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Zazie in der Metro
Buch

Zazie in der Metro

Paris, 1959
Diese Ausgabe: Suhrkamp, 2019 Mehr

Literatur­klassiker

  • Roman
  • Nachkriegszeit

Worum es geht

Respektlos im Großstadtdschungel

Die fast halbwüchsige Zazie ist so frech wie Pippi Langstrumpf, nur viel ordinärer, sie beendet fast jeden Satz mit „leck mich“ und stellt Erwachsenen investigative Fragen zu deren Sexualleben. Allerdings sind die Menschen, die sie trifft, selbst keine Kinder von Traurigkeit und die Gespräche der Erwachsenen untereinander sind oft ebenso absurd-direkt wie die mit Zazie. Das Paris, in dem das Mädchen aus der Provinz zwei Tage verbringt, während ihre Mutter bei einem Liebhaber weilt, erscheint nicht ganz stabil in Zeit und Raum: Da fährt ein Zug um 18 Uhr 60, die Sainte-Chapelle wird mit dem Handelsgericht verwechselt und am Ende verwandelt sich beiläufig Marceline in Marcel und ein Kneipenwirt tauscht die Rollen mit seinem Papagei. Die Handlung geht gegen null, die Dialoge strotzen vor Zoten und umgangssprachlichem Witz – immer wieder kontrastiert mit vielschichtigen Anspielungen. Das alles ist höchst erfrischend – ein literarischer Geheimtipp, der keiner bleiben sollte.

Take-aways

  • Zazie in der Metro, 1959 erschienen, ist der berühmteste Roman von Raymond Queneau.
  • Inhalt: Zazie ist zwei Tage bei ihrem Onkel in Paris, während ihre Mutter Zeit mit ihrem Liebhaber verbringt. Zazie will unbedingt in die Metro, aber die wird bestreikt. Also erkundet das Mädchen die Stadt auf eigene Faust, begegnet fragwürdigen Gestalten, besichtigt den Eiffelturm und sieht ihren Onkel im Tutu tanzen.
  • Das Werk ist ein Antiroman: Die Handlung ist nicht zusammenhängend, die Figuren haben keine stabile Identität, fantastische Elemente stellen die Realität infrage.

Über den Autor

Raymond Queneau wird am 21. Februar 1903 in Le Havre geboren, wo seine Eltern eine Kurzwarenhandlung führen. Bis zum Alter von drei Jahren ist er bei einer Amme – ein großes Trauma seiner Kindheit. Er wächst katholisch auf, verliert aber schnell seinen Glauben. Schon früh interessiert er sich für Fremdsprachen, lernt Griechisch, Hebräisch und Arabisch. 1915 beginnt er zu schreiben: Romane, Theaterstücke, auch Gedichte. Außerdem interessiert er sich für das Kino, für Naturwissenschaften und Mathematik. 1918 zerstört er seine bereits zahlreichen Manuskripte. Nach dem Abitur schreibt er sich an der Sorbonne für Philosophie ein. Damit er studieren kann, zieht seine Familie in einen Vorort von Paris. Ab 1924 hat er Kontakt zu den Surrealisten um André Breton. 1926 beendet er sein Studium. Er absolviert zwei Jahre Militärdienst in Algerien und nimmt am Rifkrieg in Marokko teil. 1928 heiratet er Janine Kahn, deren Schwester mit André Breton verheiratet ist. Bald darauf distanziert Queneau sich von Breton und dem Surrealismus. 1934 wird sein Sohn Jean-Marie geboren, 1933 veröffentlicht er seinen ersten Roman Der Hundszahn (Le Chiendent). Bereits dieser Text ist geprägt von der gesprochenen Sprache und parodistischen Tönen. Es folgen viele weitere experimentelle Texte. 1938 wird Queneau Verlagslektor für Englisch bei Gallimard, er übersetzt auch mehrere englischsprachige Werke. Als Schriftsteller ist er in der Résistance gegen die deutschen Besatzer aktiv. 1947 erscheint sein berühmter Text Stilübungen (Exercices de style). Darin wird eine kleine, unbedeutende Episode 99 Mal in unterschiedlichen literarischen Stilen erzählt. 1954 wird Queneau Direktor der Enzyklopädie Pléiade. Er schreibt weiterhin viel, auch Filmdrehbücher, zum Beispiel für Luis Buñuel. 1959 erscheint sein heute bekanntestes Werk Zazie in der Metro (Zazie dans le métro) und wird sofort ein Bestseller. 1960 gründet Queneau zusammen mit François Le Lionnais die literarische Gruppe Oulipo, deren Arbeitsprinzip darin besteht, durch selbst auferlegte formale Zwänge die Grenzen der Sprache zu erweitern. Sein letzter Roman Der Flug des Ikarus (Le Vol dʼIcare) erscheint 1968. Der Tod seiner Frau 1972 belastet ihn schwer. Er selbst stirbt am 25. Oktober 1976 an Lungenkrebs.


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