William Shakespeare
Hamlet
dtv, 2003
¿De qué se trata?
Das berühmteste Drama Shakespeares: Prinz Hamlet von Dänemark will den Mord an seinem Vater rächen und wird dadurch in einen tiefen inneren Zwiespalt gestürzt.
- Tragödie
- Elisabethanische Ära
Worum es geht
Eine Tragödie um Mord, Rache, Melancholie und Wahnsinn
Hamlet ist eine Rachetragödie: Der junge Prinz von Dänemark wird vom Geist seines Vaters aufgefordert, Vergeltung zu üben für den Mord, den der eigene Bruder an ihm begangen hat. Allerdings steht in Shakespeares Stück nicht die Durchführung der Rache, sondern der innere Konflikt des Helden im Vordergrund. Hamlet zeigt sich als intellektueller Zauderer, der sich selbst und die Wirklichkeit ständig hinterfragt und dadurch zu entschlossenem Handeln unfähig ist. In manchen Situationen freilich agiert er schnell und sogar skrupellos - Hamlet ist eine sehr widersprüchliche und vielschichtige Figur. Er ist ein an der Wirklichkeit zweifelnder Melancholiker, der seine Zerrissenheit mit Witz, Wortgewalt und Esprit auf den Punkt bringt, und er setzt seinen Widersachern gespielten (oder echten?) Wahnsinn, Maskeraden und Doppelbödigkeit entgegen. All dies macht ihn zu einer der faszinierendsten und meistgedeuteten Figuren der Weltliteratur. Das nach ihm benannte Stück ist trotz seiner gewaltigen Länge eine der wichtigsten und inspirierendsten Tragödien aller Zeiten. Zu besonders intensiven Auseinandersetzungen hat die Figur des Hamlet die deutschen Intellektuellen geführt, die sie phasenweise geradezu als Sinnbild der eigenen nationalen Zerrissenheit deuteten.
Take-aways
- William Shakespeares Hamlet ist die berühmteste und meistdiskutierte Tragödie der Weltliteratur.
- Der dänische Prinz Hamlet will seinen ermordeten Vater rächen, doch zögert er die Tat immer wieder hinaus.
- Der Mörder ist der neue König Claudius, der nach der Tat Hamlets Mutter Gertrud geheiratet hat.
- Hamlet gelingt es, Claudius zu entlarven, indem er die Ermordung seines Vaters von einer Schauspieltruppe nachspielen lässt und damit beim Täter eine Reaktion provoziert.
- Hamlet macht sich am Tod seiner Geliebten Ophelia mitschuldig, indem er versehentlich deren Vater Polonius ersticht.
- Das Stück endet in einer Katastrophe, da im letzten Akt sämtliche Hauptfiguren ums Leben kommen.
- Hamlet gilt als Inbegriff des zögernden, grüblerischen, jede Handlung hinterfragenden Menschen.
- Seine Widersprüchlichkeit und Unausdeutbarkeit machen ihn zu einer modernen literarischen Figur, deren Faszination bis heute nicht nachgelassen hat.
- Die Frage nach dem Sinn des Lebens im Angesicht des Todes lässt Hamlet den berühmten Vers "Sein, oder nicht sein, das ist die Frage" sprechen.
- Das Stück entstand um 1600, als England unter Königin Elisabeth I. einen politischen Aufschwung erlebte und in London ein wahrer Theaterboom herrschte.
- Das äußerst lange Stück war schon zu Shakespeares Lebzeiten sehr populär, beschäftigte später vor allem deutsche Schriftsteller und Intellektuelle und ist zur Vorlage zahlreicher Musikkompositionen und Verfilmungen geworden.
- Über Shakespeare sind so wenige Zeitdokumente erhalten, dass immer wieder die Vermutung kursiert, Teile seines Werkes könnten aus einer anderen Feder stammen.
Zusammenfassung
Ein Geist erscheint
Den Wachen auf der Burg Helsingör erscheint nachts der Geist des alten Hamlet, des verstorbenen Königs von Dänemark. Die Soldaten erbeben vor Angst, weil sie befürchten, das Gespenst kündige Unheil im Krieg gegen Norwegen und dessen Prinz Fortinbras an. Obwohl sie den Geist zum Sprechen auffordern und sogar mit einer Hellebarde bedrohen, verschwindet die Erscheinung beim morgendlichen Krähen eines Hahnes wortlos. Die Wachen beschließen, noch am selben Tag dem jungen Hamlet, Sohn des Verstorbenen, von dem nächtlichen Spuk zu erzählen. Hamlet wohnt gerade einer Versammlung des Hofstaates bei, während welcher der neue König Claudius den Anwesenden für ihre Treue dankt und sich über den Krieg gegen Norwegen besorgt zeigt. Prinz Hamlet ist traurig und von der Welt angeekelt: Zum einen ist er noch nicht über den Tod seines Vaters hinweg, zum anderen ist er entsetzt über die Schamlosigkeit seiner Mutter Gertrud, die nur einen Monat nach dem Tod des Königs dessen Bruder und Nachfolger Claudius geheiratet hat.
„O dass dies all- allzu beschmutzte Fleisch / Doch schmölz, zerflöss, zerging in einem Tau, / Oder dass nicht der Ewge sein Gebot / Gesetzt hätt gegen Selbstmord! O Gott, Gott, / Wie öde, schal, flach, fad und überflüssig / Scheint mir all das Getu in dieser Welt!“ (Hamlet, I.2, S. 31)
Hamlet begleitet die Soldaten auf ihrer nächtlichen Wache, wird vom Geist seines Vaters beiseite gerufen und muss zu seiner Bestürzung hören, dass der alte König nicht, wie alle glauben, an einem Schlangenbiss starb, sondern von seinem eigenen Bruder Claudius vergiftet wurde. Und da er ohne letzte Ölung von dannen gegangen sei, müsse er nun dafür büßen. Er fordert seinen Sohn zur Rache an Claudius auf; Gertrud hingegen solle verschont werden. Hamlet lässt die Wachen schwören, niemandem von dem Spuk zu erzählen.
Ist es Wahnsinn?
Danach eilt er zu Ophelia, seiner Angebeteten, greift ihr wortlos und mit verzweifeltem Blick ans Handgelenk und zieht sich unter seltsamen Verrenkungen zurück. Ophelia ist zuvor von ihrem Vater Polonius, dem obersten Staatsrat Dänemarks, jeder Umgang mit Hamlet verboten worden, denn allein die Tatsache, dass er der legitime Nachfolger des getöteten Königs sei, verunmögliche eine Verbindung. Auch Ophelias Bruder Laertes hat die Schwester eindringlich vor Hamlet gewarnt. Als Polonius vom seltsamen Verhalten des jungen Mannes seiner Tochter gegenüber erfährt, kommt er zum Schluss, Hamlet müsse aus vermeintlich unerwiderter Liebe zu Ophelia verrückt geworden sein. Polonius beschließt, das Königspaar darüber zu unterrichten.
„Etwas ist faul im Staate Dänemark.“ (Marcellus, I.4, S. 61)
Während Polonius mit König Claudius und Königin Gertrud spricht, tritt unerwartet Hamlet auf, in die Lektüre eines Buches vertieft. Claudius und Gertrud ziehen sich zurück, während Polonius versucht, den vermeintlichen Wahnsinn Hamlets zu entschlüsseln. Dessen absurde Antworten verwirren den Staatsrat durch ihre Doppelbödigkeit und den verborgenen Sinn, den sie zu enthalten scheinen. Auch gegenüber seinen ehemaligen Schulkameraden Rosenkranz und Güldenstern zeigt sich Hamlet als wacher Geist: Er erkennt sofort, dass die beiden vom König geschickt wurden, um ihn zu beobachten und über sein Verhalten zu berichten.
Ein Spiel im Spiel
Als eine Schauspieltruppe auf Helsingör eintrifft, fasst Hamlet einen Entschluss: Er will die Ermordung seines Vaters vor den Augen von dessen Nachfolger nachspielen lassen, um zu sehen, ob dieser durch seine Reaktion die Behauptung der nächtlichen Geistererscheinung bestätigt. Nachdem er diesen Plan gefasst hat, bezichtigt er sich selber, ein entscheidungsschwacher Feigling zu sein, den nicht einmal die Ermordung seines Vaters zu entschlossenem Handeln antreibt. Zugleich überfällt ihn der Gedanke, dass die Geistererscheinung womöglich eine vom Teufel gestellte Falle gewesen sei. Den Theaterleuten gegenüber zeigt er sich hingegen voller Witz und Energie: Er produziert sich hemmungslos vor ihnen, stürzt sich in schneller Folge in die Rolle eines Schauspielers und eines Autors, deklamiert und gestikuliert. Dann fragt Hamlet die Schauspieler, ob sie bereit seien, während der Aufführung einige von ihm, Hamlet, verfasste Verse zu rezitieren. Sie bejahen, und der König und die Königin kündigen an, der Aufführung beiwohnen zu wollen. Der Plan des Prinzen scheint zu funktionieren.
„Es gibt mehr Dinge zwischen Erd und Himmel, Horatio, / Als Eure Schulweisheit sich träumen lässt.“ (Hamlet, I.5, S. 73)
Zuvor wollen Polonius und der König den scheinbar verrückten Hamlet ihrerseits bei einem arrangierten Treffen mit Ophelia beobachten. Sie verstecken sich, Hamlet erscheint und spricht einen Monolog, der mit den Worten beginnt: "Sein, oder nicht sein, das ist die Frage." Hamlet rätselt über den Sinn des Lebens, fragt sich, ob nicht der Selbstmord die angemessene Antwort auf die Mühsal der menschlichen Existenz sei. Als er Ophelia erblickt, beschimpft er sie. Er wirft ihr vor, wie alle Frauen durch Hexerei und Lasterhaftigkeit die Männer zu verführen, und fordert sie rüde auf, in ein Kloster einzutreten.
Die Mausefalle
Kurz darauf wird im Beisein des Königspaares, Polonius’ und Ophelias das Theaterstück aufgeführt - und nun überschüttet der Prinz seine Angebetete plötzlich mit spöttischen Nettigkeiten. Als der König nach dem Titel des Stückes fragt, antwortet Hamlet: "Die Mausefalle". Die von Hamlet instruierten Schauspieler spielen die Ermordung des alten Königs durch Claudius sowie dessen übereilte Vermählung mit der Königin Gertrud nach. Die Wirkung ist überwältigend: Der König steht auf und verlässt überstürzt den Saal, gefolgt von Ophelia, Polonius und anderen Würdenträgern. Claudius befiehlt den beiden Höflingen Rosenkranz und Güldenstern, Hamlet so schnell wie möglich nach England zu schaffen. Allerdings wird er von Gewissensbissen und Reue überwältigt, wenngleich er nicht auf Macht und Reichtum verzichten will. Als der König betend auf die Knie niedersinkt, tritt Hamlet von hinten an ihn heran und zieht sein Schwert, bereit, endlich Rache für die Ermordung seines Vaters zu üben. Doch die gottesfürchtige Haltung des Königs lässt ihn zaudern und die Tat auf später verschieben - er befürchtet, die Seele des Königs könnte sonst in den Himmel kommen, während er doch sicher sein will, dass sie in der Hölle schmort.
Polonius’ Tod
Unter dem Eindruck des Theaterstückes bittet die Königin Gertrud ihren Sohn um eine dringende Aussprache. Polonius versteckt sich hinter einem Vorhang, um das Gespräch zu belauschen. Hamlet antwortet der Königin auf ihre Vorwürfe derart unverschämt, dass sie die Unterredung sofort abbrechen will und sich sogar bedroht fühlt. Polonius möchte ihr zu Hilfe eilen und bewegt sich hinter dem Vorhang, worauf ihn Hamlet in der Hoffnung, es sei der König, unter dem Ausruf: "’ne Ratte!" kurzerhand ersticht. Darauf verflucht er den König und überschüttet seine Mutter mit derart schweren Vorwürfen, dass sie in ihrer Loyalität zu Claudius zu schwanken beginnt. Ob und wie viel sie von dessen Verbrechen weiss, ob sie gar am Mord beteiligt war oder den neuen König lediglich aus Gesinnungslosigkeit geheiratet hat, enthüllt sie nicht. Sie erzählt ihrem Gatten von Hamlets Tat, betont jedoch, er habe in geistiger Umnachtung gehandelt. Der König ist äußerst besorgt, weil er befürchtet, man könnte ihn der Ermordung seines obersten Staatsrates bezichtigen. Als Rosenkranz und Güldenstern Hamlet in Claudius’ Auftrag eindringlich auffordern, zu verraten, wo er die Leiche versteckt hat, ernten sie Hohn und Spott. All dies bestärkt Claudius in seinem Plan, den Neffen so schnell wie möglich außer Landes zu schaffen und töten zu lassen. Denn Hamlet ist beim Volk so beliebt, dass seine Ermordung in Dänemark zu riskant wäre. Der Prinz willigt ein, sich nach England einzuschiffen; vor seiner Abreise beobachtet er, wie der Norwegerprinz Fortinbras auf seinem Feldzug gegen Polen vorbeizieht. Hamlet sieht in dem energischen jungen Norweger das positive Gegenbild zu sich selber, und er nimmt sich vor, sein ewiges Schwanken zu überwinden und endlich zur Tat zu schreiten. Auf der Überfahrt nach England wird Hamlets Schiff von Piraten überfallen. Gegen ein Lösegeld kommt er frei und kehrt unvermutet nach Dänemark zurück.
Ein hinterhältiger Plan
Nach dem Tod ihres Vaters Polonius fällt dessen Tochter Ophelia - singend und Blumen in der Hand haltend - dem Wahnsinn anheim, während sein Sohn Laertes in rasendem Zorn mit einer Truppe Getreuer eine Revolution gegen den König anzettelt, den er zunächst für den Urheber der Tat hält. Laertes wird indessen vom König mühelos davon überzeugt, dass Hamlet seinen Vater ermordet hat. Gemeinsam ersinnen die beiden einen Plan, um den Prinzen umzubringen. Laertes soll Hamlet zu einem sportlichen Duell herausfordern, dabei jedoch nicht wie üblich mit einem stumpfen, sondern einem geschärften und mit Gift bestrichenen Schwert kämpfen und ihn so, scheinbar versehentlich, töten. Sollte dies fehlschlagen, so will der König Hamlet nach dem Kampf einen Kelch mit Gift zur Erfrischung reichen. Noch während Claudius und Laertes ihre List besprechen, erfahren sie durch die Königin, dass Ophelia beim Blumenpflücken für einen Kranz in den Fluss gefallen und ertrunken ist. Laertes bricht in Tränen aus.
Die Nichtigkeit des Lebens
Der Totengräber glaubt allerdings, dass das Mädchen sich in selbstmörderischer Absicht in den Fluss hat fallen lassen und dass sie nur deshalb ein christliches Begräbnis auf dem Friedhof bekommt, weil sie eine Adlige war. Singend schaufelt der Totengräber Ophelias Grab, wobei er ab und zu einen Totenkopf aus der Grube hinausschleudert. Dabei wird er von Hamlet und dessen Vertrautem Horatio beobachtet; allerdings ahnen die beiden nicht, wessen Grab da gerade entsteht. Bei jedem zu Tage geförderten Totenschädel stellt der Prinz respektlose Vermutungen an, wem er wohl zu Lebzeiten gehört haben könnte: einem Schlitzohr, einer Hofschranze, einem Winkeladvokaten oder einem Grundstückspekulanten. Hamlet verwickelt den Totengräber in ein Gespräch und erfährt, dass einer der Schädel Yorick, dem ehemaligen Hofnarren des Königs, gehört. Der Prinz, der den Verstorbenen persönlich gekannt hat, nimmt den Schädel und philosophiert über die Vergänglichkeit des menschlichen Lebens und die Nichtigkeit von Größe und Macht im Angesicht des Todes.
„Polonius: Wenn das auch Irrsinn ist, so hat es doch Methode. - Hier zieht’s für Sie zu sehr, Prinz - wolln Sie nicht aus der Luft? - Hamlet: In mein Grab? - Polonius: Tatsächlich, das ist aus der Luft.“ (II.2, S. 101f.)
Plötzlich entdecken Hamlet und Horatio einen Leichenzug, angeführt von Laertes. Hamlet muss mit anhören, wie die Königin klagt, dass die Tote ihre Schwiegertochter hätte werden sollen: Die Tote ist also Ophelia. Als der Pfarrer der Verstorbenen seinen Segen verweigert, Laertes Verwünschungen gegen den Prinzen ausstößt und in Ophelias Grab springt, hechtet Hamlet ihm nach. Es kommt zu einem Gerangel, die beiden Kämpfenden müssen getrennt werden.
„Ich bin nur irr bei Nordnordwest. Kommt der Wind südlich, kann ich einen Bussard von einem Besenstiel unterscheiden.“ (Hamlet, II.2, S. 113)
Danach gesteht Hamlet seinem Freund Horatio, was auf der durch die Piraten unterbrochenen Überfahrt nach England geschah: Heimlich habe er sich in die Kabine von Rosenkranz und Güldenstern geschlichen, die königlichen Anweisungen gelesen und festgestellt, dass er nach seiner Ankunft in England ermordet werden sollte. Mit verstellter Schrift und gefälschtem Siegel habe er sie durch Anordnungen ersetzt, wonach die Engländer deren Überbringer kurzerhand umbringen sollten. Damit hat er Rosenkranz und Güldenstern, denen er schmachvolle Liebesdienerei vorwirft, ans Messer geliefert.
Das große Sterben
Doch nun läuft Hamlet Gefahr, seinerseits der Gerissenheit seiner Gegner zum Opfer zu fallen, denn Laertes fordert ihn zum Duell auf. Während des Gefechts, das von König und Königin beobachtet wird, trinkt Gertrud unwissentlich aus dem Kelch mit dem vergifteten Wein. Im Kampfesgetümmel tauschen die beiden Kontrahenten versehentlich die Schwerter, wobei sich beide an der vergifteten Waffe verletzen und damit dem sicheren Tod geweiht sind. Die Königin fällt leblos zu Boden, der sterbende Laertes gesteht Hamlet die List, worauf dieser auch den König ersticht. Die Rache ist vollzogen. Horatio will dem Freund in den Tod folgen und ebenfalls vom vergifteten Wein trinken, doch Hamlet hält ihn davon ab: Er müsse überleben, um der Nachwelt von den Vorfällen an Dänemarks Hof zu berichten. In diesem Moment kündigen Jubel und Salutschüsse den Norweger Fortinbras an, der nach einer siegreichen Schlacht gegen Polen in seine Heimat zurückkehrt. Der sterbende Hamlet wünscht sich Fortinbras als neuen König. Dieser macht ohnehin alte Rechte auf den dänischen Thron geltend und wird neuer Herrscher. Hamlet erhält ein ehrenvolles Begräbnis.
Zum Text
Aufbau und Stil
William Shakespeares Drama Hamlet besteht aus fünf Akten und ist nach dem Muster der klassischen Tragödie mit ihrer Abfolge von Exposition (Einleitung), Aufbau und Steigerung des Konflikts, Peripetie (Wendepunkt) und Katastrophe gestaltet. Mit seinen 20 Szenen und rund 4000 Zeilen, davon etwa 40 % von der Hauptfigur gesprochen, ist es Shakespeares längstes Stück. Im ersten Akt wird die Vorgeschichte dargestellt: die Ermordung von Hamlets Vater. In den folgenden Akten spitzen sich sowohl der Konflikt zwischen Hamlet und seinen Widersachern wie auch der innere Konflikt des Helden zu. Durch die Machenschaften des Königs und Laertes’ sowie durch den Tod Ophelias wird die finale Katastrophe unausweichlich, die im fünften Akt mit dem Tod der vier Hauptfiguren hereinbricht. Shakespeares Englisch ist vom heutigen Standard-Englisch ziemlich weit entfernt, galt jedoch zu seiner Zeit als äußerst modern und innovativ. Bezeichnend für Shakespeares Sprache ist - besonders im Hamlet - der Reichtum an Bildern, der häufige Gebrauch von Wortspielen und -verdrehungen, der freie Umgang mit grammatikalischen Regeln, der schnelle Wechsel von einer Stilebene zur anderen. Oft drängen sich Pathos, Melancholie, Sarkasmus, zweideutige Anspielungen und geistreiche Witzeleien auf engstem Raum. Zahlreiche Verse aus dem Hamlet sind in die Alltagssprache eingegangen. Shakespeares Versmaß ist der Blankvers, der aus fünf Hebungen besteht und normalerweise nicht gereimt ist. Daneben gibt es aber auch Szenen, die in Prosa verfasst sind.
Interpretationsansätze
- Hamlet gilt als Inbegriff des zweifelnden, zerrissenen Menschen, der sich unentwegt selbst in Frage stellt und dadurch zu entschiedener und schneller Tat unfähig ist. Dies macht ihn zu einer der Urfiguren der modernen Literatur. Hamlets Charakter ist dabei durchaus widersprüchlich und letztlich unfassbar. In gewissen Momenten erscheint der grosse Zauderer als äußerst tatkräftig. Außerdem lädt auch er Schuld auf sich, z. B. im Zusammenhang mit dem Selbstmord Ophelias. Die Mehrdeutigkeit verleiht der Figur ihre unzerstörbare Faszination.
- Hamlets Wahnsinn, bei dem irgendwann nicht mehr ganz klar ist, wie viel davon gespielt und wie viel echt ist, deutet darauf hin, dass eine vernünftige und planende Auseinandersetzung mit der Realität unmöglich oder zumindest trügerisch ist.
- Hamlet ist ein Melancholiker, was nicht zu verwechseln ist mit einem Depressiven im modernen Sinn. In der frühen Neuzeit galten melancholische Naturen als skeptisch, aber auch als geistreich, witzig, schlagfertig und selbstkritisch. Die Melancholie war um 1600 geradezu eine Mode bei Aristokraten und Intellektuellen.
- Hamlet ist zwar eine Rachetragödie, wie es sie zu Shakespeares Zeit mehrfach gab. In diesem Drama steht jedoch nicht die moralische Berechtigung oder die Durchführung der sühnenden Tat im Vordergrund, sondern der innere Zwiespalt, in welchen der Held durch den Racheauftrag gestürzt wird.
- Ein weiteres zentrales Thema ist die Frage nach dem Sinn des Lebens im Angesicht des unausweichlichen Todes, verdichtet im Anfangsvers von Hamlets großem Monolog: "Sein, oder nicht sein ...".
- Ein wichtiges und sehr modern wirkendes Motiv ist jenes vom Theater im Theater: Die Wahrheit über die Ermordung des Königs kommt nicht durch Vernunft und Analyse ans Licht, sondern durch Schauspiel, Maskerade und theatralische Verfremdung. Die Grenzen zwischen Schein und Sein, zwischen Wirklichkeit und Illusion verschwimmen.
Historischer Hintergrund
Das elisabethanische Theater
Unter Königin Elisabeth I., deren Regentschaft von 1559 bis 1603 dauerte, erlebte England einen beeindruckenden politischen und wirtschaftlichen Aufschwung. Das Land emanzipierte sich von der katholischen Kirche, wodurch ein innenpolitisches Klima geistiger und religiöser Toleranz entstand. Außerdem löste es Spanien als stärkste Seefahrernation ab und wurde zur europäischen Großmacht. Zum nationalen Selbstbewusstsein trug auch der wachsende materielle Wohlstand des Bürgertums bei. Das London William Shakespeares war eine moderne, urbane, lebendige und intellektuell neugierige Stadt von rund 200 000 Einwohnern - ideale Voraussetzungen für eine vitale öffentliche Theaterkultur. Der militärische und politische Aufstieg Englands entfachte das Interesse an der eigenen Geschichte, weshalb das elisabethanische Theater von historischen Stücken sowie von Rachetragödien geprägt war - Gattungen, die Shakespeare vertiefte und zu künstlerischer Vollendung brachte. Elisabeth I. war nicht nur eine gewiefte Politikerin, sondern auch eine große Förderin von Kunst und Schauspiel. Unter ihrer Regentschaft wurden die Spielstätten zu einem Erlebnisort für breite Bevölkerungsschichten, ja es kam zu einem wahren Theaterboom, begleitet von einem künstlerisch fruchtbaren Wettbewerb zwischen professionellen Schauspielertruppen. Allerdings wurden die Dramen als Gebrauchsliteratur zum Zwecke der Aufführung betrachtet, sodass nur ein geringer Teil der gesamten Produktion schriftlich überliefert ist. Rund zwei Drittel der Theaterstücke aus der Blütezeit unter Elisabeth I. gelten als verloren.
Entstehung
Shakespeares Hamlet ist stark von der Gattung des Rachedramas beeinflusst. Sie geht zurück auf den römischen Philosophen, Staatsmann und Dichter Seneca (Die Troerinnen, Medea, Oedipus u. a.). und wurde in der Zeit des elisabethanischen Theaters von englischen Dramatikern für die heimische Bühne weiterentwickelt. Zu nennen ist hier vor allem die Spanische Tragödie des Thomas Kyd, die den Hamlet direkt beeinflusst hat. Entstanden ist Shakespeares Stück zwischen 1600 und 1603. Wahrscheinliche Quellen des Stoffes sind eine nordische Sage aus der Historia Danica des Saxus Grammaticus sowie die Histoires Tragiques von François Belleforest. Die nordische Sage erzählt vom Konkurrenzkampf zweier Männer an Dänemarks Königshof, Belleforest schrieb dazu eine französische Version. Hamlet erlebte innerhalb kurzer Zeit zahlreiche Ausgaben, wobei jene des Jahres 1604 als die erste zuverlässige gilt. Das Stück ist Bestandteil eines herausragenden Quartetts von Shakespeares Tragödien, zu dem auch König Lear, Othello und Macbeth gehören. Sie alle entstanden zwischen 1600 und 1606.
Wirkungsgeschichte
Hamlet ist eines der wirkungsmächtigsten Theaterstücke der Weltliteratur, und seine Hauptfigur ist in ihrer letztlich unausdeutbaren Widersprüchlichkeit eine unerschöpfliche Quelle der Inspiration und der Interpretation. Bereits zu Shakespeares Zeiten war das Werk äußerst populär, auch wenn es jeweils in gekürzter Version aufgeführt wurde. Die erste ungekürzte Aufführung, die fünf bis sechs Stunden dauerte, fand erst im Jahre 1899 in Shakespeares Geburtsort Stratford-upon-Avon statt. Je nach politischer Lage und gerade vorherrschender philosophischer Strömung haben zahlreiche Autoren und Intellektuelle in unterschiedlichen Epochen ihr eigenes Hamlet-Bild entworfen. Damit erging es Hamlet ganz ähnlich wie Faust. Insbesondere wurde Hamlet zu einer literarischen Figur, in der deutsche Schriftsteller und Philosophen die Problematik ihres Landes gespiegelt sahen. Dies wurde durch die herausragende Übersetzung von August Wilhelm von Schlegel begünstigt. Vor allem die literarischen Bewegungen des Sturm und Drang und der Romantik sahen in Shakespeare den genialisch-schöpferischen, alle Regeln sprengenden Künstler schlechthin. In Goethes Roman Wilhelm Meisters Lehrjahre ist die Überwindung von Hamlets Dilemma, dem Hin- und Hergerissensein zwischen Tat und Reflexion, Voraussetzung für eine erfüllte, in sich ruhende Existenz.
Zu Beginn des 19. Jahrhunderts erschien Shakespeares Held vielen Zeitgenossen allerdings in einem negativeren Licht. Für Heine und Börne stellte er den Typus des zögerlichen deutschen Intellektuellen dar, der es vor lauter Geschwätz versäumt, einen tatkräftigen Beitrag zur Schaffung eines liberalen Nationalstaates zu leisten. Diese Interpretation brachte der deutsche Revolutionslyriker Ferdinand Freiligrath in der Formel "Hamlet ist Deutschland" auf den Punkt. Für den Philosophen Georg Wilhelm Friedrich Hegel war Hamlet dagegen ein reiner Mensch, der zwangsläufig an der garstigen Wirklichkeit scheitern musste. In neuerer Zeit wurde Hamlet als symbolische Figur für die deutsche Vergangenheitsbewältigung und die Suche nach der Schuld der Väter gesehen, zu DDR-Zeiten aber auch als beispielhafter sozialistischer Revolutionär. Außerdem hat das Stück etliche Musikkompositionen, rund 20 Ballette und ein halbes Dutzend Opern inspiriert. Hinzu kommen zahlreiche Verfilmungen. In London wurde 1997 ein Nachbau von Shakespeares "Globe Theatre" eröffnet, in dem hauptsächlich Stücke des Dichters gespielt werden.
Über den Autor
William Shakespeare kann ohne Übertreibung als der berühmteste und wichtigste Dramatiker der Weltliteratur bezeichnet werden. Er hat insgesamt 38 Theaterstücke und 154 Sonette verfasst. Shakespeare wird am 26. April 1564 in Stratford-upon-Avon getauft; sein genaues Geburtsdatum ist nicht bekannt. Er ist der Sohn des Handschuhmachers und Bürgermeisters John Shakespeare. Seine Mutter Mary Arden entstammt einer wohlhabenden Familie aus dem römisch-katholischen Landadel. 1582 heiratet er die acht Jahre ältere Anne Hathaway, Tochter eines Gutsbesitzers, mit der er drei Kinder zeugt: Susanna sowie die Zwillinge Hamnet und Judith. Um 1590 übersiedelt Shakespeare nach London, wo er sich innerhalb kurzer Zeit als Schauspieler und Bühnenautor einen Namen macht. Ab 1594 ist er Mitglied der Theatertruppe Lord Chamberlain’s Men, den späteren King’s Men, ab 1597 Teilhaber des Globe Theatre, dessen runde Form einem griechischen Amphitheater nachempfunden ist, sowie ab 1608 des Blackfriars Theatre. 1597 erwirbt er ein Anwesen in Stratford und zieht sich vermutlich ab 1613 vom Theaterleben zurück. Er stirbt am 23. April 1616. Über Shakespeares Leben gibt es nur wenige Dokumente, weshalb sich seine Biografie lediglich bruchstückhaft nachzeichnen lässt. Immer wieder sind Vermutungen in die Welt gesetzt worden, wonach sein Werk oder Teile davon in Wahrheit aus anderer Feder stammen. Als Urheber wurden zum Beispiel der Philosoph und Staatsmann Francis Bacon, der Dramatiker Christopher Marlowe oder sogar Königin Elisabeth I. genannt. Einen schlagenden Beweis für solche Hypothesen vermochte allerdings niemand je zu erbringen. Heutige Forscher gehen mehrheitlich davon aus, dass Shakespeare der authentische und einzige Urheber seines literarischen Werkes ist.
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