Robert Louis Stevenson
Die Schatzinsel
Diogenes Verlag, 1978
¿De qué se trata?
Piraten, Goldschatz, Südseeinsel: das sind die Zutaten für einen der berühmtesten Abenteuerromane aller Zeiten.
- Abenteuerroman
- Viktorianische Ära
Worum es geht
Kurzweilige Suche nach dem Seeräuberschatz
Die Schatzinsel erzählt ein Abenteuer aus längst vergangenen Zeiten, als es noch Piraten und vergrabene Schätze auf einsamen Inseln gab. Der junge Jim Hawkins bekommt in diesem Roman die Karte einer Insel in die Hände, auf der der größte Seeräuber aller Zeiten seine Beute vergraben hat. Gemeinsam mit einem Baron, einem Arzt und einer bunt zusammengewürfelten Truppe macht Jim sich auf zu dieser Insel. Ein Teil der Crew entpuppt sich als Freibeuter, und so stehen der Bergung des Schatzes noch etliche Scharmützel zwischen den guten Schatzsuchern und den Piraten im Weg. Nur wenige der von England aus Aufgebrochenen treten auch wohlbehalten die Rückfahrt an ... Mit der Suche nach einem vergrabenen Piratenschatz greift der Autor ein bekanntes und beliebtes Thema von Abenteuerromanen des 19. Jahrhunderts auf. Stevenson prägt dieses Genre mit der einfachen und gleichzeitig farbigen Sprache der Schatzinsel entscheidend. Sein Roman stellt einen Höhepunkt der Abenteuerliteratur dar, ein Werk, das immer auch erwachsene Leser gefunden hat.
Take-aways
- Die Schatzinsel ist ein klassischer Abenteuerroman aus dem späten 19. Jahrhundert.
- Der Held und Erzähler der Geschichte ist ein Junge namens Jim Hawkins.
- Jim gerät in den Besitz einer Karte von einer Insel, auf der ein vergrabener Schatz des Seeräubers Flint verzeichnet ist.
- Gemeinsam mit Honoratioren seiner englischen Heimat macht Jim sich per Schiff auf die Suche nach dem Schatz.
- Einige Freibeuter aus Flints Crew unter Führung des einbeinigen John Silver schmuggeln sich an Bord.
- Auf der Schatzinsel angelangt, spaltet sich die Besatzung in eine Partei um den Eigner des Schiffes und eine Partei von Meuterern um Silver.
- Die Treuen verschanzen sich zunächst in einem Blockhaus auf der Insel, weil es leichter gegen die Meuterer zu verteidigen ist als das Schiff.
- Jim trifft auf einer Exkursion einen ausgesetzten Seeräuber, der seit Jahren allein auf der Insel lebt. Jim nutzt dessen Boot, um das Schiff zurückzuerobern.
- Bei seiner Rückkehr zum Blockhaus gerät er in die Gewalt der Seeräuber, die ihn aus Rache umbringen wollen. Silver verhindert dies aber.
- Der Schatz wird schließlich gefunden, und Jim und seine Gefährten kehren glücklich nach England zurück.
- Das Buch ist voller skurriler Gestalten. Die Piraten mit ihrer Trunksucht, Disziplinlosigkeit und Feigheit sind den guten Schatzsuchern unterlegen.
- Die Schatzinsel ist eigentlich ein Abenteuerroman für Jugendliche, kann aber mit seiner Action und der klaren, mitreißenden Sprache auch erwachsene Leser fesseln.
Zusammenfassung
Die Entdeckung der Schatzkarte
An der englischen Küste nach 1750: In einem Wirtshaus mietet sich der Seemann Billy Bones mit einer großen Kiste für unbestimmte Zeit ein. Seine Tage verbringt er mit der Ausschau nach Schiffen. Die anderen Gäste terrorisiert er mit seinen Geschichten und seinem Gesang, in dem es vor allem um sein Lieblingsgetränk geht: den Rum. Jim Hawkins, den Sohn des verstorbenen Wirts, bezahlt er dafür, ihm sofort zu melden, wenn ein Seemann mit einem Holzbein ankommen sollte. Eines Tages taucht ein alter Bekannter von Bones im Gasthaus auf. Was die beiden besprechen, bleibt Jim verborgen. Kurz darauf erleidet Bones einen Schlaganfall. Der herbeigerufene Arzt Dr. Livesay sagt voraus, dass der weitere Genuss von Rum ihn umbringen werde. Unter diesem Eindruck der Lebensgefahr erzählt Bones, er sei Obermaat auf einem Schiff unter einem Kapitän Flint gewesen, und nun sei er im Besitz einer Karte, auf die es auch andere abgesehen hätten. Ein Furcht erregender blinder Mann namens Pew besucht ihn und überbringt ihm die Botschaft, dass er "bis zum Abend um 10 Uhr" Zeit habe. Schwer verängstigt durch seinen Besucher, stirbt Bones unmittelbar darauf.
„Seine Geschichten ängstigten die Leute am meisten. Es waren schauerliche Geschichten von Mord und Totschlag, von Stürmen, Missetaten und Strafkolonien in den spanischen Gewässern.“ (über Bones, S. 15)
Mit seiner Mutter öffnet Jim Bones’ Seemannskiste. Unter Kleidung, Tabak und Pistolen finden sie außer einem Säckchen mit Goldstücken ein in Wachstuch eingeschlagenes Paket. Jim hört, wie sich Männer dem Haus nähern. Er schnappt sich das Päckchen und flieht mit seiner Mutter in Richtung des nächsten Dorfes. Weil sie dabei einen Schwächeanfall erleidet, müssen sich die beiden unter einer Brücke verbergen. Jim beobachtet, wie eine Gruppe von Seeräubern unter Führung des Blinden Pew in das Wirtshaus eindringt. Sie finden den Toten und das Gold in Bones’ Kiste, doch das eigentliche Objekt ihrer Begierde suchen sie vergebens. Als die Piraten von ihrem Posten durch einen Pistolenschuss gewarnt werden, rennen sie wild davon. Pew lassen sie zurück. In Panik läuft der Blinde in die falsche Richtung und wird unter den Hufen der Pferde herannahender Reiter getötet. Diese Reiter sind Zollbeamte, die einem verdächtigen Schiff in der Nähe einen Besuch abstatten wollen. Die Mutter wird ins Dorf gebracht, Jim kehrt ins Wirtshaus zurück und findet es ziemlich verwüstet vor.
„Wir werden günstige Winde und rasche Überfahrt haben, nicht die geringste Schwierigkeit, den Platz aufzufinden, und Geld wie Heu, dass wir uns darin baden und lebenslang Murmel damit spielen können.“ (Trelawney, S. 61)
Jim bringt das Wachstuchpaket zu Dr. Livesay, der sich gerade auf dem Herrensitz von Baron Trelawney aufhält. Gemeinsam öffnen sie es und finden ein Buch mit Eintragungen über Geldsummen sowie eine Landkarte, die vom Seeräuberkapitän Flint angefertigt wurde. Die Karte zeigt eine Insel samt der genauen geographischen Angaben ihrer Lage. Auf ihr sind mit drei Kreuzen die Stellen markiert, an denen Munition, ein Silber- und ein Goldschatz vergraben sind. Der Baron hat auf seinen Weltreisen auch das Schiff von Flint schon von weitem gesehen. Von der Aussicht auf Abenteuer und unermesslichen Reichtum beflügelt, beschließt er gemeinsam mit Dr. Livesay und Jim, nach dem Schatz zu suchen.
Die Fahrt zur Schatzinsel
Es vergehen noch etliche Wochen, bis der Baron in Bristol das Schiff "Hispaniola" erwirbt und die Mannschaft anheuert. Als Schiffskoch stellt er den einbeinigen Spelunkenwirt John Silver ein. Obwohl dieser Jim freundlich behandelt, ist er ihm nicht ganz geheuer, weil er ihn an die Beschreibung des Seemanns erinnert, vor dem sich Bones so sehr gefürchtet hat. Kapitän Smollett äußert schon vor Beginn der Reise Vorbehalte bezüglich der Zuverlässigkeit eines Teils der Crew. Daraufhin machen der Baron und seine Getreuen das Hinterschiff mit der großen Kajüte zu einer Festung, um für den Fall von Feindseligkeiten seitens der Matrosen gerüstet zu sein. Die mehrwöchige Überfahrt zur Schatzinsel verläuft nahezu problemlos. Kurz vor dem Ziel belauscht Jim, in einer Apfeltonne auf Deck versteckt, wie John Silver mit einem Matrosen spricht. Schnell wird Jim klar, dass der ebenso kluge wie verschlagene Schiffskoch selbst zur Bande des Seeräubers Flint gehört hat und nun eine Meuterei plant, mit dem Ziel, sich selbst in den Besitz des Schatzes zu bringen. Jeden, der sich nicht an der geplanten Meuterei beteiligt, will John Silver als gefährlichen Zeugen umbringen.
„Ich erkannte Silvers Stimme, und schon nach den ersten Worten hätte ich mich nicht um die Welt zeigen mögen, sondern blieb sitzen und horchte in zitternder Angst und Neugier. Denn diese ersten Worte hatten mir gezeigt, dass das Leben aller ehrlichen Leute an Bord jetzt allein von mir abhing.“ (S. 96)
Jim berichtet dem Baron, Kapitän Smollett und Dr. Livesay von der geplanten Verschwörung. Smollett erkennt sofort, dass es sinnlos ist, gegen die Meuterer vorzugehen, solange nicht klar ist, wer auf der Seite des Schiffseigners steht. Sie müssen sich eingestehen, dass sieben verlässlichen Männern einschließlich des Knaben Jim 19 potenzielle Meuterer entgegenstehen. Daher beschließen sie abzuwarten. Die Stimmung an Bord schlägt um, als die "Hispaniola" nahe der Schatzinsel vor Anker geht. Eben noch fröhlich und gehorsam, sind die Matrosen plötzlich missmutig und folgen Befehlen nur noch widerwillig. Jeder spürt, dass sich etwas zusammenbraut. Silver selbst will einen vorzeitigen Ausbruch der Meuterei verhindern, weil er nicht im Besitz der Karte ist. Er will erst dann zuschlagen, wenn der Schatz gefunden ist. Smollett durchschaut dieses Motiv und will Silver daher mit einem Ausflug an Land die Gelegenheit bieten, beruhigend auf seine Leute einzuwirken. Einer spontanen Eingebung folgend, springt Jim in eines der Boote und fährt mit auf die Insel.
Kämpfe auf der Schatzinsel
Nach Landung des Bootes setzt Jim sich ab. Er erkundet die Insel auf eigene Faust, schlägt sich durch die Büsche und nimmt die Besonderheiten der Inselnatur wahr. Plötzlich gerät er wieder in die Nähe einiger Seeräuber. Im Gebüsch verborgen, wird er Zeuge einer Auseinandersetzung zwischen Silver und dem ehrlichen Matrosen Tom. Weil Silver ihn nicht auf seine Seite ziehen kann, bricht er Tom mit seiner Krücke als Wurfgeschoss das Rückgrat und ersticht ihn obendrein. Entsetzt flieht Jim ins Inselinnere. Er sieht keine Möglichkeit der Rückkehr und ist vor die Wahl gestellt, entweder zu verhungern oder sich von den Meuterern ermorden zu lassen.
„(...) trotzdem die Sonne hell und warm schien, die Strandvögel um uns herum jagten und lärmten und man glauben sollte, man müsse froh sein, nach so langer Seefahrt endlich an Land zu kommen, fiel mir mein Herz, wie man sagt, in die Hosen. Und von diesem ersten Blick an hasste ich die Schatzinsel.“ (S. 118)
Auf seiner Flucht trifft er auf einen wild aussehenden Menschen. Er heißt Ben Gunn und lebt seit Jahren allein auf der Insel. Er war auf Flints Schiff, als dieser mit sechs Leuten den Schatz auf der Insel vergrub. Flint kam damals allein zurück, seine Begleiter hatte er umgebracht. Drei Jahre später reiste Gunn auf einem anderen Schiff wieder auf die Insel, überredete die Besatzung, mit ihm nach dem Schatz zu suchen, und wurde, weil sie ihn nicht fanden, dort zurückgelassen. Er hat sich ein kleines Boot gezimmert und nennt Jim dessen Versteck. Gunn ist zunächst froh über die Gelegenheit, von der Insel zu entkommen, dann aber entsetzt, als er erfährt, dass John Silver an Bord ist und welche Rolle er bei dem Unternehmen spielt.
„Jetzt empfand ich zum erstenmal die Freude des Forschens. Die Insel war unbewohnt, meine Gefährten hatte ich weit zurückgelassen, und rings um mich war keine lebende Seele außer Vögeln und stummen Tieren.“ (S. 124)
Inzwischen macht Doktor Livesay eine Exkursion an Land und entdeckt unweit vom Strand ein Blockhaus. Es ist eine kleine Festung mit Schießscharten und verfügt über eine Quelle.Überzeugt davon, dass sich dieser Ort gegen die Meuterer besser verteidigen ließe als das Schiff, schafft er Munition und Proviant in mehreren Fahrten zum Blockhaus. Bevor das Schiff den Meuterern überlassen wird, gelingt es Smollett noch, den Matrosen Gray auf seine Seite zu ziehen. Auf der letzten Fahrt ist das Boot überladen und der Einfluss der Gezeiten bringt es von seinem Ziel ab. Ein Schuss aus der Bordkanone verfehlt das Boot zwar, dennoch sinkt es bald darauf. Den größten Teil des Proviants und der Munition müssen die Flüchtigen zurücklassen, hasten zum Blockhaus und erreichen die Umzäunung gleichzeitig mit einem Teil der Piraten, die ihnen den Weg abschneiden wollen. Mit Schüssen können sie die Freibeuter in die Flucht schlagen. Einer von ihnen bleibt tot zurück, doch auch der Diener Tom Redruth wird tödlich verwundet. Weitere Kanonenkugeln donnern über das Blockhaus hinweg.
„Sonst war alles unverändert, die Sonne schien weiter erbarmungslos auf das dampfende Moor und die steilen Zinnen des Berges, und ich konnte kaum glauben, dass ein Mord tatsächlich geschehen und ein Menschenleben vor meinen Augen grausam vernichtet worden war.“ (S. 129)
Zusammen mit Gunn erreicht Jim das Blockhaus. Smollett hat dort die britische Fahne gehisst. Gunn will nicht mit hineinkommen und trägt Jim auf, dem Baron auszurichten, wo er ihn finden könne. Jim tritt ein und berichtet von seinen Erlebnissen. Dumpf ist das Grölen der betrunkenen Piraten aus ihrem Lager im Sumpf zu vernehmen. Der Doktor ist sicher, dass sie sich dort mit gefährlichem Fieber anstecken werden. Am nächsten Morgen erscheint Silver und fordert die Landkarte. Als Gegenleistung bietet er den Blockhausbewohnern an, sie mit dem Schiff ein Stück mitzunehmen und irgendwo an Land zu setzen oder sie mit Vorräten versorgt zurückzulassen und das nächste Schiff über ihren Aufenthaltsort zu informieren. Als Smollett ablehnt, kündigt Silver einen baldigen Angriff an.
„Einen Prellschuss hatten wir nicht zu befürchten, und selbst als eine Kugel durch das Dach hinein und zur Türe hinausflog, gewöhnten wir uns bald an diesen Sport, dass wir ihn nicht mehr beachteten als Kricket.“ (S. 160 f.)
Tatsächlich lässt dieser nicht lange auf sich warten. Schießend stürmen die Piraten auf das Blockhaus zu, die Verteidiger erwidern das Feuer. Vier Piraten gelangen über die Palisaden und stürmen auf das Haus zu. Dessen Bewohner kämpfen draußen weiter. Sie können die Angreifer in die Flucht schlagen. Fünf von ihnen bleiben tot zurück. Auf Seiten der Verteidiger ist der Diener Joyce tödlich getroffen. Als sich der Pulverdampf verzogen hat, können die Verletzten im Blockhaus versorgt werden. Für Hunter kommt jede Hilfe zu spät. Er stirbt in der folgenden Nacht an seinem Schädelbruch. Kapitän Smollett ist durch Schüsse in Schulter und Bein schwer verletzt. Von den Piraten lässt sich niemand mehr blicken. Doktor Livesay bricht auf, um Ben Gunn zu suchen.
Jim erobert das Schiff zurück
Jim stiehlt sich erneut davon. Er will nachsehen, ob das Boot von Ben Gunn an dem beschriebenen Platz liegt. Bei Einbruch der Dunkelheit findet er es. Das Boot ist primitiv und klein. Statt mit dem Fund zufrieden zu sein und zurückzukehren, kommt Jim eine verwegene Idee: Er rudert mit der Nussschale zur "Hispaniola". Der Nebel bietet ihm zwar Schutz für sein Vorhaben, jedoch erweist sich das Boot als schwer steuerbar. Vorzugsweise dreht es sich um die eigene Achse, und nur mit Hilfe der Ebbe gelangt Jim zum Schiff. Dort befinden sich zwei Wachen, die betrunken miteinander streiten. Jim kappt das Ankertau. Von der Ebbe werden Schiff und Boot auf das offene Meer hinausgezogen. Jim erwartet seinen baldigen Tod in den Wellen und schläft erschöpft ein.
„(...) ich fing an, den Doktor zu beneiden, der im kühlen Schatten der Wälder spazierte, wo die Vögel sangen und die Tannen dufteten, während ich halb geröstet an dem heißen Harz festklebte, überall Blut um mich herum und alle die Leichen der armen Toten, so dass mich ein Ekel, fast so groß wie meine Angst, vor diesem Ort packte.“ (S. 193)
Als er wieder aufwacht, befindet er sich noch in der Nähe der Insel. Allmählich lernt er sein Boot zu beherrschen. Bei der Ausschau nach geeigneten Landungsplätzen entdeckt er in einiger Entfernung die Wind und Wellen ausgelieferte "Hispaniola". Jim erkennt, dass sie führungslos ist, und steuert auf sie zu. Er erreicht sie mit knapper Not, bevor das große Schiff sein kleines Boot zermalmt, und klettert an Bord. Dort findet er die beiden Wachen. Der eine Pirat ist tot, der andere, Bootsmann Hands, regt sich noch. Jim bringt ihm Wein, um seine Lebensgeister zu wecken. Mit seiner Hilfe steuert er das Schiff um die Nordspitze der Insel herum in eine Bucht, wo er es auf den Strand laufen lässt. Der Bootsmann stürzt sich mit einem Messer auf Jim, doch der Junge kommt ihm zuvor und tötet ihn mit einem Pistolenschuss.
Entdeckung des Schatzes und Rückkehr nach England
Jim eilt über die Insel zum Blockhaus zurück, immer noch vom schlechten Gewissen geplagt, seine Kameraden im Stich gelassen zu haben, aber beflügelt von seiner Heldentat. Im Blockhaus findet er jedoch nicht seine Freunde vor, sondern läuft direkt den Piraten in die Arme. Die sind froh, mit ihm eine Geisel in der Hand zu haben. Die überlebenden Verteidiger haben das Blockhaus aufgegeben und Silver die Schatzkarte überlassen. Der Grund für dieses Verhalten bleibt zunächst rätselhaft. Jim befindet sich erneut in akuter Todesgefahr, weil sich die Piraten dafür rächen wollen, dass er sie in ihr Unglück gestürzt hat. Doch davor bewahrt ihn Silver, der sich als Gegenleistung die Rettung vor dem Galgen verspricht, falls das Abenteuer zu seinen Ungunsten enden sollte. Sogleich wird er von seinen Leuten des Verrats verdächtigt. Sie wollen ihn absetzen, doch es gelingt ihm zunächst, seine und Jims Haut zu retten.
„Ich war überzeugt, dass ich, wenn ich erst aus der Meerenge draußen wäre, schließlich in die Gewalt der tobenden Sturzwellen geraten musste, wodurch meine Sorgen ein rasches Ende finden würden. Den Tod konnte ich noch allenfalls ertragen, aber sehenden Auges ihm in die Arme laufen, war mehr als ich vermochte.“ (S. 205)
Am nächsten Tag kommt der Doktor, um die Malariakranken zu behandeln. Er staunt über Jims Anwesenheit und versucht, ihn zur Flucht zu bewegen. Jim aber hat Silver sein Ehrenwort gegeben, nicht zu fliehen, und hält es. Endlich brechen die überlebenden sechs Piraten mit Jim zur Schatzsuche auf. Nach und nach entschlüsseln sie die rätselhaften Hinweise auf der Karte. Ein kunstvoll angeordnetes Skelett ist der letzte Wegweiser zum Versteck. Als sie den hohen Baum erreichen, unter dem der Schatz vergraben sein soll, finden sie nur eine leere Grube. Gerade als sich die enttäuschten Piraten auf Silver und Jim stürzen wollen, werden sie vom Doktor, vom Matrosen Gray und von Gunn beschossen. Zwei Freibeuter sind tot, die anderen fliehen. Nun stellt sich heraus, dass Gunn den Schatz gefunden, ausgegraben und in einer Höhle versteckt hat. Darum also hat der Doktor den Piraten das Blockhaus überlassen: um ungestört und geschützt vor Malaria das Gold in der Höhle bewachen zu können.
„Vor einem großen Feuer lag Kapitän Smollett, und hinten in einer Ecke bemerkte ich im düster flackernden Schein des Feuers große Haufen von Goldmünzen und viereckig geschichtete Haufen von Goldbarren. Das war Flints Schatz, nach dem wir von so weit her ausgezogen waren und der nun bereits siebzehn Menschen von der ‚Hispaniola’ das Leben gekostet hatte.“ (S. 297)
Mehrere Tage lang verfrachten sie den Schatz aus der Höhle auf das Schiff. Dann nehmen sie Kurs auf den nächsten südamerikanischen Hafen. Dort gelingt Silver die Flucht mit einem Säckchen voll Gold. Daheim in Bristol wird der Schatz des Piraten Flint unter den Findern geteilt. Kapitän Smollett setzt sich mit seinem Anteil als Seemann zur Ruhe, Gray bildet sich fort und wird Teilhaber eines Schiffes, Gunn verschwendet das Geld innerhalb kurzer Zeit und bekommt eine Stelle als Parkwächter. Jim plagen Albträume von der Insel und die Schreie von John Silvers Papagei, der immer wieder ruft: "Goldstücke! Goldstücke!"
Zum Text
Aufbau und Stil
Das Abenteuer der Schatzsuche wird in sechs Teilen und 34 Kapiteln erzählt. Letztere tragen Titel, die bereits prägnant den Inhalt auf den Punkt bringen. Der Erzähler ist der Junge Jim Hawkins, er berichtet also, was er selbst erlebt hat. Jim schreibt die Geschehnisse auf Veranlassung von Baron Trelawney und Doktor Livesay auf. In drei Kapiteln wechselt Stevenson die Erzählperspektive: In ihnen berichtet Doktor Livesay, was sich auf dem Schiff zugetragen hat, während Jim an Land war. Bisweilen greift der Erzähler andeutend der Handlung vor und beschert so dem aufmerksamen Leser das Vergnügen, oft ein wenig mehr zu wissen oder zumindest zu ahnen als die Figuren des Romans. Stevenson konstruiert Geheimnisse, die erst im weiteren Verlauf aufgelöst werden, und erzeugt so Spannung. Die Sprache ist einfach und bildhaft, Dialoge nehmen einen großen Teil des Textes ein. Lange Zeitspannen wie Hin- und Rückreise werden extrem gerafft geschildert. Selten sind Passagen, in denen die Wirkung der Handlung auf die einzelnen Protagonisten reflektiert wird; in solchen Fällen ist der Ton oft ironisch. Die im Anhang abgebildete Karte der Schatzinsel erleichtert es dem Leser durch räumliche Orientierung, der Handlung zu folgen.
Interpretationsansätze
- Die Schatzinsel ist ein in erster Linie für Kinder und Jugendliche geschriebener Abenteuerroman. Er bedient vorzüglich die in diesem Lebensalter große Sehnsucht nach Abenteuern in fernen Weltgegenden.
- Das Buch kann mit seiner Schilderung relativ unzivilisierter Verhältnisse als Gegenbild zum viktorianischen England gelesen werden, das zunehmend industriell geprägt war. Im Roman zeigt sich Stevensons Auffassung von Romantik: Rückkehr in eine Zeit - die Blütezeit der Piraterie -, die bei Entstehung des Romans bereits mehr als ein Jahrhundert zurücklag.
- Mit der auffälligen Betonung von Zufällen oder ungeplanten, zunächst verhängnisvoll scheinenden Aktionen, die sich aber für die Helden letztlich zum Guten wenden, bringt der Autor seinen Glauben zum Ausdruck, das Glück werde letztlich dem moralisch Guten helfen.
- Jim Hawkins als jugendlicher Held und Ich-Erzähler des Abteuerromans teilt dem Leser nicht mit, was aus ihm nach der erfolgreichen Schatzsuche geworden ist. Viel wichtiger sind seine Land- und Seeabenteuer selbst: Auf sich allein gestellt, folgt er spontanen Eingebungen, gibt mit seinem mutigen und nahezu erwachsenen Handeln der Geschichte entscheidende Wendungen und trägt zur Rettung der Schatzsucher bei.
- Unter den Hauptfiguren hat einzig John Silver einen differenzierten, widersprüchlichen Charakter. Im Gegensatz zu seinen dummen, verschlagenen, betrunkenen und feigen Piratenkameraden handelt er nicht nur intelligent, sondern Jim gegenüber auch menschlich. Seine Sympathie mit dieser Figur lässt Stevenson erkennen, indem Silver am Ende des Romans entkommen darf.
- Die Natur auf der Schatzinsel ist keineswegs idyllisch. Sie unterstreicht vielmehr das dortige düstere Geschehen. In ihren Sümpfen lauert die Malaria, und mit dieser Bedrohung beeinflusst sie direkt die Handlung.
- Stevenson äußert mit diesem Roman Kritik an der materialistischen Grundhaltung seiner Zeit. In der Schatzinsel ist die allgegenwärtige Gier nach Gold die zentrale Motivation der Figuren. Jim ist die Insel stets verhasst; noch am Ende der Erzählung berichtet er von Albträumen und dem "Goldstücke"-Kreischen des Papageis.
Historischer Hintergrund
Die Blütezeit des Freibeutertums
Der rege Schiffsverkehr zwischen den europäischen Mächten und ihren Kolonien in Übersee lockte im 16. und 17. Jahrhundert Abenteurer an, die sich auch ihr Stück vom Reichtum sichern wollten. Unzählige Schiffe mit Ausgestoßenen, Kriminellen und Abenteurern kreuzten in den Gewässern vor den Kolonien. Diese Freibeuter hatten es auf die wertvolle Fracht, vor allem Gold und Silber, abgesehen, die auf Segelschiffen von den amerikanischen und asiatischen Besitzungen in die europäischen Kolonialmächte transportiert wurde. Sie überfielen die Schiffe, raubten die Fracht und gingen meist wenig zimperlich mit der Besatzung um. An Land überfielen sie Siedlungen der Kolonialisten. Wenn sie die Schiffe nicht versenkten, fuhren sie fortan unter der schwarzen Piratenflagge. Einige dieser Seeräuber handelten mit Duldung oder Unterstützung der Regierungen ihrer Herkunftsländer. Der wohl bekannteste Vertreter dieser Art von Piraten, die als Freibeuter bezeichnet wurden, war Sir Francis Drake. Unter der englischen Königin Elisabeth I. schwächte er die Spanier mit seinen Raubzügen erheblich - und teilte die Beute mit der Königin. Nicht alle Piraten waren primitive, blutrünstige Gestalten. Auf den Seeräuberschiffen versammelte sich vielmehr eine höchst illustre Gesellschaft. Die Bordärzte waren mit ihren Fähigkeiten ihren Kollegen auf Handels- und Kriegsschiffen oft überlegen. Als Anthropologen lieferten diese Weltenbummler Studien fremder Kulturen, als Forscher fertigten sie Beschreibungen der Tier- und Pflanzenwelt sowie Karten an, nach denen Entdecker wie James Cook oder Kriegshelden wie Horatio Nelson segelten. Alexander von Humboldt war der Ansicht, den Studien des Freibeuters William Dampier hätten die europäischen Gelehrten später wenig hinzuzufügen gehabt. Auch das soziale Gefüge der Seeräubergesellschaft war bemerkenswert fortschrittlich: Die Beute wurde nach einem festgelegten Schlüssel geteilt, und für den Verlust von Körperteilen gab es Entschädigungszahlungen. Zur Entstehungszeit der Schatzinsel, Ende des 19. Jahrhunderts, war Großbritannien die Weltmacht schlechthin. Königin Victoria herrschte nicht nur über Großbritannien, sondern über ein Weltreich, das sich über alle fünf Kontinente erstreckte. Gleichzeitig war die industrielle Entwicklung in diesem Land am weitesten fortgeschritten. Statt der Segelschiffe beherrschten nun Dampfschiffe die Weltmeere. Abenteuer wie die um die Schatzinsel gehörten schon damals der Vergangenheit an.
Entstehung
Über die Entstehung der Schatzinsel gibt Robert Louis Stevenson in einer Art Nachwort selbst ausführlich Auskunft. Er beginnt mit der Feststellung, er sei mehr als nur ein Geschichtenerzähler, das Publikum jedoch würdige sein übriges Werk überhaupt nicht. Bis zur Schatzinsel hatte Stevenson Essays, Reiseberichte und Erzählungen veröffentlicht. Nach zahlreichen gescheiterten Versuchen mit der Romanform begann er im Alter von 31 Jahren, gerade von seinem ersten Aufenthalt in Amerika zurückgekehrt, während eines Besuchs bei seinen Eltern in Schottland diesen Roman. Inspiration und Ausgangspunkt war für ihn die Zeichnung einer Insel, die er in einem künstlerischen Wettstreit mit einem Jungen ausführte. Er nannte sie "Die Schatzinsel" und ließ sich von ihr zu Phantasien über verschiedene Figuren beflügeln, die dort nach einem Schatz suchen. Als Nächstes legte Stevenson eine Liste mit Kapiteln an. Sein Ziel war es, eine Geschichte für Jungen zu schreiben, ohne psychologische Tiefe. Als ersten Charakter entwickelte er John Silver. Er schrieb zunächst jeden Tag ein Kapitel. Die Wirkung seiner Geschichte testete er an dem Knaben. Nach einer Unterbrechung gelang es ihm schließlich im schweizerischen Davos, den Roman zu beenden.
Wirkungsgeschichte
Unter dem ursprünglichen Titel The Sea Cook: A Story for Boys (Der Schiffskoch: Eine Geschichte für Jungen) erschien der Roman zunächst Ende 1881 in mehreren Fortsetzungen in der Zeitschrift Young Folks, blieb aber ohne große Resonanz. Die englische Erstausgabe als Buch, nun unter dem endgültigen Titel Treasure Island, erschien 1883 und war bei Kritikern und Publikum ein durchschlagender Erfolg. Der Roman bedeutete auch den kommerziellen Durchbruch für Stevenson. Künftig konnte er von seiner literarischen Produktion gut leben. Eine erste Übersetzung der Schatzinsel ins Deutsche wurde 1897 veröffentlicht.
Der Roman hat das Bild vom Piratentum und das Genre Abenteuerroman bis in unsere Zeit nachhaltig geprägt. Zahlreiche Schriftsteller bekannten sich zu Stevenson als Vorbild für ihr eigenes Schaffen und äußerten sich lobend über sein Werk. So meinte Oscar Wilde, Stevenson sei ein erlesener Sprachkünstler, und James Joyce bezeichnete ihn als seinen Lehrmeister in der Stilkunst - wobei sie sich vielleicht auf andere Werke des Autors bezogen, in denen er einen weniger schlichten Stil pflegte als im Abenteuerroman Die Schatzinsel. Das Buch wurde mehr als zehnmal verfilmt. Die erste Adaption stammt aus dem Jahr 1908. In einer Version aus dem Jahr 1972 spielte Orson Welles die Rolle des John Silver. Darüber hinaus kann der Roman als Inspirationsquelle für zahlreiche weitere Piratenfilme gesehen werden.
Über den Autor
Robert Louis Stevenson wird am 13. November 1850 als einziger Sohn eines Mittelklasse-Ehepaares im schottischen Edinburgh geboren. Sein Vater baut als Ingenieur vor allem Leuchttürme und ist wie die Mutter sehr religiös. Stevenson studiert zunächst Technik, dann Jura, widmet sich aber bald überwiegend der französischen Literatur, der schottischen Geschichte und den Werken von Charles Darwin. Auf der Suche nach Linderung für seine Tuberkulose bereist er zahlreiche Weltgegenden. Erstmals fährt er 1873 für sechs Monate nach Frankreich, später nach Kalifornien und in die Südsee. Seine Erlebnisse verarbeitet er in Reiseerzählungen. In den 70er Jahren des 19. Jahrhunderts macht sich Stevenson zunächst einen Namen als Autor von Buchbesprechungen und Essays, versucht sich aber bald selbst an Kurzgeschichten. Zahlreiche dieser Erzählungen werden in der Sammlung The New Arabian Nights 1882 veröffentlicht. Daneben schreibt er auch Gedichte. In Schottland lernt er die zehn Jahre ältere, verheiratete Amerikanerin Fanny Vandergrift Osbourne kennen. Nach ihrer Scheidung heiratet er sie im Mai 1880 in San Francisco. Neben der Schatzinsel gründet sich Stevensons bis heute anhaltender Weltruhm vor allem auf die Erzählung The Strange Case of Dr. Jekyll and Mr. Hyde (Der seltsame Fall von Dr. Jekyll und Mr. Hyde), die er 1886 veröffentlicht und in der er eine Persönlichkeitsspaltung beschreibt. Im gleichen Jahr erscheint auch Kidnapped (Entführt), zwei Jahre darauf The Black Arrow (Der Schwarze Pfeil) - beides Romane mit historischen Themen. Nach dem Tod seines Vaters 1887 beschließt Stevenson, Großbritannien zu verlassen. Zunächst lebt er ein Jahr in Amerika, bevor er 1888 in die Südsee aufbricht. In Apia auf Samoa kauft er sich ein Anwesen, davon überzeugt, die harten Winter in seiner Heimat nicht mehr überstehen zu können. Er lebt dort ab 1890 in einer produktiven Phase. Neben weiteren belletristischen Werken schreibt er Berichte über das Leben auf den pazifischen Inseln. Am 3. Dezember 1894 stirbt Stevenson auf seinem Anwesen im Alter von 44 Jahren an einer Hirnblutung.
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