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Scherz, Satire, Ironie und tiefere Bedeutung

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Scherz, Satire, Ironie und tiefere Bedeutung

Ein Lustspiel in drei Aufzügen

Reclam,

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10 take-aways
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What's inside?

Grabbes tiefschwarze Komödie über die Nichtigkeit des menschlichen Treibens.

Literatur­klassiker

  • Komödie
  • Biedermeier

Worum es geht

Bitteres Lachen über die Welt

Im Jahr 1822 schrieb Christian Dietrich Grabbe über sein Lustspiel, es werde „bei jedem lautes Lachen erregen, doch im Grunde nur ein Lachen der Verzweiflung“. Auf den ersten Blick handelt es sich um eine romantische Liebeskomödie: Baronin Liddy wendet sich von ihrem geldgierigen adligen Verlobten ab und entkommt auch den Fängen des Freiherrn, der es nur auf ihren Körper abgesehen hat. Stattdessen wählt sie einen hässlichen, aber geistreichen Bürgerlichen, der es ernst mit ihr meint. So weit, so konventionell. Doch die Präsenz des Teufels, der gerade zu Besuch auf Erden ist und sich einen Spaß daraus macht, die Menschheit und ihre nutzlosen Handlungen zu verspotten, gibt dem Stück eine anarchische Brechung. Grabbes Humor schwankt zwischen Ironie und grobem Sarkasmus, zwischen possenhafter Situationskomik und schwarzem Zynismus. Mit spürbarer Verachtung schimpft der literarische Außenseiter auf zeitgenössische Dichter und Kritiker. Die Hasstiraden auf den Literaturbetrieb seiner Zeit sind für heutige Zuschauer nicht mehr ganz nachvollziehbar, als pessimistische Satire über die Nichtigkeit des Menschen und all seines Treibens hat die Komödie aber immer noch Biss.

Take-aways

  • Christian Dietrich Grabbes anarchisches Lustspiel Scherz, Satire, Ironie und tiefere Bedeutung ist bis heute das meistaufgeführte Stück des Autors.
  • Inhalt: Der Teufel ist zu Besuch auf Erden. Dort stiftet er Verwirrung unter den adligen Verehrern der schönen Liddy. Er kauft Liddy ihrem Verlobten ab und verspricht sie einem anderen, der nur körperlich an ihr interessiert ist. Am Ende wird der Teufel von einem Schulmeister gefangen und von seiner Großmutter wieder befreit. Und Liddy heiratet einen Bürgerlichen – aus Liebe.
  • Auf den ersten Blick ist die Handlung konventionell; durch den Teufel, vor dessen Spott nichts und niemand sicher ist, wird sie jedoch ironisch untergraben.
  • Auch zeitgenössische Schriftsteller, Modeströmungen sowie Literatur- und Theaterkritiker bekommen ihr Fett weg.
  • Grabbes Humor schwankt zwischen feiner Ironie und groben Possen.
  • Seine Weltsicht ist pessimistisch bis an die Grenze des Zynismus.
  • Das Stück folgt nicht dem Schema des klassischen Dramas, sondern ist collagenhaft aufgebaut.
  • Grabbe lässt sich selbst in dem Stück auftreten und zerstört so die Illusion des Theaters.
  • Das 1822 geschriebene Lustspiel wurde erst 1907 öffentlich uraufgeführt.
  • Zitat: „So will ich Ihnen denn sagen, daß dieser Inbegriff des Alls, den Sie mit dem Namen Welt beehren, weiter nichts ist, als ein mittelmäßiges Lustspiel (…)“

Zusammenfassung

Der Teufel auf Erden

In der Hölle wird gerade geputzt, weshalb der Teufel zu Besuch auf die Erde kommt. Ein Naturhistoriker findet ihn im Wald – erfroren, trotz sommerlicher Temperaturen. Im nahe gelegenen Schloss diskutiert der Naturforscher den Fall mit seinen drei Kollegen: Was ist das für ein seltsames Wesen, das da leblos vor ihnen auf dem Tisch liegt? Fünf Finger hat es und keinen Schwanz, also muss es wohl ein Mensch sein. Aber was für einer? Einer meint in dem grobschlächtigen Gesicht Züge eines Rezensenten zu erkennen, ein anderer tippt auf eine Pastorentochter, ein Dritter fühlt sich angesichts der enormen Hässlichkeit an deutsche Schriftstellerinnen erinnert. Nur einer hält es für den Teufel, aber er wird von den anderen gleich eines Besseren belehrt: Für der Teufel ist kein Platz in ihrem System. Da öffnet das Wesen, durch die Wärme des Lichts auf dem Tisch zu neuem Leben erweckt, plötzlich die Augen und stellt sich den staunenden Naturhistorikern vor: Theophil Christian Teufel, Generalsuperintendent, vom Papst im Mittelalter dafür ausgezeichnet, dass er dem einfachen Volk Angst einflößte.

„’s ist kalt, – kalt – in der Hölle ists wärmer!“ (Teufel, S. 9)

Baron von Haldungen, seine Nichte Liddy und deren Verlobter Herr von Wernthal sowie der Dichter Rattengift treten in den Saal. Sie zeigen sich angetan von dem Generalsuperintendenten. Ob er nicht gleich Liddy und von Wernthal trauen könne, fragt der Dichter. Doch der Teufel lehnt ab mit der Begründung, er kenne die Formalitäten nicht. Liddy hat es aber, wie sie sagt, auch gar nicht eilig. Nun erweist der Schulmeister dem Fremden unter vielen Verbeugungen seine Reverenz. Er ist auf das Schloss gekommen, um dort seinen Schüler Gottliebchen, der ihn begleitet, der Protektion des Barons zu empfehlen. Gottliebchen ist ein Idiot, doch seine ehrgeizigen Eltern haben den Schulmeister, der dem Alkohol verfallen ist, mit der Aussicht auf ein Fässchen Schnaps an jedem Martinstag dazu überredet, ihren Sohn zum Pastor auszubilden. Der Schulmeister erhofft sich vom Baron finanzielle Unterstützung und preist Gottliebchen daher als Genie an. Der Junge soll bei alledem den Mund halten und hin und wieder als Zeichen gelehrter Zerstreutheit seltsame Dinge tun, etwa Fliegen oder Spinnen essen. Dann werden ihn schon alle für einen großen Geist und einen tiefsinnigen Schriftsteller halten. Mit der neuen Literatur ist es ohnehin nicht weit her, weiß der Schulmeister, der alle zwei Wochen von seinem Vetter angegammelte Heringe zugeschickt bekommt, eingewickelt in die Erzeugnisse „unserer neueren Literatur“.

Teuflische Intrigen

Nicht nur das Aussehen des Fremden und sein Alter – er sagt, er sei elfjährig – geben den Forschern zu denken, sondern auch seine Gewohnheiten: Er flucht, sitzt gern im Herdfeuer, hält seinen Finger unbeschadet in die Kerzenflamme, reißt sich den Arm ab und steckt ihn wieder an. Auf Drängen Liddys, die sich am verrückten Treiben des Teufels interessiert zeigt, bietet der Baron ihm ein Zimmer an. Der Teufel aber hasst alles Edle und Tugendhafte und sinnt auf Rache für die gute Tat: Er will Liddys Hochzeit mit Herrn von Wernthal verhindern. Zuvor lässt er sich vom Schmied aus dem Dorf das lose Hufeisen an seinem Pferdefuß wieder richten. Als der Schmied nach getaner Arbeit seinen Lohn verlangt, gibt sich der Teufel zu erkennen: Der Satan persönlich sei er, und der brauche nicht zu bezahlen. Um Kraft für die bevorstehende Intrige zu sammeln, will sich der Teufel noch ein wenig hinlegen. Mit Klopstocks Messias als stets zuverlässigem Schlafmittel begibt er sich zur Ruhe.

„,(…) wenn mich nicht alles trügt, so ist dieser erfrorene Mensch eine Pastorentochter.‘ – ,Ich muß gestehen, mein Herr, daß mir Ihre Hypothese etwas gewagt vorkommt. Ich vermute, daß es der Teufel ist.‘ – ,Das ist ab initio unmöglich, denn der Teufel paßt nicht in unser System!‘“ (erster, zweiter und dritter Naturhistoriker, S. 11)

Freiherr von Mordax ist ein Mann ganz nach des Teufels Geschmack. Er passt zudem perfekt in dessen Pläne. Der Freiherr begehrt Liddys schönen Körper, und wenn er sie nicht kriegt, ist er auch bereit, sie umzubringen. Der Teufel verspricht dem Freiherrn die Braut, unter der Bedingung, dass er seinen Ältesten Philosophie studieren lässt und 13 Schneidergesellen tötet. Der Freiherr schlägt ein – trotz der Sorge, seine neue weiße Weste könnte dabei schmutzig werden. Am nächsten Tag, so der Teufel, werde der Freiherr Liddy an einem Waldhäuschen im nahe gelegenen Lopsbrunn abholen können. Ohne Mühe gelingt es dem Teufel, den hoch verschuldeten Herrn von Wernthal zum Rücktritt von seinem Verlöbnis mit Liddy zu bewegen: Er kauft ihm das Mädchen kurzerhand ab. Eigentlich soll Herr von Wernthal Liddy in die Waldhütte einladen. Er gibt jedoch zu bedenken, dass sie ihm misstrauen werde. Der Teufel beschließt deshalb, den unverdächtigen Romantiker Rattengift zu überreden, mit Liddy eine Spazierfahrt zur Waldhütte zu unternehmen – dort werde sich alles Übrige ergeben.

Die Abgründe der Literatur

Rattengift steckt wieder einmal in einer Schreibblockade, als ihm die geniale Idee kommt, genau darüber ein Gedicht zu verfassen. Und mit einem Mal fließen ihm die Worte nur so aus der Feder: ungewöhnliche Bilder, kühne Metaphern – der Dichter ist von sich selbst begeistert. Da betritt der Teufel das Zimmer, mit unverhülltem Pferdefuß. Zunächst ist Rattengift entsetzt, doch mit ein paar lobenden Worten gelingt es dem Teufel, ihn einzulullen. Im Übrigen, so der Teufel, seien sie ja Kollegen: Er habe selbst auch Werke vorzuweisen, etwa das kürzlich entstandene Trauerspiel der Französischen Revolution, bei dem zuletzt die Kritiker guillotiniert worden seien. In Preußen, Österreich und England sei das Stück leider unaufführbar, aber vielleicht könne man es mit leichten Veränderungen in Spanien noch einmal auf die Bühne bringen.

„Betrachten Sie die enorme Häßlichkeit, welche uns aus jeder Miene dieses Gesichtes entgegenkreischt, und Sie sind ja gezwungen, mir einzuräumen, daß solch eine Fratze gar nicht existieren könnte, wenn es keine deutsche Schriftstellerinnen gäbe.“ (vierter Naturhistoriker, S. 11)

Die ganze Welt, so der Teufel, sei nur eine mittelmäßige Komödie, verfasst von einem bartlosen Pennäler in den Sommerferien. Der Dichter fragt, was denn dann bitte die Hölle sei, die ja ebenfalls zur Welt gehöre? Die sei nichts weiter als der ironische Teil des Ganzen, erwidert der Teufel. Dort lache man Mörder aus, bis sie selbst über sich lachten; dort müssten die Verdammten zur Strafe die Abendzeitung lesen, ohne sie anspucken zu dürfen; dort werde nicht nur das Böse bestraft, sondern auch das Schlechte, Triviale, also vor allem die neue deutsche Literatur. Rattengift staunt: Alle seine Lieblingsdichter von Shakespeare bis Schiller sind in der Hölle gelandet.

Liebesschmerz und Dichterleid

Liddy beginnt an Herrn von Wernthal zu zweifeln. Da meldet sich ein weiterer Verehrer, der Bürgerliche Herr Mollfels, der soeben von einer Italienreise zurückgekehrt ist. Trotz seiner enormen Hässlichkeit, seiner unförmigen Taille, seiner platten Nase und seiner dürren Beine wagt es Mollfels, der schönen Liddy seine Liebe zu gestehen. Er erzählt ihr von einem „abgeschmackten Trauerspiel“, dass er im Liebeswahn verfasst habe, und ist bestürzt, als sie ihm von ihrer Verlobung mit Herrn von Wernthal berichtet. Vermutlich werde er sich erschießen, sagt er. Ertränken sei keine Option, denn dann würde er sich einen Schnupfen einfangen; und niesend vor Gott zu treten, das wäre ungehörig. Liddy, die den geistreichen Mollfels schon vorher geschätzt hat, findet immer mehr Gefallen an ihm.

„Die Muse der Tragödie ist zur Gassenhure geworden, denn jeder deutsche Schlingel notzüchtigt sie nach Belieben und zeugt mit ihr fünfbeinige Mondkälber, welche so abscheulich sind, daß ich den Hund bedaure, der sie anpißt!“ (Baron, S. 18)

Nachdem der Schmied dem Schulmeister von seiner Begegnung mit dem Teufel erzählt hat, planen die beiden, ihn einzufangen und ihn als Jahrmarktsattraktion zu vermarkten. Der Schulmeister hat den großartigen Einfall, einen mannshohen Vogelbauer im Wald aufzustellen und einige Kondome hineinzulegen, die Mollfels von seiner Reise mitgebracht und dem Schulmeister geschenkt hat – mit der Begründung, er selbst habe für so etwas keine Verwendung. Sobald der Teufel, angelockt von der Sündhaftigkeit der Präservative, in die Falle gegangen sei, werde er, der Schulmeister, einfach die Tür zuschlagen.

„Gefühl schadet dem Teint, Einbildungskraft macht blaue Ringe um die Augen und verdirbt die Suppe.“ (Teufel, S. 28)

Da treten Rattengift und der aus Liebeskummer zum Selbstmord entschlossene Mollfels hinzu. Doch das Erschießen hat noch bis zum nächsten Tag Zeit; zuvor will sich Mollfels mit dem Schulmeister ein letztes Mal ordentlich besaufen. Während Gottliebchen losgeschickt wird, um aus dem Wirtshaus Wein zu holen, diskutieren Rattengift und Mollfels über das Theater. Der Dichter vertritt die Auffassung, die Deutschen seien zu gebildet und vernunftbetont, um auf der Bühne groben Humor zu ertragen. Sie bevorzugten feine, hintergründige Komik, und wenn sie dann Anspielungen herausläsen, wo gar keine seien, freuten sie sich über ihren eigenen Scharfsinn. Mollfels rät Rattengift, nur noch mittelmäßige Trauerspiele zu schreiben, die dem Publikum nichts zumuteten – dann könne er sich der Begeisterung sicher sein. Vor allem die Damen, die heutzutage oberste Geschmacksrichterinnen seien, gelte es zu überzeugen. Während Rattengift noch an feste Regeln glaubt, die der Künstler zu befolgen habe, preist Mollfels die Freiheit des Genies. Er plädiert aber zugleich dafür, für schlechte Dichter die Todesstrafe einzuführen.

Liddys Entführung

Im Suff beginnen die Herren, wirres Zeug zu reden. Rattengift verfällt in Selbstmitleid und klagt, seine Verse hätten keinen Biss. Mollfels verwechselt den Schulmeister mit Liddy und umarmt ihn. Der Schulmeister selbst hält Gottliebchen für seinen Vater. Der Junge, der selbst eine Flasche geleert hat, ist ebenfalls sturzbetrunken. Der Schulmeister und Mollfels taumeln in die Kirche, wo sie die Nacht verbringen. Rattengift und Gottliebchen schlafen in der Schulstube. Am nächsten Morgen schlägt der Schulmeister ein gemeinsames Katerfrühstück vor, doch Rattengift hat es eilig: Er muss ja Liddy zur Spazierfahrt zum Waldschlösschen überreden.

„So will ich Ihnen denn sagen, daß dieser Inbegriff des Alls, den Sie mit dem Namen Welt beehren, weiter nichts ist, als ein mittelmäßiges Lustspiel (…)“ (Teufel zu Rattengift, S. 32)

Sie fahren zu dritt, in Begleitung des Barons. Das Waldhäuschen entpuppt sich als Bruchbude. Von Romantik keine Spur. Liddy und Rattengift schaudert es. Tatsächlich ist das Ganze eine Falle: Der Freiherr von Mordax versucht mit einigen Komplizen in die Stube einzudringen, um Liddy zu entführen. Es gibt ein Handgemenge. Im Durcheinander bewahrt nur Liddy die Nerven. Sie trägt erst den schweren Tisch vor die Tür und verteidigt sich dann mit einem Jagdmesser mutig gegen den Freiherrn von Mordax. Da naht Mollfels mit Verstärkung. Er treibt die Bösewichte mit Pistolenschüssen in die Flucht. Nun fliegt das Komplott der Herren Wernthal und Mordax auf, die sich mit der Entschuldigung, das sei doch nur ein Theaterstück, in den Orchestergraben verziehen. Liddy sinkt ohnmächtig in Mollfels’ Arme. Freudig bietet sie ihm ihre Hand an.

Gefangennahme und Freilassung des Teufels

Unterdessen hat der Schulmeister den Käfig mit den Kondomen darin im Wald aufgestellt und sich selbst im Gebüsch auf die Lauer gelegt. Tatsächlich dauert es nicht lange, bis der Teufel schnüffelnd herbeikommt, angelockt durch den sündigen Geruch der Kondome. Doch plötzlich riecht er den Schulmeister, dessen schurkische Verworfenheit ihm noch besser gefällt. Der Teufel nähert sich, und dem Schulmeister in seinem Versteck wird es angst und bange. Doch im letzten Moment wendet sich der Teufel doch dem Käfig zu – er hat an dem Schulmeister etwas von einem Kirchenstuhl gerochen, das ihn abstößt. Kaum ist der Teufel in der Falle, schlägt der Schulmeister die Käfigtür hinter ihm zu.

„(…) wenn ich mich in diesem meinen Schmerze umbringe, so werde ich mich vermutlich erschießen, denn wenn ich mich ersäufte, so müßte ich fürchten, daß ich den Schnupfen bekäme, und mit dem Schnupfen vor Gottes Richterstuhl zu treten, wäre wegen des Niesens teils sehr störend und teils sehr unschicklich.“ (Mollfels, S. 43)

Der Schulmeister betritt nun das Waldhäuschen, den Käfig mit dem Teufel auf dem Rücken. Alle staunen, als ihnen aufgeht, dass es sich bei dem Gefangenen gar nicht um einen Generalsuperintendenten, sondern um Satan selbst handelt. Mit großer Geste übergibt der Schulmeister den schimpfenden Teufel der Menschheit, die ihn unter Verschluss halten soll. In seinem Übermut will er den Höllenfürsten zwingen, ein Gesangbuch zu essen und Pfötchen zu geben. Doch der weigert sich vehement. Zu seiner großen Freude betritt nun des Teufels Großmutter in Gestalt einer schönen jungen Frau im russischen Pelzkleid den Raum. Sie erwirkt beim Schulmeister die Freilassung ihres Enkels. Dafür muss der Teufel allerdings doch noch Pfötchen geben. Die Großmutter ist gekommen, um ihn zurückzuholen: Die Hölle sei fertig gescheuert, er könne wieder nach Hause kommen, frischer Kaffee stehe schon auf dem Tisch. Der Teufel bittet den Schulmeister um etwas Lesestoff zum Kaffee. Der kann damit dienen, denn er hat gerade wieder faule Heringe von seinem Vetter bekommen – eingewickelt unter anderem in den Westöstlichen Divan und Wilhelm Meisters Wanderjahre von Goethe.

Auftritt Grabbe

Nach dem glücklichen Ausgang der Geschichte will man sich gerade – zur großen Freude des Schulmeisters – einen guten Punsch gönnen, da taucht aus dem Wald mit einer Laterne in der Hand Grabbe auf, der Autor dieses Theaterstücks höchstpersönlich. Der Schulmeister empört sich: Grabbe sei dumm und hässlich, er schiele und habe krumme Beine. Er fordert den Baron auf, ihn nicht hereinzulassen. Also bleibt Grabbe vor der Tür und beschimpft nun seinerseits den Schulmeister. Liddy wirft dem Schulmeister Undankbarkeit vor, schließlich sei Grabbe sein Schöpfer. Dann bittet sie den Dichter herein.

Zum Text

Aufbau und Stil

Scherz, Satire, Ironie und tiefere Bedeutung ist ein Lustspiel in drei Akten. Abgesehen davon folgt es nicht den klassischen dramaturgischen Regeln. Der Handlungsablauf ist als eine Reihe locker aneinandergefügter, mitunter nur wenige Zeilen umfassender Szenen und Bilder gestaltet, die vor allem von ihrem Rhythmus und dem Dialogwitz leben. Bei den Figuren handelt es sich um eindimensionale, satirisch überzeichnete Charaktere, die oft nur das Stichwort für die nächste Pointe liefern. Ihr Auftreten ist grobschlächtig, die Sprache mitunter derb. Das Stück enthält zahlreiche Anspielungen auf die damalige Literatur- und Kulturszene. Diese dürften von zeitgenössischen Zuschauern mit Lachern quittiert worden sein. Hinter den Possen ist jedoch auch die tief empfundene Verachtung des Autors spürbar. Indem Grabbe zum Schluss zwei Figuren in den Orchestergraben fliehen lässt und sich selbst ins Spiel bringt, zerbricht er die Illusion des Theaters. Allerdings nutzt er dieses Stilmittel nicht, um – wie die Romantiker – sanft ästhetische Konventionen zu unterlaufen, sondern geradezu anarchisch, als zerstöre er die Illusion um des Zerstörens willen.

Interpretationsansätze

  • In der ironischen Brechung des Happy Ends zeigt sich Grabbes Pessimismus. Auf den ersten Blick folgt das Stück einem konventionellen Handlungsschema: Drei Männer begehren eine Frau. Der erste ist nur auf ihr Geld, der zweite nur auf ihren Körper aus. Am Ende bekommt der dritte sie, der zwar hässlich, aber geistreich ist – und sie wirklich liebt. Letztlich sind sie aber alle, so könnte man Grabbe verstehen, des Teufels.
  • Durch den Vergleich der Welt mit einem „mittelmäßigen Lustspiel“ zeigt sich Grabbe als Skeptiker, der die göttliche Vollkommenheit der Welt bestreitet. Zugleich stellt er die Vernunftideale der Aufklärung sowie die Wissenschaftsgläubigkeit seiner Zeit infrage und verlacht den Anspruch des Menschen, die Krone der Schöpfung zu sein.
  • Eine bedeutende Rolle spielt in Grabbes Stück die Literaturszene seiner Zeit, die er als Außenseiter mit Abstand, aber auch mit spürbarer Verbitterung über mangelnde Anerkennung für seine eigenen literarischen Produktionen betrachtet. In zahlreichen sarkastischen, für die Zeitgenossen noch unmittelbar verständlichen Anspielungen wendet sich Grabbe gegen pseudoromantische Modekunst, Dichterfürsten und ihre Epigonen sowie bekannte Literatur- und Theaterkritiker seiner Epoche.
  • Grabbes Humor ist vielschichtig und reicht von feiner Ironie bis zur grotesken, possenhaften Komik der Commedia dell’Arte. Immer wieder baut er scherzhaft Versatzstücke der romantischen Literatur wie etwa Bächlein oder das Waldhäuschen sowie parodistisch abgewandelte Zitate der Klassiker Goethe und Schiller in sein Stück ein. Mit harten Worten polemisiert er gegen den seichten Bühnengeschmack oder gegen zeitgenössische Schriftstellerinnen mit ihrem Hang zur Beschaulichkeit.
  • Obwohl Scherz, Satire, Ironie und tiefere Bedeutung dem Genre der Komödie zuzuordnen ist, mangelt es dem Stück nicht an Abgründigem. Hinter der oft unfreiwilligen Komik, mit der Grabbe den behaglichen Alltag der Biedermeiergesellschaft zeichnet, ist deutlich eine an Verzweiflung grenzende Bitterkeit spürbar.

Historischer Hintergrund

Die Biedermeierzeit und der Rückzug ins Private

Der Wiener Kongress 1814/15 markierte das Ende der napoleonischen Ära. In ganz Europa folgte eine Phase der Restauration, sprich der forcierten Rückkehr zu den alten, vorrevolutionären Monarchien. Außenpolitisch herrschte durch die Einführung eines europäischen Sicherheitssystems, dem in den folgenden Jahren immer mehr Staaten und Territorien beitraten, weitgehend Ruhe. Nach innen regierten die deutschen Fürsten mit fester Hand. Wer geglaubt hatte, die Schlussakte des Wiener Kongresses würde Bestimmungen zu individuellen Rechten und Freiheiten enthalten, sah sich bitter enttäuscht. Die vor allem auf Betreiben des österreichischen Staatsmanns Fürst Klemens Wenzel Lothar von Metternich getroffenen Karlsbader Beschlüsse von 1819 mit ihrem Verbot von Burschenschaften, der Strafverfolgung liberaler Reformer als Demagogen und der Einführung einer scharfen Pressezensur machten schließlich die letzten Hoffnungen auf einen grundlegenden gesellschaftspolitischen Wandel zunichte.

Während vor allem Studenten und Professoren an den deutschen Universitäten gegen Repression und Einschränkung der Meinungsfreiheit aufbegehrten, hielt sich der Protest der breiten Masse in Grenzen. Die Mehrheit begrüßte es, dass nach den turbulenten, von Revolution und Krieg geprägten Zeiten endlich Ruhe und Ordnung einkehrten. Insbesondere das mit seinen Forderungen nach politischer Mitbestimmung gescheiterte Bürgertum zog sich zunehmend ins Private zurück. Die Gemütlichkeit der eigenen vier Wände wurde in der später abwertend als „Biedermeier“ bezeichneten Epoche zum Rückzugsort; man pflegte geselliges Beisammensein im kleinen Kreis. In wohlhabenden Bürgerhäusern widmeten Eltern der Erziehung und Bildung ihrer Kinder viel Zeit und Aufmerksamkeit. Statt hehre Ideale zu verfolgen, strebte man nach dem stillen Glück und begnügte sich mit den kleinen Freuden des Lebens. Statt Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit galten nun typisch bürgerliche Werte wie Fleiß und Rechtschaffenheit, Bescheidenheit, Pflichtbewusstsein und Treue als erstrebenswert.

Auch die Literatur und das Theater der Restaurationsepoche waren von dem Wunsch nach Harmonie geprägt. Im Bestreben nach Sicherheit und Stabilität wandten sich viele Schriftsteller und Schriftstellerinnen verstärkt Themen wie Liebe, Genügsamkeit, Entsagung und häusliches, privates Glück zu. Exemplarisch für diese unpolitische, stark konservative Haltung waren die Werke von Franz Grillparzer, Friedrich Rückert oder Karl Immermann, die bezeichnenderweise alle dem Bürgertum entstammten. Zugleich setzten sich die Schriftsteller jener Übergangszeit mit den Dichterfürsten Johann Wolfgang von Goethe und Friedrich Schiller auseinander – entweder, weil sie den klassischen Vorbildern folgten, wie Eduard Mörike in der Lyrik oder Grillparzer im Bereich des Dramas, oder aber, weil sie sich bewusst von den klassischen Vorbildern abwandten, wie Jakob Michael Reinhold Lenz, oder sie eben parodierten, wie Grabbe.

Entstehung

Nachdem Grabbe 1822 sein erstes Drama, das Trauerspiel Herzog Theodor von Gothland, beendet hatte, machte er sich im Sommer desselben Jahres gleich an die Abfassung von Scherz, Satire, Ironie und tiefere Bedeutung. Im September schrieb er seinen Eltern, das Stück sei fast fertig, und bereits im Dezember legte er das Manuskript einem Brief an Ludwig Tieck bei, mit der Bitte um ein Urteil. Die – vermutlich negative – Antwort darauf ist nicht überliefert. Seinem ehemaligen Leipziger Kommilitonen und späteren Verleger Georg Ferdinand Kettembeil schrieb Grabbe, sein neues Stück sei derselben Weltsicht entsprungen wie der tragische Herzog Theodor von Gothland, nur eben im Gewand des Lustspiels. Es werde „bei jedem lautes Lachen erregen, doch im Grunde nur ein Lachen der Verzweiflung“. Scherz, Satire, Ironie und tiefere Bedeutung wurde 1876 in Wien im Rahmen einer Privatvorstellung uraufgeführt. Zur öffentlichen Aufführung gelangte es erstmals 1907 im Münchner Schauspielhaus. In gedruckter Fassung erschien das Werk 1827 im Frankfurter Verlag Kettembeils als Teil der Dramatischen Dichtungen von Grabbe. Da Kettembeil vermutete, einige Passagen würden an der Zensur scheitern, nahm er gemeinsam mit Grabbe vor der Drucklegung noch mehrere Änderungen und Streichungen vor.

Wirkungsgeschichte

Auf den Bühnen Deutschlands wurde das Stück, das auch ins Französische, Polnische und Italienische übersetzt wurde, seit Beginn des 20. Jahrhunderts recht häufig gespielt. Trotz seiner zahlreichen Zeitbezüge ist Scherz, Satire, Ironie und tiefere Bedeutung bis heute das meistaufgeführte Werk Grabbes. Auf der Grundlage des Stückes schuf der Komponist Detlev Granert seine gleichnamige, 2001 in Halle uraufgeführte Oper.

Über den Autor

Christian Dietrich Grabbe wird am 11. Dezember 1801 in Detmold als Sohn eines Zuchthausverwalters geboren. Bereits im Alter von 16 Jahren verfasst er mehrere Dramen. Sein Abitur verzögert sich um ein Jahr, weil die Lehrer dem als rebellisch geltenden Gymnasiasten die nötige Reife absprechen. 1820 nimmt Grabbe an der Leipziger Universität das Studium der Rechtswissenschaften auf, das er 1822 in Berlin fortführt. Unter den Mitstudenten ist er bald für sein wildes Leben und für seine Alkoholexzesse bekannt. Sein 1822 fertiggestelltes Drama Herzog Theodor von Gothland verschafft ihm Zugang zu literarischen Kreisen, wo er unter anderem Heinrich Heine kennenlernt. Nach Beendigung seines Lustspiels Scherz, Satire, Ironie und tiefere Bedeutung im gleichen Jahr versucht der vollkommen mittellose Grabbe, mithilfe von Ludwig Tieck eine Stelle als Schauspieler in Dresden zu bekommen, erweist sich jedoch als unbegabt. Der Armut überdrüssig legt Grabbe in Detmold sein juristisches Examen ab und wird 1826 zunächst zum stellvertretenden, 1828 dann zum – wenn auch geringfügig – entlohnten Auditeur ernannt. Die Veröffentlichung seiner gesammelten Dramatischen Dichtungen (1827) weckt in ihm den Wunsch, wieder zu schreiben; er beendet seine angefangenen Dramen Don Juan und Faust (1828), Napoleon oder die hundert Tage (1831) und Hannibal (1835). 1833 heiratet er die zehn Jahre ältere Louise Clostermeier. Die Ehe erweist sich als unglücklich. Zu den Eheproblemen kommen Alkoholismus und Depressionen hinzu, sodass Grabbe kaum schreibt. Nachdem er 1834 seinen Posten als Justizbeamter beim Militär gekündigt und Detmold ohne Abschied von seiner Frau verlassen hat, geht er auf Einladung von Karl Immermann nach Düsseldorf, wo er bis 1836 bleibt. Er arbeitet am dortigen Stadttheater und verfasst unter anderem sein historisches Drama Die Hermannsschlacht. Zurück in Detmold lebt er – zu diesem Zeitpunkt bereits todkrank – in einem Gasthaus, da seine Frau ihm den Zutritt zum gemeinsamen Heim verweigert. Grabbe stirbt am 12. September 1836 in Detmold an Syphilis.

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