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Kritik und Krise
Buch

Kritik und Krise

Freiburg/München, 1959
Diese Ausgabe: Suhrkamp, 2018 plus...

Literatur­klassiker

  • Geschichte
  • Moderne

Worum es geht

Die Macht der bürgerlichen Utopien

Von den Gutachtern erhielt Reinhart Koselleck für seine 1954 eingereichte Dissertation Kritik und Krise nicht „summa“, sondern nur „magna cum laude“. Dafür wurde die Schrift, die 1959 als Buch erschien, schon bald zu einem wissenschaftlichen Bestseller. In seinem glänzenden, von der Kritik hochgelobten Debütwerk beschreibt Koselleck, wie sich in der Zeit der Aufklärung im privaten, vom Bereich des Staatlichen und Politischen ausgesparten Raum eine kritische Öffentlichkeit etablierte, die dem absolutistischen Staat den Prozess machte und ihn schließlich zerstörte. Anhand der Analyse klassischer philosophischer Texte von Hobbes, Locke oder Rousseau zeigt Koselleck, wie die sich moralisch über jeden Zweifel erhaben glaubenden, scheinbar unpolitischen Utopien der bürgerlichen Elite ihre Macht entfalteten. Gerade in ihrem apolitischen, überparteilichen, universalistischen Anspruch aber liegt nach Koselleck ihre ungeheure politische Sprengkraft. Sein Werk hat in den Jahrzehnten seit seinem Erscheinen nichts an Aktualität eingebüßt. Es erklärt uns, warum moralische Kritik – ob von links oder rechts – noch immer das Zeug dazu hat, eine politische Krise auszulösen.

Take-aways

  • Reinhart Kosellecks Dissertation Kritik und Krise wurde zum Klassiker der Geschichtsschreibung.
  • Inhalt: Um in Zeiten religiöser Auseinandersetzungen das Leben der Bürger zu schützen, verbannte der absolutistische Staat Gewissen und Moral in den Bereich des Privaten. In diesem von der Politik ausgeklammerten Raum entstand eine bürgerliche, scheinbar apolitische Öffentlichkeit, die den Staat im Namen der Aufklärung moralisch kritisierte und letztlich zerstörte.
  • Vor dem Hintergrund des Kalten Krieges stellt Koselleck die Frage nach dem Ursprung der zeitgenössischen, sich feindlich gegenüberstehenden Utopien.

Über den Autor

Reinhart Koselleck wird am 23. April 1923 in Görlitz als zweiter von drei Söhnen des Historikers und liberalen Bildungsreformers Arno Koselleck und seiner Frau Elisabeth geboren. Mit elf Jahren wird er in die Hitlerjugend aufgenommen. 1941 meldet er sich freiwillig als Artillerist an die Ostfront, um einer Einziehung zur Infanterie, bei der die meisten Gefallenen gezählt werden, zu entkommen. Durch eine Verletzung entgeht er der Einkesselung von Stalingrad, während sein älterer Bruder im Krieg fällt und der jüngere bei einem Bombenangriff getötet wird. Koselleck gerät in russische Kriegsgefangenschaft und wird zu Aufräumarbeiten nach Auschwitz geschickt, wo er vom Massenmord des nationalsozialistischen Deutschlands an Juden und anderen Menschengruppen erfährt. Während seines einjährigen Aufenthalts in einem Kriegsgefangenenlager in Kasachstan erlebt er die Entwürdigung und die brutalen Umerziehungsmaßnahmen der Sowjets. Nach seiner Rückkehr nimmt er 1947 ein Studium der Geschichte, Theologie, Medizin, des Staatsrechts und der Soziologie an der Universität Heidelberg und später auch in Bristol auf. Zugleich studiert er Philosophie bei Hans-Georg Gadamer. Nach seiner Promotion mit der Dissertation Kritik und Krise im Jahr 1954 habilitiert Koselleck sich 1965 mit seiner Arbeit Preußen zwischen Reform und Revolution. Im darauffolgenden Jahr wird er als Professor für politische Wissenschaft nach Bochum berufen. 1968 übernimmt er den Lehrstuhl für neuere Geschichte an der Universität Heidelberg, 1973 den Lehrstuhl für Theorie der Geschichte in Bielefeld. Dort bleibt er bis zu seiner Emeritierung im Jahr 1988. Koselleck ist ab 1972 Mitherausgeber des monumentalen Nachschlagewerks Geschichtliche Grundbegriffe, das über ein Vierteljahrhundert erscheint und mit dem sich in Deutschland die Begriffsgeschichte etabliert. Koselleck stirbt am 3. Februar 2006 in Bad Oeynhausen.


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