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Mrs Dalloway

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Mrs Dalloway

Fischer Tb,

15 мин на чтение
10 основных идей
Есть текстовый формат

Что внутри?

Das Leben einer Londoner Dame, verdichtet auf einen einzigen Tag: Virginia Woolf schuf mit Mrs Dalloway eine der ersten Heldinnen des modernen Romans.


Literatur­klassiker

  • Roman
  • Moderne

Worum es geht

Das Leben einer Frau an einem Tag

Die beiden Haupthandlungen in Mrs Dalloway lassen sich in einem Satz zusammenfassen: Eine feine Londoner Dame bereitet eine Abendgesellschaft vor und ein seelisch zerbrochener Kriegsveteran begeht Selbstmord. Unter der Oberfläche der Alltagswelt liegt die eigentliche, subjektive Wirklichkeit verborgen, die sich in den Gedanken und Erinnerungen der Romanfiguren ausdrückt. Die Autorin verwendet die Technik des Bewusstseinsstroms (Stream of Consciousness), um ihre Leser an dieser inneren Wirklichkeit teilhaben zu lassen. Letztendlich bleiben die Menschen in dem Korsett ihres eigenen Bewusstseins gefangen. In ihrem Tagebuch notierte Virginia Woolf 1923, dass sie noch nie so tief in ihre eigene Seele vorgedrungen sei wie beim Verfassen dieses Romans. Man kann angesichts des oft abgehackten, atemlosen Erzählstils und der surrealen Sprachbilder nur ahnen, wie es im Innern der manisch-depressiven Autorin ausgesehen haben mag. Auch wenn das Buch inhaltlich manchmal schwer zugänglich ist, beeindrucken doch vor allem die Poesie und der Rhythmus der Sprache. Mrs Dalloway lässt den Leser trotz aller Schwermut mit der Gewissheit zurück, dass das Leben nicht so banal ist, wie es manchmal erscheint.

Take-aways

  • Virginia Woolfs Roman Mrs Dalloway ist eines der wichtigsten Werke der literarischen Moderne.
  • Inhalt: Die 52-jährige Clarissa Dalloway bereitet eine ihrer berühmten Partys vor. Dabei denkt sie unaufhörlich über das Altern und den Tod nach, über richtige und falsche Entscheidungen im Leben und über die Notwendigkeit, dieses auszuhalten. Eine Nebenhandlung folgt dem traumatisierten Kriegsveteranen Septimus Smith, der Selbstmord begeht. Auf der Abendgesellschaft erfährt Clarissa davon und erkennt, dass sie weiterleben kann.
  • Die Handlung trägt sich an einem einzigen Tag zu und erzählt von so alltäglichen Dingen wie Essen und Einkaufen.
  • Die äußere Handlung tritt gegenüber den Sinneseindrücken und Erinnerungen der Romanfiguren zurück.
  • Neben der Vergänglichkeit setzt sich der Roman mit gesellschaftlicher und sexueller Unterdrückung sowie dem Untergang der alten politischen Ordnung auseinander.
  • Woolf experimentierte als eine der Ersten mit der Technik des Bewusstseinsstroms.
  • Sie glaubte, dass der traditionelle realistische Roman der Nachkriegsrealität mit ihren gesellschaftlichen und politischen Auflösungsprozessen nicht mehr gerecht wurde.
  • Woolfs einzigartige, assoziativ-poetische Ausdrucksform ist jedoch auch ein Spiegel ihrer eigenen Seelenqualen.
  • Die Autorin litt zeitlebens unter schweren Depressionen. Sie unternahm mehrere Selbstmordversuche und ertränkte sich schließlich 59-jährig in einem Fluss.
  • Zitat: „Es könnte schon sein, dachte Septimus, der aus dem Zugfenster auf England blickte, als sie Newhaven verließen; es könnte schon sein, dass die Welt selbst ohne Sinn ist.“

Zusammenfassung

Ein Junimorgen in London

Clarissa Dalloway spaziert an einem sonnigen Junimorgen des Jahres 1923 durch die Straßen Londons. Am Abend wird sie eine große Gesellschaft geben und sie möchte die Blumen für diesen Anlass gern selbst kaufen. Auf dem Weg zum Geschäft trifft sie ihren Jugendfreund Hugh Whitbread. Er stellt die perfekte Verkörperung des englischen Gentlemans dar, ist jedoch nach all den Jahren in einer komfortablen Stellung im englischen Königshaus fett und bequem geworden. Die Begegnung weckt in Clarissa Erinnerungen an ihre Jugendliebe Peter Walsh. Peter hat Hugh immer als Hohlkopf und Weichling verachtet, ist aber selbst mittlerweile völlig gescheitert. Als Sozialist aus Oxford entlassen, ging er nach Indien, um sich dort als kleiner Kolonialbeamter zu verdingen. Peter war in seiner Jugend leidenschaftlich in Clarissa verliebt. Doch sie wies seinen Heiratsantrag ab und heiratete den soliden, aber langweiligen Parlamentsabgeordneten Richard Dalloway. Heute versucht Clarissa, diese Entscheidung vor sich selbst zu rechtfertigen: Sicher, es war vernünftig, so zu handeln. Aber hat es sie auch glücklich gemacht? Ihren Gedanken nachhängend, betritt Mrs Dalloway das Blumengeschäft. Während sie ihre Auswahl trifft, wird sie von einem lauten Knall aufgeschreckt. Vor dem Laden ist der Reifen eines Autos geplatzt, in dem offensichtlich eine wichtige Person Londons sitzt. Ist es die Königin, der Prinz von Wales oder der Premierminister? Niemand weiß es.

„Mrs Dalloway sagte, sie wolle die Blumen selber kaufen. Denn Lucy hatte genug zu bestellen. Die Türen würden aus den Angeln gehängt werden; Rumpelmayers Leute kämen. Und dann, dachte Clarissa Dalloway, was für ein Morgen – frisch, wie geschaffen für Kinder am Strand.“ (S. 7)

Im selben Moment geht das Ehepaar Smith an dem Auto vorbei. Septimus Warren Smith, ein bleicher, hakennasiger Mann, ist mit einem schäbigen Überzieher bekleidet. Seine Frau Lucrezia Smith, eine zierliche, zerbrechliche Italienerin, scheint er kaum wahrzunehmen, während er mit irrem Blick auf die gaffende Menge schaut. Er glaubt, dass der Menschenauflauf ihm gelte. Als Soldat wurde er während des Ersten Weltkriegs mehrfach ausgezeichnet. Doch eines Tages begann Septimus, Selbstgespräche zu führen und mit Suizid zu drohen. Die beiden Eheleute sind auf dem Weg zu einem Psychiater. Lucrezia ist verzweifelt. England erscheint ihr kalt und abweisend, sie schämt sich für ihren verwirrten Gatten und klammert sich an jeden seiner lichten Momente wie eine Ertrinkende an einen Holzbalken.

Toffee am Himmel

Vom Automobil schwenkt nun die Aufmerksamkeit der Anwesenden auf ein Flugzeug, das durch seine Flugbahn ein Wort in den Himmel schreibt. Nur welches? „Blaxo“ lesen die einen, „Kreemo“ die anderen, bis ein Kindermädchen neben Lucrezia schließlich „Toffee“ entziffert: Die geheimnisvolle Botschaft entpuppt sich als Reklame. Lucrezia versucht, Septimus auf das Flugzeug und andere Umwelteindrücke aufmerksam zu machen, wie es ihr der Hausarzt Dr. Holmes empfohlen hat. Dieser ist der Ansicht, dass ihrem Mann gar nichts fehle, er leide nur unter einer leichten nervlichen Überspannung. Doch Septimus reagiert nicht auf die Worte seiner Frau. Stattdessen murmelt er immer wieder vor sich hin, dass der Mensch keine Bäume fällen solle, dass es einen Gott gebe und die Sperlinge im Park auf Griechisch sängen.

„Tatsächlich, dachte Clarissa, er ist bezaubernd! absolut bezaubernd! Jetzt erinnere ich mich, wie unmöglich es war, mich zu entschließen – und warum habe ich mich dann entschlossen –, ihn nicht zu heiraten, fragte sie sich, in diesem grauenhaften Sommer?“ (über Peter, S. 47)

Clarissa Dalloway ist inzwischen nach Hause zurückgekehrt. Der Anblick ihres schmalen, asketisch anmutenden Bettes in der Dachkammer lässt sie an ihre Cousine Sally Seton denken, die mehr als 30 Jahre zuvor oft auf dem Landsitz von Mrs Dalloways Familie zu Besuch war. Sally, eine dunkle, üppige Schönheit, war ständig abgebrannt, ungestüm und unverschämt, rauchte in ihrem Schlafzimmer Zigarren und lief zum Entsetzen der Familie gelegentlich nackt über den Hausflur. Clarissa fühlte sich auf wundersame Weise von ihr angezogen. Sie erlebte den schönsten Moment in ihrem Leben, als Sally sie an einem Sommerabend heimlich auf den Mund küsste. Widerwillig betrachtet Mrs Dalloway sich im Spiegel. Sie ist alt geworden, 52 Jahre, und nach einer langen Krankheit fast weißhaarig.

„‚Ich werde dir sagen, wie spät es ist‘, erwiderte Septimus, sehr langsam, sehr schläfrig, und lächelte den Toten in dem grauen Anzug geheimnisvoll an. Während er lächelnd dasaß, schlug die Viertelstunde – Viertel vor zwölf.“ (S. 77)

Sie wird von Peter Walsh aus ihren Erinnerungen gerissen, der sie nach fünf Jahren in Indien unerwartet besuchen kommt. Peter findet Clarissa trivial und bemitleidenswert spießig inmitten ihres Silbers, der vornehmen Sessel und Intarsienmöbel. Gleichzeitig schmerzen ihn die Erinnerungen an ihre unerfüllte Liebe. Dann platzt Peter mit einer Neuigkeit heraus: Er sei verliebt in eine junge Frau in Indien, die jedoch verheiratet sei und zwei kleine Kinder habe. In London wolle er seine Anwälte aufsuchen und mit ihnen über die Scheidung von seiner gegenwärtigen Frau sprechen. Plötzlich bricht er in Tränen aus. Clarissa schwankt zwischen Eifersucht und Befriedigung hin und her. Erneut redet sie sich ein, dass sie mit ihrer Entscheidung einem unsteten Leben an seiner Seite aus dem Weg gegangen ist. Unvermittelt fragt Peter sie, ob sie mit ihrem Mann glücklich sei. Doch bevor Clarissa antworten kann, betritt ihre Tochter Elizabeth das Zimmer.

Mittags im Park

Peter verlässt das Haus der Dalloways in aufgewühlter Stimmung. Die Erfahrungen in Indien haben ihn gespalten: Sein Verstand lehnt die snobistische, gehobene Gesellschaft Londons entschieden ab. Dennoch ist er tief im Innern stolz auf die Zivilisiertheit seiner englischen Heimat. Und schließlich wird er Menschen wie Richard Dalloway und Hugh Whitbread darum bitten müssen, ihm einen kleinen Posten in der Verwaltung oder als Hauslehrer zu verschaffen. Im Regent’s Park sieht er dabei zu, wie ein kleines Mädchen eine Dame italienischer Herkunft anrempelt: Bei dieser handelt es sich um Lucrezia, die sich für einige Minuten von ihrem Mann zurückgezogen hat. Septimus, auf einer Parkbank sitzend, erblickt die ihn umgebende Welt durch den Tunnel seiner Wahnvorstellungen. Er sieht die Toten des Krieges auf sich zukommen, darunter auch seinen gefallenen Freund Evans. In Wirklichkeit ist es jedoch Peter Walsh, der gerade an ihm vorübergeht, noch immer vertieft in Gedanken an seine Jugend und an das im Alter langsam verlöschende Feuer der Leidenschaft. An der U-Bahn-Station trifft Peter eine ausgemergelte Bettlerin, die laut von der ewigen Liebe singt.

„Aber Frauen, dachte er und klappte sein Taschenmesser zu, wissen nicht, was Leidenschaft ist. Sie wissen nicht, was sie für Männer bedeutet. Clarissa war kalt wie ein Eiszapfen.“ (Peter, S. 87)

Auch die Smiths kommen auf ihrem Weg zum Psychiater an der alten Frau vorbei. Septimus denkt an seine Verlobung mit Lucrezia, wenige Wochen nach Kriegsende in Mailand. Er bat sie um ihre Hand, als er entsetzt feststellte, dass er überhaupt nichts mehr empfand. Auch später in England, immer wenn seine Frau vor Unglück und Heimweh weinte, fühlte er sich nur stumpf und leer. Er ist überzeugt davon, für das Verbrechen der Gefühllosigkeit mit dem Tod zahlen zu müssen. Der Psychiater Sir William Bradford erkennt sofort, dass Septimus dem totalen seelischen und körperlichen Zusammenbruch nahe ist. Nach einem kurzen Gespräch mit Lucrezia beschließt er, den Patienten „zum Ausruhen“ für einige Monate in eine Anstalt auf dem Land einzuliefern. Zu dem von Verfolgungswahn geplagten Septimus dringt er aber gar nicht durch. Als sein Patient gerade dazu ansetzt, über seine Schuld zu sprechen, ist die für jede Behandlungseinheit vorgesehene Dreiviertelstunde vorbei. Lucrezia ist von dem Arzt bitter enttäuscht. Sie fühlt, dass er ihrem Mann nicht wirklich helfen kann.

Das Ehepaar Dalloway

Richard Dalloway und Hugh Whitbread sind zum Lunch bei Lady Bruton eingeladen, einer resoluten Matrone vornehmer Herkunft, die sich mehr für Politik als für Damenthemen interessiert. Ihr jüngstes Projekt ist es, die Auswanderung junger Paare nach Kanada zu fördern, die aus achtbaren englischen Elternhäusern stammen. Sie ist der Meinung, dass ihre Heimat überbevölkert sei und die Welt nichts dringender brauche, als aus den Händen wohlerzogener Engländer die Zivilisation zu empfangen. Da sie selbst nicht besonders geschickt im schriftlichen Formulieren ist, bittet sie Hugh und Richard, in ihrem Namen einen entsprechenden Leserbrief an die Times zu schreiben. Hugh geht nur zu gern auf die Bitte ein, denn geschliffene Formulierungen sind seine Spezialität. Auf dem Rückweg spazieren die beiden Männer noch eine Weile gemeinsam durch die Stadt. Als Hugh sich in einem seiner Stammgeschäfte, einem Juwelierladen, besonders herrisch aufführt, verabschiedet sich Richard voller Unwillen. Er kann die Blasiertheit seines Freundes nicht mehr ertragen. Weil er seinem Geschmack in Schmuckfragen nicht ganz traut, kauft er einen riesigen Strauß roter und weißer Rosen als Geschenk für seine Frau. Er möchte ihr zum ersten Mal seit Jahren wieder wortreich seine Liebe erklären. Beim Lunch hat er erfahren, dass Peter Walsh nach England zurückgekehrt ist. Die Erwähnung seines alten Rivalen hat ihn an seine Liebe für Clarissa erinnert. Doch als er ihr die Blumen überreicht, bringt er seine sorgfältig zurechtgelegte Liebeserklärung nicht über die Lippen. Stattdessen plaudert das Ehepaar kurz über das Mittagessen und die Gesellschaft am Abend. Dann macht Richard sich auf den Weg zum Unterhaus, wo die desolate Lage der Armenier auf dem Programm steht.

„Es könnte schon sein, dachte Septimus, der aus dem Zugfenster auf England blickte, als sie Newhaven verließen; es könnte schon sein, dass die Welt selbst ohne Sinn ist.“ (S. 95)

Clarissa legt sich zum Ausruhen aufs Sofa, wird aber schon bald von ihrer Tochter und deren Privatlehrerin, Doris Kilman, gestört. Die beiden wollen gemeinsam einkaufen gehen. Während Elizabeth noch einmal in ihr Zimmer geht, um ihre Handschuhe zu holen, schweigen sich die beiden Frauen feindselig an. Sie können einander nicht ausstehen. Miss Kilman ist eine hässliche, verbitterte Jungfer Anfang 40, die wegen ihrer deutschen Abstammung zu Beginn des Krieges ihre Anstellung als Geschichtslehrerin in einer Schule verlor. Doch durch ein Erweckungserlebnis fand sie Halt im christlichen Glauben. Indem sie regelmäßig mit ihrer Schülerin betet, möchte sie auch in Elizabeth dieses Feuer entzünden. Clarissa sieht darin jedoch den Versuch, ihr die Tochter zu entfremden. Miss Kilmans plumpes Äußeres, der schäbige Regenmantel und ihr kaum verhohlener Neid auf das bequeme, privilegierte Leben der Dalloways machen sie rasend. Clarissa lacht zum Abschied, ein Lachen, das ihre Überlegenheit unterstreichen soll. Miss Kilman fühlt sich gedemütigt. Während ihrer Einkaufstour mit Elizabeth steigert sie sich in ihre dumpfe Wut hinein und verschlingt beim Tee gierig Schokolade und Kuchen. Essen scheint die einzige Lust zu sein, die ihr geblieben ist. Diese offen zur Schau gestellte Gier ist Elizabeth so peinlich, dass sie sich schnell verabschiedet. Sie dehnt den Nachhauseweg in die Länge und beschließt, Ärztin oder Bäuerin zu werden. Schließlich liebt sie die Natur und ist gerne mit kranken Menschen zusammen. Doch dann fällt ihr ein, dass sie für allzu große Anstrengungen wahrscheinlich viel zu träge ist.

Flucht vor der Menschennatur

Septimus Smith steht am Fenster und schaut Elizabeth dabei zu, wie sie in den Omnibus steigt, um nach Hause zu fahren. Seine Frau, die schon in Mailand als Hutmacherin gearbeitet hat, putzt gerade einen Hut für eine Kundin heraus. Septimus kommentiert ihre Arbeit auf seine gewohnt ironische Art, wie er es noch in der Zeit vor der Krankheit zu tun pflegte. Lucrezia ist glücklich: Vielleicht ist ja doch alles in Ordnung, denkt sie, vielleicht ist er gar nicht so krank, wie sie geglaubt hat. Septimus möchte nun die vielen Zettel mit den Sentenzen seiner Visionen und Wahnvorstellungen verbrennen. Doch Lucrezia bindet sie mit einem Faden zusammen und legt sie beiseite. Einige dieser Verse gefallen ihr. Als sie die Stimme von Dr. Holmes auf der Treppe hört, läuft sie ihm entgegen, um ihn am Betreten ihrer Wohnung zu hindern. Vergeblich. Er besteht darauf, ihren Mann zu sehen. Septimus ist überzeugt, dass die grausame Menschennatur in Gestalt des Doktors gekommen ist, um ihn zu bestrafen. Er stürzt sich aus dem Fenster und wird von dem Gitterzaun der Nachbarin aufgespießt.

Die Party

Peter Walsh erhält in seinem Hotel einen Brief von Clarissa: Es sei himmlisch gewesen, ihn zu sehen, schreibt sie. Darüber ärgert er sich und fühlt sich zugleich geschmeichelt. Es befriedigt ihn, dass sie noch etwas für ihn empfindet. Er beschließt, am Abend zu ihrer Gesellschaft zu gehen, nicht zuletzt um Richard zu fragen, was die Regierung in Indien vorhabe. Doch auf der Party bereut er schon nach kurzer Zeit sein Kommen. Clarissa erscheint ihm scheinheilig in ihrer gezwungenen Gastfreundlichkeit. Er kennt kaum jemanden und fühlt sich fehl am Platz, während Clarissa aufgeregt von einem Gast zum anderen rennt. Sogar der Premierminister macht kurz seine Aufwartung. Sir William Bradford erscheint verspätet und versetzt Mrs Dalloway mit der Nachricht, dass einer seiner Patienten sich umgebracht habe, in eine nachdenkliche Stimmung. Doch sie ist Septimus Smith insgeheim dankbar, weil er ihr die Kraft zum Weiterleben gegeben hat. Sie ist noch einmal davongekommen.

„Also war, kurz gesagt, die Menschennatur hinter ihm her – das abstoßende Vieh mit den blutroten Nüstern. Holmes war hinter ihm her.“ (Septimus, S. 99 f.)

Der Überraschungsgast des Abends ist Lady Rosseter, mit bürgerlichem Namen Sally Seton, Mrs Dalloways Jugendliebe. Sally hat vor Jahren einen reichen Textilfabrikanten in Manchester geheiratet und fünf Söhne zur Welt gebracht. Mit etwas zu viel Nachdruck erklärt sie Peter, wie glücklich sie sei. Zwar kritisierten Menschen wie Clarissa sie dafür, unter ihrem Stand geheiratet zu haben, doch sie sei stolz darauf, dass ihr Gatte, der Sohn eines Bergmanns, sich seinen Wohlstand mit dem eigenen Schweiß verdient habe. Sally ist überzeugt, dass Clarissa mit Richard den Falschen geheiratet hat. Diese habe in Wahrheit Peter immer mehr geliebt. Doch Peter will nichts davon hören. Als er sich aufmacht zu gehen, fühlt er sich aufgewühlt, entsetzt und verzückt zugleich. Woher kommt nur diese plötzliche Erregung? Er dreht sich um und sieht Clarissa.

Zum Text

Aufbau und Stil

Mrs Dalloway ist ein Roman ohne nennenswerte äußere Handlung. Er spielt an einem einzigen Tag und erzählt von so banalen Dingen wie der Vorbereitung und Durchführung einer Abendgesellschaft, dem Essen, Einkaufen und Spazierengehen. Das eigentlich Spannende spielt sich in den Köpfen der Romanfiguren ab. Virginia Woolf nutzt die Technik des Bewusstseinsstroms (Stream of Consciousness), um dem Leser einen Einblick in die Denkprozesse ihrer Figuren zu gewähren. In einem feinen Netz verwebt sie deren Vergangenheit und Gegenwart miteinander und charakterisiert sie aus ständig wechselnden Perspektiven. Die Autorin stellt erlebte Rede, direkte Rede und den inneren Monolog ihrer Figuren nebeneinander, ohne dabei den Standpunkt der allwissenden Erzählerin ganz aufzugeben. Äußere Begebenheiten wie der Uhrschlag des Big Ben oder die von einem Flugzeug in den Himmel geschriebene Reklame sorgen für fließende Übergänge zwischen den Erzählsträngen und dienen als Dreh- und Angelpunkte der Perspektivwechsel. Der Leser kann sich so buchstäblich in die jeweilige Figur hineinversetzen. Woolf verwendet eine symbol- und bildreiche, außergewöhnlich poetische Sprache. Töne nehmen konkrete Formen an und die Grenzen zwischen Sinn und Irrsinn zerfließen. In den z. T. endlos langen Bandwurmsätzen spiegelt sich auch die Natur des menschlichen Denkens wider: Es kennt weder Punkt noch Komma, ist sprunghaft und von nackter Ehrlichkeit.

Interpretationsansätze

  • Mrs Dalloway behandelt mehrere Hauptmotive nebeneinander: die Auseinandersetzung mit der Vergänglichkeit des Lebens, Gefühl und Wahnsinn, gesellschaftliche und sexuelle Unterdrückung, die Isolation des Einzelnen und den langsamen Untergang einer alten politischen Ordnung.
  • Clarissa Dalloway verkörpert nach außen die oberflächliche, statusorientierte Dame der gehobenen englischen Gesellschaft. In ihrem Innern tun sich jedoch seelische Abgründe auf. Sie zweifelt an sich und ihren Entscheidungen im Leben, kann sich aber mit zunehmendem Alter anderen Menschen gegenüber immer weniger öffnen. Während es in ihr kocht und brodelt, erscheint sie selbst ihrem besten Freund „wie ein Eiszapfen“.
  • Septimus Smith, der unter einem Trauma leidende Kriegsveteran, dient als Clarissas Spiegelbild. Er wählt den Tod, um der Unterdrückung in Gestalt der beiden Ärzte zu entkommen, während Clarissa beschließt, das Leben so auszuhalten, wie es nun einmal ist. Die Figur des Septimus trägt klar autobiografische Züge: Virginia Woolf litt zeitlebens unter Depressionen und Anfällen von Wahnsinn, die denen ihrer Romanfigur sehr ähnlich waren. Die sie behandelnden Ärzte empfand sie als unfähig und erdrückend.
  • Das Buch ist auch ein Abgesang auf das britische Empire mit seinem Klassensystem, wie es durch Richard Dalloway, Hugh Whitbread oder Lady Bruton repräsentiert wird. Allerdings ist nicht klar, was danach kommen wird. Denn selbst der Außenseiter und Sozialist Peter Walsh ist ziel- und orientierungslos.
  • Die Einheit des Romans wird mithilfe immer wiederkehrender Bilder und Symbole hergestellt. Dazu gehören z. B. der Uhrschlag des Big Ben, der für das unbarmherzige Voranschreiten der Zeit steht, oder Blumen und Bäume als Zeichen für Gefühle und Lebenslust.

Historischer Hintergrund

Altes Empire und moderne Literatur

Mrs Dalloway erschien 1925, zu einer Zeit also, als das britische Empire viktorianischen Zuschnitts merklich zu bröckeln begann. Die Dominions Kanada, Australien, Neuseeland und Südafrika wurden nach dem Ersten Weltkrieg als gleichberechtigte Staaten anerkannt. Das alte Empire wich allmählich dem losen Staatenbund des späteren Commonwealth. Zur gleichen Zeit führte Mahatma Gandhi in Indien seinen gewaltlosen Kampf gegen die britische Vorherrschaft, der 1947 in die Unabhängigkeit mündete. Auch innerhalb Englands wurde heftig an der Kruste der konservativen Gesellschaftsordnung gekratzt: Frauen, die während des Ersten Weltkriegs die Arbeit der Männer übernommen hatten, forderten lautstark gleiche Rechte ein. Die Labour Party gewann an Einfluss und bildete 1924 erstmals zusammen mit den Liberalen für kurze Zeit die Regierung. Viele Kriegsrückkehrer, die furchtbare Grausamkeiten erlebt hatten, begannen das undurchlässige Klassensystem in ihrer Heimat infrage zu stellen. Vor diesem Hintergrund war Virginia Woolf der Ansicht, dass der klassische viktorianische Roman mit seiner linearen Handlungsführung der zunehmend chaotischen und zersplitternden Wirklichkeit um sie herum nicht mehr gerecht wurde. In dem Intellektuellenzirkel Bloomsbury Group, den ihr Bruder Thoby Stephen 1905 gegründet hatte, experimentierte sie gemeinsam mit den wichtigsten Vertretern der künstlerischen Avantgarde mit neuen Ausdrucksformen und radikalen Lebensentwürfen. Die „Bloomsberries“ wandten sich gegen die herrschenden sozialen, religiösen und moralischen Tabus, indem sie z. B. offen über Homosexualität sprachen und diese oft auch demonstrativ auslebten.

Entstehung

Virginia Woolf begann die Arbeit an dem Roman 1922, kurz nach Abschluss ihres ersten experimentellen Werks Jakobs Zimmer. Zunächst schrieb sie die beiden Kurzgeschichten Mrs Dalloway in Bond Street und The Prime Minister, beschloss aber ein Jahr später, beide zu einem Roman zu verbinden. Die anfängliche Aufteilung in Kapitel gab sie auf, weil sie die einzelnen Erzählstränge so eng wie möglich miteinander verweben wollte. Während ihrer Arbeit las Woolf die griechischen Klassiker, Marcel Proust und James Joyce’ Roman Ulysses, der gerade in ihrem eigenen Verlag erschienen war. Im Gegensatz zu vielen ihrer Bloomsbury-Freunde konnte sie sich aber nicht dafür begeistern und nannte es ein „primitives, ungebildetes Buch“. Formale Parallelen zwischen beiden Werken sind dennoch nicht zu leugnen. Die Arbeit an Mrs Dalloway ging Woolf nicht leicht von der Hand. Immer wieder wurde sie durch andere Projekte unterbrochen. Manchmal fühlte sie sich auch von der Vielfalt an Themen, Motiven und Charakteren überwältigt. Die Passagen über Septimus’ Wahnsinn strengten die manisch-depressive und zur Todessehnsucht neigende Autorin enorm an. Im Juni 1923 schrieb sie in ihr Tagebuch, dass dieser Teil sie „geistig so schlimm zum Schielen“ brächte, dass ihr vor der Fortsetzung der Arbeit graue. Aus den Eintragungen geht zudem hervor, dass sie noch nie zuvor so tief in ihre eigene Persönlichkeit und Biografie vorgedrungen war wie beim Schreiben von Mrs Dalloway. Doch die Anstrengung lohnte sich. Am 13. Dezember 1924 notierte sie erleichtert: „Ich glaube ganz ehrlich, dass dies der gelungenste meiner Romane ist.“

Wirkungsgeschichte

Mrs Dalloway erschien im Mai 1925 in England und den USA und wurde schnell ein Publikumserfolg. Noch im selben Jahr erfolgte der Nachdruck in zweiter und dritter Auflage. Die Literaturkritik gab sich zurückhaltender. Politisch engagierte Zeitgenossen bemängelten, dass Woolfs Werk genauso reaktionär sei wie das Jane Austens. Es sei auf die selbstverliebte englische Oberklasse und auf die intellektuelle Elite fixiert, die sich nur mit ihren trivialen Problemchen beschäftigten. Während und nach dem Zweiten Weltkrieg geriet Virginia Woolf beinahe ganz in Vergessenheit. Erst Anfang der 70er Jahre wurde sie von der feministischen Literaturkritik wiederentdeckt. Ihr Aufsatz Ein eigenes Zimmer stieg in dieser Zeit zum meistzitierten Werk der Frauenbewegung auf. Die Veröffentlichung ihres Tagebuchs und ihrer umfangreichen Korrespondenz gab den Interpreten neue Anregungen und trug zur Umwertung ihres künstlerischen Schaffens bei. Heute gilt Virginia Woolf als eine der größten Schriftstellerinnen des 20. Jahrhunderts und neben James Joyce als wichtigste Vertreterin der literarischen Moderne.

Mrs Dalloway wurde 1997 mit Vanessa Redgrave in der Hauptrolle verfilmt. Ein Jahr später erschien die mit dem Pulitzerpreis ausgezeichnete literarische Adaption The Hours (das war der Arbeitstitel, den Virginia Woolf Mrs Dalloway gegeben hatte) von Michael Cunningham. Der Autor verknüpfte darin die Geschichte von Mrs Dalloway mit dem Leben Virginia Woolfs und dem zweier weiterer Frauen, die zu verschiedenen Zeiten leben. Sein Buch wurde 2002 mit Nicole Kidman, Julianne Moore und Meryl Streep in den Hauptrollen verfilmt.

Über die Autorin

Virginia Woolf wird am 25. Januar 1882 in London als Adeline Virginia Stephen geboren. Die junge Virginia besucht keine Schule, sondern wird zu Hause von ihrem Vater unterrichtet und hat Zugang zu dessen umfangreicher Bibliothek. In dieser Zeit reift in ihr der Wunsch, Schriftstellerin zu werden. Doch zunächst führen einige Todesfälle in ihrer Familie dazu, dass Virginia mehrere Nervenzusammenbrüche erleidet: Als sie 13 ist, stirbt die Mutter, zwei Jahre darauf die Halbschwester und neun Jahre später der Vater. 1906 stirbt ihr ältester Bruder Thoby an Typhus. Virginia bleibt im von Thoby gegründeten Bloomsbury-Zirkel aktiv und beginnt, Kritiken für Zeitschriften und Zeitungen zu schreiben. Nachdem der Schriftsteller Leonard Woolf ihr Anfang 1912 einen Heiratsantrag gemacht hat, erkrankt sie erneut psychisch. Vier Monate später nimmt sie den Antrag an, versucht aber schon kurz nach der Heirat, sich das Leben zu nehmen. Ihre Ehe beschreibt sie dennoch als glücklich. Leonard erweist sich als intellektuell ebenbürtiger, rücksichtsvoller Ehemann, der für ihre gelegentlichen Affären mit Frauen Verständnis aufbringt. 1915 erscheint Woolfs erster Roman Die Fahrt hinaus (The Voyage Out). Zwei Jahre später gründet das Ehepaar einen eigenen Verlag, Hogarth Press. Woolf verabschiedet sich ganz von konventionellen literarischen Formen und experimentiert in Jacobs Zimmer (Jacob’s Room, 1922) und Mrs Dalloway (1925) mit der Technik des inneren Monologs. Den humorvollen Roman Orlando von 1928 widmet sie ihrer Geliebten Vita Sackville-West. Der 1929 erschienene Aufsatz Ein eigenes Zimmer (A Room of One’s Own), in dem sie sich mit den Arbeitsverhältnissen von Schriftstellerinnen beschäftigt, wird später zu einem Klassiker der Frauenbewegung. Trotz immer wiederkehrender schwerer Depressionen arbeitet sie weiter an ihrem umfangreichen Werk. Am 28. März 1941 ertränkt sie sich im Fluss Ouse in Sussex. In ihrem Abschiedsbrief an Leonard schreibt sie: „Alles, außer der Gewissheit deiner Güte, hat mich verlassen. Ich kann dein Leben nicht länger ruinieren. Ich glaube nicht, dass zwei Menschen glücklicher hätten sein können, als wir gewesen sind.“

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