Yanis Varoufakis liefert in diesem Buch eine messerscharfe Diagnose unserer Gesellschaft, die er „Technofeudalismus“ nennt, und skizziert zudem eine alternative Gesellschaftsform, den „technologiebasierten Sozialismus“. Aufgezogen als fiktiver Dialog zwischen Varoufakis und seinem Vater, geschieht das mit vielen Ausflügen in die griechische Geschichte und die moderne Popkultur von Mad Men bis Justice League. Daher dauert es oft, bis er zum Punkt kommt. Auch mangelt es nicht an Klischees. Dennoch ist die Diagnose hochinteressant. Naiv und geschichtsvergessen ist jedoch sein Gegenentwurf.
Der Kapitalismus ist tot, an seine Stelle ist der Technofeudalismus getreten.
Der Kapitalismus ist nicht nur in einer Krise, der Kapitalismus ist tot. Vorbei sind die Zeiten, als er unser Wirtschaftssystem und dessen Dynamik bestimmt hat. An seine Stelle ist etwas Neues getreten: der Technofeudalismus. Der hat den Kapitalismus verdrängt, genau wie der Kapitalismus einst den Feudalismus verdrängt hat. Im Feudalismus stellte der Lehnsherr seinen Vasallen sogenannte Lehen als Leihgabe zur Verfügung. Diese Lehen gaben den Vasallen das Recht, Land des Lehnsherrn zu nutzen, etwa für Ackerbau oder Viehzucht. Dafür mussten die Vasallen einen Teil ihrer Produkte abgeben. Die Struktur dieser Abhängigkeiten wiederholt sich heute unter neuen Vorzeichen: Jeff Bezos als neuer Lehnsherr überlässt den Verkäufern auf Amazon – den neuen Vasallen – cloudbasierte Lehen und kassiert dafür eine „Cloud-Rente“. Und die Konsumenten – die neuen Leibeigenen – liefern an Amazon und andere große Techkonzerne kostenlos ihre Daten, wodurch sie die Produkte der Konzerne ständig besser machen und ihre eigene Abhängigkeit von ihnen vergrößern. Nutzen wir beispielsweise Google Maps, verbessern...
Kommentar abgeben