- Gesellschaftsroman
- Moderne
Worum es geht
Glanz und Grauen der Großstadt
Mit Manhattan Transfer hat John Dos Passos 1925 der Millionenmetropole New York ein literarisches Denkmal gesetzt. Ein Roman, so unbändig und überwältigend wie die Stadt selbst. Mit dem ehrlichen Blick eines Dokumentarfilmers fängt Dos Passos das Leben in der modernen Großstadt ein, realistisch und ungeschminkt. In Manhattan Transfer ist die Stadt die eigentliche Hauptfigur. Wie durch eine Kamera beobachtet der Leser die überdrehte Hektik der Rushhour, die Reizflut der Nachtstunden und die Tristesse des Morgens danach. Manche der vielen Erzählstränge kreuzen sich, andere reißen einfach ab. Inmitten dieses Kaleidoskops an Szenen und Eindrücken wird New York spürbar als ein Ort der Extreme und der Exzesse, wo das Leben brummt und das Unmögliche möglich ist: die steile Karriere, das schnelle Geld, die große Liebe. Aber wo es eben auch schnell andersherum gehen kann: der Fall in die Gosse, der Ruin einer Existenz. In Manhattan Transfer ist der Übergang zwischen enthusiastischer Betriebsamkeit und besinnungslosem Taumel fließend. Und jeder der Handelnden verflucht die Großstadt früher oder später. Manhattan Transfer ist eine beißende Kritik der kapitalistischen Moderne und zugleich eine Satire auf die amerikanische Konsumkultur, aber auch eine Ode an die Geschwindigkeit und Offenheit New Yorks.
Zusammenfassung
Über den Autor
John Roderigo Dos Passos wird am 14. Januar 1896 in Chicago geboren. Er wächst in einem gutbürgerlichen Haushalt auf und studiert in Harvard. Ab 1916 nimmt er als Freiwilliger am Ersten Weltkrieg teil – als Krankenwagenfahrer. Seine Kriegserfahrung verarbeitet er in seinen ersten beiden Romanen: One Man’s Initiation (1917) und Drei Soldaten (Three Soldiers). Letzterer löst eine landesweite Debatte über die amerikanische Militärkultur aus und macht Dos Passos über Nacht berühmt. Seinen Ersterfolg bestätigt Dos Passos 1925 mit dem Roman Manhattan Transfer, der als Klassiker der Großstadtliteratur in die Literaturgeschichte eingeht. Dos Passos reist viel und etabliert sich als politischer Schriftsteller. Er schreibt für linke Magazine und Theater, reist in die Sowjetunion, wahrt aber Distanz zur Linie der Kommunistischen Partei. Zwischen 1930 und 1936 erscheint Dos Passos’ USA-Trilogie, die den Höhepunkt seiner Laufbahn markiert. Zu dieser Zeit ziert er das Time-Cover. Mit Ernest Hemingway geht er nach Spanien, um dort den Bürgerkrieg filmisch zu dokumentieren. Doch die Ermordung seines Freundes José Robles – vermutlich durch sowjetische Agenten – führt zum Bruch mit Hemingway und der sozialistischen Linken. Fortan wendet er sich der amerikanischen Demokratietradition zu, verfasst Biografien über Thomas Jefferson oder Romane wie The Chosen Country. Seine Bücher der 1950er- und 1960er-Jahre werden aber großteils verrissen. Einzig Dos Passos’ Großprojekt Jahrhundertmitte (Midcentury) von 1961 findet Anklang und wird als Comeback gefeiert. Dos Passos veröffentlicht über 40 Bücher, darunter Lyrik, historische und biografische Werke sowie politische Traktate und Reiseberichte. Er stirbt am 28. September 1970 in Baltimore.
Kommentar abgeben