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Homo Sociologicus
Buch

Homo Sociologicus

Ein Versuch zur Geschichte, Bedeutung und Kritik der Kategorie der sozialen Rolle

Köln, 1958
Diese Ausgabe: VS Verlag, 2010 more...

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Literatur­klassiker

  • Soziologie
  • Moderne

Worum es geht

Die Doppelnatur des Menschen

Homo Sociologicus handelt vom Menschen als Schauspieler auf der Bühne seines Lebens. Der Gedanke findet sich schon bei den alten Griechen, und die Romantiker griffen ihn wieder auf. In Dahrendorfs Essay erhält das Rollenspiel jedoch eine ganz neue Dimension: Weder die olympischen Götter noch die Individuen schreiben das Drehbuch für den Homo sociologicus, sondern die Gesellschaft. Sie bestimmt, an welche soziale Position welche Verhaltensnormen geknüpft sind. So engmaschig flicht sie das Netz der Vorschriften, dass dem Rollenspieler Mensch jeglicher Spielraum für sein eigentliches Selbst genommen zu sein scheint – eine beunruhigende Vorstellung, die in der Frage gipfelt, ob der Mensch jenseits seiner Rollen überhaupt so etwas wie Eigentlichkeit besitzt. Der Liberale Dahrendorf besteht auf einem leidenschaftlichen Ja, wenn auch der Soziologe Dahrendorf weiß, dass die Wissenschaft jenen abstrakten Homo sociologicus braucht, der ganz mit seinen Rollen identisch ist. Diese problematische Doppelnatur des Menschen hat seinerzeit heftige Diskussionen ausgelöst; heute scheint man des Nachdenkens darüber ein wenig müde zu sein. Dahrendorfs Essay wirkt hier wie Kaffee: Er weckt auf und macht einem klar, wie heiß das Thema weiterhin ist.

Zusammenfassung

Eine Wissenschaft auf der Suche nach ihrem Gegenstand

Die junge Wissenschaft der Soziologie ist bemüht, ihren Platz im Konzert der etablierten Wissenschaften zu finden. Doch es herrscht Uneinigkeit über ihren eigentlichen Gegenstand. Die Soziologie will die Phänomene menschlichen Zusammenlebens, sprich: der Gesellschaft, erforschen. Doch womit genau hat sie es dabei zu tun? Was für ein Ding ist Gesellschaft? Ist sie eine Ansammlung von Einzelpersönlichkeiten? Oder ist sie aus sozialen Gruppen zusammengesetzt, also aus Familien, Unternehmen, Vereinen, Religionsgemeinschaften usw.? Beide Ansichten sind falsch: Gegenstand der Soziologie muss der so genannte Homo sociologicus sein, eine Art Modellmensch, der zum einen durch seine gesellschaftlich definierte Rolle bestimmt ist, zum anderen dadurch, wie er sich als Einzelmensch in dieser Rolle verhält. Wie z. B. die Physik ihre Überlegungen auf das atomare Teilchenmodell gründet, so kann sich die Soziologie dieses Homo sociologicus bedienen, um gesellschaftliche Vorgänge nachzubilden und auf diese Weise Erkenntnis über ihren Gegenstand zu gewinnen. Doch hier taucht eine Schwierigkeit auf. Im Fall der Physik hat man sich daran ...

Über den Autor

Ralf Dahrendorf wird am 1. Mai 1929 in Hamburg als Sohn eines prominenten Sozialdemokraten geboren. Nach der Machtergreifung Hitlers taucht die Familie in Berlin ab, wo der Vater sich dem Widerstand anschließt. Auch Ralf Dahrendorf stellt sich als 14-Jähriger gegen die Diktatur und wird 1944 verhaftet. Den Erfahrungen im Gestapolager Schwetig verdankt er, wie er später schreibt, seinen „fast klaustrophobischen Drang zur Freiheit“. Nach Kriegsende schlägt Dahrendorf eine akademische Karriere ein, promoviert im Fach Philosophie, fühlt sich jedoch bald zu den Sozialwissenschaften hingezogen, da er sich hier ein Betätigungsfeld für seinen Idealismus erhofft. Nach einer zweiten Promotion an der London School of Economics und der Habilitation erhält er 1957 ein Forschungsstipendium am Center for Advanced Study in the Behavioral Sciences in Kalifornien, dem seinerzeit wohl berühmtesten Thinktank der noch jungen Soziologie. Mit kontroversen Essays macht er sich schnell einen Namen und wird unmittelbar nach seiner Rückkehr zum Professor für Soziologie an der Hamburger Akademie für Gemeinwirtschaft berufen. Weitere Professuren in Tübingen und Konstanz folgen. 1967 wendet Dahrendorf sich der Politik zu: Als FDP-Abgeordneter im Bundestag, parlamentarischer Staatssekretär im Auswärtigen Amt sowie als EG-Kommissar für Außenhandel in Brüssel vertritt er einen engagierten Liberalismus nach britischem Vorbild. 1974 kehrt er der Politik den Rücken und wird Rektor an der London School of Economics, seiner Alma Mater. 1993 wird er, inzwischen britischer Staatsbürger, in den Adelsstand erhoben. Als Baron Dahrendorf of Clare Market in the City of Westminster ist er tätiges Mitglied des House of Lords. 2007 erhält er den renommierten Prinz-von-Asturien-Preis. Am 17. Juni 2009 stirbt Ralf Dahrendorf in Köln; er wird in Hamburg beigesetzt.


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