Ist es möglich, Hunderte von Jahren zu leben, womöglich gar unsterblich zu sein? Molekularbiologen und Genetikerinnen kommen dem Geheimnis des Alterns auf die Spur. Doch was bedeutet es, wenn die Medizin den Alterungsprozess aufhalten könnte? Mehr Entwicklungsmöglichkeiten für den Einzelnen und nachhaltiges Denken – oder endlose Langeweile und Überbevölkerung? Thomas Ramge bringt in seinem griffigen Essay den aktuellen Stand der Langlebigkeitsforschung mit gesellschaftspolitischen und philosophischen Fragen zusammen, ohne Innovationen zu verteufeln oder blindlings zu feiern. Empfehlenswert für Leserinnen und Leser von 9 bis 999.
Die Mehrheit der Menschen will lange leben, aber nicht unsterblich sein.
Mit 95 Jahren das Erwachsenwerden der Enkel bei guter körperlicher und geistiger Leistungsfähigkeit erleben? Das ist für die meisten Menschen eine höchst positive Vision, ebenso, wie sie hoffen, dass sie dann irgendwann angstfrei und ohne langes Leiden sterben können. Aber viele hundert Jahre alt zu werden oder gar unsterblich zu sein? Das finden nur ein paar äußerst optimistische Menschen und Science-Fiction-Fans erstrebenswert. Zumindest ergibt sich dieses Bild, wenn die Teilnehmenden bei Vorträgen und in Workshops zum Thema Langlebigkeit befragt werden. Die Option, viele hundert Jahre leben zu können, ist für die Mehrheit selbst dann nicht attraktiv, wenn jeder einzelne Mensch die Möglichkeit hätte, jederzeit per Suizid aus dem Leben zu scheiden.
Zum Beginn der industriellen Revolution betrug die Lebenserwartung nicht einmal 40 Jahre, kaum mehr als im Mittelalter. Inzwischen hat sie sich in der westlichen Welt mehr als verdoppelt. Das ist vor allem der drastisch verminderten Kindersterblichkeit und den Erfolgen im Kampf gegen Infektionskrankheiten zu verdanken. ...
Thomas Ramge ist Techniksoziologe, Moderator und Autor diverser Bücher zu Wirtschafts- und Wissenschaftsthemen. Er schreibt unter anderem für die Magazine The Economist, Harvard Business Review und Brand eins.
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