gerät mitten in den Sturm. In Todesangst löst Gessler Tell die Fesseln und bittet ihn, sie sicher ans Ufer zu steuern. Das Vorhaben gelingt - und Tell kann fliehen. Ein Fischerjunge zeigt ihm einen verborgenen Weg nach Küssnacht. Dort angekommen sinnt er auf Rache: Er will den Landvogt Gessler töten.

„Der brave Mann denkt an sich selbst zulezt, / Vertrau auf Gott und rette den Bedrängten.“ (Tell, S. 20)

Am Totenbett des Freiherrn von Attinghausen versammeln sich unterdessen die Eidgenossen des Rütlischwurs. Der Sterbende nimmt den Anwesenden das Versprechen ab, ihre Pläne zu verwirklichen und wie ein Mann zusammenzustehen, um der Freiheit willen. Da erscheint Rudenz. Nach anfänglicher Skepsis kann er die Anwesenden davon überzeugen, dass auch er den Österreichern abgeschworen hat und nun für die Sache der Schweiz eintreten wird. Er weiß vom Rütlischwur und hat dem Vogt gegenüber geschwiegen, das genügt als Beweis seiner Loyalität. Doch zunächst erbittet er die Hilfe der Verschworenen: Der Landvogt hat Bertha entführt, und Rudenz will sie befreien.

Gesslers Ende

In der hohlen Gasse am Fuß des Rigimassivs, dem engen Weg, der nach Küssnacht führt, wartet Tell auf Gesslers Ankunft. Er sinniert darüber, dass es ja der erbarmungslose Landvogt selbst ist, der ihn zu einer solch ruchlosen Tat nötigt. Er, der die Armbrust immer nur zur Jagd genutzt hat, um seine Familie zu ernähren, wird sie nun für einen Mord aus dem Hinterhalt benutzen. Eine Hochzeitsgesellschaft und ein Jäger stören ihn kurz in seinen düsteren Gedanken. Dann wird das Kommen des Vogts angekündigt, und Tell versteckt sich im Unterholz. Eine Bäuerin wirft sich vor dem Vogt in den Staub und fleht um Gnade für ihren Mann, der schon sechs Monate im Kerker sitzt und deshalb seine Familie nicht ernähren kann. Der Vogt ist verärgert: Das Volk ist offenbar noch nicht genug geschunden, wenn es ihn so frech auf dem Weg belagert. Eben will er noch drakonischere Strafen verhängen - da trifft ihn Tells Pfeil. Tot fällt er vom Pferd, und Tell offenbart sich den umherstehenden Reitern als Urheber der Tat. Doch diese können ihn nicht verfolgen, weil sich die Szene mit aufgebrachtem Volk füllt, das erst entsetzt und gleich darauf erleichtert auf den Tyrannenmord reagiert.

Freiheit

Die Nachricht von Gesslers Tod wird zum Fanal des Volksaufstands und beflügelt die Schweizer: Überall fallen nun die Festen der Besatzer, zuletzt reißen die Altdorfer auch die "Zwing Uri" ein. Melchthal berichtet Walther Fürst, wie Rudenz das Sarner Schloss vernichtet hat. Dort war Bertha von Brunek gefangen, die er heldenhaft aus den Flammen retten konnte. Der Hut auf der Stange wird als Mahnmal aufgehoben. Pfarrer Rösselmann bringt eine ungeheuerliche Nachricht: Der Kaiser wurde von seinem Neffen, dem Herzog Johann von Schwaben, wegen Erbstreitigkeiten ermordet. Für die Schweizer ist das positiv: Die Krone geht an die Luxemburger. Weil der Kaiser den Freibrief der Schweizer nicht verlängert hatte, sehen sie keinen Anlass, den Meuchelmörder zu verfolgen. Dieser betritt dann auch noch, als Mönch verkleidet, ausgerechnet das Haus von Wilhelm Tell, der inzwischen zu seiner Familie zurückgekehrt ist, und bittet um Asyl. Doch Tell verwehrt es ihm: Er selbst habe nur aus Notwehr, Johann von Schwaben aber aus Eigennutz gemordet. Vor dem Haus des braven Schützen bereiten die Schweizer ein großes Jubelfest für Tell. Und Rudenz gewährt seinen Knechten die Freiheitsrechte.

Zum Text

Aufbau und Stil

Schillers Drama lebt vom Pathos. Das wurde ihm auch mehrmals vorgeworfen: Große Gesten und große Worte finden sich im Wilhelm Tell zuhauf. Viele der knappen Sentenzen, die Schiller dem Schweizer Nationalhelden in den Mund gelegt hat, sind zu geflügelten Worten geworden und haben sich tief in die deutsche Alltagssprache eingebrannt: "Die Axt im Haus erspart den Zimmermann", "Durch diese hohle Gasse muss er kommen", "Der brave Mann denkt an sich selbst zuletzt", "Früh übt sich, was ein Meister werden will" usw. Der Aufbau des Dramas ist klar lösungsorientiert: Die Schweizer Idylle, die am Anfang sehr stimmungsvoll dargestellt wird, wird von den Männern des Vogts grausam zerstört. Die Gewalt erzeugt Gegengewalt - und zwar in verschiedenen Ausprägungen. Einerseits formiert sich im öffentlich-politischen Raum der Widerstand gegen die Unterdrückung in Gestalt der Eidgenossenschaft. Die Kernszene dafür bildet der Rütlischwur. Daneben verläuft die Tell-Handlung mit den beiden Höhepunkten Apfelschuss und Tyrannenmord. Nebenhandlungen bilden die Liebesgeschichte zwischen Rudenz und Bertha und das Ableben des alten Attinghausen, der vor seinem Ende noch den Weg für eine klug geplante Revolution ebnet. Am Schluss des Dramas kommt es zu einer idealistisch-friedvollen Wiederherstellung der Idylle mit Musik, die vom Berg herunterschallt: Adel und Volk sind sich einig im Kampf um die Freiheit.

Interpretationsansätze

  • Schillers Tell-Schauspiel wird oft als Revolutionsdrama bezeichnet. Tatsächlich scheint Schiller es als Gegenentwurf zur Französischen Revolution von 1789 angelegt zu haben: Deren Ruf nach Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit unterstützte er zunächst aus vollem Herzen, zeigte sich dann aber entsetzt über die Gräueltaten der Revolutionäre. Die (stark idealisierten) Schweizer im Drama gehen da viel besonnener zu Werke. Dass schließlich Adel und Volk zusammenstehen und sich erfolgreich gegen die Habsburger durchsetzen, zeigt Schillers Wunschvorstellung einer idealen Revolution.
  • Schillers Drama griff die Schweiz-Begeisterung seiner Zeitgenossen auf: Die urwüchsige, von den Einflüssen der Städte verschonte Natur der Berge habe auch auf die Bewohner des Landes abgefärbt, munkelte man respektvoll. Man bewunderte die Eidgenossenschaft als reale Utopie von Frieden und Freiheit, die sich auf das Naturrecht und einen freiwilligen Gesellschaftsvertrag im Sinne Rousseaus berief.
  • Moralisch problematisch erscheint jedoch Tells Akt der Selbstjustiz: Dadurch dass er Gessler aus dem Hinterhalt erschießt, wird Schillers Held zu einem gebrochenen Charakter. In der Schlussszene, die allerdings wegen ihrer angeblichen Deplatziertheit in vielen Inszenierungen weggelassen wird, wird Schillers moralisches Konzept deutlich: In der Konfrontation mit dem Kaisermörder, der bei Tell Schutz sucht, wird klar, dass zwischen Mord aus egoistischen Motiven und Mord, um die Gemeinschaft und Familie zu schützen, ein himmelweiter Unterschied besteht. Die Schlussszene ist sozusagen eine Absicherung Schillers, um das Handeln seines Helden nachträglich zu rechtfertigen.

Historischer Hintergrund

Der Freiheitskampf der Schweizer: Historie und Mythos

Bis zum Jahr 1218 herrschte das süddeutsche Herzogtum von Zähringen über große Teile der heutigen Schweiz. Als die Hauptlinie der Herzöge ausstarb, fielen einige Landesteile an die Habsburger, welche sich als neue Großmacht etablierten. 1273 wurden die Habsburger so stark, dass mit Rudolf I. der Erste von ihnen den Thron im Reich bestieg und die lange Linie der Habsburger Dynastie begründete. Für die Schweizer bedeutete dies Ungemach: Rudolf I. strebte nämlich eine Neuordnung der Länder an, etablierte straffe Verwaltungen und übertrug seinen Grafen und deren Verwaltern (Vögten) die Aufgabe, Druck auf die Bevölkerung auszuüben, damit diese sich hinter das Habsburger Reich stellte. In diese Zeit fiel das Bündnis der Schweizer: 1291, im Todesjahr Rudolfs I., schlossen sich die drei Waldstätten Uri, Schwyz und Unterwalden zur Eidgenossenschaft zusammen. Auf diese Weise wollten sie sich vor allem von der Drangsalierung durch die Vögte retten. Ihr Ziel war die Verlängerung bzw. Bestätigung des alten Privilegs der Reichsunmittelbarkeit - dieses hatte Rudolf I. nämlich nicht anerkannt. Historisch verbürgt ist das offizielle Datum der Gründung der Eidgenossenschaft in einer Urkunde, dem "Bundesbrief" vom 1. August 1291. Der 1. August ist darum bis heute der Schweizer Nationalfeiertag. Der berühmte Rütlischwur soll hingegen erst 1307 stattgefunden haben. Beide Ereignisse wurden aber 1890 durch Beschluss des Bundesparlaments "zusammengelegt" und noch dazu mit dem Mythos um den Nationalhelden Wilhelm Tell verquickt. Ob Letzterer überhaupt jemals als historische Person gelebt hat, ist nach wie vor ungeklärt.

Entstehung

Schiller selbst hat die Schweiz nie besucht und wurde von seinem Dichterkollegen Goethe auf das Tell-Sujet gebracht. Weil er nie vor Ort war, begann Schiller seine Arbeit an dem Drama (vermutlich ab 1802) mit einer intensiven Recherche der historischen Hintergründe: Er tapezierte sein Arbeitszimmer mit Landkarten der Schweiz, bat Freunde und Verleger um Quellenmaterial und vergrub sich bis spät in die Nacht in historische Schriften. Zu den maßgeblichen Quellen zählte das Chronicum Helveticum von Aegidius Tschudi, eine historisch-patriotische Geschichtschronik aus dem 16. Jahrhundert. Besondere Ereignisse in Schillers Drama sind hier historisch verbürgt: die Ermordung des Vogts Wolfenschießen durch Baumgarten, die Blendung von Melchthals Vater, der Hut auf der Stange, der Rütlischwur und der Aufstand der Schweizer. Eine weitere Quelle Schillers waren die Geschichten Schweizerischer Eidgenossenschaft, die zwischen 1786 und 1808 in fünf Bänden von Johannes von Müller, den Schiller persönlich kannte, herausgegeben wurden. Der Tell-Mythos selbst stammt vielleicht gar nicht aus der Schweiz, sondern ist über Handelswege von Nordeuropa in den Alpenstaat eingeführt worden. Von Apfelschuss und Tyrannenmord berichtet z. B. schon im 12. Jahrhundert der dänische Geschichtsschreiber Saxo Grammaticus. Schiller nahm sich der Dichtung und Wahrheit um Tell und die Schweiz an und verschmolz beides. Allerdings ging ihm das Schreiben nicht leicht von der Hand: "Der verruchte Stoff bringt mich beinahe zur Verzweiflung", gestand er. Am 18. Februar 1804 war das Werk schließlich vollbracht.

Wirkungsgeschichte

Wilhelm Tell wurde am 17. März 1804 in Weimar uraufgeführt und war auf mehreren deutschen Bühnen sogleich ein großer Erfolg, den Schiller aber nicht mehr lange auskosten konnte: Er starb ein Jahr nach der Uraufführung. Schiller festigte mit diesem Drama seinen Ruf als "Volksdichter". Erstaunlicherweise wurde der aufs revolutionäre Frankreich gemünzten, politischen Botschaft des Stückes zunächst kaum Beachtung geschenkt. Der Autor selbst sah den Erfolg mit großer Freude: "So soll es ein mächtiges Ding werden und die Bühnen von Deutschland erschüttern."

Im nationalsozialistischen Deutschland erlebte das Stück eine wechselvolle Behandlung: Nach Adolf Hitlers Machtübernahme entdeckten die Nazis in Tell eine ideale Führernatur, ergötzten sich an der nationalen Erhebung der Schweizer, verglichen den Rütlischwur gar mit der Machtübernahme von 1933 und machten das Stück zum lesebuchtauglichen Allgemeingut. Einige Jahre später stellten die Nazis aber fest, dass die Volksgenossen das Regime wohl eher mit Gessler und nicht mit Tell identifizieren könnten. Und plötzlich bekam das Verhalten der Schweizer den Beigeschmack eines Aufrufs zur Revolution gegen die Nazidiktatur. Am 3. Juni 1941 veranlasste Hitler die Tilgung des Stückes: Propagandaminister Joseph Goebbels entfernte es von den Bühnen, aus den Schulbüchern und aus den Bibliotheken. Dasselbe war dem Drama aber auch vorher schon passiert, wenn auch nicht so radikal: Zur Zeit der Napoleonischen Kriege und nach dem Ersten Weltkrieg war es ebenfalls verboten worden.

In der Schweiz ist das Theaterstück nach wie vor ein echter Dauerbrenner. In Matten bei Interlaken wird Schillers Drama seit 1912 auf einer gigantischen Waldbühne inszeniert, und auch in Altdorf, wo eigens ein Tellspielhaus errichtet wurde, wird es seit 1899 immer wieder aufgeführt.

Über den Autor

Friedrich Schiller wird am 10. November 1759 in Marbach am Neckar als Sohn eines Offiziers geboren. Auf Befehl des württembergischen Landesherrn Karl Eugen wird er in dessen Eliteschule in Stuttgart aufgenommen. Schiller behagt der militärische Drill in diesem Internat überhaupt nicht, wenngleich die Lehrkräfte und die Ausbildung hervorragend sind. Er studiert zunächst Jura und dann Medizin. Viel stärker lockt den jungen Mann aber die Schriftstellerei. Mehr oder weniger heimlich schreibt er sein erstes Drama Die Räuber, das 1782 in Mannheim uraufgeführt wird. Als er gegen den Willen Karl Eugens die Landesgrenzen überschreitet, wird er mit Haft und Schreibverbot bestraft. Schiller entzieht sich dem Zwang durch neuerliche Flucht und setzt seine schriftstellerische Arbeit fort. Die frühen Dramen erscheinen: Die Verschwörung des Fiesko zu Genua (1783) und Kabale und Liebe (1784). Unter ständiger Geldnot leidend, zieht er 1785 zu seinem Freund und Gönner Christian Gottfried Körner nach Sachsen, wo er u. a. die durch Beethovens Vertonung bekannt gewordene Ode An die Freude sowie den Dom Karlos (1787) schreibt. Aufgrund seiner viel beachteten Studie Geschichte des Abfalls der Vereinigten Niederlande schlägt Goethe ihn 1788 für den Lehrstuhl für Geschichte in Jena vor. Hier verfasst Schiller seine ästhetischen und historischen Schriften und heiratet 1790 Charlotte von Lengefeld. Nach seinem Umzug nach Weimar im Jahr 1799 schließt Schiller Freundschaft mit Goethe. Daraus ergibt sich eine der fruchtbarsten Dichterbekanntschaften aller Zeiten: In der Nähe Goethes beendet Schiller sein erstes klassisches Geschichtsdrama, die Wallenstein-Trilogie. Es folgen Maria Stuart und Die Jungfrau von Orleans (beide 1801), Die Braut von Messina (1803) und Wilhelm Tell (1804), aber auch ein umfangreiches lyrisches Werk. 1802 erhält er den Adelstitel. Seine schlechte körperliche Konstitution zwingt ihn immer wieder aufs Krankenlager. Am 9. Mai 1805 stirbt Schiller in Weimar.

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    B. T. vor 6 Jahren
    eigentlich perfekt, leider nur einzelne Szenen beschrieben und nicht das komplette Buch.
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    l. g. vor 7 Jahren
    oder eine erörterung ...
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    l. g. vor 7 Jahren
    eine komplette Inhaltsangabe wäre besser. also über das genze buch nicht die einzelnen szenen