Rudyard Kipling
Das Dschungelbuch
Insel Verlag, 2006
¿De qué se trata?
Ein englischer Kinder- und Abenteuerbuch-Klassiker, immer wieder spannend: die Erlebnisse des kleinen Mogli unter den wilden Tieren des Dschungels.
- Kinderbuch
- Viktorianische Ära
Worum es geht
Das Gesetz des Dschungels
"Probier’s mal mit Gemütlichkeit", singt Balu, der Bär, in der weltbekannten Disney-Verfilmung des Dschungelbuchs. Dass es aber im Dschungel gar nicht so gemütlich zugeht, erfährt, wer die Originalvorlage von Rudyard Kipling zur Hand nimmt. Mogli, der Junge, der von Wölfen aufgezogen wird, lernt von seinen beiden Mentoren, dem Bären und dem Panther, das Gesetz des Dschungels. In zahlreichen Konflikten mit dem Tiger Schir Khan, dem Wolfsrudel und schließlich sogar den abergläubischen Menschen muss er sich durchsetzen. Ähnlich wie Mogli, der auf seinem Weg zum Erwachsenwerden mehrere Prüfungen bestehen muss, ergeht es auch ein paar tierischen Helden in weiteren Geschichten. Schnell wird klar, dass das Leben in der Wildnis kein Zuckerschlecken ist. Rudyard Kipling war ein Verfechter des britischen Imperialismus. Sein in einigen Geschichten offen hervortretender Patriotismus und der Glaube an Befehl und Gehorsam muten manchmal etwas seltsam an und sind schon so manchem Kritiker übel aufgestoßen. Trotzdem, Kiplings Dschungelmärchen über Freundschaft, Bewährung und Abenteuer sind immer wieder lesenswert.
Take-aways
- Das Dschungelbuch gehört zu den bekanntesten Werken von Rudyard Kipling.
- Sieben einzelne Erzählungen berichten über das Leben im Dschungel, im Ozean und der indischen Steppe.
- Die bekanntesten Geschichten des Dschungelbuchs handeln von den Abenteuern des kleinen Mogli, der von Wölfen aufgezogen wird.
- Bedroht von Schir Khan, dem Tiger, muss sich Mogli seinen Platz im Wolfsrudel suchen und erkämpfen.
- Zur Seite stehen ihm Balu, der Bär, und Baghira, der Panther, seine Fürsprecher und Lehrmeister.
- Erst nachdem er die Gesetze des Dschungels gelernt und das Feuer von den Menschen gestohlen hat, kann Mogli seinem Erzfeind Schir Khan die Stirn bieten.
- Nach einem Abenteuer bei den Menschen gelingt es ihm schließlich, den Tiger zu töten.
- Eine weitere Geschichte berichtet von der kleinen weißen Robbe Kotick, die im Ozean eine sichere Kinderstube für den Nachwuchs sucht.
- Außerdem gibt es noch den mutigen Mungo Rikki, der eine Menschenfamilie vor Kobras rettet.
- Die Erlebnisse des kleinen Tumai, der den Tanz der Elefanten beobachten kann, und ein Gespräch zwischen den Tieren eines Militärcamps bilden den Abschluss.
- Die Geschichte von Mogli ist vor allem durch die erfolgreiche Zeichentrickverfilmung aus dem Hause Disney bekannt geworden.
- Kipling war ein bekannter Vertreter des britischen Imperialismus und wurde als solcher auch häufig kritisiert.
Zusammenfassung
Mensch unter Wölfen
Vier drollige kleine Fellknäuel tummeln sich in der Höhle von Vater und Mutter Wolf. Die beiden freuen sich über den kräftigen Nachwuchs. Doch da kommt unerwünschter Besuch vom Schakal Tabaqui, einem Aasfresser und Unglücksbringer. Gleich verkündet er stolz eine unangenehme Neuigkeit: Der Tiger Schir Khan habe seine Jagdgründe hierher verlegt, noch dazu, um Menschen zu jagen. Und tatsächlich greift der Tiger ein Holzfällerlager an - verbrennt sich aber prompt die Pfoten.
„Schir Khan der Große hat seine Jagdgründe verlegt. Den nächsten Mond über wird er in diesen Bergen hier jagen; das hat er mir erzählt.“ (Tabaqui, S. 11)
Plötzlich bewegt sich etwas im Dschungel vor der Höhle der Wölfe: Sie entdecken ein kleines, nacktes, braunes Menschenkind. Sogleich purzelt das Menschlein zu den Wolfsjungen und kuschelt sich in das Fell von Mutter Wolf. Diese ist gerührt und sieht sich schon als Erste ihres Rudels, die ein Menschenjunges aufziehen wird. Davon kann sie auch Schir Khan nicht abhalten, der wütend seine Jagdbeute einfordert. Bei der nächsten Versammlung der Tiere am Wolfsfelsen stellt sie den kleinen Mogli, denn so nennt sie das Menschenkind, dem Wolfsältesten Akela vor. Dieser weist die Wölfin darauf hin, dass das Kind zwei Fürsprecher benötige, wenn es bleiben solle. Der erste Fürsprecher ist schnell gefunden: Es ist Balu, der Bär. In Baghira, dem schwarzen Panther, findet das Menschenkind zwar nicht den dringend gesuchten zweiten Fürsprecher - der Panther hat kein Mitspracherecht in dieser Gemeinschaft -, aber die kluge Raubkatze beruft sich auf ein anderes Gesetz, um das hilflose Wesen zu retten: Er bietet dem Rudel im Tausch für das Leben des Kleinen einen frisch erlegten Bullen an.
Gekidnappt von einer Affenbande
Die Jahre vergehen. Balu zeigt Mogli, dass es sich auch von Nüssen und Früchten ganz vortrefflich leben lässt. Er bringt viel Zeit damit zu, Mogli das Gesetz des Dschungels zu lehren. Baghira bringt dem Jungen das Klettern bei und ermutigt ihn dazu, auf die Jagd zu gehen. Von den Bären, Vögeln und Schlangen lernt Mogli einen Satz, mit dem er im Augenblick der Gefahr Freunde herbeirufen kann. Als Bär und Panther jedoch erfahren, dass Mogli sich bei den Bandar-Log, dem nichtsnutzigen Affenvolk, herumgetrieben hat, werden sie böse und verbieten ihm den weiteren Umgang mit den Geächteten. Das wollen die Affen, die sich nichts so sehr wünschen wie Beachtung, natürlich nicht akzeptieren und entführen das Menschenjunge kurzerhand. Hoch über die Baumkronen geht die wilde Jagd, so schnell, dass Bär und Panther nicht folgen können. Mogli ruft einen Greifvogel, den Milan Tschil, herbei und beauftragt ihn, ihm und der Affenbande zu folgen, sich den Weg zu merken und Balu und Baghira zu informieren. Inzwischen erinnert sich Balu an Kaa, die Schlange. Dieses Tier ist der einzige Feind, den die Affen fürchten müssen, weil er genauso gut klettern kann wie sie selbst. Mit etwas Glück machen die Gefährten den gewaltigen Python ausfindig und berichten ihm, was vorgefallen ist. Die Schlange lässt sich schnell überzeugen, ihnen bei der Rettung des Menschenjungen zu helfen.
Kaas Jagd
In diesem Moment kommt Tschil herbeigeflogen und überbringt Moglis Botschaft. Die Affen haben ihn in ihre Stadt in den "kalten Gründen" verschleppt, eine verlassene Ruine. Mogli ist zunächst von der halb zerfallenen Stadt entzückt, versteht jetzt aber auch, warum seine Freunde die Bandar-Log verachten: Ohne jemals irgendeine Sache zu Ende zu bringen, vergeuden sie ihre Zeit mit Tänzen, jagen sich gegenseitig, streiten sich wegen jeder Kleinigkeit und gebärden sich ziemlich dämlich. Baghira und Kaa erreichen die Affenstadt. Der Panther geht sofort zum Angriff über. Massen von Affen stürmen auf ihn los, einige schnappen sich Mogli und sperren ihn in die alte Zisterne der Stadt - mitten in ein Nest von Kobras. Doch mit dem erlernten Schlangenruf gelingt es dem Jungen, die Kobras zu beruhigen. Nach einem langen Kampf erscheint auch Balu in der Affenstadt. Als dann endlich Kaa seinen Auftritt hat, schlägt der Python die Affen mit einem hypnotischen Tanz in seinen Bann. Der gerettete Mogli bekommt eine ordentliche Tracht Prügel für seinen Ungehorsam, doch danach ist alles wieder gut.
Trennung
Baghira warnt Mogli auch eindringlich vor Schir Khan. Um sich vor ihm zu schützen, solle Mogli sich aus dem Menschenlager die "rote Blume" holen - das Feuer, das alle Tiere des Dschungels fürchten. Mogli stiehlt aus dem Menschendorf einen Topf mit glühenden Kohlen und begibt sich damit zur Ratsversammlung. Akela hat bei der Jagd versagt und steht nun kurz vor seiner Ablösung, die besonders von Schir Khan betrieben wird. Mogli protestiert, aber einige jüngere Wölfe ergreifen für den Tiger Partei. Auf dem Höhepunkt der Auseinandersetzung stößt der Junge einen verdorrten Zweig in die glühenden Kohlen. Der Ast fängt sofort Feuer. Mogli beklagt den Verrat der Wölfe an ihrem Oberhaupt und sagt sich öffentlich vom Rudel los. Er versengt dem Tiger das Fell und droht, ihn beim nächsten Mal nicht mehr so glimpflich davonkommen zu lassen. Unter Tränen verlässt Mogli seine Wolfsfamilie, um in das Menschendorf zu ziehen.
Abrechnung mit Schir Khan
In der Siedlung der Menschen wird Mogli von einer Frau namens Messua freundlich aufgenommen. Sie glaubt in ihm ihren Sohn zu erkennen, der einst von einem Tiger entführt wurde. Drei Monate lang studiert Mogli Sprache, Sitten und Gebräuche der Menschen. Sein Freund Grauer Bruder aus dem Wolfsrudel informiert ihn regelmäßig über Neuigkeiten aus dem Dschungel. Schir Khan habe Rache geschworen, sich aber fürs Erste davongemacht. Wenn Mogli den Gesprächen der Männer lauscht, muss er über deren Aberglauben lachen. Er wagt es sogar, den Jäger Buldeo zu kritisieren, als dieser behauptet, der Tiger Schir Khan lahme, weil er vom Geist eines hinkenden Pfandleihers beseelt sei. Mogli wird Büffelhirte. Eines Tages erscheinen Grauer Bruder und Akela, um den Menschenjungen vor dem bevorstehenden Angriff des Tigers zu warnen.
„Das Gesetz des Dschungels, das niemals irgendetwas grundlos anordnet, verbietet jedem Tier, Menschen zu fressen, außer wenn es tötet, um seinen Kindern zu zeigen, wie man tötet, und dann muss es außerhalb der Jagdgründe seines Rudels oder seiner Sippschaft jagen.“ (S. 12)
Mogli ersinnt einen Plan: Mithilfe der beiden Wölfe treibt er die Büffelherde in eine Schlucht, in der Schir Khan soeben gefressen hat. Er hetzt die Tiere in Richtung des zum Kämpfen viel zu trägen Tigers. Schir Khan bricht unter den Hufen der Büffel zusammen. Mogli beginnt den toten Tiger zu häuten, doch dabei kommt ihm der Jäger Buldeo in die Quere, der das Fell des Tigers für sich beansprucht. Doch Buldeo wird von den beiden Wölfen überwältigt und in die Flucht geschlagen. Als Mogli zurück ins Dorf kommt, wird er fast gesteinigt: Buldeo hat den Dörflern erzählt, Mogli sei ein Magier. Sie jagen ihn mit Schimpf und Schande davon. Der Ausgestoßene kehrt mit seinen beiden Wolfsfreunden zum Versammlungsfelsen zurück und spannt Schir Khans Fell auf Akelas angestammtem Platz vor dem führerlos gewordenen Rudel auf. Die reuigen Wölfe wollen Akela und auch Mogli zu ihren Führern machen, aber der Junge lehnt ab und zieht es vor, von nun an nur in Begleitung seiner vier Wolfsgeschwister im Dschungel zu jagen.
Die weiße Robbe
Novastoschnah auf der Insel St. Paul bietet jeden Frühling ein grandioses Bild: Fast 50 000 Robben nutzen die Nordostspitze der Insel als Kinderstube für ihren Nachwuchs. Inmitten ständiger Revierkämpfe wird das Baby Kotick geboren, eine weiße Robbe. Der Kleine verbringt eine tolle Zeit beim Spiel mit den anderen Robben und seinen ersten Schwimmversuchen. Nach einem Lehrjahr im Meer kehrt Kotick nach Novastoschnah zurück. Er ist jetzt ein "Junggeselle". Als Menschen an den Strand kommen, versteht Kotick zunächst nicht, was sie wollen - bis er das Schicksal einiger seiner Brüder mit ansehen muss, die von den Robbenjägern getötet werden. Angewidert flieht Kotick im Galopp und landet ganz außer Atem bei den Seelöwen. Die berichten Kotick, dass das Robbenschlachten ganz normal sei. Er müsse eben eine Insel finden, die kein Mensch erreichen könne, dann seien er und seine Brüder sicher. Fünf Jahre durchschwimmt Kotick die Ozeane auf der Suche nach einem Zuhause für die Robben. Er will die Hoffnung schon aufgeben, da lotsen ihn Seekühe zu einer einsamen Insel, auf der nie ein Mensch gewesen ist. Zurück in Novastoschnah gelingt es Kotick aber nicht, die anderen Robben davon zu überzeugen, ihm zu folgen. Erst muss er sich im Kampf beweisen. Stark und stolz wie er ist, überwindet er jeden Gegner. Dann endlich folgen ihm einige junge und auch ältere Robben. Jedes Jahr sind es mehr, die Koticks Ruf auf die sichere, menschenleere Insel folgen.
Der Mungo und die Schlangen
Der junge Mungo Rikki-tikki-tawi wird von einer Menschenfamilie adoptiert. Sie pflegen die von einer Sommerflut aus ihrem Bau gespülte und arg malträtierte kleine Schleichkatze gesund und können sich der Dankbarkeit des Tieres gewiss sein. Im Garten begegnet Rikki den Schneidervögeln, die den Verlust eines Jungvogels beklagen. Näg, die Kobra, hat zugeschlagen! Gemeinsam mit seiner Frau Nägina versucht Näg, auch Rikki zu überwältigen, aber der Mungo ist zu wachsam für die beiden Schlangen. Nachts warnt eine Bisamratte Rikki, dass Näg und Nägina einen Anschlag auf die Menschenfamilie planen und Näg sich über die Abflussrohre des Badezimmers Zugang zum Haus verschaffen will. Das kann Rikki nicht zulassen. Er verbeißt sich in den Schädel der Kobra und wird von ihr fast zu Tode geschüttelt. Den Lärm hört der Hausherr und verpasst der Schlange eine Ladung Schrot. Rikki hat aber keine Zeit, sich im Ruhm seiner Heldentaten zu sonnen: Nägina ist noch frei, und zudem sollen ihre Jungen heute aus den Eiern schlüpfen. Mit dem Schneidervogel verabredet der Mungo ein Ablenkungsmanöver, lockt die Kobra von ihrem Nest weg und zerbeißt die Schlangeneier - alle bis auf eines. Das war klug, denn schon ist Nägina ins Haus gekrochen und bedroht den kleinen Sohn der Familie namens Teddy. Rikki fordert Nägina zum Kampf um das letzte Schlangenei. Er verfolgt das Tier bis in sein Nest unter die Erde und geht aus diesem letzten, gefährlichsten Kampf als Sieger hervor. Fortan wagt sich keine Schlange mehr in den Garten, in dem Rikki-tikki-tawi Wache hält.
Elefanten-Tumai
Kala Näg heißt einer der dienstältesten Elefanten der indischen Regierung. 47 Jahre lang hat er Lasten gezogen, geschoben und getragen. Tumai ist sein Führer, und auch Klein-Tumai, obwohl erst zehn Jahre alt, weiß genau, wie er mit dem mächtigen Elefanten umzugehen hat. Die Nachricht vom Mut des kleinen Tumai verbreitet sich sogar bis zu Petersen Sahib, dem weißen Auftraggeber der Elefantenjagd. Dieser lobt Klein-Tumai ausdrücklich, sagt ihm aber auch, dass er kein Jäger werden würde, "bis er die Elefanten tanzen gesehen habe" - wohl wissend, dass so etwas nie passiert. Vater und Sohn Tumai und andere Treiber begleiten wenig später einige neue Elefanten auf dem Weg durch die Berge. Nachts bricht Kala Näg aus dem Lager aus und flieht in den Dschungel. Und nur der kleine Tumai kann - auf Kalas Rücken - dem erstaunlichen Ereignis beiwohnen, das nun folgt: Hoch auf einem nahe gelegenen Berg bahnen sich viele Elefanten den Weg zu einer Lichtung. Hier stampfen sie ihren "Ballsaal" platt und beginnen mit einem lautlosen Tanz. Klein-Tumai beobachtet das faszinierende Schauspiel atemlos. Als er am nächsten Morgen auf Kalas Nacken in das Lager von Petersen Sahib zurückkehrt, ist er völlig erschöpft. Petersen schickt Fährtenleser aus und diese bestätigen die unglaubliche Geschichte des kleinen Jungen. Das Lager feiert ein großes Fest zu Ehren von Klein-Tumai, der fortan "Elefanten-Tumai" heißt.
Ihrer Majestät zu Diensten
Der Vizekönig von Indien besichtigt zusammen mit seinem Gast, dem Emir von Afghanistan, ein Feldlager in Rawal Pindi. In der Nacht reißen sich die Kamele los und verwüsten das halbe Lager. Einige Tiere unterhalten sich über das Ereignis. Ein Kamel sagt, es habe schlecht geträumt und deshalb den ganzen Aufstand verursacht. Pferd und Maultier haben dafür kein Verständnis. Sie beginnen damit, ihre jeweiligen Leistungen für die Armee der Menschen zu vergleichen. Das Pferd, eingesetzt in der Kavallerie, muss dafür sorgen, dass sein Reiter nicht mit den anderen Reitern zusammenstößt und dass er in der Schlacht gegen andere Menschen siegreich ist. Das Maultier dagegen ist ein vorzüglicher Bergsteiger, der mobile Geschütze auf steile Bergkuppen transportiert. Das Kamel kann keine Heldentaten berichten, betont aber, dass es eine wichtige Rolle bei der Verteidigung spielt: Es fungiert als Schießscharte. Nun regt sich auch einer der Elefanten in der Nähe. Er ist für den Transport der Artilleriegeschütze zuständig. Schließlich mischen sich auch noch die Ochsen ins Gespräch ein, die dafür sorgen, dass die Geschütze ganz nahe an die gegnerischen Festungen herangezogen werden. Dass sie nach getaner Arbeit einfach seelenruhig grasen, erregt allgemeine Verwunderung. Die Frage eines Maultiers, warum sie überhaupt kämpfen müssten, beantworten die Tiere mit einem lapidaren: "Befehl ist Befehl." Am nächsten Morgen treten alle Tiere in einer beeindruckenden Parade vor den Emir, der vom reibungslosen Zusammenspiel und dem Funktionieren der Befehlskette sehr angetan ist.
Zum Text
Aufbau und Stil
Das Dschungelbuch besteht aus sieben Einzelgeschichten. Die ersten drei sind besonders bekannt, sie handeln von den Abenteuern des Menschenkindes Mogli, das im indischen Dschungel von Wölfen aufgezogen wird. Der Erzähler wendet sich öfters direkt an den Leser, etwa wenn er sagt: "Nun müsst Ihr euch damit abfinden, zehn oder elf ganze Jahre zu überspringen". Solche Zeitsprünge sind charakteristisch für Das Dschungelbuch, da Kipling Moglis Erlebnisse nicht chronologisch erzählt, sondern mittendrin die eine Geschichte unterbricht, um ein früheres Abenteuer einzuführen und erst später auf den Fortgang der ersten Geschichte einzugehen. Von dem in sich geschlossenen Geschichtenkreis um Mogli und das Wolfsrudel sind die vier weiteren Erzählungen schon deshalb zu unterscheiden, weil in ihnen meistens keine Menschen, sondern Tiere im Zentrum stehen: die weiße Robbe, der kleine Mungo oder die unterschiedlichen Tiere im Feldlager. Kipling stellt nicht nur jeder Erzählung ein Gedicht oder Lied voran, auch am Ende jeder Erzählung werden die Ereignisse noch mal in lyrischer Form zusammengefasst, meist aus Sicht eines der Protagonisten. Kiplings Sprachstil ist abwechslungsreich: Berichtet er Moglis Abenteuer noch in einer atemlosen Schnelligkeit und mit einer auf jeder Seite spürbaren Begeisterung für den indischen Dschungel, so wechselt er in den Tiererzählungen zu einem kindlich-naiven Stil, bei dem z. B. auch Interjektionen (Gefühlswörter wie "ach", "aha" oder "au") oder gar Inflektive (die aus Comics bekannten Gefühlsäußerungen wie "Pah" oder "Grr") vorkommen können.
Interpretationsansätze
- Die Mogli-Handlung, aber auch die Geschichten vom Mungo und der weißen Robbe, präsentieren auf einer kindlichen Ebene einen Reifungsvorgang der Protagonisten: Mogli muss sich gegen das Wolfsrudel und gegen den Tiger, schließlich sogar gegen seine eigenen Artgenossen durchsetzen, er muss eine Initiation erfolgreich bestehen und reift so zu einem Anführer heran.
- Anders als in der Disney-Verfilmung verharmlost Kipling das Leben im Dschungel keinesfalls: Über allem schwebt das Gesetz des Dschungels, der Überlebenskampf und die allgegenwärtige Unterdrückung des Schwächeren. In Kiplings Dschungelwelt herrscht gemäß dem (sozial-)darwinistischen Prinzip das Gesetz des Stärkeren.
- Selbst Moglis Friede mit den Wölfen bleibt trügerisch: Mensch und Tier kommen letztendlich aus verschiedenen Welten; die Tiere ertragen Moglis Blick nicht und lehnen ihn deshalb ab. Konsequenterweise verlässt Mogli den Dschungel und muss auch nach seiner Rückkehr am Ende einsehen, dass er ein Wanderer zwischen den Welten bleiben wird.
- Kipling wird von vielen Kritikern als altmodisch, reaktionär und chauvinistisch bezeichnet, u. a. weil er, ähnlich wie in traditionellen Tierfabeln, das Idealbild einer statischen Gesellschaft zeichnet, in der jedes Mitglied seinen ihm zugewiesenen Platz einnehmen muss und in der Veränderung unerwünscht ist.
- Insbesondere die Geschichte "Ihrer Majestät zu Diensten" spricht eine eindeutig imperialistische Lehre aus von Führern und Geführten, Herren und Knechten. Kipling war ein Verfechter des Kolonialismus, insofern ist es nicht verwunderlich, dass er sogar die Tiere im Militärlager über die Pflicht zum Gehorsam räsonieren lässt.
Historischer Hintergrund
Indien als Kolonie des britischen Empire
Pax Britannica: Die Welt unter der weisen und entschiedenen Führung des britischen Empire, das war die Vision der Briten im Zeitalter des Kolonialismus. Sie fühlten sich als fortschrittliche, zivilisierte Gesellschaft und daher berechtigt, weniger entwickelte Gesellschaften zu deren eigenem Wohl zu führen. Zu dieser ideologischen Triebfeder des Imperialismus bekannte sich auch der Schriftsteller Rudyard Kipling. In seinem Geburtsland Indien hatten die Briten um 1600 die Ostindische Kompanie gegründet, in Konkurrenz zu den bereits etablierten Portugiesen, den Niederländern und im 18. Jahrhundert auch den Franzosen. 1763 übernahmen die Briten faktisch die Herrschaft über Bengalen (Ostindien). Es gelang ihnen sogar, ihren Einflussbereich durch geschicktes Taktieren und durch Bestechung der lokalen Mogulherrscher auf den gesamten indischen Subkontinent auszuweiten. Die Eroberer führten zahlreiche Neuerungen ein, darunter Eisenbahnen und Bewässerungssysteme. Die Inder standen der britischen Herrschaft skeptisch bis feindlich gegenüber. Am 10. Mai 1857 entluden sich die Spannungen im Sepoy-Aufstand. Ausgelöst wurde er dadurch, dass Gerüchten zufolge die indischen Soldaten (Sepoys) Patronen benutzen mussten, die mit Schweineschmalz getränkt waren, was die Männer ihrem Glauben gemäß verunreinigt hätte. Nach der blutigen Niederschlagung des Aufstands lösten die Briten das Mogulsystem auf und übertrugen die Verwaltung Indiens formell der britischen Krone. Ab 1876 schmückte sich Königin Victoria mit dem Titel "Kaiserin von Indien". Das neue Kaiserreich wurde in Delhi mit viel Pomp gefeiert. Immer größeres Elend und Hungersnöte in der einheimischen Bevölkerung stellten Probleme dar, die die fremden Herrscher nicht in den Griff bekamen. 1909 wurde mit dem India Councils Act ein erster Schritt in Richtung indischer Selbstbestimmung unternommen, aber der Weg zur vollständigen Befreiung von britischer Herrschaft dauerte noch bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts.
Entstehung
"Eher würde ich ein Buch mit Erzählungen schreiben, als eine neue Religion oder ein zeitgenössisches Grundgerüst für unser gesellschaftliches oder politisches Leben zu entwerfen", schrieb Kipling 1892 und begann mit den Arbeiten an einem Kinderbuch - wohl auch unter dem Eindruck seiner eigenen Vaterschaft. Kipling lebte zu dieser Zeit in den USA. Das Hauptmotiv der Mogli-Handlung und damit den Aufhänger des Dschungelbuchs entlieh sich Kipling von dem befreundeten Schriftsteller Henry Rider Haggard. Dieser hatte mit Nada the Lily eine ganz ähnliche Geschichte erdacht, in der ein Junge von Wölfen vor dem Zugriff eines Löwen gerettet wird. 1893 veröffentlichte Kipling die Kurzgeschichte In the Rukh, die heute als Vorstufe zum Dschungelbuch gilt: Hier schildert er bereits die Erlebnisse des Kindes Mogli, das von Wölfen erzogen wird und Macht über die Tiere des Dschungels erlangt. Um die nötige Dschungelatmosphäre zu schaffen, bediente sich der in Indien geborene britische Autor der Natural History of Mammalia of India and Ceylon von Robert Armitage Sterndale, eines autobiografischen Romans des gleichen Autors mit dem Titel Seonee und eines Bildbands.
Wirkungsgeschichte
Das Dschungelbuch mit seinen sieben Geschichten erschien im Jahr 1894. Schon ein Jahr später schob Kipling eine Fortsetzung mit weiteren acht Erzählungen nach. Abgesehen davon, dass sich einige Kritiker an der imperialistischen Grundhaltung Kiplings störten, wurden seine Geschichten durchweg gut aufgenommen. Ein Jahr nach der Erstausgabe erschien das Buch sogar in für Blinde lesbarer Brailleschrift. Kipling meinte dazu, hätte er dies vorher gewusst, hätte er spezielle "Touch-and-smell"-Geschichten geschrieben. Insbesondere die Mogli-Handlung wurde von der Leserschaft geliebt und entwickelte sich binnen kurzer Zeit zum "Star" unter Kiplings Geschichten. Das Motiv des Menschen, der fernab der Zivilisation aufwächst, wurde u. a. von Edgar Rice Burroughs aufgenommen: Sein Roman Tarzan of the Apes von 1914 bedient sich des gleichen Themas und wurde zum Ausgangspunkt für eine mediale Omnipräsenz des jodelnden Dschungelbewohners. Auch Kiplings Mogli-Geschichte wurde aufgrund ihrer großen Popularität immer wieder aufs Neue adaptiert, als Comic umgesetzt und mehrfach verfilmt. Die bekannteste Realverfilmung mit dem Kinderstar Sabu in der Hauptrolle stammt aus dem Jahr 1942. Die vermutlich erfolgreichste Adaption erfuhr das Buch jedoch in der 1967 fertiggestellten Zeichentrickversion aus den Disney-Studios: Der Film vereinfacht und verniedlicht die Handlung deutlich, der Animationsstreifen wurde vor allem wegen der eingängigen Lieder ein Kassenschlager. Die meisten Menschen kennen Moglis Abenteuer heute zweifelsohne aus der Disney-Verfilmung.
Über den Autor
Rudyard Kipling wird am 30. Dezember 1865 in Bombay geboren und verbringt dort seine ersten Lebensjahre. Seine Eltern sind wohlhabend, sein Vater leitet die Kunstakademie und später das Museum von Lahore. Rudyards wohlbehütetes Leben findet ein jähes Ende, als seine Eltern beschließen, ihn ab seinem fünften Lebensjahr nach England zu schicken, um ihn dort erziehen und ausbilden zu lassen. Für Kipling beginnt eine düstere Zeit: Seine englischen Pflegeeltern sind streng, extrem religiös und gehen nicht gerade zimperlich mit dem Jungen um. Er leidet unter Schlaflosigkeit, die ihn sein ganzes Leben begleiten wird. Mit zwölf Jahren schicken ihn seine Eltern auf ein Internat. Diese Zeit genießt Kipling, lernt er hier doch echte Kameradschaft kennen. Die Offizierslaufbahn, auf die die Schule in erster Linie vorbereiten soll, kommt für Kipling wegen einer Sehschwäche nicht infrage. Mit 17 Jahren kehrt er deshalb nach Indien zurück und nimmt auf Vermittlung seines Vaters eine Stelle als Journalist bei der Civil & Military Gazette an. Ab 1885 beginnt Kipling damit, Kurzgeschichten in der Zeitung zu veröffentlichen – mit einigem Erfolg: Die gesammelten Werke erscheinen 1888 in Buchform. Die Erfahrungen des Koloniallebens beeindrucken den jungen Autor stark und beeinflussen seine Geschichten. Ab 1887 arbeitet er für den Pioneer, was eine intensive Reisetätigkeit mit sich bringt. Bei seiner Rückkehr nach England 1889 ist er bereits berühmt und wird als Erbe von Charles Dickens gefeiert. 1892 heiratet Kipling und zieht mit seiner Frau in die USA. In Neuengland werden sein Sohn und seine Tochter geboren, und dort arbeitet er auch am Dschungelbuch (The Jungle Book, 1894). 1897 zieht er mit seiner Familie zurück nach England. 1899 wird sein Gedicht The White Man’s Burden (Die Bürde des weißen Mannes) veröffentlicht. Dieser Ausdruck wird vielfach als Euphemismus für den Imperialismus verstanden. 1901 erscheint Kiplings vermutlich wichtigstes Werk, Kim. 1907 erhält er den Nobelpreis für Literatur. Nach dem Ersten Weltkrieg, gebeutelt durch den Tod seines Sohnes, hat Kipling immer weniger Erfolg. Er stirbt am 18. Januar 1936 in London.
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