- Novelle
- Nachkriegszeit
Worum es geht
Die Schuld des Einzelnen
Günter Grass’ Novelle Katz und Maus erzählt die Geschichte des jugendlichen Außenseiters Joachim Mahlke, der vergeblich um Liebe und Anerkennung buhlt und sich dabei immer weiter von den Menschen entfernt. Seine Individualität bezahlt er mit Einsamkeit und Isolation, weil es für Nonkonformisten wie ihn in der Gesellschaft der 40er Jahre keinen Platz gibt. Wie die beiden anderen Teile von Grass’ Danziger Trilogie, Die Blechtrommel und Hundejahre, behandelt auch dieser die Frage der individuellen Schuld während der Nazidiktatur: Den Ich-Erzähler Pilenz quälen Gewissensbisse, weil er dem schlafenden Mahlke vor Jahren eine Katze auf den vergrößerten Adamsapfel gesetzt hat; diese attackierte sofort die vermeintliche Maus, und Mahlke war von nun an das Gespött der Leute. War sein späteres Unglück also die Folge eines Jungenstreichs? Die Frage nach der Verantwortung des Einzelnen bleibt offen und stellt sich so direkt dem Leser. In den 60er Jahren rührte sie möglicherweise an zu viele offene Wunden. So wurde der Kampf gegen Grass’ Buch auf dem Nebenkriegsschauplatz der Sexualmoral geführt. Der Antrag auf Indizierung wegen jugendgefährdender Inhalte wurde schließlich abgelehnt. Aus heutiger Sicht ist diese Debatte ein Stück Zeitgeschichte, da sie einen Eindruck vom prüden Muff der Adenauerzeit vermittelt.
Zusammenfassung
Über den Autor
Günter Grass wird am 16. Oktober 1927 als Sohn eines Lebensmittelhändlers in Danzig geboren. Er besucht das Gymnasium und wird Mitglied der Hitlerjugend. Ende des Zweiten Weltkriegs meldet sich der 15-Jährige freiwillig zur Wehrmacht, um der familiären Enge zu entkommen. Nach einer Verwundung gerät er in Bayern in US-amerikanische Kriegsgefangenschaft, aus der er 1946 entlassen wird. Grass zieht ins Ruhrgebiet, arbeitet dort im Bergbau und später im Rheinland als Landarbeiter. Er macht eine Steinmetzlehre und studiert von 1948 bis 1956 Bildhauerei in Düsseldorf und Berlin. Nach einem dreijährigen Aufenthalt in Paris gibt Grass die bildhauerische Arbeit auf. Mit dem Erscheinen seines ersten Romans Die Blechtrommel 1959 wird er schlagartig berühmt. In den 60er Jahren engagiert er sich politisch für die SPD und unterstützt den Wahlkämpfer Willy Brandt. Immer wieder mischt er sich in politische Debatten ein. Aus Protest gegen die restriktive Asylpolitik der SPD tritt er Anfang der 90er Jahre aus der Partei aus. Nach dem Fall der Berliner Mauer kritisiert Grass vehement die deutsche Wiedervereinigung als verfrüht. Er begrüßt zwar die neue Freiheit der Ostdeutschen, für deren Schutz bedürfe es jedoch der politischen Einheit Deutschlands nicht. Die Novellen Katz und Maus (1961) und Hundejahre (1963) bilden zusammen mit der Blechtrommel die Danziger Trilogie. Weitere wichtige Werke sind Örtlich betäubt (1969), Aus dem Tagebuch einer Schnecke (1972), Das Treffen in Telgte (1978) und Im Krebsgang (2002). 1999 wird Grass der Literaturnobelpreis für sein Lebenswerk verliehen. Im Sommer 2006 bekennt er mit dem Erscheinen seines autobiografischen Werks Beim Häuten der Zwiebel, dass er als 17-Jähriger Mitglied der Waffen-SS war. Diese späte Enthüllung löst eine heftige Debatte über Grass als moralische Instanz aus. Im Alter von 87 Jahren stirbt Günter Grass am 13. April 2015 in Lübeck.
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