WĂ€re es nicht wunderbar, wenn bei der Arbeit nur noch zĂ€hlt, was man kann, und nicht mehr, wer man ist? Genau das verspricht das Holacracy-Konzept. Rollenerwartungen sollen so genau definiert werden, dass es am Ende egal ist, wer sie erfĂŒllt. Leider haben die Verfechter der Methode ihre Rechnung ohne die Alphatiere, Mauschler und Flurfunker gemacht, die auch nach der VerkĂŒndung der neuen Heilslehre in ihrem Schatten weiterwirken, sagt der Organisationsforscher Stefan KĂŒhl. Sein Buch zeigt deutlich, dass Managementmoden immer mehr versprechen, als sie halten können.
Holakratische Organisationen wollen BĂŒrokratie abbauen, indem sie Rollen extrem detailliert und prĂ€zise beschreiben.
Viele Managementmoden sind altbekannte Ideen in neuem Gewand. So wurden unter dem Schlagwort der AgilitĂ€t jahrzehntealte Konzepte angepriesen, die Hierarchien abbauen und Silobildung verhindern sollen. Man könnte also meinen, dass es sich bei der Holacracy Ă€hnlich verhĂ€lt. Die Organisationsform unterscheidet sich jedoch in einem wesentlichen Punkt von anderen agilen Methoden: Holacracy verspricht, alle Rollen im Unternehmen so prĂ€zise zu definieren und zu formulieren, dass Hierarchien und Abteilungen ĂŒberflĂŒssig werden.
Die Folge ist eine Hyperformalisierung. So sind zum Beispiel 30- bis 40-seitige Stellenbeschreibungen keine Ausnahme. Hinzu kommt, dass Mitarbeitende die Erwartungen an ihre Rollen stÀndig an neue Anforderungen anpassen, um flexibler auf VerÀnderungen reagieren zu können.
Formalisierte Strukturen sollen helfen, den Einfluss zwischenmenschlicher Beziehungen zu reduzieren.
Verfechter der Holacracy versuchten, das Konzept patentieren zu lassen: Neben der Möglichkeit, GebĂŒhren fĂŒr die Nutzung zu erheben, wollten sie...
Stefan KĂŒhl ist Professor fĂŒr Soziologie an der UniversitĂ€t Bielefeld. AuĂerdem arbeitet er als Organisationsberater der Firma Metaplan. Er ist Autor mehrerer BĂŒcher, darunter Brauchbare IllegalitĂ€t, Sisyphos im Management und Das Regenmacher-PhĂ€nomen.
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