Wiedersehen in Howards End
- Gesellschaftsroman
- Edwardische Epoche
Worum es geht
Zeitlose Menschentypen
Wiedersehen in Howards End ist ein intelligenter, faszinierender Roman, auch für den heutigen deutschen Leser, obwohl den weder die englische Klassengesellschaft noch die Sexualmoral um 1910 unmittelbar betreffen. Die geschilderten Menschentypen sind jedoch zeitlos – Macher oder Musenmenschen gab es immer und wird es immer geben, ebenso die gegenseitige Verachtung zwischen ihnen. Wobei die Sympathien in diesem Roman doch ziemlich klar verteilt sind: Das männlich-ökonomische Prinzip mit seinem Hauptvertreter Henry Wilcox erscheint reichlich defizitär, und manchmal wundert man sich ein bisschen, was die kluge, mutige, an Zwischentönen interessierte Margaret an diesem begriffsstutzigen, selbstgefälligen und bigotten Mann bloß findet. Egal: Man freut sich umso mehr über die starken Frauenfiguren. Der Roman beobachtet klug und breitet innere wie äußere Landschaften so schön und nuancenreich aus, dass man nach der Lektüre gleich zum nächsten Forster-Roman greifen möchte.
Zusammenfassung
Über den Autor
Edward Morgan Forster wird am 1. Januar 1879 in London geboren. Da sein Vater früh stirbt, wächst er bei der Mutter auf, die ihn maßlos verhätschelt. Als Muttersöhnchen verspottet, hat der sensible Junge einen schweren Stand bei seinen Mitschülern und flüchtet sich in die Welt der Literatur. Erst als junger Mann und Student der Altphilologie am King’s College in Cambridge schließt Forster erste Freundschaften, die jedoch aufgrund seiner homosexuellen Neigung oft von Missverständnissen getrübt sind. Nach dem Studium bereist er mit der Mutter Italien; die Eindrücke inspirieren ihn zu seinem ersten Roman Engel und Narren (Where Angels Fear to Tread), der 1905 erscheint; weitere Romane folgen und sichern Forster früh literarischen Ruhm und ein leidliches Auskommen. Gemeinsam mit Künstlern und Intellektuellen wie Virginia Woolf oder John Maynard Keynes gehört er dem Gründungszirkel der legendären Bloomsbury Group an. 1907 lernt er den Inder Syed Ross Masood kennen und verliebt sich. Seine Gefühle bleiben unerwidert, dennoch gibt er die Hoffnung nicht auf. 1913 besucht er Masood in Indien. Begeistert von Land und Leuten beginnt er hier seinen Roman Auf der Suche nach Indien (A Passage to India), den er jedoch erst nach einem zweiten Aufenthalt rund zehn Jahre später als Privatsekretär des Maharadscha von Dewas fertigstellt. Es ist Forsters letzter Roman, seine Kreativität scheint versiegt. Fortan betätigt er sich hauptsächlich als Literaturkritiker. Nach wie vor leidet sein Liebesleben unter den Heimlichkeiten, zu denen ihn die Rücksicht auf seine dominante Mutter zwingt. Erst nach ihrem Tod macht er dem Versteckspiel ein Ende und wird schließlich gar zum öffentlichen Fürsprecher der rechtlichen Anerkennung homosexueller Beziehungen. Postum erscheint der homoerotische Roman Maurice (1971), den der ängstliche Forster über ein halbes Jahrhundert lang unter Verschluss gehalten hat. Der Autor stirbt am 7. Juni 1970 in Coventry.
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